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Dresdner Nachrichten : 16.05.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-05-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187405160
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18740516
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18740516
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-05
- Tag 1874-05-16
-
Monat
1874-05
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 16.05.1874
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«x,nq sr«» ! »«»-»»»tdiiion Wkchetnt Niriniftrahk Ük >don- »ierirNildr- A»r < ''urch dt« «Kgr. Unielne ir. Post-L-Kgr« .. Nummern » N« «ufl,„! 24000 »i»l. gür dt« Xllckg» «ing«- sandter Manu rt»Ie maidi sich dl« l> -oclioii nlch, »erbln ich. Z»ftr»t«ii>>nn»lim« au» iviili«: Hauva-tma u,!>1 Voatar I» Hamd' a. ver Itn. Wik». Lci». . B-fti. vrkllau, Nranks , a. M. - «a«. «-»,« > «crii». ßrip«t», Wien, nidura, ttrankfun a. N Mli,,- Sen. — vaab» c». In Franlfurl a. M — ka "i^r in Sdemn — Sa- »aa>l.»«tt«. SnN r » 0o. in Pa,'.. Tageblatt für Unterhaltmig and Geschäftsverkehr. .Druck und Cigenthum der Herausgeber: Eiepsch L Neikhar-t in Dresden. Verantwort!. Redakteur: Julius Neichardt. y*iNLt«w«r»»» «»»«««»« fieate I» angenomin«» di» vd.» wir, Tmmtaa» »t» Mitta,» l» Udr, In »eultaL«: »r«d» tiotzer- »affe »di» Nachm. 4 U»r. Dir Raum einer «>«. i»»l»«enPk,«^n>e kas„! >» Psa Sinnklandt ki» Zeile» Ngr. Line iLarantte illr da» »dchsttiiatae Erichct- nen der Inserate wir» nicht gegeben. «„»wlrtige «nnaneen» Aufträge von UN« unbc- kannicn Firmen u. Per sonen tnseriren »vtr nun gegen Pränumerando- Zobiung durch «ries» marken oder Polleln-ad» lung. » Tilden kosieP I»/, Ngr. Auswärtig, können die Zahlung auch aus eine DrerdnerAirui» anweisen. Die «rs- Ar. 131. Rciinzehnter Jahrgang. MItredacteur: Für das Feuilleton: vr. «1»nU NIvrTV. Lnck vigk HkAtlNk»»». Dresse», Sonnabend, 16. Mai 1874. Politisches. Mißmuthige Abgeordnete, geärgerte Minister und Erholung bedürftige Journalisten fangen bereits an den Staub von den Füßen zu schütteln und Genesung zu suchen, Genesung, Ruhe und Frieden an den Heilquellen der gütigen Natur: die Bäder, kaum erst ausge scheuert, Men sich mit „Menschen in schöner Nacktheit" und die gleißnerisch angemalten feuchten Paläste an den europäischen Brun- nenpromena! en werden bis unter's Dach veriniethet. Begreiflich wenn unter K hanen Umständen die politischen Neuigkeiten spärlicher fließen und — die Menschheit sich allgemach wohler befindet. Denn leider! — sind es meist Parlamente, Minister und Journalisten, welche das schöne behagliche Erdenleben andauernd beunruhigen und wenn die erst alle auf Sommerlogis gezogen sein werden, dann wird es erst gemächlich im großen europäischen Volkskiirdergarten. Am meisten Interesse erregt noch des Ezaare» Reise nach England, wo er die Friedenspfeife raucht. Schade, daß die Völker nicht in den Friedenspfeisenkopf hineinsehen können, um einmal zu erforschen, wann den Potentaten die Pfeife ausgehen wird, die Engländer sind ritierlch genug, jeden Gast ihrer Königin respektvoll aufzunehmcn. Aber mit Alexander ll. machen sie eS fast zu toll. Als Peter der Große vor 160 Jahren London besuchte,war er übcrdenParlamen tarismus und die Dialektik der Advvcaten in England entsetzt und er soll damals geäußert habey: er sei froh in Rußland nur zwei be rühmte Advocaten zu haben und davon hoffe er den einen demnächst hängen zu lassen. Erst 