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7!. Jahrgang. AK 171 «iNwoch, 11. April 1«» Gegründet 185« Grnilprechrr-Sammetnummer: SS 2<1 «Ml s«r «o«t,kwr»ch': so »11 >»>m I. 1,1« I». »»rtl 1»« »«« täol>->> Hvftkllung sre« -»»1 l.70 ««1. L)6AUÜ5»W6vUyk >ostbk,ug«prei« tür «»nM » Marl »Iinr P°It«uI>rU>,nk>«gebühr. »ioi-li,»»«-- 1» Psmml«. «»herhal» 2re««c»« t» »te »«eigen werde» »ach «olbmarl berechnet: die etnlvaltlge »« mn, breite Helle Os»,-b» Vta„ lür autwärt« «0 BI« stamllienon,eigen und Ltellengeluch« ohne «aban <iklA0lK6kl ^IskÜllO. I» «tg auherhal» «b B>Sn die oo mm breite «cllamezeiie »00 Big., auherhalb »50 PI«. QiierlengebiUir »0 Big. «uiwSrtige »ustrSge gegen «vrau«be,ab!ung. «chelftleltung und ra-vlgetchälibpell»: «artenltr»», 3S/»2 Bruck und Verlag »an Liepich ck «etchnr» in Breld« B-Ii1che<r.»onta 1»ss Trelde, «achdrink nur mit deutlicher Quellenangabe i,Dre«dner «achr.'i »ul5ilig. — Unverlangte Tchriiiilntte werden nicht «„'bewahrt. Wichtige Verhandlungen in Rom. zalefkl will eine« Freundslhastspatt mit Staken.—46-Stundenrekord Kemmerichs im Schwimme«. NervosilA in Paris. ' Paris, IN. April. Die zahlreiche« Miuisterbesuche in Rom erwecke» i« Pariser politischen und diplomatische« Kreisen «och immer besondere A«smerksa«keit. Rach Berichte« a«S italienischer «nd polnischer LueNe soll der Besuch Zaleskis bei Muffolini durchaus nicht nur die Bedeutung eines HSs- lichkeitsakteS habe«. Der polnische Außenminister «olle Muffolini stir die polnische Aussaffung in der polnisch-litau ischen Streitfrage gewinnen und habe ferner die Absicht, mit »er italienischen Negierung Verhandlungen über einen Freunbschaftspakt anzubahnen. Polen, das sich in der letzten Zeit anfsallend England näherte, möchte seine Be ziehungen auch mit Italien enger gestalte». «« anf diese Weise die Lage Polens in Mitteleuropa z« befestigen, wo Italien wegen seines Bündnisses mit Ungarn gegenwärtig ein« besondere Rolle spiele. In Paris befürchtet man, daß eine italienisch-polnische Anuahernng daS französisch-polnische Bündnis beeinträch tigen könnte, «nd führt den nervösen Ion der sranzösischcn Prcffeänßernngen hierauf zurück. Italiens außenpolitische Ziele. Rom, 10. April. Muffolini ist wieder noch Rom zurück gekehrt. Seine diplomatischen Besprechungen während der Osterwoche in Mailand sind non der italienischen Presse bisher nicht besonders heroorgehobcn worden. Erst jetzt äußert sich in der „Stanipa" der Abgeordnete Torre eingehender Uber die Mailänder Besprechungen. Torre erklärt, daß die italienische Außenpolitik folgende Hauptziele an- strebe: Die Erhaltung des Friedens in Europa; keine Be günstigung der Vorlierrschastsplänc anderer Machte, die Opfer kleinerer und schwächerer Staaten bedingen würden; ferner Anregung dcS Völkerbundes, damit er ein Recht benütze, daS ihm der Gründungsakt verleihe, um jene Ungerechtigkeiten wieder gutzumachen, die Ursache und Grund der Beunruhi gung der betroffenen Staaten bilden. Schließlich wolle die italienische Politik die Aufmerksamkeit Europas für die Kolonial, und M a n d a t s s r a g e n wachhalten, damit die Lebensbedürsniffc jeder Nation die Befriedigung erlangen, die ihnen die Friedensvcrträge versagt hätten. Litwinow über die Unlerre-ung mit Stresemann. Kowno. 10. April. Nach Meldungen ans Moskau berichtete Litwinow gestern aus einer erweiterten Sitzung des politischen Büros über die Beratungen der Abrüstungskonferenz und über seine Verhandlung mit dem türkischen Außenminister. Besondere Bedeutung legte Litwinow seiner Unterredung mit Reichsaußenminister Dr. Stresemann über die Deutscken- Berhaft ungen bei. Litwinow berichtete dem politischen Büro über die Einstellung der Reichsregicruna zu den Ver haftungen und betonte die Notwendigkeit der Regelung der deutsch-russischen Beziehungen. Ankunft -er verhafteten -eutschen Ingenieure in Moskau. Moskau, IN. April. Wie aus Moskau gemeldet wird, war die Ankitnft der verhafteten deutschen Ingenieure streng gehcimgchalten wordew Ter Eisenbahnwagen, in dem sich die Verhafteten befanden, wurde sofort beim Eintreffen in der Umgebung von Moskau von einer Abteilung der G.