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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 09.09.1924
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1924-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19240909010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1924090901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1924090901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Unvollständig: S. 7-10 fehlen.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-09
- Tag 1924-09-09
-
Monat
1924-09
-
Jahr
1924
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 09.09.1924
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Di«,tog. S. Lepl. 1S24 - »ch««f«>st»r 1« «,st-enz. Maufhau». Sk»« besondere Note fK-re» surseis ««, Schaufenster de» Roka — an sich schon und fett dem Ar-te-e aana besonder« etn Anziehunasmmkt, eine klein« ^AuSsielluna , etn sehr wanLel und wechselbar«« Modepanorama, da« kleine Paradie« der Damen und — w«U metst recht pretSwert« Ding« ausgestellt sind — noch nicht einmal di« Schreck« nst ratz« der dazugehörigen LlxmLnner oder wer sonst sich verpflichtet fühlt, dt« kleinen, allesamt, ach. so klein«« Wünsche seiner lächelnden «kakelterin zu erfüllen: welche schön« vutzbedltrsttg« Frau lächelt« nicht, wen« st« dt« Prager Strotze Herelk oder dl« Seestrab« heraus bi« zu dieser Zentrale der Modeanregnng glücklich vor- gedrungen tst. Diesmal nun ist da wirklich etwa« Besondere«. Man hat einig« tmuierhin bekannt« Künstler Dresden» hercnr- gezoge» und ste Entwürfe für Schaufenster^bekoraiivnen inachen lasten. Wieviel nun davon von dem Künstlern selbst stammt, wieviel der gewandte Chefdekorateur d«S Hause« an vrakttscher Erfahrung lx»u a,tan bat, da» mag hier nicht er- örtert werden. Jedenfalls ist etwa« — sagen wir bescheiden: Anregende« — dabei herauSgekommen. In einigen Fenstern sogar «twa« Imposant««, in anderen etwa« recht Sustige«. Und dann noch — da wir gerade von dem Thvsdekoroteur de« Hause» sprechen: Er bat inamenloSi da» große Eckfenster, wie ichon so viel« Male ausgezeichnet, anregend, unter guter Au«. Nutzung de» Mounie« und ohne aufdringlich« Retlameinätzchcn gemacht. Das, er. wie die meisten Künstler e« getan haben, auch seinen Dekorationen «ine Idee, «inen Späh, eure» nvnclli. stischen Gedanken unterzulegen weist, ist au» vielen Fenstern, die man sonst im Meka kennt, bekannt. Nnd nun zu den Künstlerfenstern: den hübschesten <^edanken hat «tgenlltch HannS Oe lim« gehabt. Er hängt Hütchen, Hüte, Schall bänder nnd ander« entzückende Kleinigkeiten auf frühlings- liafl« Sträucher und Bäume, so. als niären sie darauf g«. wachsen. Ein Schlaraffenland der Pntzmacherei schafft er also. Welche Schön« möchte da nicht sich durch einen Neiöbreiberg füttern, »m drüben ungestraft die schönsten Herbsthüte und anderen lieben Sächelchen von den Bäumen zu pflücken. Wie schrecklich spictzbürgerlich sind dagegen die ollen Veberivürst« de» wirklichen Schlaraffenlandes. Franz Gau deck da gegen zeigt einen sowohl farbig al- in den Linien seiner leicht grotesken Art zu zeichnen entsprechenden Hut-, Ständer- und Toilettekleinigkeitenkram mit einer ge- wissen biedcrmeterltckien Zierlichkeit und Zurückhaltung. Der Maler Johannes Beutner greift forscher zu. Um Wäsche»» zeigen, kommt