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Dresdner Nachrichten : 03.09.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192709033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19270903
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19270903
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-09
- Tag 1927-09-03
-
Monat
1927-09
-
Jahr
1927
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 03.09.1927
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Oertliches und Sächsisches. Keule erster Blumenlag sür dt» Krüppel-Ufer Tic Hau und S t r a ß e » s a m m l u n g zugunsten der Erziehung der Krüppelkiuder beginnt heute, Sonnabend, und wird iiwrge», Sonntag, sorlgeietzt. Der Verein Krüppel- Hilfe hofft, dag die Sammler offene Herze» uud Hände finden, dem, die Gaben werden zu einem der edelsten Zwecke ver wenden sie sollen das Liebeswerk fördern, den armen und gebrechlichen Knippelkindern zu Gesundheit. Berufsarbeit und Lebeusglück verhelfen. Starke Zunahme der weiblichen Erwerbs- loien aus dem Dresdner Arbeilsmarkt. Auch i» dieser Woche ist nach einem Bericht des Dresdner Arbeitsnachweises die Zahl der Arbeitsuchenden weiter ge stiegen. Ausfallend ist, dag insbesondere der Zugang weib licher Erwerbsloser ielir stark war und denjenigen der männ liche» fast um das Doppelte übersteigt. In den vorwiegend männlichen Bernsen bol sich ein sehr uneinheitliches Bild: Berufe, an denen die allgemeine Belebung bisher spurlos vorbcigegangen war, zeigten seit Beginn dieser Woche eine bedeutende Besserung. Dagegen erfolgten in bisher gut be- schasrigte» Bernsen zahlreiche Entlassungen. Infolge dieser erhöhten Nenmeldungen ist der Bestand an "Arbeitsuchenden nm 608 ans 10936 il9328> gestiegen. AuS Mitteln der Erwerbslvseufürsorge wurden 8679 i8503s und aus denen der >! riseiifursorge 2811 k2811> Vollerwerbslose unterslugl. zlnrzarbeiterunterstuhung erhielten 126 füll Per sonen. An Dresdner NotstaiidSarbeiten sind gegenwärtig I6l6 sMAil beteiligt, während bei städtischen Saisonarbeiten 1825 lI70M Monn beichäitigl werden. Günstig blieb auch in dieser Berichtswoche die Arbeits- Marktlage für alle Augenberuse, namentlich Landwirt schaft, G a r tenb a u nnd B a u g c m e r b e. Wenn auch in der Landwirtschast der Bedarf an Ungelernten wesentlich zurüekgegangen ist, wurden gelernte Kräfte in allen drei Berufen dringend benötigt. Pferdeknechte und Schnitter sowie Maurer fehlten. In Indn si r i e und H a nbwcrk zeigte vor allem das Holzgewerbe, denen Arbeitsmarktlagc seit Monaten un günstig war. eine erfreuliche Belebung, au der fast alle Bc- russgruppen beteiligt waren. Besonders dringend wurden perfekte Bautischler oerlaugt. Daneben hielt die gute Be schönigung in der M eIall - und Süßwarenindustrie auch weiterhin an Besonders jugendliche Arbeiterinnen aus der Metallbranche wurden in grober Zahl angesordert. Die Süßwarenindustrie benötigte vorwiegend perfekte Packcrinnen und Marzivanarbeiterinnen. Entgegen der bisher überaus günstigen Lage in der Zigarett e nind u st r i e trat seit Anfang dieser Woche ein plötzlicher Umschivung ein. Fast in sämtlichen groben Dresd ner Zigarettenfabriken erfolgten umfangreiche Entlassungen, aus