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— Am Mittwoch Abend verkündete die Glocke ein Feuer, dessen Lärm sofort Alles auf die Beine brachte. Auf bisher noch unbekannte Weise war in dem Laden Nr. IZ der auf dem Stiftsplatze gelegenen Trödelhallen Feuer ausgebrochen, das glücklicherweise nur einen Theil des Daches, aber viel von der Habe des Besitzers, Namens Graulich, verzehrte. Bald wurde es gelöscht; denn die Dresdner Feuerwehr war, wie immer, , richtig und schnell am Platze. Die Nebeninsassen des genannten „petit bii/.»r' haben nur Schaden durch das Ausräumen erlitten. Welch ein Anblick bot sich in den Morgenstunden des gestrigen Donnerstags dem Auge des Beschauers! Der ganze Borplatz des noch rauchenden Bazars war besäet mit Gegenständen der mannigfaltigsten Form und Art. — Der Umstand, daß auf der Moldau und Oberelbe be- deutender Wasserwuchs vom >6. April Mittags bis 18. April Mittags in Budweis >1 Zoll, Prag 5,5, Zoll, Leitmeritz >6 Zoll) eingetreten, läßt auf ein nicht unbedeutendes Anschwellen deS Elbstromes schließen, und zeigt der Pegel zu Dresden am 18, April Mittags 1.' Ulir bereits 4 Ellen 2 Zoll über Null, so darf auf einen Wasserzuwachs von II — 2 Ellen hier wohl gerechnet werden. — Nicht, wie gestern stand, in der Schloßstraße, sondern beim Wenden des aus Strehlen kommenden Omnibus, Ecke der Augustusstraße, ist die Frau beschädigt worden. — Eine urgemüthliche Seele, wie wir sie gewöhnlich nach frugalem Dejeneur au» den Weinstuben und anderen Nestau rationen heraustommen und sich scheu um die Ecken drucken sehen, wackelte am Dienstag die Marienstraße entlang und ver suchte seine Kräfte im Borüberstolpern an den Fensterscheiben der im Parterre gelegenen Läden. Einige davon halten soviel Spann kraft, daß sie dem Stoße widerstanden, aber die Fensterscheibe eines Schuhmacherladens war nicht spannkrästig genug — sie platzte, ob vor Lachen oder Aerger — weiß man nicht. Es läßt sich denken, daß ihr Eigenthiimer sofort herausstürzte und das Portemonnaie des Paukenvirtuoscn in geeigneter Weise in An spruch nahm. — Die heute noch Weißegasse 4 ausgestellten Arbeiten der Gewerbeschüler, legen abermals Zeugniß ab von der Nothwen- digkeit und der segensreichen Wirksamkeit gewerblicher Fortbild- ungsanstalten. Morgen Abend findet die mündliche Prüfung der' Abendschüler und die Prämiirung der Fleißigsten statt. — Freiberg. Unser wackerer Musikdirector Eckhardt, un ablässig bestrebt, durch größere Musikstucke den Sinn für Kunst zu erhöhen und zu beleben, brachre am 16. April in dem re- staurirten großen Saale des städtischen Kaufhauses Handel'S Meisterwerk, der „Messias," zur Ausführung. Der Besuch dieses Eoncerts war sehr zahlreich und großer Dank und An erkennung gebührt dem Unternehmer, nicht minder aber auch den trefflichen, gelungenen Leistungen aller einheimischen wie auswär tigen mitwirkenden Kräfte. Unrer Letzteren hatten wir die Freude, außer der königl. Hofopernsängerin Frau Krebs Michalesi und den Herren Rudolph und Searia auch Frau Wernicke-Bridge- man, Concertsängerin aus London, hier das erste Mal hören und ür ihrer herrlichen reinen Sopranslimme bewundern zu können. Tagesgeschichte. Berlin, IS. April. In Berlin wie in Paris ist man der Ueberzeugung, daß es zu einem Kriege nicht kommt; die französische Lesart, der Frieden sei deshalb gesichert, weil die Preußen in den nächsten Tagen von Luxemburg abziehen wer den, halten wir jedoch für ganz unbegründet. Interessant und erwähnenswertst ist noch die Nachricht, daß Lavalcttc, der fran zösische Minister des Innern, sich in Begleitung des Ministerial- rathes Fleury, der das Nessort der Wahlangelegcnheiten unter sich hat, nach dem zu annectirenden Großherzogthum abgercist