er ans einen witzigen Gedanken. In, Atelier sitzt mit Pinsel und Palette vor der Staffelet er- wartnngsvvll der Maler — hinter einem Schirm lilire Kon- inren schimmern im Schatten durch das Leinen» ist das Modell und im Kreis« umher liegen am Boden all die Wäschestücke, die ste tn übermütiger Laune offenbar beim Ankleiden für eine Allst adle hat über den Schirm fliegen lassen: Der Archi tekt E. E. Hohrat zeigt einen vollen farbenreiche» Laden, Architekt Leop. Lustig und Bildhauer Paul Berger mit Stuffdekorattoncn farbig eigenartige Raum-aufteilung in ex pressionistischem Stil und in Ostwaldscher Farbeiuvahl mit symbolischen goldenen Modepuppen, ganz ans Linie und Be- rvegung aufgelösten Menschenfignr-Mvtiven, und der Bild- lmner Eugen Hofmann eine an primitiver' Kinderkuiist erinnernde Kramattenschan. — Da» Publikum schaut, staunt und bcimindert — mit Recht. — Der neue Rektor der Diakontsienaustalt. Pfarrer Dr. Lconbard an der Kreuzktrchc wurde vom Borstand der Dtakonisscnanstalt als Skachsolger de» btSberigen Rektors dieser Anstalt, v. Molwitz, der mit 7', Jahren in den Ruhe stand tritt, gewählt. Dr Leonhard siedelt im Nonember an di« Diakonisscnanstalt über. — Konsularwesen. Der Königlich -legnptische Koninl Ahmed Ibrahim in Berlin ist von icinem Posten ab- berufen und der Königlich Aegnptilchc Legation-srkretär Hnsseiu Ramzn zum vorläufigen Berweier des Königlich Äegnptischen Konsulat» daselbst bestellt worden Zu seinem Amtsbereich gehört auch dgS Land Sachsen: er wird für dieses anerkannt und zugelassen. — DoS chilenische Honorar konsulat in Plauen ist aufgelöst worden. - - Todesfälle. Am Sonntag starb hier, Ü2 Jahre alt, Herr Alfred K unke l. langjähriger Mitarbeiter der Firma Kunkel >L Ca. und Hosmann-Mügel, Dresden. — Gleichfalls am Sonn tag verschied in Vorstadt Mobschatz der König!. Sächsische Lbcr- iörster a. D. Walther Schieckel, Inhaber der Privat-Forst- einrich tungsaiistalt Mobschah. — Jahreoschau Deutscher Arbeit. Von heute ab bis zum Schluss der Ausstellung am 28. September wird an jedem Dienstag und Mittwoch das Philharmonische Or chester unter Leitung seines Dirigenten Willy Raue in der Ausstellung konzertieren. Dresdner Tagung für kalhvttfche Weltanschauung. Bormittagsoorträge im YkwcrbchauS. Heute, Dienstag, st bis 10 Uhr. Professor Dr. Rademachcr »Bonn»: „Christentum nnd edles Menschentum": 10 bis U Uhr, Jesuttenpater Jenscn: „Kantlicher Kritizismus und Ausgaben der katholischen Philo sophie": U bi» 12 Uhr, Franziskanerpaier Loiron: „Evan gelium als Lebensform": 12 bis l Uhr, Oberstndiendir. Dr. Lchnippenkötter lEssen»: „Neuzeitliche BildnngSgriindsätzc". — Dresdner Nachrichten — Nr. »61 Seite 5 Die Welt unter -er Aerrfchaft -es christlichen Ge-ankens. Zum yahr«»fey de» SSchstfchen Äaupt-Misflonsverein» am 10. nnd 11. Seplemder. Bon MissivnSinspektvr Ja Spar lDreöden-Klotzsches. Bald möchte man den Kopf schütteln vb dteier Ueber- schrtftl Die kräftigst« «ultnrbewegnng der Neuzeit im ..christlichen" Abendlnnb ist doch offenbar der christenfetnbliche Bolschewismus upd in seinem Gefolge der malerialisttich ein gestellte Sozialismus — obwohl wir beim letzten schon ein schränkend sagen müssen, -atz der autzerdcutsche Sozialismus gar nicht da» Archen- und chriftenfeinbltche Gepräa« zeigt, wie etwa tn