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Nr. S7. Zwölfter Jahr-. Erscheint: »»glich früh 7 Uhr Inserate «ilden angenommen: dieAbendSS.Eonn« tag» bi« Mittag» 1« Uhr: «arienstra-e 1». Auzeig. in dies. Blatt« ßaden eine erfolgreich» Verbrritnng. Auflage: >' IS.SOll «kEpliM. Sonntag. L7. Januar 18V7. Tageblattstr Unterhaltung und GeWstsverlehr. Ritredacteur: Theodor Drodisch. Ako«»eme«1: ^ BierteljrhrlichrORW!. bei unentgeidlicher Li«« frrung in'« Han«. Durch die K»«igl. Po, virrtelj»hrlich 22 Rgr. Lillzeln« Nummern 1 Rgo- Inseratenpreise: ^ Mir den «aum einer gespaltenen Zeile: > 1 Ngr. Unter „Eiuge^ sandt" di» Zeit« e 2 Ngr. der Hrranegrdrr: Lirpsch E Nrichnrdt. — Lerantwortltcher Aedactenr: Inttuo Nrtchnrdt» Drechde«, dm 27. Jam»«. — Se. Majestät der König wurde gestern Abend nebst II. lk. HH. dem Kronprinzen, dem Prinz Georg und de« Eibgroßherzog von Mecklenburg-Strelitz von Leipzig hier zurück« «wartet. — Der DerlagSbuchhändler Adolph Hoffmann zu Leipzig hat von Sr. Hoheit dem Herzoge von Sachsen-Coburg und Gotha da» Ritterkreuz 2. Klasse de» Herzogl. Sachsen-Ernestinischen Hausordens erhalten. — Dem VrrwHmen nach ist der königl. sächs. Obsrleut« nant von Heygendorf zum künftigen königlichen Badekommissar in Elster in Aussicht genommen worden. — Man spricht davon, daß Sr. Majestät dem König in diesen Tagen die Vorschläge zur neuen Uniformirung der kgl. sächs. Kavallerie.Regimenter Vorgelegen haben. Soviel «an er fährt, soll die Uniformirung, bei der die Pickelhaube nach preu ßischer Dragonerart eingesührt «erden wird, eine sehr geschmack voll« sein. — Ds» Organ de» Grafen Bi-marck bringt in einer sei ner letzten Nummern einen Beruhigung» - Artikä, der offenbar darauf berechnet ist, in den kleineren norddeutschen Bundes Pasten Vertrauen zur preußischen Regierung und dem von ihr geschaffenen norddeutschen Bunde zu erwecken. Der Artikel lautet: „Die Conserrnzrn der Bevollmächtigten der norddeutschen Staate» kaffen mehr und mehr ein allseitig erfreuliche» Ergeb« niß in Aussicht nehmen. Die Bevollmächtigten haben immer bestimmter erkannt, daß die preußische Negierung den Ginzel- staaten keine anderen Opfer zumuthet, al« diejenigen, welche die Zusammenfassung aller Kräfte behuf» Sicherung eine» mächtigen nationalen Fortschritt» auf dem wirthschaftlichen und politischen Gebiete unabweistich erfordert, und daß über diese Gebiete ge meinsamen Schaffens hinaus der norddeutsche Bund den ein zelnen Staaten vor Allem eine Anlehnung zur freien und wirk« samen Entwickelung ihrer eigenen Kttjlte darbieten soll. Alle Beiheiligte r haben sich denn auch immer klarer überzeugt, wie die zunächst zu bringenden Opfer allen Staaten reichen Ersatz nicht blos an höherem nationalen Gemeingut, sondern auch an innerem Aufschwung bringen werden. Das Verhalten der säch sischen Negierung, nächst Preußen der bedeutendsten im Bunde, hat von vorn herein auss Neue bekundet, eine wie große Ge- «einschast der naturgemäßen Aufgaben und Ziele, sowie der Grundlagen staatlicher Entwickelung bei unbefangener und un getrübter Auffassung die sächsische Bevölkerung mit der preußi- chen verbindet, und daß das beiderseitige politische Streben vor- uämlich dahin gerichtet sein muß, die Keime gemeinsamer Wohl fahrt und Kraft in aufrichtigem Zusammengehen zu pflegen. Eben so haben die Negierungen der kleineren Staaten fast durch weg ein volles Verfiändniß und den redlichsten Willen für die Förderung des großen nationalen Werkes an den Tag gelegt. Allerdings hat der große Abstand der geringen Leistungen, welche die Bevölkerungen der kleineren Staaten bisher für die natio nale Vertheidigung zu gewähren hatten, von denjenigen Anfor derungen, welche im norddeutschen Bunde bei gleichmäßiger und gerechter Vertheilung der nationalen Pflichten an sie zu stellen sind, den betreffenden Regierungen