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Dieser Blatt wird dm Lesern von Dresden Ttz ^ M^ ^ )T 11L ^ und Umgebung am Tage vorher bereits als VR»' zugestellt, während es die Post-Abonnent^ am Morgen in einer Gesamtausgabe erhalten. Anreizen, tank. Aimabm« von klnkitudigunaeu bi« iiachniitia«« r Ulir. So»»- und tzelkua«« nur LHaneninajje us von II di» '/,l Ul» Dir r ivalliue Grund- zeile <ca « Silben» ro Pt^. An- tündiaunuen auf drr Privalicile Zcite 2s Ata: die rivaltiae Zeile als .Ein- „eiandl" oder au! Termite so Pia In Nummern nach Sonn- und H»er lagen I- de», rivaliige Grundjeilen M. «o de», so und so Pia nach de londerem Lant. Auswärtige Au! Nage nur gegen Borauebejulnung. Belegblätler werden mit iüAta. berechncl. Sernlvrechanlchlub! Amt 1 Nr. 1l und Nr. TVSV. AuA ^üknsckenför^ökne ^7—.^-a ^uk^üAe allen Rr.87. Äitikl Neueste Drahtberichte. Hosnachrichie». Elektrische Straßenbahnen als Lustreiniger, Gerichtsverhandlungen. Mozart-Verein. Berliner Leben. Sonnabend, 28. März 1W3. Neueste Drahtmeldnngen vom 27 März Berlin. lPriv.-Tel.s DaS Abgeordnetenhaus wählte an Stelle des verstorbenen Abgeordneten Freiherrn v. Heeremann den Aba. Porsch lZentr.I zum ersten Vizeprälidenten, nahm dcnrn den Gesetzentwurf über die Landestrauer in dritter Lesung end- Mlig an und überwies die Vorlagen wegen Verstaatlichung der oslpreußiscken Südbahn, der Bahnen Marienburg-Mlawka. Alt- lammEolberg, Stargard-Küstrin, Kiel-Eckernförde-Flensburg und Dortmund-Enschede an die Budgetkommission zur Vorberatung. Die Annahme der Verstaatlichungsvorlagen ist nach der Diskussion als gesichert anzusehen. Arendsee. , Gestern im Spätnackmittage geriet beim Zpielen der achtjährige Sohn des Handelsmannes Rumstig in das Getriebe einer Maismühle. Der Kopf wurde buchstäb lich vom Rumpfe getrennt und der übrige Körper entsetzlich ver- stiimmelt. Konstan z. In der Nacht wurden hier durch eine Feuers- brunst, die in dem Lagerhaus eines Spediteurs ausgebrocken war. 12 Wohnhäuser und 4 Nebengebäude cingeäschert. Es wurden mehrere Personen wegen Verdachts der Brandstiftung verhaftet. Paris. In einer gestern abgehaltcnen Versammlung von Lrdensgcneralcn und Prioren wurde beschlossen, eine Erklärung za veröffentlichen, in der dagegen protestiert wird, daß die Kongregationen politische Zwecke verfolgen oder überhaupt Politik treiben. Ferner wurde, wie der „Figaro" meldet, cin- snmmig beschlossen, den beharrlichen Verfolgungen lediglich passiveil Widerstand entgegenzusetzen, sich aber von den Gerichten verurteilen und aus den Klöstern mit Gewalt vertreiben zu lassen. ES bestätigt sich, dag die Kongregationen, die Schulen und Missionen im Anslande haben, keine neuen Genehmignngsgcsuche siir diese Anstalten einrcichen mosten. Nur drei Kongregationen, hie übrigens bei der Versammlung nicht vertreten waren, haben diesem Beschluß nicht zugestimmt. Paris. In der Vorstadt Grenelle kam es gestern abend zu neuen Kundgebungen für die wegen Uebertretung des Vcr- emsgesetzes zu Geldstrafen verurteilten „I'otites «osurs äes nauvres". An tausend Menschen, darunter viele Arbeiter, ver- sammelten sich auf dem Klosterhofe und brachten Hochrufe auf die Schwestern aus. Coppöe und Advokat Mosard hielt cn Ansprachen an die Versammelten und griffen die Negierung heftig an. Etwa M katholische Studenten zogen hierauf vor das Kammergebäude und veranstalteten eine Kundgebung für die Klostcrschwestern. Haag. Da die Ereignisse, welche die Einberufung der Milizen