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Dresdner Nachrichten : 02.08.1867
- Erscheinungsdatum
- 1867-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-186708021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18670802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18670802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1867
-
Monat
1867-08
- Tag 1867-08-02
-
Monat
1867-08
-
Jahr
1867
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 02.08.1867
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Berlin, 1. Augusts In voriger Woche ereignete sich, wie die „Gerichts Zig." wissen will, bei einer Trauung in der Thomaskirche der gewiß seltene Fall, daß als der Prediger der Braut das „Ja" abforderte, diese mit einem lauten, deutlichen „Nein" antwortete und dadurch Alle, am meisten d/n Bräuti gam, in großes Erstaunen und in noch größere Verlegenheit versetzte. Dieser war der Braut von der Mutter bestimmt, paßte ihr aber, besonders seines Alters wegen, gar nicht, und weil sie ihr Herz bereits einem Anderen geschenkt hatte, der auch durch seine Anwesenheit in der Kirche sie zu jenem „Nein" > bestimmt haben mochte. AuS der Trauung wurde natürlich nichts. — Das „Fr.-Bl." erzählt folgende ganz unglaubliche Geschichte, die wohl zu einem gutm Theile in der lebhaften Phantasie des betreffenden Reporters begründet ist: Auf dem Gesundbrunnen hatte sich vor einigen Tagen ein Zimmergeselle erhängt, der schon seit Jahren einen unversöhnlichen Feind in der Person eines Lumpenhändlers besaß. Diesen Lumpenhändler hatte selbst der Tod seines Feindes noch nicht ausgesöhnt, denn er ließ seinem Rachegefühl auch noch nach dem Tode desselben treten Lauf, indem er bei nächtlicher Weile die Thüre des Stalles erbrach, in dem die Leiche des Verstorbenen, bereits in dm Sarg gelegt, sich befand, diese nun auS dem Sarge her auSnahm und sie nach dem Hofe schleifte. Hier stellte er den Leichnam gegen einen Baum und ohrfeigte den Verstorbenen unaufhörlich unter beständigem Fluchen und Schimpfen, bis der HauSwirth hinzukam und diesem skandalösen Treiben ein Ende »nachte. Der Lumpenhändler, aufgesordert, die Leiche wieder in dm Sarg zu legen, weigerte sich entschieden, dies zu thun, viel mehr nahm er die Leiche, lehnte sie an das Fenster der Frau des Verstorbenen und rief dieser zu, daß ihr Mann ins Fen ster hineinsehe. Altona, 30. Juli. Der Magistrat hat sich in der heute Mittag abgehaltenen Sitzung mit 4 gegm 2 Stimmen für den Anschluß an dm Zollverein erklärt. Wien, 29. Juli. Der Sultan wird bei seinem hiesigen Aufenthalte das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, — während Fuad Pascha und Baron Beust Mittel zur Beruhig ung KandiaS aufsuchen, wird der Großherr alle der Regierung --bA jetzt vorliegenden HinterladungSgewehr-Modelle in Augen schein nehmm und das beste seiner Armee von der Reise mit- bringm. Man wünscht ihm dabei von Herzen eine glücklichere Hand, als unsere Kriegsmeister geführt. Nach beendeter Wahl, so schmeicheln sich unsere Waffenfabriken, wird Abdul Aziz hier eine Million Gewehre aufgeben, von denen er ein Dritttheil für die Bewaffnung der Armee, zwei Dritttheile aber für Re- servezwccke verwenden will. Paris, 29. Juli. Zu der im „Moniteur" veröffent lichten Erklärung, daß die