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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.04.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260430010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926043001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926043001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-04
- Tag 1926-04-30
-
Monat
1926-04
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.04.1926
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Sitzung -er Sla-weror-nelen. Dresden. 2S. April IMS. Auf Grund de- EtngangSver-eichnisfeS wirb von einer Mitteilung des NateS Kenntnis genommen, baß er dem Be schlüsse der Stadtverordneten zugesttmmt bade, dem Philharmonische« Orchester sowohl für die laufende Spielzeit als auch für da» Jahr 1038/27 statt je 20lIIXt Mk. SU 000 Mk. zu bewilligen. Obcrbllrgermetster BlUher teilt mit, daß der Präsident -eS Deutschen Städtetages, Ministerialdirektor Dr. Mulert» de» Wunsch habe, anläblich der BorstandSsitzung des Deutschen StädtetageS in Dresden mit Bcrtretern der Kvmmunalverwaltung und der Wirt- schast in nähere Fühlung zu trete». ES soll zu diesem Zwecke Mittwoch, 13. Mat, im Festsaale des Rathauses eine Ver sammlung stattfinden, in der Dr. Mulert einige Ausflth- rungen über moderne Kommunalpolitik machen wird. Vor Eintritt in die Tagesordnung werde» zwei Erklärungen abgegeben. St.-B. Rösch wendet sich namens der sozialdemokratischen Fraktion gegen die Erklärung des St.-B. Blumentritt in der Sitzung vom 23. April. Die Erklärung dcö St.-B. Blumen, tritt verrate dessen Verärgerung über den für ihn un günstigen Ausgang seiner Klage gegen die Frau des Vor sitzenden der sozialdemokratischen Stadtverordnetenfraktton. Für die sozialdemokratische Stadtverordnetensraktion er übrige sich eine weitere Stellungnahme zu diesem reichlich spät versuchten, aber völlig verunglückten Rechtfertigungs versuch, und sie lehne cs ab, sich ausgerechnet mit Herrn Blumentritt weiter auSeinanderzusetzcn. St.-B. Blumentritt sDeutschsoz.j erklärt, die anhängig ge machten Klagen hätten einwandsrei erwiesen, bah wiederholt schwere Beleidigungen von seiten sozialdemokratischer Fraktionsmitgliever gefallen seien. Dies erwiesen auch die Stenogramme der Sitzungen. So trage auch diese Erklä rung der Sozialdemokraten den Stempel bemühter Ver drehung der Tatsachen. Sie kennzeichne treffend das System gewisser sozialdcmokraiischer Kreise, politische Gegner — selbst in den eigenen Reihen — durch Terror und Berleum- düng in der Oesfentlichkcit herabzuscve». /Gelächter ltnks.j St.-V. Rösch (Soz.j nennt das Verhalten Blumentritts bubeiihaft. Vorsteher Dr. Zetzsche schreitet hiergegen ein. Im Anschlüsse an einen Antrag des St.-B. Bösenberg sD. Vp.i wird beschlossen, den Rat zu ersuchen, mit tunlichster Beschleunigung eine ausführliche Darlegung der jetzigen Raum- nnd Anöstattnngsvcrhältnissc an den städtischen Technischen Lehranstalten und der etwaigen Vau- und Beschasfungsnotwendigkeiten heriibcrznaebcli. Daö Blasewitzer Wasserwerk alS Lesehalle? Ziigestilnnii wird einem Anträge desselben Stadtver ordneten, den Rat zu ersuchen, die Frage der Unterbringung einer Ausgabestelle der Städtischen Bücherei und Lesehalle im stillgelegten Blasewitzer Wasserwerk zu prüfen und eine entsprechende Vorlage herüberzugeben. Auf einen Antrag des St.