des Jahrganges 1900/1901 veranlassten, in der nächsten /.eil deren Verabschiedung nicht voraussehcn lassen, so hat sich die Regierung entschlossen, diese so lange unter den Waffen zu behalten, als dies ihr nützlich erscheint. .Konsiantinopel. Der Sultan hat dem Apothckerlehrling Ägop Hatschekian. der wegen des Mordversuches gegen den armenischen Patriarchen Ormauian zum Tode verurteilt war, die Todesstrafe erlassen. Sofia. Das gesamte Kabinett hat seine Entlassung gegeben. Der Fürst hat sie angenommen. Oertliches und Sächsisches. Dresden. 27. März. -* Ihre Majestät die Königin-Witwe ist gestern abend nach mehrlägigem 'Aufenthalte in Paris wohlbehalten in St. Juan Ics Pins bei Antikes eingetroffen. In ihrem Gefolge befinden »ich Hofdame Fräulein von Nauendorfs und Kammerherr von Metzsch-Reichenbach. während Hofdame Gräfin Reuttner von Weyl und Oberhofmeister Wirst. Geh. Rat von Malortic heute von Paris nach Dresden zurückgekchrt sind. -* Die Befugnis zur Anordnung der Zwangs» oll- Weitung wegen Geldleistungen in Verwaltungssachcn wird in ,!ubinft vom Ministerium des Innern den Bürgermeister» In Städten mit der Städtcordnuna für mittlere und steine Städte, den Gen'emdevorstonden und Gutsvorstcliern aber aus An>neben und nach Gehör der betreffenden Kreishauptmannschaft in der Regel erteilt werden, in bewegliche körperliche Sachen, ausge nommen Namenpapiere, außer Kurs gesetzte Jnhaberpaptere und Früchte aus dem Halme, iowic iu den Arbeits- oder Twustlohn, soweit iiu einzelnen Faste nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird. Dstie Befugnis wird nur unter dem Vorbehalte jeder- zeitigen Widerrufs erteilt und, soweit dies nicht schon seither ge schehen ist, nicht auf die Person, sondern aus das Amt übertragen werden. —* Vom 1. April ab ist der Nacht-Fernsprechverkehr Dres den-Halle (Saale) zugelassen. —* Am 31. d. M. findet mittags 12 Uhr die Uebergabe des städtischen Volksbades Hohenthalpla tz 8 leltrischen S t r n ß e» b n b» c n statt, als Luft reiniger preist, wie die Blätter für Volksgesnudbeitspflege Mit teilen. ein Hvgienikec in der italienischen medizin. Zeitung ..ttsrsttn äepsti v8pm>»ii". Er sagt: Inder DiSkwsion pro vl, contra elektrische Tram batte ich es nicht für überflüssig, ans einen wichtigen indi rekten Vorzug aiiimerksam zu mache», welcher vielleicht de» natur wissenschaftlich Gebildeten bekannt, dem größeren Teile der Bevöl kerung aber bisher entgangen sein dürste. Sicherlich hat jeder mann beobachtet, daß bei elektrischen Babnen mit Oberleitung zwtichen dem Lcitungs- und Verbindungsdiabt ein fortwährendes Uebcrsplingcn von großen Funken stattsmdet bei jeder leichten Unterbrechung des Kontaktes, wie sie sorlwährend in leichten Stößen sich äußert. Eine große Quantität elektrischen Fluidums, weiches von den Rädern auSgeht. gibt ebensalls Veranlassung zu einer beständigen Fnnleiicmsstrvmung. besonders an den Tagen und Nächten niit trockner Atmosphäre. Es ist nun bekannt, daß diese elektrischen Eolladungen den Sauerstoff der Luft in Ozon ver wandeln, melcher außer seinen chemische», in der Industrie ver- wendelen Eigenschaften vorzüglich desinsizierende und oxydierende Kraft hat. Ozon ist der Reiniger der Atmosphäre. Er ist ein so mächtiges Desinfiziens. daß er neuerdings, wie in B>aickenberghe, zur Bereitung von Trinkwasser benutzt wird. Dies letztere wird durch seine Turchieitung mikrvbenstei. Bedenkt man nun, wie zahllose Mikro-Organismen als Krankheitsursachen sich