Deutschland fast allarmetn es von seiner Führerschaft gilt. Man könnte nun beim Sozialismus und Kvinmunis mu» auch Nachweisen, datz unbewusst christliche Grundprin zipien wirksam sind — die» hier im einzelnen nackzumeisen würde zu weit führen! — und datz nur in einer christlichen Aultursphäre sein Entstehen möglich war. da er basiert auf der Anschauung vom Unecht der Einzelvcrsönlickkeit. Der Begriff der Persönlichkeit ist aber nur im christlichen Knllur- kret» auSgebilbet. nicht in aus,erchi Glichen Kulturivelle», die völlig kollektivisch eingestellt sind ider einzelne nur Glied seine« Stamme«. leiner Familie usw.l. Tatsache aber bleibt: christenfetnbliche Mächte herrschen weithin im christlichen Abendland! Dazu hören wir noch andere Stnwände gegen unseren Grundgedanken: I» Berit» wird eine Moschee gebaut, wvhl- gemerkt nicht für die sich in Berlin aushalienden Mohammeda ner. sondern ste ist als Kulturzentrum zur Pflege moham medanischer Weltanschauung im Abendland aedacht. und eine Zeitschrift: „Ter JSlam ein Meaweiser zur Rctlnna nnd zum Wiederaufbau", soll tn Deutschland den islamische» Gedanke» verbreite». Wie stolz die mohammedanisch-orientalische Well ans uns herabsieht, zclate jüngst noch ein Flugblatt, das von dem Präsidenten der Deutich-ägiwtische» Gesellschait heraus- geneben war, i» ,"->'che»i er »acliwies. wie die europäische Kultur vom Orient befruchtet sei und speziell Aennplen den Kullurdünger für die Welt geliefert habe. Als er sei» Blatt schrieb, wußte er noch nicht von de» Funden in dein ägupti- schc» KünigSgrab des Tutanchamvn. sonst hätte er aewitz auch aaranf seine Beweise aesiittzt. Ei» veriäiinltciie Frage hat er freilich nicht angeschnilte»: wie so denn die ungeheuere Ilebcr- lcgcnhcit der europäischen Kultur gegenüber der mohamme danischen zu erklären lei, wo doch etwa um >100 der »ivhammc- danisch-arabische und der christlich-europäische KnllurkreiS etwa aleich hoch standen live»» wir dazu auch noch nachweiseil könnten, oatz die arabisch-mohammedanische Welt tlire Prin zipien den orientalischen Kirchen entlehnt hall. Aber immer hin: wir sieben vor der Tatsache islamischer Propaganda i» der christlichen abendländischen Welt — ei» Zeichen von inne rem Kraftbewutztsetn, bas die mohammedanische Welt beseelt. Ebenso steht Europa vor einer iveitaebende» Invasion seitens der indischen Gedankenwelt. I» Leipzig ist ei» grober buddhistisch »nd thevsvvliischer Bering, der buddhistische Weit- gnschgiiiiiigsidcen »nd indische thevsvphischc Aslerweisheit i» Deutschland verbreite» möchte. Tagvre. dem indischen Dichter, gekrönt mit dem Nobelpreis, inbelte das Abendland beacistert zu, und zwar nicht mir wegen seiner Liebesgedichte tdas wäre verständlich!" sondern auch weaen seiner philosophische» Bor- träge, tn denen er Indien als das L«»d pries, das mit seinem Denken die Wcltsraacn z» lösen imstande wäre. Auch bei ihm könnte man wiederum Nachweisen, das, seine besten Ideen abendländisch sind, er dazu einer indische» Geistesbcwegung entstammt, öie indische und europäisch-christliche Gedanke» msteinaiidcr zn verschmelzen suchte tder soaen. Brahma Samadschi. Aber auch hier stehe» wir vor der Tatsache: Indien suhl« sich kräftig zu einer Botschaft an das christliche Europa Ist doch Tagvre auch nicht der cinziae