Volltext Seite (XML)
tuderuna von Au-lchrettunarn in de» Kirchen gegeben le P«ediger leien in der Mißachtung der Gelctze mit » Beispiel voranaegangrn. (Stürmilche Nnteiblechungen »ur Berhtnderuna von Aber die Piediaer si schlechtem Beispiel voranaegangrn. (Stürmilche u«tr,vie<l»»ig« rechtst Conive« lügt hinzu, seine Politik hinsichtlich der Schließung der Kapellen untrikcheide sich nicht von der Waldeck- Roussrau». und legte dar, die Politik der Bischöfe siebe im Gegen satz »um Konkordat. Der Staat lei ungenügend bewaffnet gegen den Klerus, welcher der GcbaltSlpck»e Trotz biete. Der Staat wolle nick» scharf vorgeben: er riebe eS statt dessen vor. sich a» die öffentliche Meinung ru wende». Diese wecke, aufgebracht über die GeicbeSverlrtzung durch die Prälaten, die Trennung der Kirche vom Staate fordern, wodurch die Polizei einen größere» Elnfluß aus die Ausübung des Gottesdienste- haben würde. Gr werde, schließt der Minister, wegen der Ernennung eine- Bischofs keine Zuacitändniffe machen. Er sehe nicht, daß irgend ei» Minister präsident bei der gegenwärtigen Mehrheit die »ur Zeit befolgte Politik in der Kirchenirage werde desavouieren könne». In beiden Kanimern sei eine Mehrheit vorhanden, welche nicht vor den An sprüchen de- KleniS kapitulieren werde. (Beifall links.) Evmbes wird lebhaft beglückwünscht. Ein BrrtaauiiaSantrag wird init 338 gegen 2A Stimmen abgelehnt. (Ausführlicher wiederholt.) Senator Piot, welcher eS sich zur Aufgabe gemacht hat, auf dem Boden der Gesetzgebung die Abnahme der Bevölkerung Frankreichs zu bekämpfen, richtete einen Brief an den Minister Präsidenten Combes, um die Gründung eines Berdienst großen Kindersegen genießen, gewähren, den Müttern aber gc> dübre eine moralische Anerkennung, wie sic der Arbeiter erhält, ivclcher nach Erfüllung seiner Aufgabe in einer bestimmten Anzahl von Arbeitsjahren eine Medaille bekommt. Rußland. Der Mordanschlag auf den Gouverneur Bogda nowitsch in Ufa wurde während seines Spaziergangs im Stadt parke. 1» dem sich zahlreiche Personen aushiciken, verübt. Als der Gouvernenr in eine Seitcnallce einbog. übergab ihm ein un bekannter Mann ein versiegeltes Paket; gleichzeitig feuerte eine andere Perlon zwei Revolverschüsse ab, die den Gouverneur in Rücken und Brust trafen, worauf der Tod sofort eintrat. Ein Wächter wollte die Uebeltäter ergreifen, diese aber bedrohten ihn mit Revolvern und entkamen Griechenland. Zur Verlobung im griechischen Köniashause wird der „Köln. Ztg." aus Athen geschrieben: Prinz Andreas von Griechenland, dessen Verlobung mit der Prinzessin Alice von Battenberg der Telegraph ganz unerwartet meldete, ist der vierte Sohn des griechischen KönMpaares. Er wurde am 20. Januar 1882 geboren und erhielt den Namen nach seinem Paten, dem bekannten Wohltäter Griechenlands Andreas Syhgros; seine Braut ist die Tochter des Prinzen Ludwig von Battenberg und der Prinzessin Viktoria von Hessen. Der junge Prinz ist das lebhafteste von den Kindern des Königspaares, und diese Leb haftigkeit hat viele Anekdoten in Umlauf gesetzt. Er wollte als Kind nur griechisch sprechen, und einem Knaben, der im König lichen Garten beim Spielen oder nach anderer Lesart aus einem Kinderball chn französisch ansprach, gab er einen Schlag mit den Worten: „Sprich ein andermal deine Muttersprache." Bei der Trauung des Kronprinzen und der Prinzessin Sophie in der Athener Hauptkirche war auch der Prinz Andreas mit dabei. Ihm dauerte aber die Feier zu lange, und er begann mit seinem Strohhut zu spielen, indem er ihn am Gummiband umherwirbelte und die Umstehenden belästigte. Strenge Blicke der Königin sah er nicht, und als er sein Spiel fortsetzend sich auf den