-V. Sonntag sD.-N.j wirb be- chlosscn, den Rat zu ersuchen, eine schalldichte Fern» prechzelle mit unmittelbarem AmtSanschluß auf dem Flure zu den Räumen des Stadtvervrdnetenkollegiums ein- znrichlen. Entsprechend der NatSvorlage beschließt das Kollegium, die von der Stadlgemeindc für die Flugvcrkchrsgcscllschaft Europa- Union ausgesprochene Kapitalbeteiligung von 600 000 Mk. für die durch Verschmelzung der Deutschen LuftvcrkchrSgesell- schäften Europa-Union und Ncro-Llond neugegrttndete NcichslustgescUschast „Deutsche Lnfthansa" tiufrechtzuerhalten. Ebcrt-Platz statt Crispk-Platz. Von einer größeren Anzahl Dresdner Einwohner lagen Eingaben vor, in denen die Umbenennung des Crispi-Platzcs und der Prager Straße sowie die Beseitigung des Crispi- Dcnlmales gefordert wird. Der Rat teilt hierzu mit. daß der Erispi-Platz in Ebert-Platz nmbenannt worden sei, sowie daß eine »mbcnennnng der Prager Straße, der weithin bekannten und bedentcndsten Geschäftsstraße der Stadt, schon mit Rück sicht ans die Ladeninhabcr nicht in Frage kommen könne.Von einer Entsernnng des Erispi-Denkmals soll nach Gehör des Dcnk- malsamtes abgesehen werden, zumal auch die Abtragung des Denkmals Walthers von der Vogclweide in Bozen noch nicht erfolgt sei. DaS Kollegium nimmt von dem Schreiben des Rates Kenntnis. Die Stadtverordnete» hatten den Rat ersucht, bei den maß gebenden Behörden wegen Maßnahmen vorstellig zu werden, die das Publikum gegeu Belästigungen durch sogenannte militärische Hebungen von Verbänden aller Art schützen. Der Rat teilt mit, daß er das Polizeipräsidium nnd die Amtshanptmannschaft ersucht habe, entsprechende Maß nahmen zu ergreifen. Gt.-B. GLbel süomm.j erklärt, baß er zu dem Polizeipräsi dium kein Vertrauen habe. Es würde nicht eher: Ordnung ge schaffen, ehe die Arbeiter nicht den Polizeipräsidenten Kühn zum Teufel gejagt hätten. DaS Kollegium nimmt von dem RatSschreibcn Kenntnis. St.-B. Hennig lHandw.j erstattet den Bericht des Finanz ausschußes Uber die Gewährung von Detkttsen an Vereine usw. Die Linke wendet sich gegen die Unterstützung kirchlicher Vereine. Insbesondere behauptet St.-V. Schrapel jKomm.j, daß diese Vereine intolerant seien. Der Berichterstatter be- tont, daß bet einer Uebernahme der von den kirchlichen Ber- einen unterhaltenen WohlsahrtSinstttute durch die Stadt deren Belastung viel größer werden würbe. Der Vorlage des Rates wird zugestimmt, zum Teil gegen die Stimmen der Linken. Vergütung von Ueberftnnde« an Beamte, Angestellte «sw. Auf einen Antrag des St.-V. Lade iKomm.j wird von dem Finanzausschuß vorgeschlagcn, den Rat zu ersuchen, Ueber- stundeu der Beamten möglichst zu vermeiden oder dnrch Dienst, abänderung binnen kurzer Frist in Wegfall zu bringen, im dringenden Bedarfsfälle aber, in dem Ueberstnnden in erheb lichem Umfange zu leisten sind, diese durch Gewährung einer Pauschalsumme angemessen zu vergüten. St.»Ä. Gäbe! iKomm.j stellt einen weitergchendcn Antrag. Namentlich fordert er, die jetzt bestehenden Sätze für Ucber- stunden der Kanzleihilssangestelltcn und Angestellten um wenigstens hundert Prozent zu erhöhen und den Beamten biS Gruppe 0 den Stundcnverdienst der Gruppe 3, Stufe 0 pluv 26 Prozent zu gewähren. Nach längerer Aussprache wird der kommunistische Antrag abgelehnt, der AuSschußvorschlag dagegen angenommen. ArbeitSverhältnisfe für städtische Handwerker usw. St.