ist. — In der letzten wöchentlichen Todtenliste für Berlin findet man zum ersten Male „Trichinenkrankheit" als Todes ursache angegeben, und zwar ist es ein Schlächterlehrling, der daran verstorben ist. Berlin, IS. April. Gegen jI2 Uhr begann sich der weiße Saal des königlichen Residenzschlosses, in welchem der feierliche Schluß des Reichstags stattfinden sollte, von Reichs tagsmitgliedern zu füllen. Schloßgardisten in der Tracht Fried richs 'I. hielten an den Portalen Wache. Auf den Tribünen erschienen Ihre Mas. die Königin Augusta, die Kronprinzessin nebst ihren, ältesten Sohne, die Prinzessinnen Karl und Fried rich Karl nebst ihren zwei ältesten Töchtern, eine große Anzahl Personen des diplomatischen Eorps, sowie zahlreiche Hofdamen, fämmtlich in höchster Gala. Tie gegenüber befindliche Tribüne war für die Zuschauer reservirt und wurde von diesen, worunter ein großer Stab Journalisten, vollständig besetzt. Die Ver sammlung im weißen Saale gewährte einen höchst glänzenden Anblick, da diejenigen Mitglieder des Reichstags, welche als Generäle, Hofchargen, Staatsbeamte, Professoren, Geistliche, Johanniter, Landwchrosficiere, Provinzialstände u. s. w. Unifor men tragen, sämmtlich in höchster Galatracht erschienen waren. Kurz vor j 1 Uhr gruppirte sich die Versammlung, in der Mitte den Präsidenten !>r. Simson, in einem großen Halbkreise um den Thron, uni zunächst den Zug der Bevollmächtigten der Bundesregierungen an sich vorbei passiven zu lassen, welche, angeführt durch die Münster Graf v. Bismarck und Freiherr v. Friesen, paarweise in den weißen Saal traten und links vom Throne stehend Platz nahmen. Graf v. Bismarck war in Kürassieruniform weiß) erschienen, mit dem orangenen Bande dsS schwarzen Avlerordens ; Freiherr v. Friesen in der sächsischen Hofuniform mit dein Großkreuz des rochen Adlerordens. Graf v. Bismarck verließ hierauf einige Augenblicke den Saal, um dem Könige anzuzeigen, daß die Versammlung bereit sei, die Thronrede zu vernehmen. Alsbald traten Se. Majestät mit entblößtem Haupte, gefolgt von dem Kronprinzen, dem Prinzen Karl und anderen Prinzen, ein, grüßten die Versammlung, welche in den Nus des Präsidenten > r. Simson: „Se. Maj. der König von Preußen, der Schirmherr des norddeutschen Bun des, er lebe hoch!" enthusiastisch dreimal eingestimmt hatte, huldreich, bestiegen die Stufen des Thrones, während die Prin zen auf der rechten Seite des Thrones Platz nahmen, und ver lasen bedeckten Hauptes die bereits in der gestrigen Nummer ihrem Wortlaute nach mitgetheilte vom Ministerpräsidenten Grafen ». Bismarck Überreichte Thronrede mit fester, deutlicher Stimme. Hierauf rief Graf v. Bismarck: „Im Namen der hohen verbündeten Regierungen und im Aufträge Sr. Maj. des Königs von Preußen erkläre ich den ersten Reichstag des nord deutschen Bundes für geschlossert!" Se. Majestät stiegen sodann vom Throne herab, worauf Minister Freiherr v. Friesen mit lauter Stimme rief: „Se. Maj. der König Wilhelm von Preu ßen lebe hoch!" in welchen Ruf die Versammlung begeistert dreimal einstimmte. Der lönigliche Zug begab sich hierauf in der Ordnung, in welcher er eingetreten war, wieder zurück, die Versammlung löste sich auf. (Dr. I.) Paris, 15. April. Eine Neuigkeit bewegte die Pariser heute mehr als die überhaupt schon ziemlich abgestandene Luxem burger Frage, die nämlich, daß die Kaiserin sich wieder in ge segneten Umständen befinde, wie man sich ins Ohr sagte. Ob eö wahr ist, weiß man noch nicht recht sicher. Aus Paris, 17. April, erfährt „Wvlff's Telegr. Bur.": Für die Artillerie werden alle Mobilmachuiigsvorbercittingen ge troffen. Umfassende Pferdeläufe für dieselbe werden vorgenom men. Der jüngste Jahrgang der Reserven, etwa 40,000 Mann, ist statt auf