Fußteppich mcderkauerte, zog er sich ein derbes Ohrenzupfen seines Bruders, des Prinzen Georg, zu. Seine Lebhaftigkeit hinderte ihn aber nicht, wie seine Brüder die Kadettcnschüle durchzumachen, das beißt, er wurde besonders unterrichtet und begab sich nur zu den Exerzierübungen der Schule. Nach Beendigung der Studien trat er in das in Athen garnisoniercnde Reiter-Regiment als Leutnant ein und tat regelmäßig seinen Dienst, der mir von den Sommcr- reiscn unterbrochen wurde, die er mit der Königin oder dem König machte. Er gilt für einen guten Reiter und soll nun ein Jahr in Darmstadt bei den hessischen Dragonern Dienst tun. Nach Beendigung dieser Zeit wird die Vermählung des Paares in London stattfinden. Prinz Andreas ist auch Ehrenvorsitzender der Pferdesvortgesellschaft, die seit zwei Jahren besteht und Rennen ' und Reiterspiele abhält. England. Unterhaus. Black (Lib.) fragt an, ob zwischen dem Auswärtigen Amt und Deutschland ein MeinungS austaulch stattgefundrn hätte betreffend das Vorgehen Deutsch, laiids, welches aus canadische Waren Differentialzölle lege und ob der betreffende Schriftwechsel irgend eine Ankündigung inöulicher Vergeltungsmaßregeln von Seite Englands enthalte, wo nach deutsche nach England eingesührte Waren mit besonderen Zollen belegt werden würden. Unterstaatssckretär des Aeußern Cranborne antwortet aus die erstere Frage mit Ja ; weitere Erklärungen könne er aber gegenwärtig nicht abgeben. Black richlet auch an Kolonial- minisler Chainbcrlain dle Anfrage, ob zwischen ihm und den ver antwortlichen Personen in Caucidcr und andere» Kolonien ein Aiistaulch von Mittellungen staltgefundcn habe betreffend die Auferlegung von Vergeltungszöllen seitens Englands gegen die jenigen fremden Länder, welche die Produkte der englischen Kolonien differentiell behandeln. Chamberlain erwidert, eS seien seit der Kolonialkonferenz keine offiziellen Mitteilungen aus- getanscht worden. Amerika. Einer Depesche aus Manila (Philippinen) zufolge sind 2000 Häuser von Eingeborenen durch einen Brand zerstört. 8000 Menschen sind obdachlos. Man soll in den maßgebenden Kreisen in Washington fest entschlossen sein, nicht zu erlauben, daß ein Vertreter der Ver- einigten Staaten im Auslande je wieder eine ähnliche Rolle übernehme, wie Mr. Bo wen in der Vcnezuela-Angelegenheit sie gespielt hat. Man sei zu diesem Entschluß durch die Ver öffentlichung der Korrespondenz Mr. Bowens mit den Vertretern der verbündeten Mächte gelangt, denn diese Korrespondenz habe gezeigt, daß es Bowen mitunter sehr schwer gesallen sei, den richtigen Standpunkt in dieser Zwitterstellung einzuhalten. Kunst und Wissenschaft. f In der König!. Hofoper geht heute abend Neßlers „Trompeter von Säckingen" in Szene; das König!, vosschausviel bringt Otto Ernsts „Jlachsmann als Erzieher" zur Aufführung. Beginn beider Vorstellungen halb f Zu der im König!. Hofschauspiel bevorstehenden Erst auffichrung der „Opfer feuer' von Gjellerup, Musik von Schjelderup, hatEdvardGricg seine Anwesenheit in Ans- sicht gestellt. f Im Residenztheater wird heute abend „Alt Seidel, bera" zum 90. Male gegeben. Morgen, Sonnabend, nachmittags Osch Udr findet unter dein Titel „Die Reise um die Erde" die erste bühncngroße Projektionsaufführung des Weltreisenden Herrn Joachim Harms bei ermäßigten Preisen statt. Die Abend- Vorstellung „Im bunten Rock", in der Frau Straßmann-Witt vom Deutschen Theater zu Hannover in der Rolle der Miß Anny Clarkson gastiert, findet zum Besten des Vereins „Sächsische Fechtschule statt. Sc. Königl. Hoheit Kronprinz Friedrich August, der Protektor des Vereins, bat sein Erscheinen für diese Vor stellung zugesagt. Auf Wunsch Sr. Königl. Hoheit