-B. Wagner iKomm.j begründet den Antrag, den Rat zu ersuchen, bei denjenigen vorübergehend beim Rate beschäf tigten Handwerkern, Arbeiterinnen und Saisonarbeitern, die innerhalb des Geschäftsbereichs der Stadtverwaltung ihre Arbeitsstelle wechseln müssen, diese Arbeitszeit als zusammen hängende zu betrachten und bei ihnen die entsprechende Urlaubszcit, den Krankenlohn usw. danach zu berechnen und zu gewähren. Der Antrag geht an den Nechtsausschuß. St.-B. Rösch sSoz.j hat den Antrag eingebracht, den Rat zu ersuchen, baldigst den Entwurf eines OrtSgesctzeS über die gemeindliche Regelung der Milchvcrsorguug aufzustellen und den Stadtverordneten vorzulcgen. Es wird beschlossen, den Antrag dem NechtSauSschuß zu überweisen. St.-B. Gäbe! iKomm.j gibt die Begründung des An trages, bei der Kreishanptmannschast Dresden und der sächsischen Negierung schärfste» Protest einznlegeu gegen die Maßnahmen des Dresdner Polizeipräsidiums anläblich der Verteilung von Flugblättern durch Erwerbslose und einer von den Erwerbslosen am 23. April in den Rlumensälen abgchaltcnen Versammlung, ferner von der Negierung die Abbernfung dcS Polizeipräsidenten Kühn zu fordern. Auch dieser Antrag wird dem Nechtsausschuß überwiesen. St.-V. Werner iKomm.j beantragt, den Rat um Herüber- gabe einer Vorlage zu ersuchen, die eine Verwendung der beiden Atdrechlschlösfer und der Gaststätte Saloppe in folgender Weise vorsieht: Ausnützung der Räume für BtldungS- und Erholungszwecke der Arbeiterschaft und Arbeiterjugend, Veranstaltung von Fortbildungskursen, künstlerischen und volkstümlichen Konzerten, Tanzveranstal tungen, Volksfesten sowohl in den Gärten als auch in den Sälen der drei Grundstücke, Einrichtung einer Lesehalle u. ä-, Umgestaltung der Saloppe zu einer Volksgaststätte, Errichtung eines Jugendheims und einer Jugendherberge aus dem gemeinsamen Gelände, soweit möglich unter Be nutzung der vorhandenen Räumlichkeiten, Zusammenlegung und Verwaltung aller drei Grundstücke unter Mitwirkung eines Ausschusses der Arbeiter und Jugendlichen. Diesen Antrag erhält der Verwaltungsausschuß zur Weiterbcratnng. Wetterführung des Dürgerhospttalneudaues. Vom St.-V. Schrapel iKomm.j liegt ein Dringlichkeits antrag vor, den Rat zu ersuchen, den Neubau des Bürger hospitals, der infolge dcS Konkurses der anssührcnden Firma ruht, einer anderen Firma schleunigst zu übertragen, diese zu verpflichten, die durch den Konkurs erwerbslos ge wordenen Arbeiter dort zu beschäftigen und den rückständigen Lohn an die Arbeiter auszuzahlcn. Der Antrag, der nach der Angabe SchrovclS sich in zwischen teilweise erledigt hat, geht an den Verwaltungs- ansschuß. Schluß der öffentlichen Sitzung ^11 Uhr. — Es folgte eine geheime Sitzung. — Mtlitürkonzer« l« Gchloßpark ,» Pillnitz. Zugunsten der Krüppelhils« findet am 6. Mat ein Gartenkonzert, auSgeführt von der Kapelle des 13 Reiterregiments, im Schloß, park zu Pillnitz statt. Die Veranstaltung geht vom Bezirk Pillnitz-Hosterwttz-Ntederpoyritz auS. DaS Finanzministerium hat den Schloßpark dazu sretgegeben. daher bleibt am ge- nannten Tage der Park von 13 Uhr an für de» allgemeinen Verkehr geschlossen. Die Führungen durch das Schloß werden davon