den I. Januar 1668 zum 1. Mai einberufen. Rietz ist in voller Armirung begriffen. Die <?ntstekmng des mnle r von Pergol.s. In der Neustädte»- Kirche kommt heute Nachmittag um 6 Uhr unter Direetiou des Herrn Eantor und Musikdirector Müller das 8l«6r>; von G. B. Pergolese zur Aufführung. Wohl seit Jahren ruhte dies Werk und es ist verdienstlich, daß seiner gedacht wird. Das Publikum auf außerordentliche Er scheinungen im Bereich der Kunst aufmerksam zu machen, war stets mein Ziel seil Eintritt in die Redaction dieses Blattes nitd so Mancher hat mir dankend dafür die Hand gedrückt. Es geschehe das Elftere auch heule. Nie ohne innigste Rührung lauschte ich stets diesem Ton werk, das anzupreisen mir in einen, vertraulichen Gespräch der selige Mendelssohn - Bartholdy einmal zur Pflicht machte. 'Man höre es heute in der Neustädter Kirche. Unwillkührlich mahnt es immer an die rührenden, einfach frommen Hirten lieder, welche die Landleute in Italien so oft vor einem unter freiem Himmel errichteten Madonnenbild anstimmen, wo die reinen, melodischen Stimmen nur von Esthern und Schallmeyen begleitet werden. Dies ,,8l»bitt wster" hat schon dadurch, daß es seit länger denn 130 Jahren so viele verwundete Herzen rührte und tröstete, sich eine stille Glorie des Ruhmes erworben. So entkleidet von allem Schmuck der Blasinstrumente, woran jetzt Ohr und Sinn gewöhnt sind, erscheint es in seiner De- muth, in den leisverwebten Melodieen, in dem Beben des ver hallenden Trillers, so wehmüthig und so als Fremdling unserer Zeit, daß der Eindruck, den es macht, tief rind unvergeßlich bleibt. Kommen wir auf die Entstehung dieses Tonwerkes zurück. In, Jahre >736 kam Pergolese auf einer Reise durch Italien auch nach Neapel, wo gerade die Gefangennehmung eines ge fürchteten Banditen großes Aufsehen machte. Eine unerklärliche Laune trieb unfern Künstler, der Hinrichtung bcizuwohnen, die am nächsten Tage stattfinden sollte; indeß sei es, daß er die Stunde versäumt hatte, oder daß sein Herz doch zu guter letzt vor einem so barbarischen Schauspiel zurückbebte, genug, als er aillangte, war der Unglückliche schon in die Ewigkeit hinüber befördert. Da die Menge sich schon etwas verlaufen hatte, so konnte er sich dcm Galgen nähern, an dessen Fuß er eine Frau knicen sah. Ihr lautes Schluchzen bezeugte ihren Schmerz und ihre Verzweiflung. Pergolese betrachtete mit Verwunderung ihre kostbare, ob wohl etwas bizarre Kleidung. Plötzlich sprang sie auf, richtete ihr Haupt zum Himmel empor und schien zu diesem eine vor wurfsvolle Anklage und zugleich einen flehenden Aufruf em porzuschicken. Pergelese war außer sich. Das war eine Ra- phael'sche Jungfrau, eine heilige Madonna. Im höchsten Grade aufgeregt, fragte er, wer sie wäre. Wie? wurde ihm zur Ant wort gegeben, Sie kennen die schöne Martha nicht? Ihr Mann ist heute gehängt worden, und man kann dreist behaup ten, daß er den Strick reichlich verdient hat. Seitdem er im Gefängnis; saß, hat sie ihre Vernunft eingebüßt, und sie läuft jetzt, heilige Lieder singend, durch die Stadt. Aber still, sie fängt an zu singen. In der That ließen sich jetzt einige schwache und unsichere Töne vernehmen, die aber bald stärker und wohlklingender wur den. Die lärmende Menge verstummte und hörte knieend und mit entblößtem Haupte den heiligen Litaneien zu, welche die schöne Martha sang und wiederholte im Chore Or» pro »adis! Thräncn ent strömten allen Augen und auch Pergolese fühlte sein Herz erbeben. — Der Gesang war zu Ende; bei der Todtenstille, die seit einigen Augenblicken herrschte, konnte man den takt mäßigen Schritt der Soldaten erkennen, welche anrückten, um den Leichnam des Hingerichteten wegzubringen. Martha schien ihre Absicht zu ahnen, denn sie