wird diese Vorstellung ausnahmsweise abends 8 Uhr beginnen. s 2m Erntraltheater, allwo noch immer der „Blinde Passagier" sein vergnügtes Wesen treibt, gastierte vorgestern abend ein Frl. Manzont in der Rolle der Agathe Brückner auf Engagement. Die Dame bringt manche» für daS Fach mit, da« sie an ver Stelle, wo man sie am Sonnabend zum erstenmal sah. künftig vertreten soll, vor allem: Jugendlichkeit und sympathisches Wesen. DaS ist schon viel, aber freilich noch nicht alles, »m auch Aufgaben größeren, künstlerischen Stiles gegenüber, von denen im „Blinden Passagier" kaum die Rede sein kann, mit darstellerischen Ehren bestehen zu können. Was Frl. Ma»zo»i in der Gastrolle von vorgestern Abend bot, die — das muß ausdrücklich betont werden — welkr nach Art noch Maß dazu angetan ist, höchste schauspielerische Qualitäten zn offenvaren, war sehr annehmbar: die junge Dame nahm durch die Liebenswürdigkeit und Einfach heit ihres Spiel«. daS nur im ersten Akte noch etwas unfrei war, und die gefällige Leichtigkeit tm Ton des Dialogs von vornherein für sich ein und fügte sich sicher in das ihr völlig fremde Ensemble, so daß «an sich m Rollen ihres Fache« Gutes für den Verlauf der Saison wick versprechen können. — Im übrigen gab dle Vor stellung zu kritischen Erörterungen weiter keinen besonderen Anlaß. Sie hat erfreulicherweise wieder ihre alte Irische und Schneid an genommen , nachdem sie in den Tagen nach der gelungenen Prrmi-re manches, namentlich im Zusammensplrl und in der Exaktheit der Dialogführung, zu wüniche» übrig gelassen hatte, was hoffentlich nickt die Folge unseres mlt lirbeuSwückiger Nachsicht für die erschwerenden Umstände der Erstaufführung ge spendeten Lobes war. Nur Herr Engels, der als Eduard Bellermann wieder unendlich komisch war, extemporierte auch vor gestern »ach Herzenslust: da diele Freiheit die Figur deS biedere» Provinzialen znin Glück in weitgehendstem Maße verträgt, und der Künstler dadurch die drastischen Wirkungen seiner Roll« nur steigerte, wick man ihm schon veizrihen müssen, zumal das Publikum sich stets aus daS Beste unterhielt, so lange dieser ehren feste Herr aus Genlhin aus der Szene stand und seine guten wie schlechten Witze mit derselben gelassenen Ruhe vom Stapel ließ. VV. s Sächsisch« Kunstausstellung, (II: Innenausstattung und Plastik.) Bevor mit der Würdigung der einzelnen Kunstwerke auf der Brühlschcn Terrasse begonnen werden soll, muh noch ein kurzes Wort von der dekorativen Ausmachung der Ausstellung ge sagt werden. Um diese in ihrer ganzen Bedeutung, namentlich aber ln ihrer überaus glücklichen und geschickten Disposition der einzel nen Räume so reckt schätzen zu können, mutz man die Ausstellungs- räume des „Sächsischen Kunswereins" in ihrer gewöhnlichen Fassung gekannt naben, mit den vicl^zu hohen Wänden, den nur selten günstigen Lichtverhältnissen und der ewigen Misöre des Bechlingens. Hier gab es für unsere Innenarchitekten eine schwere, aber auch dankbare Aufgabe zu bestehen, deren ausgezeich nete, erfreulicherweise auch in der auswärtigen Presse einstimmig anerkannte Leistung einen neuen Beiveis für die Leistuiigsscihigkeit Dresdens gerade auf diesem sonst von anderen deutschen Kunst städten mit Bravour und Vorliebe bebauten Gebiete gibt. Als sehr glücklich hat sich auch diesmal das Prinzip der Arbeitsteilung be währt: die verschiedenen Räume überließ man verschiedenen pRaumkünstlcrn", so daß die Physiognomie jeden Saales eine völlig leibständige und eigenartige geworden ist. Das Beste — wofern nun einmal Zensuren erteilt werden sollen — hat die Firma Schilling u. Gräbner geleistet, der die Ausstattung der ersten beiden Räume, der Vor- und