Dolmetscher Indien» im Abendland! Selbst China» Weisen habe ihre Jünger nnd Bewunderer in Europa. LaotseS Schrifichen „Tao te kiua" <..da» Buch vom Sinn und Leben"i wird viel in sreideutschen Krciicn gelesen, und Koninziancr sandten ein Flugblatt: „Ruit den Chinesen, de» wahren Chinesen herbei mit ieiner über 2000 Jahre alten Erfahrung deS guten Bürgers, wie man ohne Priester »nd ohne Soldat leben kann". China im Abendland hört also nicht beim Porzellan nnd dem chinesischen Tee aus! Nehmen wir dazu die Gleichgültinkeit der vielen Namen christen Europas, die mir ein .'seichen der inneren Entfrem dung vom Christentum ist. dann möchte cs doch bald berechtigt sein, zn'redcn vom: „Tie Welt im Zeichen des Bankerott» des christlichen Gedankens". Aber mit innerster Neberzenaung reden wir von der Herr schaft des christlichen Gedankens i» der Welt. Einmal steht die Welt unter dem Zeichen der Kulturervaiiston EnropaS- AmcrikaS. Kein austerchristlichcr Ku!turkrc!S kann sich Ihm mehr entziehen. ES gibt keine „Völkcrtdntle" mein! Das tragischste Erlebe» macht ivobl China durch, wo unter den Hammerschlägcn iletder auch KanonenschlägcM des Ein- wirkenS der abendländischen Gedanken die über 1000 Jahre alte chinesisch« Kultur zusammenbrichl! Aber liier kann ma» cinweudcn. dast die europäisch-amerikanische Kulturivirkuna verzweifelt wenig christliches Gevräae hat. wen» zum Beispiel in China seinerzeit die Opiumeinsuhr mit Kanonen gegen den Willen deS chinesischen Volkes erzwungen wurde, und im Konavstaat unter der Ausbeutung der meiste» Rasse die Negerbevölkerung weithin nussttrbt. Allo wie wenig gelchiehl die Wirkung deö Abendlandes unter der Herrschaft des christ ltchen Gedankens! Weithin Herrschatt deö Namenchristr» tums Europa», die diese Wirkung auslöst! Aber sind in Europa Amerika aniickristliche. christenseindliche Mächte stark, so ist das eine — Wirkung oes Christentums! Die Bibel zeigt deutlich die Entwicklungölinie des „Sowohl als auch": Mu Erstarken des christlichen Einflußes erstarkt durch den Gegen sav auch die Cluisteiiseindschaft. Die europäisch-amerikanische GetsteSkultttr ist in dem Sinne doch eine christliche zu nennen, dast entweder die Menschen zu lebendiaem Christentum sich durchringen oder aber ln Feindschaft mit dem christlichen Ge danken leben. Bon der Frage: Was dünkt Euch um Christus, kommt das Abendland nicht mehr los. 'Nur für oder wider Christus albt es noch! Die Bibel verbeitzt aber Christus, nickt dem Anttchristu» den Sieq. Unter der Wirkung der Sendung iMisstani der euroväi schen Christen ist aber auch i» der nichtchristlichen Welt immer mehr ein Zustand herbeigeführt worden, der alle Bölker immer mehr unter die Wucht der Entscheidung stellt: Was dünket Euch um Christus'? Ter innere Zusammenbruch Chinas ist die lebendige Darstellung dessen, das, China nickt mehr mit seinem Konfuzius im Rate der Völker zu leben imstande ist. Cr hat seine Aufgabe erfüllt. An seinem Lebens ende sprach er die bezeichnenden Worte: „Tie. die die Wahrheit kennen, sind nickt aleich denen, die sic lieben, und die. die sic lieben, sind nicht gleich denen, die darin R u li e und Er autckuna gesunden haben". Jetzt tritt d-'r die Herrschaft i» Cbina an. der ruft: Kommet ber zu mir. ihr mtihseUge» u.nd beladenen Chinesen, ich will