für» Erste manche schwere und peinliche Erwägung in Betreff der Aufbringung der neuen Lasten auserlegt. Aber die preußische Negierung wird auch in dieser Beziehung jed mögliche Rücksichtnahme auf dm bisherigen EntwicklungSgeng und auf die thatsächlichm Verhältnisse in dm kleineren Staaten obwalten lassen und namentlich die Hand da- zu bieten, daß die kleineren Sraaten dm Uebergang zur vollen Erfüllung ihrer neuen Pflichten sich durch eine baldige «irth- schastliche Umgestaltung und Vereinfachung ihrer inneren Ein richtungen erleichtern. Die Konferenzen werden, nachdem durch vertrauliche Verhandlungen über wichtige Ltnzelpunkte der Boden günstig bereitet ist, in dm nächsten Tagen unter persönlicher Leitung des Ministerpräsidenten Grafen Bismarck vermuthlich raschen Fortgang gewinnen und bei der vorhandenen wesent liche« Uebrreinpimmung über alle Hauptgrundlagen wohl bald zu einem glücklichen Ziele führen." Wmn die preußische Re gierung eine vorläufige Rücksichtnahme auf die thatsächlichm Verhältnisse bis zu dem Zeitpunkte zusagt, wo die kleineren Staaten zur vollen Erfüllung ihrer neuen Pflichte« sich durch eine wirthschaftlich, Umgestaltung ihrer inneren Einrichtungen gekrüstigt fühlen, s» wag die» immerhin dankbar aeeeptirt wer den. An der Sache selbst ändert dies freilich wenig, denn die Lasten und Opfer, welche «an fordert, werden dadurch nicht geringer. Die größte Last liegt offenbar in der Ausbreitung de» Militärstaates über das geeinte Norddeutschland. Mag nun anch zugegeben sei», daß die Eifersucht Frankreichs auf der einen »nd die Vergrößerungtsucht Rußland» auf der anderen Seite ein schlagfertige« Rorddrutschland erfordern, so kan« «an nim mermehr da» Prinzip rechtfertig«, wonach jetzt die -roß« Stoa augenblicklich von vahonnetm, trotzdem alle Staat« auf „ewige Zeilen" mit einander Frieden geschlossen habe«. Wohin soll endlich diese Million« > Wirtschaft mit Soldaten führen? Sind die Völker nur dazu da, furchtbare Heere z« bilden und zu erhalt«? Die Masse von Soldaten allein verbürgt «n» weder Ruh« noch Friedm, ja für Zeiten wirklicher Gefahr «icht ein mal die Aussicht eine« sicheren Siege», wie wir die» im Main- Feldzuge bei der Bunde-armee gesehen haben, dmn zu einer tüchtige« Armee gehört mehr, al« große Zahl«, es gehört da zu ein tüchtige» Volk, Intelligenz, Kraft de» Einzelnen und Ausdauer de» Ganz«, di« nur ein gesu»drr Volksschlcg h«r- vorbringt. Wen« aber da» Heer die Kraft der Nation fort und fort absorbirt, die Finanz«, di« Jugend, die kräftigste Männ lichkeit übermäßig aufsaugt — was bleibt dann de« Staat übrig für Schulen und Cultur 7 Auch in dieser Beziehung wer den die Vertreter de» deutschen Volke» im Parlament rin ge wichtig»» Wort zu sprechen haben und darum können wir nicht oft genug auf die Wichtigkeit der Wahlen verweisen. „Seid Ihr selbst «a» werth", rufm un» unser, deutsch« Brüder im Aus land« zu, „so wird Euer Parlament w«S werth sein, viel so gar, »nermeßlich viel. Seid Ihr aber träge, an Euch selbst verzweifelnde Schläfer, s, wird es weniger sein, al» Nicht», ein Quell von Unglück und Beschämung." Thue Jeder seine Schul digkeit, daß es au» tüchtigen Männern zusammmtrete. (B. A.) — Zweites Theater. Gastvorstellung. Mimisch plastische Bilder und Gruppen der italienischen Gesell schaft, bestehend au» 12 Damen, unter Direction de» Herrn Paul Bacher aus Turin. Vorher der „Prozeß" von Benedix u. s. w. — Da» Wort Prozeß erinnert uns an die literari schen Streitigkeiten im Jahre 1843, als ein gewisser Quirin Müller im alten klassischen Gewandhaussaal zu Leipzig mit Vorstellungen obgedachter Art von Berlin kam. Damals kostete ter Eintritt einen Dukaten und man protestirte dagegen, man nannte es eine Anmaßung, solche Vorstellung in die Region der Kunst zu drängen. Hier hieß es: und wenn die weiblichen Personen die schönsten Modelle