die in der Hauptsache der starke Zugang weiblicher Er werbsloser znriickznsnhren ist. Ungünstig blieb die Arbeits marktlage im Tapezierer- und S a t t l e r g e w c r b e. Der Arbeitsmarkt für kaufmännische An gestellte wurde infolge deS Monatswechsels durch erhöhten Zugang Stellcnincbender und verminderten Stclleneingang gekennzeichnet Lediglich einige jüngere Kontorangestellte und perfekte Stenolnpisiinnen wurden angefordert. z» Montag um voll« SO Millimeter. Sin solche» Absterben besonder» tiefer Gturmwirbel kommt höchst selten vor; der letzte derartige Kall eretgnet« sich »u Beginn der »weiten Januardekade 1026 und führte damal» nach sehr mildem Regenwetter in Mitteleuropa «ine Periode heiteren Frost- weiters von vterzehntägiger Dauer herbei. Durch eine weiter«, schon tn der ersten Hälfte der Woche erfolgte Drucksteigerung verstärkt« sich da» Maximum über dem Kontinent noch und erreichte Mittwoch über Südschwedrn fast 777 Millimeter Höh«. Unter seinem Einfluß blieb da» Wetter überall heiter oder wolkenlo» bei meist nur schwacher östlicher Luftbewegung und von Tag zu Tag mebr anstetgen- den Temperaturen, so daß in den meisten Landesteilen Deutschlands, tn der Schweiz und Oesterreich 25 Grad LelsiuS mehr oder weniger beträchtlich überschritten wurden. Dagegen blieb aus dem Ozean dt« Wlrbeltättgkeit sehr stark: wann sie den kontinentalen Hochdruck abbauen und nach noch weiterer Erwärmung Gewitter, Abkühlung und trübe» Westwctter her- belführen wird, läßt sich im Augenblick noch nicht sagen. Da aber die Zugstrasie der Minima, wie meist zu Beginn deS Herbstes, längs der Golfstromtrlst nordöstlich verlaufen dürste, so dafi unser Gebiet auch von Randwirbeln nur schwach in Mitleidenschaft gezogen werden wirb, so spricht auch für den Fall vorübergehenden Abbaus de» sestländlschen Hoch- drucks die grosie Wahrscheinlichkeit für weitere Fortdauer deS warmen und schönen Wetters, wie es auch im vergangenen Jahre während der drei ersten Deptemberwvchen geherrscht hat. Der Seprember?om:ner dauert noch fort. Das Wetter der nächsten Woche. Die grobe Ueberraschung der letzten Woche war der ganz plötzlich erfolgte Uebergang von der kühlen, trüben und reg nerischen Witterung zn strahlendstem Sommerwclter. Diese durchgreifende Umgestaltung der Wittcrungsverhaltnissc glich säst völlig der gleichartigen Erscheinung, die sich genau drei Monate vorher, an der Wende zwischen Mai und Juni, voll zogen und auch damals nach wochenlangem Regenwetter mit niedrigen Temperaturen Sommerhitze gebracht hatte. Dies mal war ein solcher jäher Witterungswechsel um so weniger zu erwarten, als die nordatlantische Znklonentätigkcit am Ende der Vorwoche schon tief winterliche Intensität angenom men hatte. War doch Sonnabend vor acht Tagen zwischen Island und Färöern der Luftdruck bis unter 715 Millimeter gesunken, ein Barometerstand, wie er so niedrig selbst im tiefsten Winter nur vereinzelt vorkommt. Aus den Britischen Inseln herrschte denn auch schon Sturm und Regen, und es schien sicher, das; der Lturmwirbel ganz Nord- und Mittel europa in seinen Bereich ziehen werde, was uns neue Regen- sälle, stürmische Westwinde uud nach vorübergehender Erwär mung eine» vehementen