-P.-U.- Trnppen umringt. Tie Gefangenen wurden in Automobilen nach dem Ljubjanka-GefängntS gebracht. Weitere Vernehmun gen werden nicht mehr stattfinden, da die Anklageschrift be reits abgeschlossen ist. Die verhafteten Deutschen sind von den übrigen Gefangenen abgesondert. Eie sollen bestimmte Vorrechte vor den übrigen Gefangenen genießen. Moskau un- -er Lentnbun-. Kowno, 10. April. Wie aus Moskau gemeldet wird, bc- absichtigt daS Vollzugskomitee der Kommunistischen Inter- nationale die Veröffentlichung eines Ausrufes, in dem die Führer des in Deutschland gegründeten LcninbundeS als Verräter bezeichnet werden sollen, da sie der K. P. D. vor den Wahlen den Dolchstoß bcigcbracht hätten. Tie Kommu nistische Internationale lehne alle Beziehungen zu dem Bund ab, dessen Bildung ein schlechtes Vorzeichen für die Wahlen sei. Weitere Stimmen für die Dawes-RevWn. Die ll.S.«.-Presse über SUberls Pläne, l SSL «-'.-L üriegsschuldenzahlung Frankreichs au die Bereinigten Staaten fällig, so daß ein durch den Berkaus der DawcS-Obligatioueu flüssig gemachter großer Barbetrag der Pariser Regierung sehr gelegen käme, zumal die Stabilisierung der Währung dadurch beschleunigt würde. Frankreich werde darum wohl Gilberts Plänen znstimmcn. Tic ganze weitere Entwicklung sei aber von der Haltung Amerikas abhängig. Ncuqork, 10. April. Die Besprechungen Parker Gilberts sind auch weiterhin Gegenstand aufmerksamer Beachtung in der amerikanische» Presse. In einigen amerikanischen Blättern wird jetzt eine Darstellung über diese Besprechungen gegeben, die von der bisherigen i» verschiedenen Punkten ab. weicht. Da sie — wie die betreffenden amerikanischen Zeitungen erklären — der Wirklichkeit am nächsten kommt, sei sic in Kürze wiedergcacben. Es wird zunächst darauf htn- gewiesen, daß Gilbert offenbar die Herabsetzung der Rcpara- tionsgesamtschnld aus acht Milliarden Dollar vor, schlage. Die Hälfte dieses Betrags würde den Bereinigten Staaten znr Tilgung der Kriegsschulden zusließen, die andere Hälfte käme Frankreich und Belgien zugute. Eng, land würde aus die ihm zustchcnden 666 Millionen Dollar Kriegsschulden verzichten. Die Bereinigten Staaten würden statt der ihnen zustchcnden fünf also nur vier Milliarden Dollar, Frankreich und Belgien anstatt etwas über sechs nur vier Milliarden Dollar erhalten. Die Alliierten würden das Rheinland räu men. Die alliierte Finanzkontrolle über Deutsch land würde ihr Ende finden, und Dentschlands Schuld von ach, Milliarde« Dollar würde allmählich dnrch schritt weise Ausgabe der Eisenbahn, und Industrie» Obligationen getilgt werden, die aus den Geldmärkten der Welt, besonders aber in Amerika, veräußert werden sollen. England st l m m e diesem Plane zu, aber die Bereinigten Staaten seien nicht dafür zu haben. Sie seien grundsätzlich mit einer weiteren Schuldherabsetzung nicht einverstanden »nd ge.gen die enge Verflechtung der Kriegsschulden mit den Reparationen. Deutschlands Haltung sei noch zweifelhaft, weil cs befürchte, daß die Ausgabe der Obligationen an da- Publikum die später« Herabsetzung der Reparationsichuld unmöglich machen würde, und daß mit einer ernsten Schädigung des deutschen Kredits zu rechnen sei, falls sich bei der Verbindung und Amortisierung dieser Obligationen später einmal Schwierigkeiten ergeben sollten. Immerhin seien Deutschlands