umschlang den Galgen mit ihren Armen. Als man sie mit Gewalt entfernte, stieß ße ein herz zerschneidendes Geschrei aus. Als der Leichnam des Banditen in den Karren geworfen wurde und wcggefahren werden sollte, nahm sie einen Anlauf, um sich unter die Räder zu werfen. Pergolese, der allen ihren Bewegungen folgte, hielt sie auf und sie sank ohnmächtig in seine Arme. — Unser Componist, der inniges Mitleid mit der Unglücklichen fühlte und sie nicht verlassen wollte, holte einen Louisdor hervor und bot ihn dem jenigen an, der sie nach dem nächsten Hause schaffen würde. Aber, o Schmach! kaum hatte das Gold vor den gierigen Blicken der Lazaronen geleuchtet, als sie auf dasselbe losstürzen und es sich zu entreißen suchen. Pergolese sah diesem ekelhaften Auftritt schaudernd zu, als Martha wieder zum Bewußtsein kam; den Arm des Com- ponisten krampfhaft pressend, drängt sie sich mit ihm, den sie als ihren Beschützer bettachtete, durch die gaffende Menge durch. Sie führte ihn nach einer Vorstadt, trat mit ihm in ein ärm liches Haus, stieg drei Stockwerke hinauf und stieß mit dem Fuße eine zerbrechliche Thüre auf, aus welcher zwei im Lum pen gehüllte Kinder hervorstürzten, die ihre Mutter um Brod anschrieen. Die Verzweiflung der Mutter überstieg alle Gren zen, al« fie all« Winkel de« Zimmer« durchsucht hatte, o. irgendwo einen eßbaren Gegenstand zu find«. Plötzlich flammte aber' ein Strahl der Freude auf ihrem Gesichte auf. Sie faßte ihre beiden Kinder an der Hand, kniete mit ihnen vor dem Eomponisten nieder und stimmte einen Gesang an. Pergolese schaute diesem Schauspiele weinend zu; endlich aber ermannte er sich, und der Leiden dieser Unglückliche,» gedenkend, stürzte er aus dein Hause und nach dem nächsten Wirthshause, von wo aus er ihnen alle nöthigen Bedürfnisse sendete. Aber damit noch nicht zufrieden, verschaffte er auch der unglücklichen Familie in der Person des Grafen Spinessa einen mächtigen Be schützer, der sie vor weiterem Elend schützte. Einige Tage darauf verließ er Neapel, ohne jedoch das Bild des gehängten Banditen aus seinem Gedächtnis; verdrängen zu lassen. In Torre del Greco, einen» kleinen Dorfe am Fuße des VesriveS, ließ er sich auf einige Zeit nieder, und über daS furchtbare Geschick des so schönen und aufopfernden Weibes nach sinnend, faßte er den Plan zu seinem r>t>ibal iimler, welches unstreitig iininer der Typus aller 8l«d«1 bleiben wird. Es war dies Werk sein Schwanengesang, denn bald darauf starb er, 33 Jahre alt. Wir fühlen es wohl, wenn ein Tonsetzer unserer Tage so schrieb, würde gewiß Manches bekrittelt und daran getadelt werden, vorzüglich von solchen, die Alles nur Mozarti sch oder Haytm'isch haben »vollen, obgleich es unbestritten sein dürste, daß Mozar» und Haydn, wenn sie jetzt lebten, ganz anders componiren würden, als sie es zu ihrer Zeit gethan. Schwer aber würde cs, sehr schwer Einem werden, so zu schreiben, wie dies; Pergolcsi gethan und dieß schon muß uns eine zarte Ehr furcht für dieß fromme Kind der Vergangenheit einflößen, das uns nach langer Ruhe wieder einmal zu Gehör gebracht wird) Theodor Drobisch. * Gerichtliche Untersuchung von Haaren. Wir lesen über diesen Gegenstand in tinen» Wiener medicinischen Fachblatte folgende bemerkenswerthe Notiz: Ein Mann, welcher in später Stunde und in einer sehr finsteren Nacht aus der Gesellschaft heimkehrte, wurde an einer einsamen Stelle seines Weges von zwei Menschen überfallen und arg mißhandelt. Der Mann wehrte sich und die beiden Uebelthäter entflohen. Der Ueber- fallenc l-ehielt aber die Mütze des Einen in der Hand und über gab sie dem Gerichte. Eine Personalbeschreibung der Verbrecher war den» Verletzten unmöglich, da die tiefe Finsterniß und der höchst rapide