Einbruch kalter Polarlust gebracht hätte. Wider Erwarten wurde das Sturmtief jedoch bei Island stationär, und die starke Südwestströmung aus keiner Vorderseite hatte einen so intensiven Znflust warmer Luft aus Lüdwestenropa zur Folge, das; der Truck kn Mittel europa stark stieg nnd das nordwestliche Tief sich überdies rasch aussüllkc, und zwar innerhalb 21 Stunde» von Sonntag Fordert -Le HLn-enburgspen-e! Obermeister H. Kuntzsch, erster Vorsitzender vom Lan- desausschilst des Sächsischen Handwerks, sagt zu der Samm lung in Sachsen: »Die Hindenburgspcnde, die zum 8V. Geburtstag deS Reichspräsidenten errichtet wird, und die seinem eigenen Wunsche entsprechend für Kriegsbeschädigte und Krieger- Hinterbliebene bestimmt ist, wird ein Werk deS ganzen deutschen "Volkes sein. Da darf auch das deutsche Handwerk, dieser nach Zahl und staatserhaltender Be deutung so wichtige Teil des BoikSganzen. nicht fehlen. Verehrt der Handwerker in Hindenbnrg seinen Ehren meister des deutschen Handwerks, sieht er in der unerschütterlichen Pflichterfüllung des Reichspräsidenten ein leuchtendes Borbild seiner, eigenen Treue zum Berus und seines eigenen Bewußtseins der Berantwortnng gegen über der Allgemeinheit, und erkennt er in HiudcnburgS schlichtem, geradem Eharakter den Grundzng seines eigenen Wesens wieder, so muß es auch eine vhrcnfachc für ihn sein, zur Hindenburgspcnde beizutragen. Jeder sächsische Handwerker, der sich dem Reichspräsi denten dankbar erzeigen und zugleich mithelsen will, schwere Ro« zu lindern, beteilige sich an der Hindenburgspendel* * Auch die Hauptgeschäftsstelle der »Dresdner Nachrichten", Drcöden-A. 1, Maricnsttaßc 38,12. nimmt Geldbeträge für die Hindenburg-Speude gern entgegen. lPostschcckkonto Dresden 1068.1 — Keine Aenderung der Polizeistunde. Wie der »Volks- staat" zn der Eingabe der sächsischen Gcwcrbekammern er fahrt, kommt eine Aenderung der Polizeistunde in Sachsen gegenwärtig nicht in Frage. — Jubiläum des Albertvereins. Im FestgottcS- dicnst in der Trinitatiskirche am 3. September 6 Uhr nachmittags, der öffentlich ist. predigt Pfarrer Spranger. Für den auswärts weilenden LandeSbtschof l>. Jhmels spricht Geb. Kvnsistortalrät Hemvel. Die Schwestern werden sich unter Glockengeläute .in feierlichem Zug vom Carola- Hause nach der Kirche begeben. DaS Orgelspicl wird durch die ehemaligen Hostrompeter unterstützt. — Für die Kranken und die Schwestern konzertiert Sonntagmtttag im Garten des Earolahauses die Ncichswehrkapelle der Nachrichten-Ab teilung 1 Frau Prinzessin Johann Georg und Pri » zMar wohnen den verschiedenen Veranstaltungen bei. — Programmändcrung im Planetarium. DaS neue Programm „Von Sonne. Mond und Sternen" ist so bei- sällig ausgenommen worden, das; es nunmehr täglich zwei mal vorgesiibrt wirb, und zwar um 4 und 7 Ubr. während um ^-6 Uhr der überaus instruktive „Planetenretgen" gezeigt wird. — Zwei Todesopfer einer Pilzvergiftung. Nach dem Genuß von Giftpilzen erkrankten in Reichenbach i. V. der Wirt des Gasthvfes Zur schönen Aussicht, Otto Wetzel. der Kellner Pietzsch ans Mnlau nnd ein Kcllnerlehrltng schwer. Wetzet ist tn der Nacht zum DoniierStag der ver- gtstung erlege», während der Kellner am Donnerstagnach