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Farbstoff. 61 tation grün gefärbt erscheint. Im Herbst oder beim Verdorren geht diese Farbe in Gelb über, das Blatt selbst, also der Kohlenstoff bleibt, während Wasserstoff nnd Sauerstoff entweichen. Daraus kann man schließen, daß Wasserstoff nnd Sauerstoff in einer gewissen Quantität nöthig sind, »m den blauen Lichtstrahl zu reflektiren. Solche Betrachtungen sind wohl geeignet uns einen kleinen Einblick in die Werkstatt der großen Künstle- rin „Natur" zu gewähren. Irrigerweise nimmt man an, daß- der Färbcstoss sich oft in farb losem Zustande an die Materie gebunden vorfindct, und leitet daher die Theorie ab, daß der größte Theil der Farbstoffe das Resultat der Oxydation dieses farblosen Pigments sei. Man denkt sich dabei den Farbstoff bereits fertig, jedoch unsichtbar. Das ist doch merkwürdig! Hat man jemals schon eine farblose Farbe gesehen? Alan spreche nur nicht vom Jndigowciß; dieses sogenannte Jndigoweiß ist keine Farbe mehr. Durch Entziehung von Sauerstoff hat der Indigo seinen Charak ter als Färbestosi verloren. Derselbe bricht den blauen Lichtstrahl nicht mehr. Nur die Wiederaufnahme von Sauerstoff, wodurch eine andere Atomcnlagcrnng bedingt wird, gestaltet ihn wieder zu Färbestoff. Das selbe Phänomen können wir bei der Bildung des Orceins bemerken, hier sind es jedoch die Elemente des Ammoniaks, (Stickstoff und Wasserstoff), welche den rothen Färbestoff Hervorbringen. Oder wenn man so will, so könnte man ja auch das Blntlangcnsalz: Berlinerblan weiß nennen, sowie den Steinkohlentheer mit demselben Rechte Anilinschwarz. Sagen wir vielmehr so: „Die Konstruktion der Materie kann oftmals „durch Hinzutreten, resp. Ausscheiden eines Elementes (z. B. „Sauerstoff) derart geändert werden, daß ein Körper durch die „so geschaffene neue Lagerung seiner Atome befähigt wird, ei- „nen oder mehrere farbigen Strahlen des weißen Lichts zu „reflektiren. Aarvstoff abgcbende Substanzen. Die Auswahl der Farbstoff abgebenden Substanzen, welcher wir in der Natur begegnen, ist sehr groß. Die Botanik und Mineralogie be schäftigen sich mit der Klassifikation und Division dieser Menge natür licher Produkte, und erklären diejenigen ihrer Eigenschaften, welche am meisten auffallen; ihre innere chemische Natur und was die Hauptsache ist, ihre innere Konstruktion ist jedoch bei allen noch gänzlich unbekannt. . Wohl haben die Chemie und Physik seit einem Jahrhundert be wunderungswürdige Entdeckungen gemacht und mehr und mehr Licht ver breitet, wo sonst noch Dunkelheit herrschte, aber das Problem, das Wie und Warum der farbigen Lichtstrahlen-Reflexion, ist noch von keinem unserer Gelehrten genügend erklärt worden. Weiter existiren in der technischen Färberei solche Phänomene, die ebenfalls noch keine wissenschaftliche Erklärung gefunden haben. Die Praxis ist der Wissenschaft in dieser Beziehung vorausgeeilt. Anderer seits hat die Chemie in letzter Zeit Eroberungen gemacht, die noch keine Anwendung in der Praxis gefunden haben. Dies Alles wird mit der Zeit ausgeglichen werden, denn es ist noch nicht so lange her, daß die