nicht berührt. Während deS Konzertes ist Gelegenheit, Erfrischungen aller Art zu mäßigen Preisen einzunehmen. Bet günstigem Wetter findet nach Eintritt der Dunkelheit Feuer werk, Tanz und Umzug mit Lampions statt. Gelegenheit zur Dampferbenubung für Hin. und Rückfahrt nach Dresden ist vorhanden. Da die Fliederblüte und sonstige Blumenpracht auf voller Höhe steht, ist der AuSslug nach Pillnitz besonders lohnend. Der Eintritt beträgt für Erwachsene 80 Pf., Kinder die Hälfte. DaS Konzert beginnt um 2 Uhr. — Die Landcsstelle Sachse» dcS NcichSbnndcs Deutscher Eisenbahnvorsteher, -sekretäre und deren Anwärter jR. E. V.j hat ihre Mitglieder für Sonnabend, den 1. Mai. 3 Uhr und Sonntag, den 2. Mai, 0 Uhr nach dem Keglerhaus, Dreödcn-A., Dstra-Allee l», zu ihrer Lairdcshauptversammlung eingcladcn. Neichstngsabgeordneter Sch ul dt, Nerlin°St"glitz. Geschäfts führer des Rcichsbundcs, wird voraussichtlich über die Ver handlungen mit der Reichsbahn-Hauptverwaltung in der völligen rechtlichen Gleichstellung der Neichsbahnbeamten mit den Rcichsbcamtcn, sowie über wichtige Stnndessragcn sprechen, lieber die Standcsvertretnng wird der Landes- vorsitzcnde, Eisenbahnobersekretär Führer, einen Tätig keitsbericht erstatten. Für den 3. Mai sind belehrende Be sichtigungen Dresdner Industrieunternehmen nnd ein gemein samer Ausflug nach Pillnitz vorgesehen. „Achtung! Wette 5VS!" Die Kaller-Revue im Ceniral-Theaker. Die Haller-Revue, deren Premiere am Sonnabend, dem 1. Mai im Central-Theatcr stattsindet, gilt als das Größte, was es heute im Genre der Revue gibt. Fachleute behaupten, daß selbst Paris und London sich damit nicht messen können. Haller ist freilich ein Manager von ungewöhnlicher Groß zügigkeit. Er unternimmt jedes Jahr eine Weltreise, um von überall her die besten Leistungen, die größten Sensationen für Berlin zusammenzueiogagicrcn. Die -Haller-Revue ist ja in Dresden seit ihrem vorjährigen erfolgreichen Gastspiel mit „Noch und Noch" nicht unbekannt. Die diesjährige Revue llbertrifst die vorhergehende und dürste wohl das bunteste und prunkvollste Glanzstück sein, das Haller selbst jemals zusammengestellt hat. In fünfzig lose mitesn- ander zusammenhängenden Bildern schufen da die Autoren der Revue Hermann Haller, RldeamuS und Willy Wolfs den Vor wand. zn einer von Walter Kollo stammenden Musik das ver- wirrcndste Potpourri von Schaustellungen zn zeigen, die man sich denken kann. Da wird man wieder In Dresden die Ori- gmal-Lawrcncc-TIller-Girls in der Exaktheit ihrer graziösen Bewegungen bewundern können. Endja Mogostl, die be rühmte Schönheit des Palacc-Theaters in Paris, wird das teuerste Kleid tragen, das je amf einer Bühne gezeigt wurde — es besteht ans lauter Varadiesreihern —. die schöne Wiener Tänzerin Elaire Baurosf wird u. a. ihre berühmte „Lebende Statue" tanzen. Ferner wird man die bekannte erotische Tän zerin Sera Achmed, die ägyptische Tänzerin Azcada Eharkonic von Schuberts Wintergarten lNeunorkj, die russischen Tän zerinnen der Eugenie Eduardowa bewundern können. Nicht zn vergessen die deutschen Admirals-Girls, von Ballettmeister Nc-grel ausgcbildet. Die Gesamtzahl der tanzenden Girls wird diesmal 90 betragen. Die -Hauptrollen der eigentlichen Rcveichandlung werden von der schönen Alice .He-bn nnd den in Dresden noch unvergessenen