französische Regierung in keinem ge spannten Verhältnisse zum AuSlandc stehe und keine KriegS- rüstungen betreibe, bemerkt die „France": Der feste und kate gorische Ton derselben werde das Publikum „srappircn", aber wmn auch zu wünschen sei, daß die Gemüther sich nun be ruhigten, so könne doch nicht behauptet werden, daß die Note diese Wirkung vollständig thun werde, denn dazu sei es nöthig, daß auch das Berliner Kabinet den loyalen Intentionen des Tuilerien Cabinets entspreche, und daß der preußische Staats- Anzeiger" sich ebm so unumwunden erkläre, wie der französi sche „Moniteur". Nicht Frankreich sei es, das den Frieden Europas gefährde, sondern Preußen; denn diese Macht wolle sich ja nicht an den vollbrachten Thatsachen genügen lasten, sondern strebe über die Mainlinie immer weiter nach Süden. Frankreich respectirt in Deutschland selbst Das, was eS bedau ert; cs ist durchaus entschlossen, sich in die inneren Angelegen- h:itm eines Nachbarvolkes nicht einzumischen: es hat, ohne Ein rede zu thun, gewaltsame Annexionen, Verlegungen der Militär kräfte aus einem Gebiete in das andere, Militär- und Zoll verbände ruhig vor sich gehm lasten. Aber einen Punkt giebt ^eS, wo sein Entschluß unbeugsam ist und sein Handeln eine / Notwendigkeit wird, nämlich den, wo die Sicherheit seiner Grenze bedroht wäre. Preußen, die Stelle Bayerns einneh mend, bis Landau vorrückend, sich im GroßhHkzogthum Badm sestsetzend und auf der ganzen Ausdehnung unserer G.mze mit dem ganzen Gewichte einer gewaltsam angriffsbereiten Militär diktatur lastend — das wird die französische Politik nimmer mehr hinnehmen, wenn sie nicht hinfällig werden will. So will Frankreich dm Frieden. Alle Eroberungspläne, die man uns unterschiebt, sind vom „Moniteur" heute dementirt. Preußen muß jetzt ebm so loyal sein wie Frankreich u' d rund heraus erklären, daß es keine Eroberungen mehr zu machen hat. — Wir geben von der Rede dcS Senators Dupin über Preußen einige Stellen nach der „K. Ztg.": „Jetzt vervollständigt und vervollkommnet sich die große Kollektiv-Organisation aller deut schen Staaten vom bäuerischen Tirol bis zur Ostsee und vom rechten User der Maas bis zum linken Ufer der Weichsel. Dies gestattet, daß Preußen auf den ersten besten Augenblick mit einer Macht marichiren kann, welche denen großer europäischer Staaten überlegen, die zu benennen wohl nicht nothwendig ist. Wir sind bis zu dem Punkte gekommen, daß, als ein durch seine Siege verherrlichtes Reich auf gütliche Weise ein Land ern»erben wollte, welches kaum halb so groß als ein französi sches Departement ist, sich Preußen in seiner angeborenen Be gierde erhob, als ob es sich um einm Raub von fremdem Gute handle. Der Krieg schien daraus folgen zu müssen. Der Kon flikt hat zum wenigsten dazu gedient, einen Zipfel des Schleiers zu lüstm, welcher noch eine Zukunft verbirgt, von der die Blicke abzuwendcn uns nicht erlaubt ist. Jede Nation, welche die Zeit für große Geschicke reseroirt. kündigt sich durch einen Cha rakter an, dessen Grundzüge sich von Geschlecht zu Geschlecht immer mehr wieder kundgeben. Bei der preußischen Nation, und sie ist gewiß eine der best ausgestattetcn, hat der National charakter drei Hauptgrundzüge: unersättlicher und ausdauernder Ehrgeiz, wunderbarer Verwaltungsgeist