der Hcmplhalle anvertraut war. Vor nehmlich die farbige Abstimmung — vielleicht mit Ausnahme des »u intensiven Bodenbelags im Hauptsaale — der beiden Räume, des ersten aanz in Gelb, des zweiten ganz in Not, ist ungemein wirkun^voll, zumal sie den Einbauten, die durchaus in origineller und gefälliger Architektur gehalten sind, sehr sein angepaßt ist. Ueberaus geschmackvoll ist das sonst so störende Oberlicht des Unter- gcsckwsses in der Vorhalle kassiert. Es wird von einer mächtigen, kreisrunden Brunnenschale mit fließendem Wasser überdeckt, während die an und für sich nicht sonderlich interessante Decke durch einen reizvollen Fries und mehrere Gewölbezwickel malerisch be lebt wird. Als em Vorteil von — hoffentlich! — bleibmder Be dcutuna baden die an der linken Seite des Hauptsaales aufgefiihr ten erhöhten cojenartigen Einbauten zu gelten, die drei sehr intime Kabinette ausmachen, in denen auch Bilder kleineren Formates zur Geltung kommen. Uebcrraschenver Weise ergibt das dunkle Rot der Wände des Hauptsaales, das durch sparsam angebrachte grüne Lorbeerkränze noch tiefer erscheint mit oem Grau-Blau der Cojen einen sehr guten, durchaus unaufdringlichen Farbenakkord, in den hier nur das Gelb des Fußbodenbelags, bas namentlich die herrlichen Uhdes etwas grau erscheinen läßt, einen leichten Miß- klang bringt. Ter nächste Raum, der sogenannte Fllnfccksaal, veftdaukt seine Ausstattung dem Architekten Fritz Reuter, dem ingeniösen Erneuerer des Nesidenztheaters, der auch an der Dekora tion des sich an diesen Raum anschließenden Kabinetts für Klein- Plastik usw., mit dessen Ausschmückung der treffliche Gewerbe- kiiiistler Erich Kleiiihempel wieder seinen hervorragenden Geschmack bewiesen hat, noch beteiligt ist. Der fein nuancierte Grundton, aus den die beiden Räume gestimmt sind, wirkt ungemein vornehm und ruhig in seinem matten Lila-Grau. resp. Blau-Grau, das zum Teil in einem leichten Schablonenmuster auf die Wände aufge tragen ist. Intensiver in der Farbe ist der sich um den Kuppelsaal binzichende Raum für Architektur — nach der Königstreppe zu ge legen —, der von dem eleganten Ja-ssadenkünstlcr F. A. Voretzsch in ein sattes Blau gekleidet und überdies äußerst wirkungsvoll mit allerhand Sitzgelegenheiten usw. ausgestattet worden ist. T-er vor diesem Kabinett liegende Kuppelsaal ist dagegen ganz m lichte Töne getaucht von dem jungen Max Hans Kühne, der auch oie fünf kleinen Räume der Ludwig Richter-Ausstellung ganz tvunder- nett und intim hergerichtet hat. Die Lichtverhältnisse sind in allen Sälen und Räumen durch pelle Velaricn und anderweitige Ueber- spannungen nach Möglichkeit aufgebessert: nur die Scitenkabinette rechts vom Hauptjaal, in denen die Graphik auf Hellem Hinter gründe mit feinem Geschmack von dem Architekten Maynert unter- gebracht ist, hatten dies nicht nötig, da sich an dem übrigens für die Handgeichnungcn, Kupferstiche, Radierungen usw. völlig ausreichen den Scitenlicht nichts korrigieren ließ. Gehangen sind die Bilder, wenigstens zum weitaus größten Telle, — welche Ausstellungs- kommission könnte es damit einmal allen Malern recht machen?! — sehr gut; namentlich hat man darauf gesehen, die Wände nicht gar so voll zu pflastern und das Auge des Beschauers nicht zu hoch gehen zu lassen, wie denn das dekorativeArrangement derAus- slellung äußerlich ebenso gefällig, wie künstlerisch apart cmmutet. — Um nun zu der kritischen Würdigung der einzelnen Kunstwerke zu kommen, so soll, bewährtem Brauche und der räumlichen Auf stellung folgend, auch diesmal bei den Werken der Plastik begonnen werden, die, abgesehen von einigen aus dekorativen Gründen in den übrigen Sälen placierten