in einer Großstadt augehäuft finven und die Mortalität derselben bedingen, io muß man nach zwei Richtungen hin bvgieniiches Lob den Straßenbahnen spenden. Erstens befreien sie die Großstädte von einer ganzen Anzahl von Pferden und den durch diese berbei- geinhrtcn Krankheitserregern, zweitens versorge» sie die Städte mit einem außcrordeuitich wohltätige» und gesunden Lebens- und AtozuuMluidum. Man muß ferner bedenken, daß Ozongas nur daun ferne wohltätigen Eigenschaften entwickelt, wenn eS in kleinen Quantitäten fortdauernd in die Luft ansstlömt, während es in großer Quantität die Atmungsorgane reizt. Hier in diesem Falle lst die erzeugte Quantität eine kleine, aber dauernd und fortlaufend erzeugte und in somma gar nicht so geringe. Auch ist zu berücksichtigen, daß die Entladungen von Konduktoren erfolgten, i» welchen ein bochgesvannier Strom im Durchschnitt von 500 Volt stießt. Natürlich bleibt die Erzeugung im übrigen proportional der Intensität des Betriebes. Je häufiger die Wagen aus einander folgen, je mehr Linien erschlossen werden, um so mehr verbessert sich die Lust eines großen Bevölkcrungszentrums. So wird die elektrische Tram die Spenderin von Leben und Gesundheit. —* Mit Anfang nächster Woche beginnen für unsere hiesigen Bürger- und Bezirksschulen in der Hauptsache die Examina, denen sich zu Ende der Woche meist die feierliche Entlastung der Konfirmanden und Konfirmandinnen anschlicßt. Am Palmsonntage und den daraus folgenden Tagen finden die meisten Konfirmationen statt, doch wird auch schon nächsten Sonn tag lJudicaj zum Teil die feierliche Handlung der Konfirmation in verschiedenen Kirchen vollzogen. Dresden wird eben von Jahr zu Jahr größer, und so läßt es sich nicht vermeiden, daß man unmer mehr aus den Sonntag vor Palmarum zurückgreifen muß, da andererseits oie kirchlichen Räume nicht zulangen würden. Aus diesen! Grunde wird es auch dieses Jahr wieder verschiedentlich Vorkommen, daß sckon konfirmierte Knaben oder Mädchen im Laufe der nächsten Woche noch die Schule und das Examen besuchen müssen. Auf dem Lande ist man in dieser Hinsicht noch glücklicher, hier läßt sich meist noch der Sonntag Palmarum allein zur Ausübung der heiligen Handlung der Konfirmation beibehalten. Die Schulen selb t werden am Donnerstag, den 9. April, geschlossen. Der neue Schu unterricht in den Volksschulen beginnt Montag, den A). April. —* Seit einigen Tagen ist nun auch der dichte Fichten- und Tannenreisigbchang von dem Einfassungsgeländcr des König!. Schloßgartens am Taschcnberge, der den ganzen Winter über angebracht gewesen war, abgenommen worden, und der freundliche, wohlgepflcgte Garten zeigt sich wieder dem Auge des Passanten in seiner vollen Schönheit. Besonders zur gegenwärtigen Früh- jahrszeit geben die herrlich grünen Rasenflächen, in weichen allent halben verstreut bereits Erocus, Hyazinthen und Tulpen sprieße», einen sehr freundlichen Anblick, der noch mehr vurch die in ihrem ersten Frühlingsschmucke prangenden Ziersträucher und nicht zum wenigsten auch durch die im Hintergründe stehenden Comseren ge hoben wird. Zur Zeit benützen die steinen Prinzen und Prin zessinnen unter Aufsicht diesen Garten vielfach als Spiel- und Tummelplatz. —* Den unter dem Vorsitze des Schulvorstandes derOeffe n t- lichen Handelslehranstalt der „Dresdner Kaufmann schaft" gehaltenen mündlichen Prüfungen der Lehrlingsabteilung und des Kaufmännischen lmnjährigenl Kursus, wohnten gestern die Herren Oberrcgiernngsrat