mittag verstarb Da» Befinden de» Lehrling» gibt zu schwerer Besorgnis Anlaß. Der Frau de» Wirte» waren die Pilz« Le- benklich vorgekommen, weshalb st« und die Dienstboten von dem Genuß abgesehen hatten. — romiaa» rtzalta-rteaier beginnt heute dl« Wln»«rs»lrl»ett mit einem weiteren Gastspiel de» bekannten »nb beliebten Lituotton»« komlkcr» Direktor Paul B « <t e r » unb seinem Ensemble. Al» -rft- unb UraussUbruna hat Becker» «Inen neuen glän^nben Schlager. „Mo,>» ber Spitzbube" von Müller Hoyer iSbemnitzj, Musik von A. Bredlchneiber tBerllnl. erworbcn. Dir Vorstellungen beginnen wl« blsber 8 Uhr. j^ — Karkoozer« Io Vbrrlbßnlsi am Sonntag vorm. N Ubr anf dem Kbnlg»platz lüurorchester Oberlviinltz. Leitung: Stabtmusikblrektor Laudelt: Sr weicht der Sonn« nicht, Marsch <H. Kalkerl: Ouvertüre zu „Sln Morgen, ein Mittag, ein Abend ln Wien" IFr. v. Suppst: .,Loreleo"-Paraphrase tNcSvadbal: Soldatenblut, Marsch <Kr. von «lon>: Der Naturlänger. Walzer >K. Ziehrerl: Lothringer Marsch tL. Gönnet. Nochmals die Derkehrspolttil» -er Slratzenbahn. Aus ber Fülle der uns zu diesem Thema zugegangen«» Zustimmungserklürunge» briugen wir noch folgende beacht- liche Zuschrift eines unserer Leser: ! »Der Artikel »Unverständliche VerkchrSpolitik der Straßenbahn" tn Ihrem geschätzte» Blatte vv»> 31. August tS27 ist nicht nur mir, sondern wohl allen, die Umsteigesahrkarten benutze» müssen, aus der Seele geschrieben. Die tn Frage kommende Behörde scheint wirklich ganz zu vergessen, baß die Straßenbahn z u r B e g u e m l 1 ch k e i t undzu Nutzen des Publikums da ist, und daß es ihre Pflicht ist, in diesem Sinne Berkehrserleichterungen, nicht Berkehrs- erschmerungen zu schassen. AnS de» Fahrgelder» der Benutzer der Straßenbahn werbeu die Unkosten des Betriebes gedeckt, die Gehälter ber Beamtem bezahlt, mithin hat der Straßen- bahnbenutzer wohl auch das Recht, weitgehendstes Entgegen kommen seitens der Verwaltung zu verlangen. Aber gerade das Gegenteil geschieht, als ob das Publikum lediglich der Beamten wegen da wäre und diese das Recht hätten, es nach Willkür zu behandeln. Man wende nicht ein, daß bei dem früheren Verfahren einzelne Fahrgäste eine kurze Strecke auf einen Umsteiger vielleicht doppelt gefahren haben. Derartig untergeord nete Kleinigkeiten könne» bei einem kleinen Betriebe vielleicht eine Nolle spielen, bei einem Großbetriebe wie Dresden sollten sie kein Grund dafür sein, allgemeine V e r k e h r s c r s ch w e r n » g 2 n eintreten zu lassen. , Will die Straßenbahn spare», dann mag sic lieber die Kontrolleure abschafscn, deren Gehälter tn keinem Verhältnis stehen zu den mluinialcu Strafgeldern, die sie einbringen. Das Publikum wird sich schon selbst kontrollieren, wenn es darauf htngewiesen wird. El» weiteres Beispiel der „VcrkehrSerlelchterung" bletrt die Lüßnitzbahn. wo der Fahrgast neuerdings gezwungen wird, »in Gedanken" auf der Geblerstraße aus der Loßnitz bahn tn die Linie 15 nmzustelgen, obgleich der betreffende Wagen ruhig weiterfährt und man erst in Mickten umsteigt: nur damit der Fahrgast tn Mickten auf seine» Umsteiger hin sa nicht etwa die dort ebenfalls abgchendc Linie 17 ober 14 benützen und nochmals umstetgen kann. Derartige