Mmmerii, vorzugsweise in der Eingangshalle ll) und im runden Kuppelsaal (V) Ausstellung ge funden haben. Fleißige Besucher unserer Dresdner Ausstellungen werden darunter allerdings manches Bekannte wiederfinden, jo waren z. B. die Arbeiten von Faoricius, Levin-Funcke, Moerlin, Ockclmann, Roeder, Schreitmüller, Sturm ebenso wie Grones „Reue", Hösels „Ende", Königs „Nach dem Kampfe", Kolbes „Leiden". Lehncrts „Diana", Pfeifers „Erste Liebe" bereits am Schluß des vorigen Jahres in der Ausstellung der Konkurrenz- arbciten für die staatlichen Ankäufe von Klein- und Kabinetts- Plastik im Akadcmicgebäude zu sehen, während die beiden Porträt büsten von Walter Sintenis und Bruno Zschaus Knabenfigur in der letzten Ausstellung der akademischen Schülerarbeiten einen hervorragenden Platz einnahmcn. Lecker ist es selbst dem rührigsten Bemühen der Äusstellungskommiffioii nicht gelungen, die in jüngster Zeit am meisten besprochene Schöpfung deutscher Plastik, Klinacrs „Beethoven" als Clou der Ausstellung zu gewinnen, und die Metropole des Geburtslandes dieses in seiner Art einzigen Werkes muh sich für diesinal an den Gypsmodellen des „Athleten" und der KoloMbüstc des dänischen Literarhistorikers Georg Brandes genügen lassen. Beide haben in der Eingangshalle Platz gefunden, jenes Werk noch dazu verdientermaßen in doniinicrender Stellung auf der linksseitigen Estrade, wo es des Be schauers Auge sowohl durch die eigenartig genial ersonnene Stellung und die schwellende Muskelfülle des prachtvollen Modells, das der Künstler schon einmal in stehender Figur verwendet hat, stets aufs neue fesselt. Wie so oft, gibt uns hier Klinger in der Deutung seines Werkes manches Rätsel auf. Entgegen der Meinung derer, die es für eine Studie zu dem Beethoven-Adler halten, glauben wir darin eher einen gestürzten Titanen zu er blicken, der, von einem Mächtigeren zu Boden geschmettert, sich in der Abwehr gegen das drohende Berderben gerade zu neuem An griff zusammenduckt. Mag die Figur nun eine Detailstndie zu einergrößerenGruppe bedeuten oder alsselbständigeSchöpfung auf- treten, in jedem Falle ist es eine des Künstlers durchaus würdige Arbeit, die einen reichen Ideengehalt in vollendeter technischer Aus führung zur Darstellung bringt. Ein treffliches Werk ist daneben die Brandes-Büste. Gleich wie in der vor zwei Jahren ausge stellten LiSzt-Büste hat Klinger auch diesmal auf jedes subtile Aus führen porträtmäßiger Einzelheiten zu gunftcu einer packenden typischen Erscheinung Verzicht geleistet, sodaß auch dieses Werk leicht den Eindruck des Stilisierten, des monumental Gesteigerten Hervorrust. Gewaltig tront auf dem kräftig gebildeten Halse das von üppiger Haarfiille bedeckte Haupt, dem die gut hinein gearbeiteten Stirnfalten, die scharf bervorspringende Nase und der etwas seitwärts, wie forschend in die Ferne gerichtete Blick das ungemein Charakteristische verleihen. Man konnte sagen: nicht den Menschen, wohl aber den Typus Brandes hat Klinger gebildet, den Typus eines radikalen, aber immer konsequent verfahrenden Denkers, womit der Künstler zugleich eine Norm geschaffen, wie die Züge großer und bedeutender Zeitgenossen der Nachwelt in plastischer Wiedergabe zu überliefern sind. f Ernst v. Wildenbruch bat soeben im Verlage der G. Groteschm Verlagsbuchhandlung (Berlin) eine kleine Flugschrift unter dem Titel „Ein Wort über Weimar" erscheinen lassen, die sich in Aufsehen erregender Weise mit der Zukunft der Goethe-Gesellschaft befaßt. s Maeterlincks mit Spannung erwartetes neue- Stück „Ioyzelle" ist vorgestern abend bei seiner Erstaufführung am Gymnase-Theater zu Paris ziemlich kühl ausgenommen worden, trotz der Bemühungen der Freunde