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56 Wilhelm von Lindheim. mine kann am treffendften als Raubbau bezeichnet werden, weil es nicht im Intereffe des Pächters liegt, mehr Arbeit undKoften auf das Grundftück zu verwenden, als er mit ziemlicher Sicherheit fchon im nächflen Jahre herausziehen kann. Er wird im Gegentheil noch weniger Arbeit und weniger Fleifs verwenden, um Nutzen zu erzie len. Das Verpachtungsfyftem auf lange Zeit mufs als ein entfchiedener Fortfehritt betrachet werden. Wir finden glücklicher Weife die Anfänge hievon im Süden und in den weltlichen Gouvernements, während im Centrum und im Norden es leider immer noch üblich ift, einzelne Grundftücke, und auch diefe nur auf kurze Zeit, den Bauern zur Benützung zu überlaffen. In diefen Gegenden haben die Verfuche, die nach dem Jahre 1861 durch die Befitzer angeftellt wurden, um ihr Terrain auf lange Zeit zu verpachten, keine guten Refultate geliefert. Die Pächter, welche meiftentheils weder Erfahrung, noch Geld befafsen, erfchöpften den Boden über die Gebühr durch irrationelle Bebauungsmethode, verwüfteten das Inventar und führten auf diefe Weife zahlreiche Proceffe herbei. In Grofs-Rufsland begegnet man aus diefem Anlaffe nur höchft feiten der Verpachtung des ganzen Grundbefitzes, was wir wirthfchaftlich, wie gefagt, nur beklagen können. Durch die kurze Pachtzeit wird der Acker wenig oder gar nicht gedüngt, und es zeigt fich nur allzu bald eine vollftändige Bodenerfchöpfung. Die füd- lichen Provinzen und der Welten befinden fich, wie eben erwähnt, meiner befferen Lage; man verpachtet dort auf lange Zeit, und man kann bereits Contradle conftatiren, welche zwölf Jahre dauern, und welche Urfache find, dafs fich zu gegenfeitigem Nutz und Frommen ganze Pächterfamilien gebildet haben. Der Preis der Pachtung variirt fehr Itark je nach der Gegend und je nach der Pachtzeit. Die intereffanten und unparteiifchen Wahrnehmungen der Ackerbau- Enquete laffen uns den grofsen Bodenreichthum Rufslands im wahren Lichte erfchei nen, und wir müffen in der That mit Bewunderung conftatiren, dafs Rufsland die grofsartigften Hilfsmittel zur Verfügung hat. Wir müffen aber leider aus den uns durch diefe Unterfuchungen zu Gebote ftehenden Zahlen den Schlufs ziehen, dafs der gröfste Theil der fteigenden Bodenerträgniffe nicht in der fteigenden Cultur, fondern in der Inangriffnahme neuer Terrains, welche früher nicht bebaut wurden, zu fuchen ift. Die intenfive Wirthfchaft nimmt — wir erwähnten diefs fchon im Eingänge —leider nur fehr partiell zu, und da neue Terrains immer noch in der gröfsten Ausdehnung vorhanden find, fo befchränkt fich ein grofser Theil der Grofsgrundbefitzer darauf, diefe noch nicht erfchöpften Terrains zu bebauen, anftatt den alten Terrains durch grölsere Sorgfalt ein höheres Erträgnifs abzugewinnen. Auf diefe Weife fehen wir zu unferem Leidwefen, dafs die Stück zahl des Viehes abnimmt, die'Wälder abgehölzt und namentlich durch diefen letzteren Umftand klimatifche Veränderungen herbeigeführt werden, welche feiner- zeit fehr traurige Folgen haben können. Das Evangelium des ruffifchen Volkswohlftandes, welches fort und fort gepredigt werden follte, und für welches auch die Regierung nach bellen Kräften Propaganda macht, ift daher die intenfive Wirthfchaft, und es ift auch wohl zu hoffen, dafs mit der Zeit, namentlich wenn der Grofsgrundbefitz aus feiner Geld- calamität ein wenig herausgekommen ift, die rationelle Bebauungsmethode ins Leben treten wird. Wir haben hier in erfter Reihe von dem Grofsgrundbefitze gefprochen. Es walten aber auch bei den Bauern fehr ernfte Gründe, ob, welche fie verhindern die alte herkömmliche , fchlechte Wirthfchaftsweife mit einer befferen zu vertau- fchen. Man weifs, dafs in Rufsland vier Arten der Bodencultur exiftiren. So haben wir zuerft in den nördlichften Gouvernements in Archangel und theilweife in den Gouvernements von Wiatka und Perm eine ganz freie Wirth- ichaftsweife, welche gar keiner feftgefetzten Norm unterworfen ift. In der Regel zerftört man durch Feuer die Ueberrefte des Waldes, bedient fich der Afche