Verkehrserschwcrungen kommen tn keiner anderen Stadt vor, und auch der Fremde findet sie recht unangebracht. Sie sollten lieber heute wie morgen wieder abgeschafft werben. Und scheut sich die Straßenbahnverwal tung, getroffene Anordnungen so bald wieder abzuändern, so möge sie sich Mussolini znm Muster nehmen, der anläßlich einer Sinnesänderung anf die Frage: „Aber Sie haben dbch gestern gesagt . . antwortete: »Gestern mar gestern, heute — ist ein anderer Dag." Fühlt aber die Straßenbahndlrektlon unbefrieksigten Tatendrang ln sich, so kann sie vielleicht bessernd auf die Höflichkeit eines Teils der jüngeren Straßen- bahnschaffner «inmirken, die sich manchmal, namentlich einzelnen Damen gegenüber, außerordentlich rücksichtslos he- nehmen. Auch ihnen wäre eindringlich klar zu machen, daß sie des Publikums wegen, uud bas Publikum nicht ihretwegen da Ist. P Leider läßt sich baS Publikum diese Behandlung recht oft widerstandslos gefallen, anstatt, vielfach aus hier unangebrach ter Bcguemlichkeit, die betreffenden Beamten zur Anzeige zu bringen." LMlßsS k68le-1'386 8 8tolkre8te tüiDeib- u. kdlcvLscbe. kinrelne lllscii- u. dtuncktücller, dtanct- u.Trockentüclier. Linrelne Stücke in vsmen-l-eibwäscste — Oberbemcken. l.einentnuis ir »eckt, XVsIIetrsüv «. Die Wanderung mil dem Buch. Kreuz und auer durch die Ausstellung der Lanbcsbibliothck. Der Raum der Landesbibliothek ans der Pavicralisstellung gibt sich als einer der anspruchslosesten. Vier Helle Wände in einem großen Gemach: Vitrinen mit Büchern darin in der Mitte und an allen vier Wanden Bücher! Verächtlich rümpft da mancher die Nase. Bloß Bücher, nicht mehr? Nnd er wirst einen schnellen Blick über eine der Glastascln, sieht ein paar bunt ansgemalte Bilder, kurios geichnörkelte Buch staben — achselzuckt und geht weiter. Bücher und Aristokraten. Wer nnehrerbielig zn ihnen kommt, vor dem werden sie starr kalt und stumm und haben ibm nichts zn sagen, als daß er so schnell wie möglich davvngehcn solle. So entsteht dann das Bild dieses Saales für die einen Aber es ist auch nur die Seite für die Oberflächlichen. Ilnbchnisamen und !7bachtlo!en. die sich io gibt. Nnd wie einer über den verlorenen Diamaniring aus der Straße acht los bin chreilcn kann, so gebt es diesen hier mit einem Gemach der Ausstellung, das so sehr zu ihren höchsten Kostbarkeiten gehört, daß man staunen und immer wieder staunen kann. Eine Wanderung durch Kultur- und Volkö- geichichtc ist cS. die uns der Bibliotheksraum antreten heißt. Wir werden uns an die Mittelvitrincn stellen und bet Kaiser Marens Brautiahrt beginnen, wie sie Melchior Pnnzing nach den Angaben deö ..letzten Ritters" zum „T c u e r d a n k" zurechtgcdichtei hat. ES ist noch Mittelalter, vor dem wir stehen Die Schriktzcichcn erfreuen uns wohl durch ihr sondcrtiimiiches Gepräge: es sind Bücher die sich nicht io sinnig leien, wie die zeiigerechten modernen, wo man über den "Buchstaben als das gleicligiillige Zeichen zum Wort, zum Begrün zum Satz iorlhastet. Die Schrill kommt noch aus eigenwilligem Geichmacksemvsindcn und will auch als solche beschaut sein Aber Hartmann Schedels Weltchronik von 1193, bei Dürers Paten Kobergcr gedruckt, zeigt, daß die Illustra toren