Cnrcr Seele Ruhe schassen und Euch erauicke». Im Jahre 1022 fände» zwei gröbere christ liche Konferenzen in China statt, die.erste eine allchincsische christliche Konferenz. Die Vorgängerin im Jahre 1011 häkle noch arg europäisches Gepräge getragen, nur ein paar Nenom mter Chinesc». möchte bald sagen, waren ans ihr vertreten. Jetzt aber waren über die Halste der Besucher Chinesen. Das Ge»e>altheina der Konferenz hieb: „Die chinesische 'National kirche". Cs qinq also der Blick ans das ganze 100-Millionen voll der Chinese». Und die chinesischen Christen aingen ,n dein Bewusstsein der Beraiilwori>i.na fort: Wir selbst sind nnd müsse» sein die Träger der Frohbmschast für unser Volk Die zweite Konserenz war die Konserenz des christlichen Ltnden lemvettbundes. die aus die dringende Einladuna der chinesi schen christliche» Ltndeiiten hi» in Peking statlsand Von der deutschen christlichen Sludentenvereinigung waren der Alt retchstanzler Erz. Michaelis nnd der Theologie Professor I). Heim iTübingenj entsandt, die ihre Erlebnisse beide nieder geschrieben haben iveral. Michaelis „Weltreiseaedaiiken"». Die Konscreiiz selbst sowohl wie auch nachher die Entsendung ein zclner Ausschüsse dieser Konserenz in die verschiedenen chinc sikchen Provinzstädte löste eine lebhafte Geaenvrovnaanda der alten Konfuztaner ans. die ihre Zentrale tn der alten kaiser lichen Universität in Peking hatten und von ihrem Rektor geleitet wurde. Aber diese Gegenpropaganda diente nur dazu, dast man ans die Konferenz ausmerkiam wurde und die Bei sammlunaen in den Provinzstädien um so stärker gerade von dem juiiacn China bciucht wurden. Und fchliestlich musste Altchina kapitulieren: die Pekinger kaiserliche Universität ries Erz. Michaelis »nd Prof. Heim zu Vorträgen vor ihren Studenten China kann sich vom christlichen Gedanken nicht mehr loslösen. Die chinesische Gcdankenmaiicr. die bisher das tzILWI flsisokbr'ük-VVür'fsl Berliner Kaleidoskop. Bon Ego» H. Stratzburgcr. lAachdruck i>l!rt>o«cn.1 Dc'r Vogel Ltrautz macht das Menueu! — Motarteusel und Motarengel! — Berlin wird Grobstadt! — Ein »euer Gaunertrick! Der neuest« Schlager in Berlin ist da» St rau sten- rennen Da» Straus,cnreniien hat uns noch gefehlt: ver- einigt es doch in sich alle schönen Eigenschastc» eines RenncnS, mir Totalisator, Schnellans. Erotik und 'Nervenkihek Ter Trainer Meloni hatte den Schneid und den Fernblick, sich ans der Ferne die Vögel z» bolen, sie zu zähmen und avzu- richtcn und aus ihnen eine Sensation zu machen. Tie Ber liner sind ganz au» dem Häuschen, denn dieser neue Sporl schlägt alte übrigen. Die Jnlernativiiase Gesellschaft zur Veranstaltung von Straus,euren»»'» zieht über ganz Europa ihre 'Netze und nun kann eS loS-gehen. Ich liest mir sagen, das; rin Stranst infolge seiner gewaltige» SchenkelmnSkeln Schrtttr non vier Meter machen kann. Er gleiche einem s>-Z»g im Lause» »nd nehme es mit dem schnellsten Motorrad ans. Sicherlich wird ei» Straus, sich verwundert »mschen, ivrnn um ihn herum sanier Berliner nnd Berlinerinnen mit Operngläsern stellen und »or Verwunderung und Bemiindernng die Köpfe schütteln. Es» Erinnern an die Libnsche Wüste und die Sahara wird durch lein dünnes Snanstcngeliirn gehen nnd Seiinincht wird daS Vieh überwältigen. Aber da der Stranst nun einmal