Einwände nicht unüberwindlich Frankreich endlich habe cS weniger eilig zu einer General- regelung zu kommen. Seine Finanzen seien konsolidiert und die DaweS-Zahlungen ginge» regelmäßig ein. Solange seine Grenzverteidtgnng noch nicht vervollständigt, ein enroväiscker SichcrhettSpnkt nicht abacichloffe» und eine ständige internatio- riale Kontrolle über die entmilitarisierte Rhcinlaiidzone nicht Der Bericht -es Aeparalionsagenten. Berlin, IN. April. Das Büro des Generalagenten für die Reparationszahlungen veröffentlicht eine Ucbersicht über die verfügbaren Gelder und vorgenommcnen Transfers im vierten AnnuitätSjahre bis 81. März 1928. Danach beliefen sich die Eingänge aut NcparationSkonto im März auf l7l 17i 047 Gvldmark, die Eingänge für die vierte Jahres- annuttät bis 81. Mürz ans 1 074 992 018 Goldmark. Die vor- genvnimencn Transfers im März beliefen sich ans 120 212 687 Goldmark. Die Gesamtsumme der Transfers für die vierte Iaüresannuität bis 8t. März betrug 906 804 808 Goldmark. Von den Ziffern über die V c r t e i l u n g der vorgenommenen Transfers an die Machte seien folgende hervorgehobcn: An Frankreich im März 58176781 Goldmark, bis 81. März insgesamt 456619661 Goldmark. An Großbritannien im März 81 857 765 Goldmark» biS 81. März insgesamt 185 476 «96. An I t a l i e n 11 688 465 Goldmark, bis 81. März insgesamt 6!, 742 465. An Belgien 10 321874, bis 81. März insgesamt 62 666 926 Goldmark. Kemmerich schwimmt 4« Siun-en. Hamburg, 16. April. Der bentsche Schwimmer Otto Kemmerich, der am Ostersonntag, abends 8 Uhr, zu einem Rekordversuch tm Dauerschwimmen gestartet war, hat hent« abend uw 6 Uhr nach 4« Stunden das Bassin verlasse«. Sr hat zwar sein« Absicht, 56 Stmlde« z» schwimme«, nicht ganz durchführen können, aber trotzdem mit seiner Seist»«- den von ihm i« »origen Jahre ansgeftellteu Weltrekord «» 14 Stunden Überboten. Kemmerich ist ununterbrochen 46 Stunden geschwommen, was eine überragende Leistung bedeutet. Er wurde beim Verlassen dcS Beckens ärztlich untersucht und seine Versaffnng als gut befunden. Der ihn begleitende Scelöwe hatte be reits »ach 26 Stunden aufgegcbcn. Kemmerich beabsichtigt, Ende des Jahres nach den Bereinigten Staaten zu reisen und dort ein 72stttndigeS Dauerschwimmen zu veranstalten. Der Wahlkamps in Frankreich. Neben den eignen Wahlsorgcn, die diesmal ein »och nicht dogewesenes Ausmaß erreicht haben, fällt in der deutschen Oefsentlichkeit auch ein« nicht zu kleine Dosis Interesse für den französischen Wahlkampf ab, «nd zwar besonders mit Rücksicht auf die Gestaltung des deutsch-französischen Verhält nisses. die noch immer das A und O der europäischen Bcfrie- düng bildet. Da Poincars bisher bei allen unseren Miß. Helligkeiten mit Frankreich die treibende Kraft gewesen ist. so richtet sich die Aufmerksamkeit bci uns hauptsächlich auf die Frage, ob wir mit einer Fortdauer des persönlichen Re- gimes dieses Staatsmannes zu rechnen haben werden, der von starrem und aufrichtig versöhnlichen Regungen schwer oder vielleicht überhaupt nicht zugänglichem Charakter ist. Der französische Ministerpräsident hat die Bataille gleich in eigner Person mit zwei Reden in Bordeaux und Carcaffonne eröffnet und dadurch sich selbst in gewisser ostentativer Weise in den Mittelpunkt der Geschehnisse gestellt. An diesen beiden Kundgebungen ist aber weniger der nur die bekannten Grund- anschanungen Poincarös widcrspicgelnde Inhalt bedeutsam, als vielmehr die Tatsache, daß gerade die genannten Städte zum Schauplatz des Auftretens des Ministerpräsidenten ge wählt morden sind, weil sich daraus ein Schluß ans die Ab sichten ziehen läßt, die er bet seiner künftigen Politik im Schilde führt. Potncarö ist nämlich in bemerkenswerter Weise von