und eine organisirte, zum Siege geschulte Tapferkeit. Schon seit drei und einem halben Jahrhundert läßt diese Nation diese drei Eigenschaften, oder wie die Physiker sagen würden, diese drei Proprietäten seiner Natur erglänzen, die, zuweilen verdunkelt, dennoch immer »nieder hervortreten. Mit jedem halben Jahrhundert mehrt sich der Erfolg und dos Bedürsniß nach Herrschaft; weit entfernt, deren Gewiß stch.abzulchwLchch», ist Preußen ^Sk einem immer weniger löschbaren Durste nach Erwerb besessen. Ver gleichen wir seine Geschicke mit denen der größten Völker, die uns vorangegangen sind. Nach vier Jahrhunderten, von den durch TulluS HostiliuS organisirten Legionen an bis zum zwei ten punischen Kriege, als Hannibal mit 45,000 Mann die Alpen überstieg und nach drei gewonnenen Schlachten vor dm Mauern Roms sich lagerte, hatten die Römer weniger Mann schaften unter dm Waffen, als Preußen heute organisirt, um DaS herzustellen, was eS seinm FriedmSfuß nennt. Wmn Europa jedes Jahr in die Armem 7 bis 9 Millionen Männer einschiebm »nuß, welcher Zuwachs an Lasten für die Bevölker ungcn, welche Armuth in den Familim! Wmn man nur das Geld in Anschlag bringt, so werden dadurch jedes Jahr 4 bis 5 Milliarden vernichtet durch die einzige Thatsache der außer ordentlichen Rüstungen einer einzigen Macht, welche die müh selige und freie Arbeit aller anderm zertrümmert, und diese Vernichtung deL europäischen ReichthumS kann Niemand nützen, selbst Preußen nicht. Wenn Jemand auf der Erde ein so edel- müthigeS Projekt durchführen kann, so ist cö jedenfalls der Kaiser der Franzosm. Wir wissen wohl, daß er in den letzten Jahrm so viele edle Versuche gemacht hat, daß man zögern muß, ihm dm plötzlichen Erfolg eines letzten Schrittes voraus zu sagen. Jndeß ist der Zweck so wünschmSwerth, daß man versucht ist, seiner Großmüthigkeit zu sagen: „Sire, seim Sie groß genug, eS nochmals zu versuchen; wmn eS Ihnen nicht gelingt, so sagen Sie unS Ihre Bemühungm und verlangm Sie alsdann alle Opfer, welche die Vaterlandsliebe und das Heil der Freiheit der Welt erheischen." Ich wage, im Namen des Senats zu erklärm, daß Sie hier nie eine Weigerung er fahren, und glaube fest, daß die andere Kammer nicht weniger patriotisch ist, als die unsere." Amerika. Der Special-Korrespondent eines amerikani schen Blattes schildert als Augenzeuge nachstehende Seme aus dm letzten Tagen Maximilians: Der Kaiser befand sich in einem Zimmer mit dem Prinzen Salm-Salm, als die heroische Gattin des Letzteren von Juarez, zu welchem sie sich, um Gnade zu erbitten, begeben hatte, zurückerwartet wurde. „Sie wird nicht mehr lange auSbleiben", sagte Prinz Salm-Salm ängstlich. „Sie wird thun, was sie vermag", erwiderte Maximilian, er hob sich und durchschritt langsamen Ganges d.'.s Zimmer. Sein Lorgnon fiel auf die Erde, ohne daß er es wahrnahm Er hatte die Hände auf dem Rücken gekreuzt und verstrickte seine Finger mit nervösen Bewegungen. Plötzlich setzte er sich, erhob lächelnd die Augen und fragte den Korrespondenten, der Zeuge dieser Seme war: „Sind Sie Amerikaner oder Mexikaner?" „Ich bin das Eine und das Andere", erwiderte dieser, „indem ich in Guadalajara geboren und in dm Vereinigtm Staaten ansässig bin " Der Kaiser fuhr lächelnd fort: „Ich denke, daß die Amerikaner meinen