nach Berlin verschlagen worden ist, so Hilst ihm alle Leliiisncht nichts, er m»tz >»> Lausen sein Geld verdienen und sich von jeöem NichlSküniier bekritteln lassen. Jedenfalls ist cS ungeheuer komisch, diesen Vogel vor den Wagen gespannt z» sehen oder ihn zn beobachten, wie er de» Reiter trägt. Man hat immer Angst, datz die berühmten Straus,cnsedern dabei vernichtet werden und es geht einem ein Stich durchs Herz. Im Stalle konnte ich beobachten, wie der Vogel Stranst ge schickt Walzer tanzt. Cr tanzt diesen 'Walzer bis zur Bewusst Inüakeit. bis ihn der Schwindel erfasst und er langsam hin. sinkt ... Ta der Ltrautz nun Stranst heisst, ist der Tanz auch bei keinem anderen Vogel mehr angebracht, als bei ihm. In einer Reibe europäischer Grvtzstädtc sind die Straus,cn- renucn normal vor sich gegangen. In Berlin gaben die Tiere Lustspielvorstckluiigen. Ob die Jockeis die Zügel straff stielten, die Peitsche anivandte», alle» stals nicht», einige der Vögel blieben stehen, einige gingen spazieren, andere legten sich ins Gras. Kurz und gut, sie weigerten sich. Wettrennen abznhalten und da» Publikum ainüsicrte sich gottvoll . . . Die Nervosität auf den Straften Berlins wird tmmcr größer. Rasende Motor sah rer durcheilen mit blitz artiger Geschwindigkeit die Straften Berlins. Trotzdem ein Motorrad setzt eine tägliche Erscheinung bedenket und trotzdem man hundert und tausend in einer Stunde sehe» kann, staunt man diesen närrischen Rädern mit einer Art Begeisterung »ach. In der Well und besonders in Berlin gefällt immer das Tempo nnd der tolle RlinthmuS. Ferner gefällt eS, wen» ein Pärchen darauf sitzt, er wie der leibhaftige Tensel, sie wie der leibstasiige Engel: er in Ledermützc und Lederjoppe, in Ledergamasche», sie im Herrenlostüm. lieblich, reizend nerfiih- rcrisch — dir Mrstorsee sfchlt hierzu nur noch die Opcrcttes. Aber der Motvrtenfcl fordert seine Opfer. So wurde» in Berlin an einem Tage la»! Statistik fünf Lenle überfahre». Daran glauben mussten zwei Knaben, zwei Greisinnen, ein -Herr mit einem Hexen schuft. Die Unsitte mit dem Motorrad nimmt immer mehr überhand, und cs ist nicht abznsehcn, was die Zukunft uns hier an Toten und Schwerverwniidcien bringe» wird. Die Asphaltbekleidnng ist zu verführerisch, als dast inan bei einiger Wohlhabenheit vom Motorradfahren Abstand »chmen möchte. Die Berliner Mädchen halten sich für änsterst tüchtig »nd tcmpcramentnoll. wenn sie al» Anhänaiel hinter dem 'Bräuti gam sitzen. CS ist ein tnpischcs Ltrastcnbild, den Herrn mit seiner Dame über de» Asphalt fliegen zn sehen. Das Bedanei lichsie aber bei diesen Moiorradsahrer» ist, das, sich in Berti» heute jeder Kommis und jeder Primaner ans sein Stahlros, schwingen tan», ohne das, inan den Herren ansielil, das, sie weder einen Führerschein noch eine» Znlassnngsschei» besitzen. Dabei passierte» gerade in letzter Zeit «bei scuchtem Asnbali» diverse Unglücksfällc, indem die Radfahrer mit zerbrochenen Gliedern ans der Strafte liegen blieben. * Die Beleuchtung in Berlin wird wieder besser. Wahrend wir noch »or wenigen Woche» ii» Dunkeln am Abend dahinschleichen mußten, die Hand am Hansschlüsset oder am Spazierstock, fest und grimmia, können wir heute den Hansschliisiel gut in der -Hosentasche iinbcrührt lasse» und uns bei Rrgenwetter sogar eines