wären, die jemels einem Maler gesessen, so würde immer Da» fehlen, waS die Kunst der Na tur allein zu verleihen im Stande sei: die hohe Veredelung, jener Netz, der die niedere Sinnlichkeit bei der Beschauung eines noch so schönen Kunstwerkes nie ausksmmm lasse, dis aber bei dem Publikum, das einen Dukaten zahle, um diese lebmdigen Modelle zu bewundern, durchaus nicht weggedacht werden könne. Dieser Streit, in Leipzig angefacht, wurde nun auch in Berlin ausgenommen. Vorzüglich ereiferten sich alte Philologen darüber, als r« Einer wagte, auf die Antike zu kommen und die Seche in Schutz zu nehmen. Man schrie: Neinl nein! es hieße der Antike einen Schimpf anthun, wenn man sagen woll e, die Natur habe hier DaS gezeigt, wss uns bei der Zartheit und Vollkommenheit der Antike sichtbar ist. — In späteren Jahren, als Nappo dergleichen Vorstellungen in deutschen Städten einführte, wurde die falsche Schamhaftig keit überwunden, die sich hier und da noch kundgab, und die Polizei ließ kein Verbot dagegen ergehen, indem das Sittlich- keitSgesühl keine Beleidigung empfange. — Bei erhöbt« Ein- laßpreism und einem reich besetzt« Hause, größtentheils Her ren, entfaltet« sich die mimisch-plastischen Bilder und Grup pen, als: der Genius des Gedankens — das Schwalbennest (nach einer Marmorgruppe) — der Fischfang; — Sandra be siegt durch Celsa (nach Eanova)— dir Sterne ; — die Harmo- n e; — der Erzengel Gabriel; und zum Schluß: die badend« Mädchen. — Wir müssen bekennen: daß düse Darstellungen derart gshalün waren und eingedenk Schillers Ausspruch: „siegt Natur, so muß die Kunst entweichen" da» Letztere nicht zu bemerkcn. Wie Schönheit der Anfang, Centrum und Ende aller Kunst sein muß, so rechtfertig!« sich die» in dm must« Gruppiruagen, z. B. „Sandra, besiegt durch Celsa" und „Erz engel Gabriel" nach Leonardo da Vinci. Weniger können wir die» von der letzten Gruppe, „die badenden Mädchen" sagen. Für die Kunst ist nur die ideale Natur die Aufgabe; e» er innerte die» Tableau an gewisse StereoScopen> Bilder der „gro ßen Welt", welche in der Planetenbahn de« Seine-Babel« ihren Umlauf hat und in eine Atmosphäre von „Drmi-Monde" gehüllt ist. Ss ist überhaupt eine heckliche Frage, lebende Statuen vom ästhetischen Standpunkt zu betrachten; wahrhaft künstlerisch« Eindruck werden sie nicht hrrvorbringen, und die Behauptung, daß Kunstwerke i» Fleisch und Bein dargeflellt werden könn.n, hieße di« Kunst zum Conterfti« erniedrigen. Wäre die Mög lichkeit vorhanden, Menschen z« finden, welche Göthr'S „Göt terkinder" repräsmtiren könnten, so würde da« Verdienst eine» Künstler» sich auf chinesische NachahmungSsucht beschränk« und sein Verdienst von de« Zufall abhänz«, »b er ein «eh» »der minder unvollkommene» Modell gesunden hält,. Jede» Kunstwerk ist eine Schöpfung de» Menschen, da» Heißt de« Künfllergeistr». Diese höchste Verwirklichung de» Vollendung nur in ihm lebt und durch sein Kunstwerk nur un vollkommen zur Wahrnehmung zu bring« ist — da» aber doch» wmn e» wirklich ein Kunstwerk sein soll, von dem Odem de» Schöpfers belebt sein muß, der sich nie in Mensch« von Fleisch «ad Bein einhauchen läßt. -7- Die schon 1845 oft gehört« Phrase von de« sich Wiederfind« Leipzig», hat auch diesmal sich effektvoll gezeigt indem Berichte aus der Schwesterstadt über dm höchst enthu siastisch« Empfang Er. Majestät de» Königs bei seiner vor gestrigen Ankunft daselbst Zeugniß davon oblegen, daß die wahren Gesinnungen der Sladt wahrhaft patriotische sind und die Kundgebung« im entgegengesetzten Sinne, die sich in der letzten Zeit vorgrdrängt halt«, nur Zeitung»- und Partei gelriebe zu« Grunde haben. — Wie wir nachträglich erfahren, hat Ee. Majestät dar König I. k. Hoheit der Großfürstin Lonstantin dm königlichen Reisesalonwagen zur Verfügung gestellt, und benutzte» auch die hohen russischen Herrschaft« denselben