100 Jahre später zog wieder ein weißer Czaar in Englands freie Hauptstadt. Es war Nicolaus l. im Jahre 2814. Düster, tyrannisch und verschlossen bcivegte sich der heilige Nllianzler auf englischem Boden und die Engländer blieben ruhig und höflich. Jetzt aber — das hat mit ihrem Siegen, die sechste Großmacht,die freiePres se gethan— ertönt aus Millionen Kehlen daS Oock save tk» Omiar! Und nicht von den Gegensätzen zwischen England und Rußland ist mehr die Rede, sondern alles faselt von der Aehnlichkeit beider Reiche. Alexander hob die Leibeigenschaft auf, also ist er liberal — und in England ist man ebenfalls liberal. In Rußland geht, wenn man das asiatische gleich cinrechnct, die Sonne nicht unter — und auch in England, wenn man Indien ein rechnet, geht die Sonne stets auf. An diesen Aeußcrlichkeiten haftet man und übersieht im Schivang der Hochgefühle, daß England durch Handel, Bildung und Freisinn groß geworden ist, daß abcr des Ezaaren heiliges Reich lediglich auf den thönernen Füßen des Mili tarismus steht und was daS Allerschlimmste ist, diese absolutistische Negierungsform mindestens auf ein Menschenalter hinaus gar nicht entbehren kann. Aus Berlin zittern noch die Nachklänge herüber der Rede, welche Laöker gegen die Staatsgarantie der Rordbahn (Berlin- Stralsund) gehalten hat. Man folgert aus dem Vorgang, daß der preußische Staat versteckt die Absicht habe, die (strategisch wichtige) Bahn käuflich an sich zu bringen, lieber Bismarck-Varzin ivird so viel dummes Zeug geschwätzt: wohin er, wenn er, wie er, warum er badereisen werde, daß es am klügsten ist, man stopft sich die Ohren mit der Watte des Unglaubens. Wiener Blätter tranSpiriren das Gerücht auf's Neue: Graf Arnim werde eine große Zeitung grün den. Natürlich nur um Bismarck zu ärgern. Er würde übrigens sannt ein geflügeltes Wort des nervösen Kanzlers bestätigen, der bekanntlich einmal sagte, Journalisten seien Leute, die ihren Beruf verfehlt hätten. Interessant wäre allerdings eine antiofsicielle officiöse Zeitung mit dem Exbotschaftcr Amin, als Redakteur und wir würden vielleicht in der kommenden dürren Zeit dem neuen College» manche pikanten Bismarckiana zu verdanken haben. Aus Oesterreich verdrängen die Wasserstandsposten die politi schen Nachrichten, welche letztere in der komischen Mitlheiluug gipfeln, daß Graf Bcust sich vor der ungarischen Delegatioir verantworten solle, wegen der Bündnißdepcschcn an Gramont während des deutsch französischen Krieges. Die Moral ist die — es kann's eben Nie mand den Ungarn Recht machen: Veust's Nothbuch war ihnen zu dick — Andrassy's Nothbuch zu dünn, erstercr dcpeschirte zu viel, letzterer zu wenig im Interesse einer großstaatlichen Oesterreich- Ungarischen Monarchie. —Die UcbcrschwemmungSnachrichtcn lassen sich noch nicht übersehen. So viel scheint indes, gewiß, daß Süd- östcrrcich und Wcstungarn großen Verheerungen auSgesetzt sind und daß ein Thcil der deutschen Flußgebiete ebenfalls inundirt werden dürften. Locales und Sächsisches. — Dem Inhaber der Firma Gehe u. Co. hier, Franz Ludwig Gehe, ist die große goldeneMedaille für Verdienst umGewerbe und Kunst verliehen worden. —Der Hofrath vr. moä. Pusinelli hat den Charakter eines Geheimen Hofrathes erhalten, und dem Assistenten bei dem Hauptstcucramte Dresden, Kühle mann, ist die Medaille in Gold verliehen morden. — Dem Reiter der 5. Escadron des III. Reiter-Regiments Albert Voige, zu Pegau, ist für die mit eigener Lebensgefahr aus