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20 Emil Tilp. Die beften Verhältniffe, befonders der diredlen Heiz- und der Roft- zur Totalfläche hat entfchieden G. Sigl’s Semmeringmafchine, und ihre Leiftung wird auch trotz der kleineren Gefammt-Heizfläche und des um drei Tons geringeren Gewichtes, da fie zudem den kleinften Radftand hat, unübertroffen fein. Nach Angabe der Südbahn werden die Züge auf den Gebirgsftrecken nicht mehr getheilt und befördern diefe Locomotiven bei fehl- ökonomifchem Brennftoff-Gebrauche die Laft von 400 Tons mit 15 Kilometer Gefchwindigkeit per Stunde auf Steigungen von 1:40 (Semmering und Brenner), jedoch mit Hilfe von Schiebemafchinen. Bei allen diefen Locomotiven ift: die dritte Achfe die Triebachfe, die Hinter- achfe feitlich verfchiebbar. Die Rahmen liegen innen bei denen von Creuzot, Haswell, Chemnitz und der Semmeringmafchine. Aufsenfteuerung haben Creuzot und die Semmeringmafchine, an allen ift die Stephenfon’fche. Die Speifung gefchieht, wie diefs in Frankreich üblich, an Creuzot’s Loco- motiv durch einen links angebrachten Injedtor und eine rechts durch Excenter von der erften Achfe aus getriebene Kolbenpumpe; das letzte Räderpaar ift mit- telft Spindelbremfe an den hinteren Seiten bremsbar. Es find vier Probirhähne und zwei Wafferftände des weiten Keffels wegen vorhanden. Die Kuppelftangen haben beide, wovon die Hälfte überflüffig, in fenk- und wagrechterLinie drehbare Charniere. Zum Tender führen die bei uns wenig mehr gebräuchlichen Gummi- fchläuche. Der Raddurchmeffer ift eben auch grofs, die Augen der Schleif bogen der Steuerung trotz langer Excenterftangen unvortheilhaft zufammengerückt. Es ift intereffant, dafs diefe Bauart einft in England üblich, nach fo vielen Jahren nach dem Lande zurückkehrte und dafelbft zur Anwendung für jene fpeciellen Zwecke gelangte, für welche diefelbe erfunden worden. Die öfterreichifche Semmeringmafchine trägt an den Federn der Hinter- achfe einen Querbalancier; die Sandkäften find unter dem Keffel nahe der Rauch kammer zwifchen den Fr.ames angebracht. Die ungarifche von G. Sigl erbaute Mafchine hat für die zwei Mittelachfen gemeinfchaftliche Tragfedern und Balan- ciers, fo das Haswell’fche Locomotiv und das Chemnitzer für die beiden letzten Aclifen. Die Achfen liegen vor den Feuerbüchsen, die dritte ift Triebachfe. Die Ausführung aller diefer Achtkuppler war taddellos, mit einem ganz exquifiten, koftfpieligen, nur für die Ausftellung berechneten und, offen gefagt, über- flüffigen Glanz ausgeftattet. Von den fich anfchliefsenden Sechskupplern war Haswell’s „Stainz“ der bemerkenswerthefte, weil er vielfache Abweichungen von der Norm zeigt. Der Keffel ift, entgegen dem Gebrauche, fammt Feuerbüchfe über die Rahmen empor gehoben, an welchen letztere frei aufgehängt ift. Die hohe Schwerpunkts-Lage wird nicht für fchädlich gehalten — bei Laftmafchinen wohl angängig. Diefe Anwendung gefchah aus dem Grunde, um einen mächtigen, breiten, nicht durch die Rahmen begrenzten Roft zu erzielen, da der Radftand gegeben und ein ftarkes Ueberhängen zu vermeiden war. Die Führung der Achslager gefchieht in der am Anfänge erwähnten centralen Weife. Die Federn der Vorder- und Mittelräder haben Balanciers. Vier Sandkäften bedecken die Vorder- und letzten Räder. Die Injec- toren nach Fink’s Syftem find auf der Plattform angebracht. Die Rahmen liegen innerhalb, die Steuerungen aufserhalb der Räder, das Reverfiren gefchieht mittelft Schraube, der innere Feuerkaften hat die Haswell’fche gewellte Decke. Die letzte Achfe, zugleich Triebachfe, liegt unterhalb des fchief abgefchnittenen Afchenkaftens. Die Sechskuppler (mit Tender), von G. Sigl, Maffei, Egeftorff, Cockerill, aus Caffel und aus Petersburg find durchwegs Locomotiven von trefflichen Conftructions-Verhältniffen und fehr guter Ausführung. Die Sigl’fche Mafchine „Hall“ trägt einen Schmierapparat an den Aufsenrädern, der aus einer mit Unfchlitt gefüllten Zinkblech-Hülfe befteht, die, unter 45 0 geneigt, an der Hohlkehle des Spurkranzes anfteht und beim Durchlaufen der Curven in trockenem Wetter fich