des Dichters, die unbedingt einen Senscitionsersmg zu stände bringen wollten. Ernst und Scher, Wenn mich jemand fragen sollte: „Wovon reden wohl die Leute am liebsten?" so antworte ich ohne langes Besinnen: „Vom Erben!" Das Thema ist nämlich unerschöpflich und bleibt immer neu, und wenn es noch so viel hin und her gewendet wird. Der eine spricht von des Nachbars Erbschaft, der andere erzählt, was er 'clbit hätte eigcullich erben müsse», wenn Gerechtigkeit m der Welt wäre, und der dritte hat von einer großen Erbschaft geträumt und wartet zuversichtlich darauf, daß sein Traum recht bald in Er- süllung geht. Schon bei Lebzeiten wird das Vermögen eines wohl- habenden Mannes abgeschätzt und dabei regelmäßig gewaltig über schätzt, ist er aber tot, so wächst es im Munde der Leute tagtäglich mit fabelhafter Geschwindigkeit; man setzt eine Null nach der andern zu, man redet von mehreren Millionen und beneidet seine Erben ganz gehörig. Ja, wer s so gut hat! Auch die Tagesblätter tun das ihrige, um ihre Leser über merkwürdige Erbschaften zu unterrichten. Der Telegraph meldet eiligst, wie viel der Petroleum- könig in Amerika hinlerlassen hat, wie viel Nachkommen sich in seine Milliarden zu teilen haben und wie viel seine Witwe erhält. Ein aller reicher Sonderling hat einem armen braven Mädchen sein kolossales Vermögen vermacht, weil sie ihm unterwegs bei ichlcchtem Wetter ihren Regenschirm borgte, oder weil sie zufällig seiner verstorbenen Schwester ähnlich sah, und zwischen Lumpen und Scherben, im Müllkasten und im Bettstroh hat man das Vermögen einer alten geizigen Frau gefunden, die sich kaum satt gegessen und niemanden eine Wohltat erwiesen hat. Das wird nun von lachenden Erben eingestrichen oder fällt dem Staate zu. Ein jeder Tag bringt in dieser Hinsicht neue Variationen zu dem alten Thema: Ter Mensch kann die Schätze die er aus Erden ansammelt, nicht mitnehmen, er muß sie da lassen, wenn es zu Ende geht. Und hat er Kisten und Kasten noch so vorsichtig versperrt —/sobald er die Augen geschlossen, wühlen fremde Hände in seinem Mammon, und die Behörde erscheint und sragt nach den gesetzlichen Erben und niuiint das ängstlich gehütete Gut in Verwahrung. Jemanden zu beerben, den man gar nicht gekannt hat. und den man deshalb auch nicht zu betrauern braucht, ist der Wunsch der meisten Menschen und beschäftigt ihre Phantasie unaufhörlich. „Na, wer weiß," agt Herr 8t. zuweilen, wenn er mit seinen Freunden zusammen itzt und die Rede wieder einmal miss Erben kommt, „vielleicht kann ich auch noch einmal ganz gehörig erben! Da ist vor ungefähr dreißig Jahren ein Vetter meiner Mutter nach Amerika ausgc- wandert. Er ist ja immer ein Luftikus gewesen, hat niemals Lust zur soliden Arbeit gehabt, aber ein angeborenes Talent zum Geld vertun, das hat er besessen und Hafts prächtig verstanden, sich auf anderer Leute Unkosten das Leben schön zu machen. Der Krug geht bekanntlich so lange zu Wasser bis er bricht, und so war's auch mit dem guten Vetter Karl. Nach Amerika; aber solche Sorte hat immer das meiste Glück! Vielleicht hat er drüben über dem großen Wasser als Goldgräber ein Vermögen verdient, vielleicht Hot er die Tochter eines Schweinschlächters in Chicago geheiratet, viel leicht ist er Schiffsherr oder Hotelbesitzer geworden. Zwar hat er nie wieder etwas von sich hören lassen, aber möglich wör's schon, daß er sich im Alter an seine deutsche Heimat und cm seine Verwandten erinnerte und ihnen sein Vermögen vermachte. Solche Geschichten passieren alle Tage!" Jedoch, die ersehnte Erbschaft hat, so angenehm sie auch sein mag, doch ihre Schattenseiten, wie alles in der Welt. Leicht wird es meistens dem Erben