geführte Nett, ng eines Kindes vom Ertrinken die LebensrettungS- Medaille zum Tragen am weißen Bande verliehen worden. — Die uns von der Wafferbaudirection übermittelten tele graphischen 2 ^richten über die Anschwellung der Elbe besagen von Dresden, am Mai 1874, daß der Wasserstand von früh 6 Uhr, wo er 47 Centim. über Null betrug, bis Nachmittag 3 Uhr auf 123 Centim. über Null gestiegen ist. — Aus Leitmeritz, 15. Mai, 1 Uhr 25 Min. Nachm, tclegraphirt man: „Elbwasserstand 8 Uhr früh 79 Zoll, bis 11 Uhr 81 Zoll, dürfte die größte Höhe erreicht haben." Letztere Notiz ist nicht ganz für hier zutreffend, da die westböhmischcn und sächsischen Nebcngewässer der Elbe noch einiges Steigen möglich erscheinen lassen. In Südösterreich sinken die Wässer. Der hölzerne Rcstaurations-Uferbgu bei Helbig's an der hiesigen alten Elbbrücke mußte gestem Abend schleunigst geräumt werden. — Landtag. Dje erste Kammer setzte in ihrer gestrigen Sitzung die Bcrathung dcö Budgets deS Ministeriums des In nern fort. Bei Pos. 2?s (für Kunstzwecke im Allgemeinen» sprach Prof, vr F rickc sich dahin auS, daß nicht blos Malerei und Pia ik unterstützt werden sollen, sondern auch die Musik, vorzüglich die kirchliche Musik. Er wies darauf hin, ivaö in Leipzig von Priratsciten iNicbcl'schcr Verein» in dieser Hinsicht gethan würde und empfahl dringend der Regierung Unterstützung der kirchlichen Musik. Staatomtuister v. Nostitz-Wallwitz er- micderte, daß bis letzt nur Malern und Plastikern Beihilfen ge währt worden wären und daß sich Herr Prof. Fricle wohl dis zur nächsten Finanzperiode gedulden müsse. - Bei der Bcrathung der Forderung für Straf-, Heil- und Versorgungsanstallcn frug Bürgermeister Müller an, ob bei den Lehrern an dicscrAnstalt die Ancicnnität entscheide und nach dem Namen deS Verfassers eines im Berichte erwähnten 'Aussatzes. Es wurde vom Negic- ruugstischc erklärt, daß das Slncicnuitätsavanccmcnt aufrecht er halten werben würde und Referent Seiler verwies den Frager auf die Landtagsactcn. lieber die'Arbeit der Sträflinge in land- wirthschaltlichen Branchen fand zwischen dem Referenten und dem Regierungötische eine kleine Debatte statt, welche zu dem Schlüsse führte, daß Minister v. Nostitz erklärte, die in Lachscnburg in- tcrnirten jungen Gefangenen sollten ausschließlich mit lanbwirt»- schastilchen 'Arbeilcn beschäftigt werde». Tie übrigen Posi tionen wurden »ach den Anlräge» der Deputation angenommen. - Daraus folgte die abermalige Bcratbung des Bau-Etats (Rcf. Prinz Georg». ES handelte sich um gerade 28 Velitloncu wegen Ehaussecauöiührungen Seite» des Staats. Die zweite Kammer hatte clucu Thcil derselben tyciis der Regierung zur Er wäguug. IhcllS znr Keiiiitnißiiahiuc cmpiohic», theils auch aus sich beruhen lassen. Die Dcpu'aNon der ersten Kammer cmpsahl, alter Prariö gemäß, trotz lcbbaitcn Einspruchs des Abg. M«Un hold gegen diese „Prans", sämmtlichc Petitionen der Regierung zur Kcnntnißuahme zu Uberwclien. Scilerund Erdinan » s - oorff sprachen gegen Mcinbold und wollten nicht In die Fußtapicn der zweiten Kammer treten, welche den Petitionen ordentliche Eensurcn ertbeiite: gut, sehr gut, sehr gnt mit Stern- eben id. b. zur Erwägung empfohlen, zur Bcmcksichligung, zu klingender Vcrüelsiehtigung». Gegen Mcinhold'S Stimme wurde denn auch der Depntatlouöantrag angenommen. Die zweite Schantaucr Brücke, iür welche die Regterung 45>>,0k»0Thlr. ver faulte , wurde Im Eiuverständnlß mit der zweite» Kammer ab. aclelmt, dagcacn eine Verbreiterung dcr crstprojectirtcn Eiscnbalm- brücke «zum Pcrsonenbcrkchr» vmpwhlcn. — Tie in letzter Sitz ung ausgesetzte 'Abstimmung über den Ansatz: Unterstützung der Gewerke, fand bann statt. Damals standen bei der Abstimmung die Stimmen. Jetzt erklärte Prluz Georg, daß er und die Majorität der Deputation nunmehr kein Bedenke» trage, dem Anträge deS Abg. Seiler weiter entgegcnzutretcn und wurde daraus die Erhöhung der Unterstützung der Gewerbe von 16,«Mi aus S6,000Thlr. einstimmig bewilligt.