Stadler und Negierungsrat Enke als Ver treter des Ministeriums des Innern, ferner di«. Herren Stadtver ordneten Anger und Uhlmann, sowie Prinzipale und Angehörige der Prüflinge bei. Aus beiden Abteilungen werden am Sonn abend 210 «schicker entlassen. —* Gestern abend 8 Uhr wurde unter Leitung des Pfarrers Herrn Lic. theol. Richter die zahlreich besuchte Hauptversammlung des Frauen Vereins der Christusparochie lVorstadt Strehlens im Hotel „Zur goldnen Krone" abgchalten. Aus dem vom Vorsitzenden erstatteten interessanten Bericht ging hervor, daß der seit sieben Jahren bestehende Verein sich gedeihlich entwickelt hat und iu Segen wirkt. Er zählt zur Zeit 123 Mitglieder. Die Zahl der Untcrstützungssälle im Jahre 1902 betrug 61, die der unterstützten Personen 56. Die Jahresrechnung, die einstimmig richtig gesprochen wurde, wies eine Einnahme von 1222,20 Mk. und eine Ausgabe von 906,20 Mk., mithin einen Bestand von 3l6 Mk. aus. Am Schluß bot Herr Pfarrer Lic. theol. Dr. Schmidt einen aus eigener Anschauung und Erfahrung geschöpften Vortrag über die evangelische Bewegung in Oesterreich, der dem geistvollen Redner den lebhaftesten Beifall der Versammlung er warb. —* Das Preisreiten des Dresdner Reitvereins findet am 28. d. M. vormittags 11 Uhr im Neustädter Tattersall statt. Es haben nur Mitglieder des Vereins gegen Vorzeigen der Eintritts- karte Eintritt. —* Vorsicht! Kreuzottern! In der Nähe des Wald hauses bei Wurzen wurde ein Leipziger Herr von einer Kreuz otter in den Finger gebissen. Der Herr sah das Tier auf der Straße liegen und in dem Glauben, es sei eine Blindschleiche, wollte er sie ausyeben. Bei der jetzt einaetretenen warmen Witterung ist bei Spaziergängen im Walde Vorsicht am Platze. —* Bei den vor der Königl. Prüfungskommission für Ein jahrig-Freiwillige abgehaltenen Frühjahrs-Prüfungen be standen 34 Bewerber, von denen 17 in der staatlich konzessionierten Mikitär-Vorbereitungsanstalt von Professor R. Poll atz, hier, Marschncrstraße 3. vorbereitet waren. Auch von den 7 jungen Leuten, die zu der erleichterten Prüfung zugelassen worden waren, hatten 3 in obiger Anstalt Unterricht genossen. — Am 31. März veranstaltet in Meinholds Sälen der All gemeine Mietbewohnerverein eine öffentliche Ver sammlung, in der Herr Adols Damaschke aus Berlin, der Vor sitzende des Bundes der Bodeineformer, über: „Gerechte Be steuerung des Grundbesitzes behufs Abschaffung der städtischen indirekten Abgaben" sprechen wird. — In der am Donnerstag im „Mariengarten" abgehaltcnen Vorstandssitzung des Gabelsbeiaerschen Stenographenvereins „Fortschritt"-Dresden, dem zur Zeit die Leitung des 2500 Mitglieder zählenden „Elbgauverbandes" obliegt, wurde be schlossen. die nächste Elbgauveisammlung am 21. Mai (Hinimcl- fahrtstag) in Potichappel abzuhalten. Für das zu dieser Ver sammlung stattsindende Preisweltichreiben worden folgende Herren als Preisrichter gewählt: Professor Ahnert-Drcsden und Lehrer Röthig-Dlesden. Oberlehrer Naetber-Dresden und Lehrer Stroh- bach-Poischappel, Oberlehrer Wiener-Meißen und Student Blauert-Dresden. —* Ein bedauerlicher Unglücks fall ereignete sich gestern abend in der 6. Stunde im Hause Freibergerplatz Nr. 7. Das tzs/^jähriae Töchterchen eines dort wohnhaften Musikers namens Götz, dessen Frau seit Jahren teilweise gelähmt ist. entnahm dem Ofen einen glühenden Plättstahl, um eine geringfügige Arbeit zu Kunst und Wissenschaft. 