Schirme» spät am Abend be dienen. Die Uebersällr drohen nicht mehr, denn der aenml tigste Feind der Straste»ränt»er ist wieder da: die Helle Be leuchtung Bisher Italic» wir nickst die Hälfte der Beleuch tung der Vorkriegszeit, aber nun „verdichtel" sie sich. Wenn man nämlich sagt, die Beleuchtung verdichtet slcst. so versteht man nämlich darunter, dast sic an Ausdehnung gewinnt. Wohl erwägt der Magistrat noch hin und her »nd Stadtnäter. die ln Heller Gegend wohnen »nd sich abends früh zn Bett legen, nvrden sicher gegen weitere Beleuchtung sein, während die anderen dafür stimmen werden. Eine Großstadt wie Berlin kann ja da nnd dort sparsam sich zeigen, aber am Abend nnd in der 'Nacht »inst ein Lichte, mcer erglänzen. Eine Großstadt, die im Dunkeln liegt, macht einen jäminerlichen Eindruck. Das 'Nachtleben mns, genau lein wie vor zehn Jahren. Eine Millionenstadt wie Berlin, die nm zwölf oder ein Uhr ihre Lokale schließen lässt, wird eine Prvninzstadt. London, Pari», Nennvrk sind sichcr nicht sitte» loser als die deutsche Rcichshanptstadt, und dort pulsiert das Leben sozusaaen die ganze Nacht. Der Fremde innd 'Berlin Hai eine Unmenge Frcmdel will etwas sehen und hören, er will sich amüsieren bis zur Restlosigkeit. Um zwölf Uhr kan» er sich auch zu Hanse ins Bett lege», das ist kein Kunststück. Immer wieder must man diesem Magistrat neu ins Obr flüstern: „Liebe Tlndtväter, tut etwas für die Stadt »nd lasst die Bewohner nicht mit den Hühnern schlafe» gehen. Je mehr Wein, Likör und Bier die Fremden und Fremdlinge in der 'Nacht verkoiisninicren, desto besser ist es für de» Siadtsäckel." Deshalb begrüßen wir cS mit Freuden, das, die Laterne» nieder strahlen, das; man mit dem Licht freigebiger geworden ist und dast es den Anschein hat, als vb Berlin wieder Berlin werden solle. * Es gibt in Berlin immer neue Schwindler. Traditionelle Ganneriricks reizen manche Diebe »nd Räuber nicht mehr sonderlich. Auch die Herren Diebe gehören der Fortschritts Partei a». Die -Herrschaften waren verreist, man öffnet« per Dietrich nnd stahl nach -Herzenslust. Vvr ei» paar Taaen stand ein Damenschneider vor de» Schössen. Leine Lpezialiiäi war die Theater- und Kino aarderobe. Mit Adlerblicken erspähte er bei der Garderobe die Nnnnnern der Marken, ans die non de» Theaterbesuchern wertvolle Pelze abacgeben wurden- I» einer kleinen Druckerei wurde miitels Drncktnpen eine ans die betreffende Niiminer lautende Marke hergestellt nnd der vornehme -Herr ider Damenschneideri gab vor Schluß der BorstcNmig seine Marke ab und er wie seine Dame erhielte» die wertvolle» Beklei dungsstücke srenndlichst ansgehändigt. Da er »och die vor nehme Eigenschaft besaß, zwanzig Pfennig Trinkgeld zn geben, hals man ihm noch, wie auch seiner Dame. Natürlich empörten sich die Ckschädigten, und die Thcaier- direttorcn. bzw. die Versicherungen, mnstten krästia in den Venicl areiscn. Ter ertappte Vösewichi wird diese» nvll endeten t'stinnertrick, der genial war, mit Zuchthaus zn büßen haben. Jmincrhi» können die Autoren von Detektivromanen ans dein Lebe» Berlins nnd besonder» ans dem dunkle» Lebe» Nahrung schövien. Jedr» Tag erleben wir neue niedl cbe iScschichten »nd man kann genstst nicht sagen: Silles schau dagciveseul
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