gleichzeitig noch nicht einmal die P c r s ö n l i ch k e i t «IS solche erfassen konnten. Der Käinig ist immer wieder derselbe Mensch, ob er nun Saul oder Odnsieus heißt. In diesem Zu sammenhang kann man — als Zeugnis für die Nnbehllllich- keit der alten Meister — Hans Jakob Fuggers Ehrenspiegel des Hauses Oesterreich lvon l555> cnünehmen. denn hier zeigt sich bei Darstellung der Ermordung Kaiser Albrechts durch Johann Parrie'da — siebe „Teil" —. daß die aufeinander folgenden Austritte der Mordtat, das Auslauern deS Mörders, der Mord, die Flucht, die Verfolgung, alle aus demselben Blatt und nebeneinander vcrsinnlichl sind. Ein wunderseltsamer Anblick , „ » - . » . Durch diese Zeitläufte dröhnt noch der Kamps der Nrsor- mation. Es geht nicht immer so friedlich und nahrhaft zu. wie eine» Marr Rumbolts „ncwKochbu ch" glauben machen könnte, dies ergötzliche Dingsda, in dem jeglichem Stand sein« besondere Speisenfolge, keinem aber weniger als 30 Gerichte, vorgcschrieben werden. Wer hätte da nicht mit dem simplen Bürger gern aus den Kapaun in ber Suppe deS Edelmanns verzichten mögen und sich an schlichtem Rindfleisch erbaut, da noch eine lo reichliche Atzung bevorstand! Indessen, wie gesagt: die Reformation! „Es ist eine Lust zu leben", hat damals Ullrich von Hutten gerufen: w a r's aber eine Lust? Der Händel jener Tage können nicht viel weniger als heutigentags gewesen sein: eine gepfefferte Streit schrift aus Wittenberg zeigt's, die von lutherischem Kampf- zorn wider die Päpstlichen glüht und mit einer Neben, einanderstellung der Armut Christi und der Böllerei deS Papstes reißerisch und schlagend geißelt. waS man als wider, christlich empfand. Aus Eranachs Werkstatt stammt ein »och schärferer Hieb gegen die Bekenntnisgegner: der sicben- häuptige Drache der Offenbarung hat hier zur rücksichtslosen Steigerung her Wirkung die Tiara des Papstes aufgesetzt bekommen, wenigstens in der ersten Auslage! Merkwürdig »mgcstaltct tritt einem „was ihr den Geist der Zeiten heißt", 100 btS 150 bis 200 Jahre später entgegen. Barock — Schicsrund smie der Ausdruck aus Deutsch lautett. Die Lebenslust, die sich zur Zelt der Reformation eben erst aus dem behäbigen Stammsitz tm Kreise des selbständigen Handwerkertums trollte, hat sich jetzt an Fürstenhösen ein- auartiert. „Das galante Zeitalter" nennen wir eine Mensch- hcitsepocke. wo man es als eine Kunst übte, froh und liebens würdig zugleich zu sein. Wie hat sich das Buch nun mit einem Male beseelt! Ein schmachtender Laut, eine süße Selbstver- gcssenheit, ein weiches EscnußbcdürsniS reden aus Einband. Druck, Inhalt und Bild. Cochin, Boucher. Gravelot haben das ungezogene Decamcrone bebildert, »nd wir wollen ge stehen: man kann nicht mit mehr Vergnügen an der Klein- maleret gewagt, sogar sehr gewagt sein. In diese Zelt gehört auch das ganz bestrickende Kostümbuch Mar DuboiS' „Ittuüieurs ctassins 6'habits". Man muß glauben, unsere an mutigen Tänzerinnen wissen noch nicht, welche Edelsteingrube sie hier fänden. Kostspielige Spielereien Bater Augusts, z. B. sechs Schriften, die so zu einem Buche aneinandergebunden sind, daß man jedes der sechs von einer anderen Seite her ausschlagcn kann, oder die Prachtbände