Humoristen Mar Ehrlich und Kurt Lilien dargcstellt. wozu Louis Kaliger. Paul Gramer. Beate NooS-Nenter. Lucic Noscnseldt u. a. kommen. Nicht zn vergessen ei» Lilivntanerballett und eine Zwcraatbleten- trnppe. die sicherlich eine besondere Attraktion bilden werden. Die Haller-Revue bietet außerdem dickes Jabr in der Aus stattung Außergewöhnliches. Das kostbarste Material: Samt, Seide, Brokatstoffe der verschiedensten Tönungen, Federn, Reiher, Pelze, stellt Haller großzügig seinen AnKstatinngskünst- lcrn zur Verfügung. Ja. selbst die Vorhänge, die ^ nur Bilder abschließen, werden hier zu Schaustücke,, besonderer Art. Die Künstler, die diese Ausstattung schiUen, hat sich Haller aus vier Weltstädten geholt, und sie gelten als die ersten ans ihrem Gebiet. Es sind dies: Paul Leu! /Berlins, der vom Film ber berühmt ist: Marco Montedoro (Mailands, ein wahr hafter „.Kostümdichtcr": Ladislaus Ezettel /Wiens: E. Gesmar /Parisj,- N. Brunncllcschs /PariSj und Eris /Ncuyvrkj. ^ An die 260 Menschen, über 600 Kostüme und über fünfzig Bilder: der Thespis-Karren. der diese Rcvnctruvve nach Dres den bringt, ist sicher die umfangreichste Tbeatcrcrvcdttion, die jemals unternommen worden ist. Und daß Dresdner Publi kum wird sicherlich mit dem verschwenderischen Inhalt dieses ...Karrens" einverstanden kein. aus dem Grunde, weil das deutsche Haus ursprünglich nicht von Stein, sonder» von Holz nnd demnach vom Zimmermann hcrgcstellt war. Davon zeugt ja auch noch das Wort „Zimmer", das ursprünglich „Bauholz" bedeutet, und in manchen Redens arten, wie z. B. vom Loch, daS de" Zimmermann gelassen hat. oder in dem Lied von dem jung-Inngen Ztmmcrgescllcn, der dem alten Markorafc» sein Haus baute, klingt diese frühe Zeit, wo die deutsche» Häuser Blockhäuser waren, noch heute deutlich dnrch. Die Zinnnerlcnte haben daher auch bis zum heutigen Tage weit mehr als die übrigen Handwerke die alten Branche und Znnstkttten bewahrt und halten sich von encn in einer gewissen Abgeschlossenheit, wie sie auch unter ich manche besonderen Bünde und Gruppen bildeten. Die wichtigste unter diese» sind die „Fremden" oder i,G e s ch r i e b c n c n". Diese „fremden" Zimmcrleute sind ur sprünglich eine Bruderschaft zur Unterstützung der auf Wan- derschast bestndlichcn Zunstgcnosscn: sie sind eine Vereinigung von „Wandervögeln", längst ehe die „höheren" Stände unter diesem Wort selbst den Reiz des Wgnderns entdeckt hatte», nnd zugleich der einzige noch heute lebendige Rest ber alten Ge- sellenvcrbände. Den» in der alten Znnstzctt war das Wan dern de» Handwerksgesellen zur Pflicht gemacht, um ihnen Kenntnisse nnd Lebcnscrsahrnng zur Meisterschaft zu ver schaffen: der Lehrling oder vielmehr Junggeselle durste nach der Freisprechung höchstens noch ein halbes Jahr beim Meister bleiben nnd mußte da»» mindestens auf zwei, in den meisten deutschen Ländern ans drei »nd in maiicheii selbst auf sechs Jahre in die Fremde wandern, ehe er sich tu der Heimat nicderlasscn konnte. Diese wandernden Gesellen waren an den Stätten, wo sic arbeiteten, „Fremde": „Geschriebene" aber hießen sic, weil ihre Namen in ein von der Bruderschaft ge führtes Buch eingetragen wurden. Die Zahl der „Fremden" ist heute allerdings nicht mehr so groß wie früher, aber ihr Ansehen innerhalb der Zunft ist groß und reicht weit