Hergang des UeberfalleS ein genaues Besehen der Uebelthäter verhindert hatte. Bei genauer Besichtigung der Mütze fanden sich in derselben zwei Haare von graublonder Farbe, wie sie sich dcm unbewaffneten Auge darstellten. Das Mikroskop verrieth jedoch noch andere Momente, welche zur Ent deckung und Aufgrcifung des Verbrechers von Wichtigkeit waren. Die Haare stellten sich auch unter dem Mikroskop graublond dar, allein in ihrer Marlsubstanz fanden sich noch zahlreiche, pechschwarze Pigmentzellen vor, woraus sich ergab, daß sie von einen» noch jugendlichen Schwarzkopfe herrührten, bei welchem die ersten grauen Haare hin und wieder vorkommm. Nach den Schnittflächen der Haare zu urtheilen, welche noch ganz scharf waren und an den Haaren keine konisch zulaufende Verdünnung oder Spitze zeigten, war das Haupthaar des Verbrechers erst wenige Tage vor der That kurz geschnitten worden. Endlich fand man die Haarwurzeln beträchtlich atrophisch (schlecht ge nährt), woraus der Schluß sich ergab, daß diese Haare wahr scheinlich an den» Rande einer beginnenden Glatze eines jeden falls zur Eorpulenz geneigten, »veil am Kopfe stark schwitzenden Mannes gewachsen waren. Die Haare gaben also durch eine sorgfältige mikroskopische Untersuchung folgendes Signalement deS Verbrechers: Ein kräftiger, zur Eorpulenz geneigter, in den Mittlern Jahren stehender Mann mit schwarzen und graumelir- ten, neulich erst kurz verschnittenen Haaren und beginnender Glatze, welches die Ermittelung desselben wesentlich erleichterte. * Berlin. In Amerika ist vor etwa anderthalb Jahren eine neue Kanone consttuirt worden, deren Erfinder, Mr. Gr , sich gegenwärtig in Paris aufhält und mit der dortigen Regierung in Verbindung steht. Die Kanone besteht aus einem halben Dutzend concenttisch gestellter Gewehrläufe, welche ge wöhnliche Büchsenkugeln schießen. Die Bedienung besteht aus nur 2 oder 3 Mann, von denen einer Patronen in den am Hinterrand der Kanone befindlichen Aufsatz wirst, während ein anderer die an demselben Ende befindliche Kurbel dreht. Die Kurbeldrehung hat zur Folge, daß die Patronen sich von selbst in die rechte Stelle schieben, losgefeuert werden, und somit wieder anderen Platz machen. Mit einem Wort, das neue Geschütz arbeitet continuirlich nach dem Princip der Säemaschinen. Nach der Behauptung des Erfinders schleudert es aus seinen sechs Läufen mindestens so viel Kugeln, als 500 mit Hinterladern bewaffnete Infanteristen, unter günstigen Umständen noch mehr; und da es ganz unbedeutenden Rückstoß hat, so behält es ge nügend seine Richtung, um in Truppenmassen Tod und Ver heerung zu tragen. An Manövrirfähigkeit überttifft es bei seiner großen Leichtigkeit natürlich alle andere Artillerie. Die Ver- einigte-Staaten-Regierung hat von dielen» Geschütz, welches für Amerika Eigenthum einer Compagnie ist, 100 Stück anfertigen lassen. Wie viel Exemplare die Compagnie außerdem noch fertig hat, »vissen wir nicht. Eö ist i,»dessen nicht unwahrscheinlich, daß der Erfinder der französischen Regierung eine Anzahl ferüg zu liefern vermag — ein Umstand, der, wie uns scheint, in der gegen,värtigen Situation die Aufmerksamkeit unserer Militär behörden verdient. * Inschrift. In einem kleinen bairischen Städtchen steht hart an der Hauptstraße ein altes Haus, über dessen Haus- thüre sich folgende Inschrift befindet: „Dieses Haus steht in GotteS Hand 1799 ivurden die Schindeln gewandt, Wird mir Gott das Herz erwecken, Und mein Schwager Geld vorsttecken, So will ich'S auch mit Ziegeln decken." Der Schwager scheint sich übrigens zu dieser That nicht fähig gefühlt zu haben; denn vor zwei Jahren, als wir durch jenes Städtchen reisten, lagen immer noch Schindeln auf der nun sehr baufälligen Dichterwohnung.