Tod nicht bedauern werden." „Ich glaube wohl", entgegnete der Berichterstattet, „sie sind keine so hart herzigen Leute; aber ich hoffe, daß sie die Nachricht von Ihrem Tode niemals erhalten werden." „Wir werden sehen", be merkte hierauf der Kaiser zerstreut „Ich habe mein Bestes ge- than. Diejenigen, welche mich täuschten, werden graulame Ge wissensbisse fühlen." Nachdem er dieses gesprochen, preßte er das Gesicht in seine Hände und schien abzuwarten. Der Be sucher, welcher sich etwas unbehaglich fühlte, betrachtete die beiden Gefangenen, von welchen der Eine unbeweglich blieb, der Andere schweigend auf und ab schritt. In der Straße hörte man einm Hund bellen; in einer Kneipe gegmüber dem Gesängniß sangm und lachten fröhliche Soldatm. Plötzlich öffnete sich die Thür und die Schildwache meldete: „l,a Lvovors!' Die tapfere Dame warf sich in die Arme ihres Gatten. Sie kam von San Luis Potesi, sie hatte Juarez gesprochen. Ihr Gesicht war gebräunt und mit Staub bedeckt, ihre Schuhe zerrissen. Eine Art nervöser Abgespanntheit ließ sich an ihr beobachten; sie zitterte. Der Kaiser Maximilian wartete ganz bleich auf das Ende dieser Begrüßung. Fast murmelnd fragte er die Prinzessin mit leiser Stimme: Haben Sie reussirt; was sagt Juarez?" — „Sie werden halten, was sie in ihrm Depeschen versprochen haben. Sie bewilligen Ihnen einen Aufschub. O, Majestät, ich bin glücklich darüber!" Der Erzherzog küßte die Hand der Prinzessin. „Gott segne Sie, Madame," sagte er, „Ihre Güte ist zu groß. Leider bin ich nicht im Stande, Sie würdig zu belohnen." Die Prinzessin zwang sich zum Lächeln. „Glauben Sie dich wirklich?" sagte sie, „und doch habe ich eine Gunst von Eurer Majestät zu erbitten." „Sie ist bewil ligt!" rief der Erzherzog, indem er die Pri-zessin zu einem Stuhle führte. „Aber Sie scheinen erschöpft und wir haben Ihnen nichts anzubietcn. Prinz, beschäftigen Sie sich mit Ihrer Frau und kümmern Sie sich nicht um . . . ." Indem er dicß sagte, wendete er sich um, um zum Fenster hinauszuschauen. Augenscheinlich war er froh, sein Gesicht verbergen zu können. Seine Verzweiflung war eine innere. Salm Salm, die eine Hand auf dem Stuhle seiner Frau, die andere gegen den Erz herzog gerichtet, konnte kaum seinen Schmerz verbergen. Der amerikanische Besucher, selbst bis zum Innersten ergriffen, fühlte, daß er hier lästig sei, und zog sich zurück. Drei Tage später fiel Maximilian, von fünf Kugeln durchbohrt. * Eine Tragödie der Eifersucht. Aus Prag, 8. Juli, berichtet die Wiener „Presse" aus dem Gerichtssaale: Der Gerichtsdiener führt einen jungen, schlank gewachsenen Menschen in den Saal, der sich auf dem Stuhle der Ange klagten in dumpfer Zerknirschung niederläßt Das blonde lange Haupthaar zeigt am Scheitel viele Lücken, in denen kaum ver narbte tiefe Wunden sichtbar sind. Das schöne männliche Ant litz und die tiefblauen Augen, feucht von Thränentropfen, ma chen einen sympathische.» Eindruck. Man würde ihn nach dem Adel in seiner Haltung und seinem Benehmen für einen, ge bildeteren Kreisen angchörigen Jüngling halten; er ist indessen ein simpler Schuhmacher und kann nur nothdürstig lesen und schreiben. Man höre die Geschichte, die ihn unter der Anklage des Verbrechens des Mordes er sic selbst erzählt und wie Zeugen bestätigt wird. In