über ihre eigene Mitglicderzghl hinaus,- man kann ihre Stellung in der Znnst t» dieser Hinsicht gewissermaßen mit der der CorpS- stndentcn in der Studentenschaft vergleichen. Die G c s c l l s cb a s t d c r „s r e m d e n" Z i m in c r l e u te ist eine geschlossene Vereinigung: sic hat ihre Mitglieder Haupt- sächlich in Nvrödentschland nnd ihren Sitz in Bremen. Wo sich an einem Ort siebe» „Fremde" befinden, kann „daS Buch ausgemacht", d. h. ein Ortsvcrbcmd gegründet werden: der Vorsitzende dieser Gesellschaft heißt der Altgeselle, der Schrift- sührcr der Vnchgcsellc. Tic habe» ei» besttinmicS Zeremoniell für die Ansnghme »nd allerlei WohssghrtSeinrichtungen. wie z. B. eine „Totenlade" /Sterbckasscj »nd anderes mehr: wenn einer „ans deutschem Boden geht", d. h. seine Schuhe durch- getrctcn hat, so werde» sic ihm, wenn er kein Gelb hat, auf GesellschaftSkvstcn gesohlt. Ohne Sohlen eine Stadt zu be treten, ist streng verboten, ebenso muß der Kittel stets die zünftigen drei Knöpfe hyben und wenn er sonst in Fetzen hinge. Des weiteren darf der -Hut ntema/S fehlen und niemals, auch bet der größten Hitze, in der Hand getragen werden. Diese Vorschriften haben natürlich ihren guten Sinn — sic sollen den zünftigen HandmcrkSbnrsche» durch Einhaltung bestimm ter Formen vom heruntergekommenen Landstreicher unter scheiden lassen. Dieser Gesinnung entspricht eS denn auch, daß die Gesellschaft streng auf ehrliches Verhalten ihrer Mitglieder hält: leichtsinniges Scbnldcnmachcn. Zechprellereien nnd ähn liche Streiche werden, wen» der Täter gefaßt wird, hart ge ahndet, nnd für besonders schlimme Fälle bat man sogar den Brauch deS „TrndelnS", wobei dem Sünder mit einer in keiner Frcmdciigcscllschaft fehlenden, etwa 00 Zentimeter langen scharf ausgekehlten nnd daher scharfkantige» Walze, die eigent lich ein mittelalterliches Folterwerkzeug ist, scharf zugcscht wird. Das starke Standeöbewnßtsei». daS den Fremden wie den Zimmerlcuten überhaupt eigen ist, zeigt sich auch darin, daß sie ihre eigene Tracht haben, die sic in entsprechender Her- richtnna auch Sonntags tragen, also als eine richtige StandcS- tracbt anschen »nd behandeln. Die Farbe der Zimmerlentc ist Schwarz. Der ganze Anzug darf auch nicht einen farbigen Flecken haben, mit Ausnahme deS Hemdes, das ans weißer Leinwand, nnacstärkt im Brnstcinsatz und „immer sauber" sein muß. Der HalS ist mit Verachtung der Krüge» völlig frei nnd die Oa/sblnde die „Ehrbarkeit", die ans einem langen schwarzen Bändchen besteht, schlingt sich daher nicht etwa um den köals. svndern fällt durch den .Hemdstbluß lang nnd schmal ans daS Hemd b-rab. An der „Ehrbarkeit" sind die zünftigen „Fremden" vvn den übr/acn Zimmera-sellen z» unterscheide». Eine Ausnahme vom „kragensosen" HalS wird höchstens ein mal an Sonntaaen H--I Tanzgekeacnhciien gemacht, wo männ liche Personen ohne Kragen nicht zngclasscn werden: doch vcr- -icbt-'n die meisten >1--»-- ^,,s das Ta»-neranüaen, als daß sie sich hcrbcilassc», das »„zünftige, von ihnen nicht ganz unsach gemäß „GivSvcrbanb" genannte Gcwandstück anznlegcn. Das ausfallendste Kleidiinasstück sind aber bei den Zim- merlcntcii die Hosen, non anderen alS „Hamburger Schnitt hosen" unterschieden. Sic sind an ihrer engsten Stelle etwa 10. «ntcn aber, wo sie sich glockenförmig össncn, bis