1* Mozart-Bercin. Die dritte Ausführung der lausenden Sa.ion stand unter dem Zeichen: 'Alfred Reisenauer. Nicht um lediglich als Virtuose zu glänzen und als jolckzcr zu dominieren, halte er sich in den Dienst des Mozart-Vereins gestellt, sondern um als Glied des Ganzen sich selbstlos einem Programm zu widmen, das seinerseits eine gewisse Unterordnung voraussetzte. Daß seine Aorträgc dennoch die Höhepunkte des Abends bedeuteten, ist sclbst- uerständlich. Selten sogar hat ein Solist ähnliche Erfolge im Mozart-Verein erzielt, wie er, obgleich er sich Werke zum Vortrag gewählt, die mehr um ihrer selbst willen gespielt werden müssen, als znm Zwecke des bloßen Brillierens. Zu diesen zählt das Mozartsche L-äur-Konzert mit Orchester lK. V. 456>, das wir hier zum überhaupt ersten Male hörten. Das Werk ist das vierte vo» den fünf Konzerten in L. Mozart soll es für die in frühester (lugend erblindete Pianistin Maria Paradies geschrieben und seine äulcilnahme an dem Geschick der Künstlerin im Andanle-Satze zum Ausdruck gebracht haben. Klagend und rührend genug ist dieser Satz, um dieser Mitteilung Glauben zu schenken. Außerdem ivicltc Herr Reisenauer das Il-mnII-Konzcrt (mit Orchesters, Rr. >66 des Köchel-Verzeichnisses. Es hieße einen Künstler, wie Reisenauer, verkennen und seine hervorragende Bedeutung unter- schätzen, ivolltc man ihm eine besondere Anerkennung für diese «msgczeichncten, vollendeten Vorträge aussprechen, oder ihm ein besonderes Kompliment für die, wie das Programm meldete, von ihm improvisierten Kadenzen sogen. Er hat beide Konzerte meister- lick gespielt, wenn auch, namentlich soweit die Kadenzen in Frage tommcn, hier und da mit etwas zu fühlbarem modernen Anklang »>nd in einem Kloviersatze, der in Stil und Form von dem Mozart- »chen Wese» etwas abstack. In allem übrigen bewährte er sich Mieder als einer der Berufenen in seiner Kunst. Nicht auf gleicher Höhe stand die Gesangssolistin des Abends, Fräulein Louise Schröter von der Berliner Hosoper, die für die dienst, lich verhinderte Hofopcrnsängerin Fräulein Marie Götze cinge- treien war. Fräulein Schröter ist jeoenfalls eine künstlerisch mcrk- mürdigc, aber keine durch ihre stimmliche Begabung fesselnde Er- Icheinung. Sie verfügt über ein Organ, das man ohne weiteres als einen Kontra-Alto bezeichnen könnte, wenn ihm nicht nebenbei eine Klangfarbe anhastete, die dem Timbre des Baritons gleicht. Groß, voll und weittragenb ist diese Stimme, aber es fehlt ihr leider auch beinahe jeder Reiz des Liebenswürdigen, Anmutigen und Seelenvollen. Es ist ein Kraslorgan, das um ja monotoner und charinloscr wirkt, als seine Trägerin sich dazu noch des fast unaus- gesetzten Forte- und Offensingens befleißigt und dem seiner abge- tönten Vortrage so gut wie keine Beachtung schenkt. I» solchem Vorträge mußten Glucks Arie: „Ach ich habe sie verloren" und einige Schubertsche Lieder: „Allmacht", „An die Kunst", „Kreuzes- zng" lediglich Kraftleistungen bleiben, die nur oberflächlich be rühren konnten. — Das Vereins-Orchester, das unter Herrn Kapell meister von Haken die von Reisenauer gespielten Konzerte sicher und feinfühlig begleitete, brachte zuin ersten Male eins der Großen Konzerte sNr 7, H-Oiirj für Streichorchester von Händel zur Aufführung. Das ans vier kurzen, melodisch berückend schöne» Sätzen bestehende Werk war auf das Sorgfältigste einstudiert und wurde in seiner trefflichen Wiedergabe mit großem Beifall anf- gcnommen. H. 8t. f* Als Vertreter des Intendanten Georg von Hülsen in der Leitung des Wiesbadener Hoftheaters während dessen zeitweiligen Aufenthalts in Berlin ist, nach der„Nat.