bi» an die russische Grenze. — — Vorgestern schlendert« ein herrschaftlicher Diener durch den Groß« Gart«, um sich au» Anlaß seine» auf diese» Tag fallenden Geburtstages einmal ein« fidel« Tag zu machen Da gesellte sich unterwegs zu ihm ein anderer junger Mann/ mit dem er sich bald so weit einließ, daß er ihn einlud, a» diesem Tage sei« Gast zu sein. Natürlich ließ Letzterer sich die« nicht zwei Mal sag«. Man zog zusammen von einem Der? gnügungSort zu de« anderen. Endlich wurde e« Abend, man befand sich auf der Ostraallee, und das Geburt»tag»kind be» schließt, nach Haus« zu gehen. Da plötzlich, al» er von seine» Begleiter sich verabschiedet, greift dieser ihm nach der Uhr, ent reißt ihm dieselbe und nimmt damit Neißau». Der Bestohlen« folgt ihm auf der Ferse, bi» endlich auf der Pragerstraße durch die wiederholten Ruis „halt auf!" lS gelingt, den Spitzbube» dort aufzuhalten. Er wurde zuerst in ein dort befindliche» Ge» schäftslocal genommen und darin so lange in Verwahrung ge» halten, bis einige Gendarmen herbeigeholt warm, die ihn ab» führten. — — Gestern Nachmittag wurden zwei Pferde an eine« herrschaftlichen Wag« scheu, welcher nach der Nampeschenstraße fahren wollte. Der Wagen fiel um, die Insassen sprang« un verletzt heraus und die Pferde nebst abgebrochen.r Deichsel rannten in die Parternfenster eine» Hauses der Ramprschen- flraße, wo sie von herbeigeeiltem Militär festgenommea wurden. — Die Administratoren der von Ammon'schen Stiftung haben bezüglich der über die Preisausgabe: „Da» Schulkind — ein Brennstoff der entzündet, nicht aber ein Gesäß, da» nur gefüllt werden soll" eingesenceten zehn Arbeiten beschlossen, viere» von diesen Bewerbung-schriften den Preis weg« der in der Hauptsache vorzüglichen und anerkennenswerthen Lösung der ge stellten Aufgabe zuzuerksnnen. Die Eröffnung der betreffenden Mottos ergab folgende Verfasser und zwar 1) Herrn Karl Steuer, Student der Pädagogik in Leipzig, 3) Herrn Otto Kell ner, Lehrer an der Lehr- und Erziehungsanstalt zu Friedrich- st«dt-Dresden, 3) Herrn Karl Richter, confirmirtm Lehrer a» der fünften Bürgerschule in Leipzig, und 4) Herrn Otto Schett ler, Lehrer an der Bürgerschule zu Plauen i. V. Al» Auf gabe iür da» Jahr 1867 wird da» Thema: „Wie ist in der Volke schule der Grundsatz der Anschaulichkeit auf dm Religions unterricht anzuwenden?" ausgeschrieben. DaS evangelische Lan- deSconsistorium hatte für den 16. Januar 1867 die Aufgabe gestellt: „llmniill-lllr reolvulm coroiv, qui ko» et Mos inter psnlmo» »l«cc»liacoiwm aelslo comporilos ees« «taluvot." Eine Arbeit über diese Aufgabe ist aber nicht eingereicht worden. Es ist daher beschlossen worden, diese Aufgabe nochmals für dm 16. Januar 1868 vorzuschreib«. — Bei heftigem Winde ist Jedermann dringend zu er mahnen, die äußeren Winterfsnster zuzumach«, damit nicht, wie r» gestern vor dem Hause der Wallstraße 7 geschah, di« zahlreichen Passanten durch einen neben ihn« aus der dritten Etage herabgestürzten Fenster flügel lebensgefährlich bedroht werde». — Im „Verein für klassische Kammermusik" wird dem nächst ein zweiter Cyclu» von drei Soirsen begonnen werden/ der« erste bereit» im Laufe dieser Woche stattfindet. — In der letzt« Stadtverordneten-Versammlung sind die behufs der Verbindung der Pirna'sch« Vorstadt mit der Elbe zwischen der Stadtgemcinde und Herrn Neiße und Frau W'eßncr abgeschlossenen Kauf- und Uebcrlassungßverträge bereit- genehmigt und vollzog« worden. Zwar kennt man zur Zeit noch nicht die Art und Weise, wie diese Verbindung hergestcllt werden soll, indeß läßt sich kaum bezweifeln, daß man den Anschluß der neuen Verbindung«straß« doch nur in einer möglichst gerade» Fortsetzung mit der schönen Amalimstraße in'» Auge gefaßt haben mag. wa» durch Erwerbung eine« oder de» andern HauS- grundstücks gegen dm Ausgang de« Elbberg« nach der Pillnitz«