Jakob Krauses oder Augusts des Starken Atlas Royal erläutern dem Beschauer, wie man dazumal königlich verschwendet bat. Doch mich dünkt. >vir sollten nn» nun einer anderen Seite der Ausstellung zuwenden, so gern man auch noch bei der „edlen Einfalt und stillen Größe" der nachfolgenden klassischen Zelt verweilte, oder bei Adolph von Menzel» herrlichen Holz- schnitten zu Kugler» Buch über Friedrich den Groben, deren Herstellung er den Stab seiner Mitarbeiter erst lehren mußte. Eine besonders reizvolle und auch dem Nichtbibliophtlen zu gängliche Seite der Ausstellung ist die Vergegenwärtigung grober Männer. Man muß sich da an die Südseite der Wandvitrinen wenden. „Sächelchen" und Sachen, und auch ganz große Dinge sieht man da mit Lust und Andacht. Luthers Handschrift ist mit seines großen Mitstreiters Metanchthon -- von ReforniationSschristcn besitzt unsere Bibliothek natürlich sonderlich viel — zusammcngestellt. Aus der Rcligionsgeschichte weiß man ja. daß Luther der erbarmungslose Draufgänger. Melauchthon der ewig ängstliche „Kompromißler" gewesen ist Aber siehe da: die Handschrift zeigt's umgekehrt. Me- lanchtbon schreibt tauncrvia und mit Riesenbuchstaben, Luther, der eherne Mann von Worms, damenhasi sei» und gewissen- Haft unsicher: es wimmelt von Strichen in seinen Aufsätzen. Erkläre mir, Graphologie . . . Zu den berühmten Büchern gehört dann weiter DürerS Sktzzenbuch. Es zeigt den Nürnberger aus Goethes, de» so viel später Lebenden, PfgHcn: wie Goethe eine Ideal- oder Urform der Pflanze zn entwickeln strebte, so Dürer bet»' Menschen. Johann Sebastian Bach ist mit der F-Moll-Mcsse vertreten, von Weber sieht man ein Blatt, und eine gar freundliche Episode ruft Goethes Eintragung tn ein Exemplar von „Hermann und Dorothea" ins Gedächtnis zurück: De- moiselle Wilhelmine Herzlieb. Verwehender Hauch einer Biedcrmeierliebe. Ein letzter Blick soll unsere kleine Stubenwanderung äb- schlicßen: er gilt der Vitrine mit den „meistgelesenen Bücher n". Man könnte hier einen Scherz wagen nnd jedermann auf- gcben z» raten, welche Bücher er z» finde» erwarte. Aber eS dürsten nur kurzweilige und frohsinnige Menschen, solche, die auch die Kreuzworträtsel lösen, an der Beratung teil nehmen. Denn man sicht das Ergebnis ja mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Schaun Sie her, da stehen zwei Kcyserlinge. „Daö Ncisctagcbuch" und „Das Buch der Ehe", zwei Emil Ludewlg sverhülle dein Hauvtli und zwei Ludwig Klagcs. Auch Spranger ist mit zwei Werken vertreten, und natürlich Spengler mit dem „Untergang des Abendlandes": der Kaiser mit „Aus meinem Leben", Hans Günther mit ber „Nassenkundc" und Friedrich Nietzsche mit dcm..Zarathustra". Man Ist so froh In den Saal bcreingetreten nnd nun geht man beinahe schüchtern hinaus. Ter große Klang der Zetten hallt einem noch tm Ohre, »nd daö ttesslnnige Bewußtsein, ein wie wcchselvolleS Geschlecht die Menschen sind. In Bischer hat sich manches vom Geheimnis Ihres DeinS. vom Schrei ihrer Zeilen und all ihrer rührenden Unfcrtigkeit htnein- geflüchtet. Dieser Saal ist nicht bedeulungSarm. Er strahlt von .Limelicn", und das heißt: er ist eine Kostbarkeit.
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