zu 00 Zenti meter weit, n»d wie die Weste, die de» schöne» Namen ...Kreuz spinne" führt, vvn schwarzem Manchestersgint. Diese Weste muß zwei Reihe» vvn !c vier Perlmntterknöpsc» haben nnd stets tief ausgeschnitten kein. DaS den Zimmerlcuten wichtigste Kleidungsstück freilich ist der Hut. mit seinem zünftigen Namen „Obermann" aenannt. Mit ihm wird Prunk «nd geradezu ein gewisser Sport getrieben, und ev ist wohl kaum ein AuS. nahmefall, wenn ein solcher Hnt den Umfang von 1,67 Meter hatte. Dieser brcitkrämpigc Hut ist dem Zimmcrmann ein Haupt- »nd Staatsstück seiner Bekleidung und wird in seinen Erzählungen und Svrücben immer wieder genannt nnd hcr- vorgcboben. Neben ihm sind aber auch der „Tcbgnwerber" und der „Spinet" zulässig, d. h. der gewöhnliche steife Filzhnt und der hohe Scidenlmt oder Znlindcr. Von der großen Bedeutung, die dem Hut in der Ausrüstung deS zünftigen Zimmermanns zukommt, zeugt ». a. ein viclstrovhigcs Lied, i» dem ein Zünf tiger seine Reise durch ganz Mitteleuropa erzählt »nd in dem der Kehrreim heißt: „Doch immer mit dem Hut. inhn, Dock immer mit scm Hut." Die nicht Fremdaeschriebenen. also die cn-oße Mehrheit der heutigen Zimmeracscllcn, werden von den Fremden nicht tu die engere Frenndick-ikt nnwenonimen und mit einem eine ge wisse Gerin--k-s-?>n,,„^ anSdrnckenden Namen „V o g t l ä n d c r" genannt. Immerhin besteht bicsen eeacnüber keine offene Feindschaft: dagegen stehen die Fremde» ans erklärtem Kriegs fuß mit einer anderen. t>> ->"» '-"er Jahren ansackommcnen Zilnstvcrcinianna. die Och die o l a n d s b r n d e r" nennt. Der Name dürste von, Bremer Roland kommen nnd somit der Stammsitz der alciche sein. Die „RolandS- blüdcr" unterscheiden sich von den „Fremden" äußerlich da durch, daß sie eine blaue statt der schwarzen Ehrbarkeit traacn: sic liegen in bestänsi^er Fehde mit den „Fremden", wobei sic infolge ihrer Minderzahl meist den Kürzeren ziehen, nnd cs ging erst vor einigen Wock-c,, die Nackmick-t durch die Presse, daß cS in Dresden zwischen Fremden und NolandSbrüdcrn zn einer Rainere! kam, bet der ein Toter ans dem Knmvsvlatz blieb. Außer diesen Heiden Reremtg"naen lmt sich noch kurz vor dem Kriea unter dem Namen „Die Sptnnbrüdcr" eine dr"ie ansaetan: da sic als Abzeichen eine linüchilsäbnlichc Nadel führt, werden ihre Mitglieder von de» übriaen Znnft- gcnol'en wißelnd auch die „Z e p v e l i n b r ü d e r" genannt. Ansicr den hier erwähnten Sitten und Einrichtungen hat Weiß in seinem Buche noch aller'-i sonstiges Wi'lenSwcrtc von den Zimmcrlenten mitgctcilt: Von ihren Redensarten. Er zählungen und Schwänke», hei denen selbstverständlich auch grobkörniger Witz nicht fehlt, ihren Liedern. Flüchen nnd Reimsvrüclien, ihren Gebräuche» bet Necrdiannacn oder bei», NcbitschmgnS. ihrem hgndwerllichcn Können, ihrem Glaube» und Aberglauben usw. So bedeutet sein Buch die Entdeckung einer wenn auch nicht wilden, so doch bisher so gut wie unbe kannten Völkerschaft und wird hoffentlich da-.» beilraaen. die bedauerliche Klint, die bei »ns noch immer die „Gebildeten" von de» bandarbeitenden Schichten trennt. Überdrücken zu Helsen, Indem cS nnt der Kenntnis, die es bietet, auch die Achtung vor einem so tüchtige» Stande wie dem ber Zimmer- lenie w-ßrt und fördert.
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