-Landr-Btelter Hempel referirte darauf über daS kgk. Dekret: Pensions-inid Wartegelder- erböhlingcii betreffend, und empfahl Beitritt zu den Beschlüsse» der S. Kammer. Dies geschah auch einstimmig, nur wurde eine Resolution der jenseitigen Kammer als überflüssig abgclchut. Den Schluß der Sitzung bildete die Anzeige §eö Präs, von Clieg ern, daß das Vercinlgungsverfapren in Bezug auf dm MannSield-Haberkornschcii Antrag um Abänderung der Veriassungü-Artikel '.»2 und 103 und Einführung tcb PalrschnbS, trotz Entgegenkommens der Mitglieder des I. Kammerbcputation erfolglos geblieben sei. - 2. Kammer. Die Specialbcrcsthung des Einkommensteuergesetzes nabm auch beute die Aufmerksamkeit der Kr. ln Anspruch. Eine lehr große Anzahl von SK, von K 14-36, wurden beratben. Die Debatten waren meist zieyilich interesselos und wurden mit Aus nahme deS 8 26, wo Viccpiäsident Streit ein redaktionelles -Amendement durchbrachte, und des 8 34, wo eine etwas scharie Debatte, a» der sich die Aba. Jordan, Walter u.A. beihci- liaten, im Sinne der Maickkitat der Deputation angenommen. ES hantelt sich nämlich hierbei, ob nur der sich der Declaration wissentlich Entziehende für seine Schuld hasten muß ober auch der nur fahrlässig Handelyde (letzteres fordert die Vorlage). Die Kammer entschied sich ans den 'Antrag der Abgeordneten Grahl, Günther, vr. Heine und Walter iür die mildere Fassung und sirich die nur Fahrlässigen von der Schult- twel. Bei S 18 handelte cS sich um daS Prinzip, welches die Maiorität verfocht und welches 'Abg. Günther lrbhait kc kämpitc, nämlich daß beim Handels- und Gewerbebetriebe der Reingewinn nach den Grundsätze» zu berechnen ist. wie solche für die Inventur und Bilanz durch das Handelsgesetzbuch vor- geschrieben sind und sonst dem Gebrauche eines orkeiulichen Kaufmannes entsprechen. Der Minister von Friesen, Walter. Schnvor und Jordan traten ta>ür ein mid wurde auch der Paragraph in diesem Sinuc trotz der Günther schm Opposition angenommen. — Die 29. Wander Versammlung deutscher Land- und Forst- wirthe, welche in diesem Jahre in Leipzig abgchaltcn werden sollte, wird, wie die Ackerbau-Ztg. berichtet, allem Anscheine nach nicht stattfinden. In Sachsen scheint unter den dortigen Landwirthcn kein großes Interesse für die Sache vorzumalten. Eine Vereinigung mit der internationalen landwirthschastlichcnAusstellung zuBrcmcn vermochte der Ausschuß der Wander-Versammlung nicht zu ermög lichen, da die dicsfallsigen Anträge abgelehnt wurden. Eine beab sichtigte Verschmelzung mit hem Congreß deutscher Landwirthc zu Berlm kam auch nicht zu Stande. Schließlich soll noch versucht werden, ob nicht in der zu Breslau in diesem Jahre abzuhaltenden Naturforscher-Versammlung eine Section für Landwirthc offen gelaffen werde, in welche die Wander-Versammlung ihre Verhand lungen legen könnte. — Nachdem die Herren PancratiuS und Servatius (12. und 13. Mai) sich diesmal gnädig gegen die armen Menschen und Pflanzen