-Ztg.", Tr. jur. Kurt von Mützenbecher, Oberleutnant der Reserve und früherer Gerichtsassessor, in Aussicht genommen. Bereits seit längerer Zeit war von dieser Entlastung des Herrn von Hülsen, dessen Gesundheitszustand nicht der beste ist, die Rede, und schon seit Monaten ist der genannte Herr, der einer bekannten Ham burger Familie entstammt und am Hose des Kaisers sich be sonderen Ansehens erfreut, in Wiesbaden damit beschäftigt, sich in die Praxis des Theaterlebens einzuarbcitcn. Herr vo» Hülsen wird jedoch die oberste Leitung der Berliner Hostheater wie der königlichen Bühne in Wiesbaden nach wie vor beibehalten. Berliner Lebrn. L. Berlin, 25. März. Die Gerichtsverhandlung gegen Anna Rothe, das viel genannte „Blum en mein um", hat bisher die erwarteten lensationellen Enthüllungen nicht gebracht. Es scheint auch nicht mehr allzu viel in der Reserve zu sein. Die bisherigen Ergebnisse der Verhandlung bestätigen lediglich, was sich verständige, nüchtern urteilende Leute schon vorher nach den bekannt gewordenen Einzel heiten sagen konnten. Die Rothe, eine ältere Frau von wenig cin- nehuleiideiii Aeußcren, scheint ungewöhnlich schlau zu sein und eine bedeutende Menschenkenntnis zu besitzen. Das geht aus der ganze» Art ihrer Verteidigung und ans ihrem Verhalten vor Ge richt hervor. Sie tragt ein eigenartig müocs, gleichgültiges Wesen zur Schau, das es ihr ermöglicht, die Dinge ruhig an sich heran- kommen und sich durch keinen unerwarteten Zwischenfall über raschen zu lassen. So kann sie ihre Antworten und Einwen dungen sorgfältig vorbcrcitcn. während sie den Eindruck hervor- zurusen weiß, als ob ihr Geist weitab von allen diesen Dingen weile und sich mit ganz anderen Fragen beschäftige. Diese Methode spricht immerhin für die Klugheit der kleinen, unansehn lichen, ungcbildetenFrau, die auch eine ungewöhnliche körperliche Ge- wandtheit besitzen muß, die es ihr ermöglichte, wunderbare Taschen- jviclcrkünstc zu treiben und damit selbst geistig hochstehende und ihr weit überlegene Persönlichkeiten zu täuschen. Allerdings muß ihr Geschäftsführer Jentsch. der die finanzielle Ausbeutung des Schwindels ganz allein und mit bestem Erfolge durchgesiibrt hat. noch weil schlauer sein, als sie. Denn obwohl er nie Anspruch darauf gemacht hat, hellsehend zu sein oder mit Geistern in Ver bindung zu stehen, hat er doch rechtzeitig Lunte gerochen und sich schleunig aus dem Staube gemacht, als die Sache der Rothe brenzlich zu werden begann. Für ihn war es »m so wichtiger, sich i» Sicherheit zu bringen, als er, der die ganze Geschichte rein geschäftsmäßig betrieb und immer nur darauf bedacht war. möglichst viel Geld herauszuschlagcn, wohl sicher wegen Betruges verurteilt Ivordcn wäre, was bei der Rothe nicht so ohne weiteres fcststeht. Das ganze Bestreben der Verteidig»»» scheint darauf hinaiiszugchen, der Rothe die Wohltat des 8 51 des deutschen Strafgesetzbuches zu sichern, ihr mindestens infolge ihrer hysteri schen Belastung die Aberkennung der Zurechnungsfähigkeit zu ver schaffen. Freilich wird nicht geraden Wegs darauf hingcarheitet. Vielmehr will man zunächst beweisen, daß zahlreiche gesellschast- lich und wissenschaftlich hochstehende Persönlichkeiten auch heute noch von der „Echtheit" des Blumcnmediums felsenfest überzeugt sind und bereitwillig beschwören, daß ihrer Neberzengung nach alles ehrlich und unanfcchibar zugcgangen ist. Die Blumen als».