seiner früheren Gewohnheit, die ihn hochpolitische und nichts weniger als fricdenösörderliche Reden in den konser vativen Nord- und Westprovinzen halten ließ, abgewichen und hat sich für den Auftakt zum Wahlkampfe zwei Plätze erkoren, wo. wie in Bordeaux, der Sozialismus das Zepter schwingt oder, wie in Carcaffonne, die bürgerlich-demokratischen Radi talsozialisten, auö denen sich die stärkste Partei der Kammer rekrutiert, eine unbestrittene Herrschaft ausübcn. Der Um stand, daß Poincars cs für nötig befindet, sich zuerst, und nicht etwa in aggressiver, sondern in werbender Form, mit der Linken anseinanderzusehen, erhält sein besonderes Ge- wicht im Zusammenhänge mit der Beflissenheit, mit der der Ministerpräsident es stets vermieden hat, sich als aus gesprochener Parteimann der Rechten zu geben. Er hat im Gegenteil der Linken in seiner bisherigen Rcgierungstätigkett ganz beträchtliche Zugeständnisse gemacht, »nd zwar vor allem durch die Wahlrcform und durch das Gesetz über die Sozial versicherung. Die Wahlrcform ist das Werk des radikal- sozialistischen Innenministers Sarrani, der im Süden Frank reichs weitgehenden Einfluß ansübt. Potncarö hat alle Ver suche der Rechten, den Entwurf noch tm Kabinett zu Fall zu bringen, standhaft abgewiesen und auch bet der parlamen tarischen Verhandlung keine Winkelzüge gemacht, so daß Frankreich nunmehr des Listensystems wieder ledig und zur Einzclwahl mit Stichwahl zurückgckchrt ist. Noch viel ein schneidender ist das Gesetz über die Sozialversicherung, mit dem sich die verschiedenen Regierungen und Parteien schon seit einem Jahrzehnt vergeblich herumgequält haben, bis jetzt Poincarö die Sache energisch In die Hand nahm und die Verabschiedung des großzügigen, nach deutschem Muster ein gerichteten Rcformwcrkes erzwang. Danach sind der Zwangs- Versicherung alle Lohnempfänger beiderlei Geschlechts unter worfen, deren Jahreslohn die Höchstgrenze von 15606 Franken nicht übersteigt. Der Beitrag macht 10 Prozent deS Lohnes aus und ist je znr Hälfte vom Arbeitgeber und Arbeit, nchmer zu entrichten. Außer der Krankenversicherung wird eine Alters», Invaliden- und MutterschastSvcrsichcrung ge währt, ferner gibt es Familienzulagen und Sterbegelder. Die InvaliditätS- und Altersrente betragen beide je 40 Prozent des Durchschnittslohncs. Zur Deckung des durch Arbeits losigkeit entstehenden Ausfalles an Beiträgen wird ein be- sonderer Fonds gebildet. Poincarö steht also der Linken nickt mit leeren Hände« gegenüber. Dafür verlangt er aber von ihr auch eine ent sprechend hochwertige Gegenleistung, nämlich die Zustimmung zu seiner Forderung, daß die von ihm eingeleitete Politik der nationalen Einigkeit auch nach den Neuwahlen fortgesetzt werden muß, daß die Linke daher auf alle Bestrebungen zur Bildung eines geschlossenen Linksblockes zu verzichten und ihn, Poincarö, als den einzigen Meister, der zur Vollendung der finanziellen »nd wirtschaftlichen Sanierung des Landes befähigt ist, anzucrkennen hat. Der Ministerpräsident sucht der Linken klar zu machen, baß er und sein System unlöslich miteinander verbunden sind und daß insbesondere die Radikal, soztalisten als bürgerlich« Partei die Pflicht haben, die finan zielle Saniernng noch auf lange Zeit hinaus aktiv zu unter, stützen, wenn sie nicht einen neuen Frankenstur, und damit eine abermalige Erschütterung der DahrungSgrundlage heraufbeschwören wolle«. Poincarö wünscht offenbar, baß die Madikalsozialisten sich seiner Politik nicht bloß mit Ach und Krach und unter allerlei Vorbehalten anschlicßen, son dern daß sie ihr eine freiwillige »nd überzeugt« Gefolgschaft leisten. Wenn die Radikalsozialisten ihm in dieser Hinsicht zu Willen sind, dürfte Poincarö geneigt sein, seine Regierung