benommen haben, so hat mit gestem die Ucberführung der Orangerie aus dem Winterhaus in der Ostraallee nach dem Königs. Zwinger begonnen. — Wer jetzt einen Ausflug nach dem schönen Tharandt machen will, gehe nicht wie üblich nach dm heiligen Hallen, sondem lasse Hallen Hallen sein uyd gehe bei dem gegenwärtig hohen Waffcrstande nach dem wirklich großartigen Wasserfall in der „stillen Liebe" 20 Minuten vom Bad entfernt. Man gehe hinter dem Albevt-Salon oder bei dem Bad links über die Weißeritz-Brücke, auf halber Höhe vom Thale fort, bei dem Schießhaus vorüber und gelangt alsdann nach und nach auf schwindelnder Höhe in die „stille Liebe" und diese Partie wird durch ihre Schönheit dm Wanderer reichlich belohnm. Ueberhaupt ist die nächste Umgebung von Tharandt leider viel »u wenig gekannt und gewürdigt, so z. B. ist der sogenannte Brüderweg höchst romantisch und einen Ausflug dahin allein werth! Man geht am besten diesen Weg von Tharandt: aus und besteige zur Heimkehr nach Dresden in Hainsberg dm Dampswagcn. Alle Wege sind durch die Forstverwaltung in ge« pflegtcstcm Zustande, aber leider fehlen überall, wie schon oft gerügt, die Wegweiser. — Der „S. Dztg." geht ein Schreiben aus dm Vereinigtes Staaten Nordamerikas zu, das um so interessanter ist, als es o.us der Feder eines Mannes kommt, der bereits 12 Jahre „drüben" weilt und sein Fach aus dem Grunde versteht; ferner muß es Theilnahme erwecken, weil es ein treues Bild von den dort augen blicklich herrschenden Verhältnissen giebt. Das Schreiben datirt aus New-Z)ork vom März 1874 und lautet: „Liebster! Vor acht Wochen gab ich Dir Nachricht von den, Ueberdruß, welchen die immer hundsföttischer werdenden Verhältnisse hier mir verursacht haben, und zeigte Dir an, daß ich — und wenn auf einer Tonne — wieder zu Euch käme, sobald ich kann. Nun, ich kann, nachdem ich Alles, bis auf einen Anzug und etwas Wäsche, ver kloppt habe, und sitze, wie Du siehst, in New-Iork. Mein Freund M. ist bei mir und kommt mit. Ein holländischer Segler wird uns am 3. April mitnchmen, was ich noch nicht recht glaube, da es ein Freitag ist, nun dann am 4. — nur fort von hier! Zum Dampfer reicht cs uns nicht, sonst wären wir in drei Wochen drüben, aber ich komme und mache drei Kreuze. Du weißt, ich habe mir meine Jugcndjahre hier stehlen lasten, ich will versuchen, sie in der Hei- mnth cinzubringen. 'Meine Knochen sind mürbe und steif, denn hier ivird anders gearbeitet, wie bei Euch, wo man mit gesunden Gliedern im Leben auskommt. Ich erzähle Dir das Alles mündlich näher und werde Dich bitten, Hurch die Zeitungen den Schassköpsen ein Licht aufzustcckcn, die da meinen, hier fliegen Einem die gebra tenen Tauben ins Maul. Arbeiten wie das Vieh, heißt's — manche Hunde haüen's bei Euch besser — wahrhaftig! Jetzt fan gen sie hier an verrückt zu werden. Ich schrieb Dir schon, daß Be schäftigung rar ist und daß Tausende mit hohlen Backen und knur rendem Blagen umhcrlaufen — jetzt sind sic klug geworden, die Negierung soll sie füttern! An manchen Orten geschiehts wirklich, abcr wie lange kann das dauern, täglich kommen Tausende von Dummköpfen hinzu und überschwemmen das Land, ich bin über zeugt, bald wird das Elend maßlos sein — aber ich brauchs nichr miizumachcn. Wenn ich bei Euch bin, werde ich mich schon an die gehörige Stelle wenden und bitten, Plakate zu drucken, auf denen täglich zu lesen ist, daß Derjenige ein Thor ist, der glaubt, mit seiner Profession hier leichter mehr