tcr des Häuslers Patel als den Gerichtshof brachte, w:c on den vor Gericht belangten sitz galt die 17 jährige Toch- hönste Mädchen in der Ge- d. Sie war sittsam, hatte aber gern ihren Spaß mit dm Burschen im Dorfe, die sich Alle um ihre Gunst bewarben. Die kleine Dorfkokette ließ davon nicht ab, selbst nachdem sie bereits Herz und Hand dem 21jährigen Schuhmacher Franz Kalerta versprochen hatte. Dieser ab»r war ein gar eifersüch tiger Patron und vergalt ihr mit Maulschellen, so oft sie nach einem Andern schielte. In Folge dieser Behandlung trat als bald von Seite des Mädchens eine Kälte ein, die den Liebha ber zur Verzweiflung brachte. Im April diese« Jahres kam er zu ihr in die Wohnung, nahm sie auf den Schoost und küßte und herzte sie trotz ihres SträubenS. Sie riß sich aus seinen Armen, band das Kopftuch um und verließ die Stube. Er folgte ihr, sie aber schloß sich ihrer Nachbarin an, welche eben ihrem Sohne ins nächstgelegene Dorf entgegenging. Die Nachbarin ging voraus, Franz Kalerta schlang seinm Arm um den Hals des Mädchens und ging mit diesem hintmdrein. Auf dem Wege küßte er sie und drückte sie oft an sich, sie ließ eS willenlos geschehen. Etwa eine Viertelstunde Wegs hinter de»» Dorfe stieß sein Fuß an ein Stück Papier; er hob es auf, zerriß eS in zwei Stücke und sprach: „So zerrissen ist unsere Liebe." „Wohl möglich", entgegnete das Mädchen in frostigem Tone. Darauf drückte ihr Kalerta wieder einm Kuß auf die kalten Lippen. Die Nachbarin wendete sich um, rief dem Paare zu: „So laßt doch! Spart Eure Küsse, bis Ihr heimkommt, sie werden dann frischer sein", und ging dann wieder weiter. Die Beiden folgten schweigend ein Weilchen. Im Innern des Burschen war indeß eine merkwürdige Ver änderung vorgegangm. Die Trauer im Gesichte war einem unheimlichen düsteren Ausdrucke gewichen und in kurzem schnei denden Tone stieß er die Worte hervor: „Ich tödte Dich jetzt, gieb Acht, mich aber auch." Das Mädchen überlief eS eisig. Sie faßte sich aber bald und sagte langsam: „Mache mit mir, was Du willst." In diesem Augenblicke fühlte sie schon die Klinge eines Messers in ihrem linkm Busm; sie stürzte einige Schritte vorwärts und sank dann lautlos in den Straßengraben hinab. Die Nachbarin blickte nach rückwärts und sah den Bur schen mit dem blutigen Mädchen im Graben. Sie schrie laut auf und lief entsetzt ins Dorf zurück. Franz Kalerta stieß sich jetzt das Messer in die eigene Brust, aber es war nicht scharf genug, um durchzudringcn; da legte er sich auf dm Rücken an )ie Seite deS röchelnden Mädchens, setzte auf« Neue die Klinge an die Brust und schlug mit einem schweren Steine auf dm Griff deS Messers, allein auch jetzt vermochte daS Messer nicht, die Knochen zu durchdringen. Er warf Stein und Messer weit von sich und eilte, nachdem er sich überzeugt hatte, daß daS Mädchen bereits zu e.thmen aufgehört, zu dem in der Nähe be findlichen Brunnen. Er sprang 30 Fuß tief hinab, blieb aber lebend, den das Wasser war fast versiegt, cs reichte ibm nur bis über die Knie. Da kletterte er an der inneren Stein umkleidung wieder empor und stürzte sich dann von der Brüstung rücklings hinab, um sich den Schädel zu zerschmettern, und wie der fand er sich lebend auf dem Grunde des Brunnens, wmn auch bedeutend verwundet am Haupte