zu verdienen, wie drüben. Blödsinn! Wer drüben so arbeiten will, wie er hier muß, lebt wie ein Gott in Frankreich, während er hier höchstens sich den Bauch vollschlägt und sein Leben verbringt, wie ein unvernünftiges Thier. Hier giebts keine Zerstreuung, keinen Umgang, bis aufs Hemde ziehen sie dir Leute aus, selbst die Verwandten — und — cs ist gemein, aber wahr — die Deutschen sind die Tollsten — die liebon Landsleute! Ich schwimme zu Euch und streiche die Erinnerung an das gelobte Land aus meinem hiesigen Hundeleben. Leb wohl, ein Hurrah der deutschen Erde — d. h. wenn ich erst da bin, hier hat man so wa» nicht gern — drücke den Daumen, daß wir nicht ertrinken und be halte lieb Deinen als Bettler, aber kurirt wiederkommenden A." — Ein erneuter Beivcis für die Gefährlichkeit der Auswanderung in jetziger Zeit und dürfte vielleicht eine immer erneute Warnung ihre Wirkung nicht verfehlen. — In der Nacht vom Donnerstag zum Freitag sind in der Gegend der Mosczinsky- und Sidonienstraße durch rohe Buben- häilde die Einfassungen verschiedener Grundstücke durch Zerschlagen oder Herabwerfen der Capitale einzelner steinerner Säulen arg be schädigt worden. — Gestern Vormittag 1^11 Ubr wurde dtc Feuerwehr wegen eines Brandes in der von dem HauSmanne des Grundstücks be wohnten Souterrainwohnung des Hauses Nr. 29 der Christianstraßc alarmirt und fand, nachdem die verschlossene Wohnung gewaltsam geöffnet worden war, daß der durch die Fenster nach der Straße herausdringendc starke Rauch von einer ticinen Partie glimmenden Holzes ausging, welches hinter einem Ösen gelegen hatte, in dem Feuer angczündet worden war. — Fast zu derselben Zeit wurde die Thätigkcit der Feuerwehr abermals in Anspruch genommen wegen eines Brandes, der auf dem Boden des Hauses Nr. 8 der kleinen Zicgelgasse entstanden, von Hausbewohnern abcr bereits gelöscht worden war, als die geruseneLöschmannschast auf dem Platze erschien, lieber die Entstchungsursachc dieses Brandes erfahren wir, daß der Hausbesitzer einer obdachlosen Familie seinen Hausboden zur einst weiligen Benutzung als Wohnung eingcräumt, das; ein kleines, ohne Aufsicht in dem Bodenräume zur gedachten Zeit zurückgelassenes Kind viescr Familie mit Streichhölzchen gespielt und dadurch den Brand veranlaßt hatte. — Ein Schulmädchen brachte in diesen Tagen zu einem hie sigen Kaufmann ein Paar neue gestickte Schuhe und bot ihm die selben zum Kauf an. Sie sagte, daß sie von einer im englischen Viertel wohnhaften Frau dazu beauftragt sei. Dem Kaufmann siel aber der für die Schuhe geforderte Preis als zu billig auf, er wies daher das Mädchen an, daß es seine Austraggebcrin zu ihm schicken möge, um mit ihr persönlich weiter zu verhandeln. Die Schuhe be hielt er einstweilen an sich. Wer sich aber bei ihm nicht sehen ließ, war die Verkäuferin der Schuhe, so daß er sich endlich veranlaßt ge sehen hat, dieselben an die Behörde abzulicfcrn. — Am Sonntag'Nachmittag passirte ini Großen Garten einem Reiter — augenscheinlich zu der Sorte der Sonntagsrcitcr gehörig — das unangenehme, aber eigentlich nicht überraschend kommende Malheur, daß er von seinem Gaul abgcscht ward. Run hat dies zwar dem Herrn Reiter glücklicherweise keinen Schaden gethan, viel mehr mußten an dem Sonntagsritt ganz unschuldige Leute büßen. Das reiterlose Pferd brachte das Pferd einer ihm entgegenkommen den Familicnchaise in Confusion. das Zuglhier ging durch und in
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