und an den Hand- und Fußgelenken; er kletterte abermals empor, in der Mitte deS Weges aber stürzte er unfreiwillig wieder hinab, jedoch ohne das Leben zu gefährden. Jetzt klettert er zum vierten Mal aus der Tiefe herauf und kommt von Blut und Wasser durch näßt im Hause seiner Mutter an. Er fällt ihr um dm Hals, »«deckt ihren Mund und ihre Hände mit Küssen und greift dann nach einem Nasirmesscr, um sich dm Hals durchzuschneidm, allein schon ist der Polizeidiener da, der ihm das Messer ent windet und ihn davenführt. Der Angeklagte bittet hmte mit gefalteten Händm und Thränen in dm Augen um ein mildes ärtheil. Der Gerichtshof, unter Vorsitz des LandesgerichtS- rathcS Katui, kann nicht anders, er muß den Angeklagtm schul dig erkennen des Verbrechens deS gemeinen Morde- und ihn zum Tode durch den Strang verurtheilen. Das Urtheil muß edoch dem Kaiser zur Bestätigung vorgelegt werden. * Kapitologi e. In Birmingham wird die edle Kunst der Marktschreierei mit nicht minderem Erfolg ausgeübt, als in London. Ein Hutmacher der ersteren Stadt überschwemmt die englischen Zeitungm mit Jnserotm unter der Ueberschrift: 0s- piioloeie. Das Musterschriftstück lautet: Ospiiologio (von cadat, -itw, Kopf, und von loxos, Wort, d. h Wissenschaft des Kopfes). Während andere Gewerbsleute (wie der Schuster und Schneider) sich an das Parterre und die erstm Stockwerke deS edlen mensch lichen Baues wenden, richtet der Unterzeichnete seine Bemüh ungm aus den Gipfel desselben, damit der Hinterkopf, ohne ge drückt zu werden, sich frei unter seiner ebm so zierlichen wie bequcmm Bekleidung entfalte. Der Kopf ist der Mensch; die Verantwortlichkeit, die auf dem Hutmacher lastet, ist also, das läßt sich nicht leugnen, furchtbar. Der Mann, der dem Hut macher in die Hände geräth, kann ein Genie oder ein Dumm kopf werden, je nach der Intelligenz des Lieferanten, den er wählt. Der Unterzeichnete nimmt mit Ergebung und Muth die Verantwortlichkeit auf sich, die der Himmel »hm auferlcgt hat. Er nimmt cs aus sich, keinm Hut in Umlauf zu bringen, der gleichzeitig das Hirn schädigen und den Organismus beschädigen könnte. * In Paris hat die Münzconferenz aus ziemlich aller Herren Ländern getagt und sich darüber geeinigt, daß künftig die Grundlage des Münzwesens die Goldwährung bilden soll- Die kleinste Goldmünze soll daS goldene Fünffrankenstück (1 Thlr. 10 Ngr.) sein, alle höheren Goldmünzen werden eine Multiplikation von 5 Franken darstellm, also 10, 15, 20, 25 Fr. rc. Der österreichische Ducaten würde zu 2 Gulden österreichisch ausgeprägt werden; Preußen goldene Vierthalerstücke zu 15 Franken oder 7 rheinischen Gulden, Nordamerika seine Dollars zu 5 Franken und England seine Sovereign zu 25 Franken ausprägen. Silbermünzm sollen nur als Theilungs- münzen Cours haben. Die Goldmünzen aller Staaten, welche dem Fünsfrankensystcm entsprächen, sollten dann allenthalben gleichen CourS haben. Es giebt Leute, welche eine Münzcon ferenz wünschen, die sie mit recht vielen solchen Münzen versorgte. * Die Bevölkerung von Kcntral-City in Colorado in Nord- Amerika (die wohl sehr von den Indianern zu leiden hat) hat ! 5000 Thaler als Prämien für JndiancrscalpS „mit dm Ohren ! daran" zu 20 Thaler pro Stück auLgesetzt.
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