nicht ge macht, seinen Besitz anzutreten. Da braucht man Urkunden, die oft nur mit Mühe zn erlangen sind, die gerichtlich beglaubigte Unter schrift einer Person ist unumgänglich notwendig, und diese lebt im Ausland — unbekannt wo, — es muß ein Eid geleistet, unberech tigte Ansprüche anderer Parteien müssen energisch zurückgewiesen werden, kurz das Erben ist gar nicht so leicht wie mancher denkt und bringt viele Unannehmlichkeiten mit sich. Es dauert oft ent setzlich lange, bis jeder sein Teil erhält — gut Ding will Weile haben — und daß einer nach Jahren die Erbschaft wieder heraus geben muß, ist auch schon dagewesen und soll ein sehr unange nehmes Ereignis sein. Und welche Feindschaften entstehen berm Erben unter den nächsten Verwandten, die sich bisher in Liebe zuge tan waren, die in Friede und Einigkeit verkehrten. Stumm ohne Gruß gehen sie aiicinaudcr vorüber, und Groll und Bitterkeit wohnen in den ehemals so sanften und liebevollen Herzen. Und das bat alles die Erbschaft getan! Mein und Dein trenne» die Mensche» nachdrücklicher als die höchste» Alpen und der tiesste See. Man hat schon oft die Erfahrung gemacht, das; über Geld und Weitpaplere. die doch bei der Erbschaft das Wichtigste sind, kein Streit entsteht, daß sich die Erben friedlich einigen. Nur über die sogenannte» „Sachen" entsteht der Hader, und besonders die weiblichen Familicnglieder sind in dieser Hinsicht ungemein standhaft und behaupten ihr vermeintes Recht mit leidenschaft lichem Eiker. Die Taschenuhr des Vaieis, die der älteste Sohn beansprucht, möchte auch die Schwester haben. „Für meinen Fritz!" sagt sie unter heißen Tränen. „Er war unseres Vaters Paten- kind, »ud ich bin überzeugt, er hat seinem Enkel die Uhr zu- oedacht!" Im Nachbarhaus«: wird der Nachlaß eines alten Fräu leins geteilt. „Die gute Tante hat immer gesagt: ich soll das rote Plüschlofa. den Schnnkelstiihl, ein vollständiges Bett nnd die ganze Kücheneiiirichtniig samt Porzellan und Glas bekommen. Ich will's beschwöre», wenn Ihr mir nicht glaubt!" sagt Frau A. mit kriegerischer Miene. Schwester Emilie zuckt schweigend die Achsel» und kämpft dann um ein Dutzend Weingläser mit einem Eiser. als handle es sich um ein Rittergut, und die lonst !o lauste Berta drobt mit einem Prozeß wegen einer Meißner Teekanne — der Deckel ist schon zweimal gekittet — und eines Sahnentopses. der bereits einen recht bedenklichen Riß hat. „Das Porzellan ist schon seit 20 Jahren mein Eigentum!" lagt sie mit funkelnden Augen. „Ich war nur zu rücksichtsvoll, um es bei Lebzeiten der Taute zu fordern, aber jetzt will ich es endlich haben und wenn es mich Tausende kostet. Recht muß doch Recht bleiben!" Ja. ja, beim Erben lernt man den menschlichen Charakter erst richtig kennen. „Haben die guten Leute schon mit einander geerbt?" so fragt regelmäßig ein alter erfahrener Mann, wenn man ihm von der friedlichen Eintracht einer Familie erzählt. „Haben sie schon mit einander geieilt? Dann — alle Hochachtung!" In unseren Gesetz büchcrn »inimt das Erbrecht einen breiten Raum ein, und wenn eS keine Erbstreitigkeiten gäbe, müßte mancher Rechtsanwalt mit trockenem Brote zufrieden lein, könnte sich nicht Austern und Kaviar leisten und ginge zu Fuß nnstatt zu reiten oder im Automobil z» ighren. Erbschastsprozesse habe» ein sehr zähes Leben : mancher ist schon über hundert Jahre ait und wacht immer wieder auf, wenn man denkt, er ist auf ewig abgetan. Daß es immer noch Leute gibt, die ihre sauer erworbene» Sparpfennige daran wenden, um eine in Holland oder Spanien ruhende sabelhaste Millioncn- erbschast zu erlange», die niemals existiert hat, beweist stets von neuem, daß cs auch in unserem superklugen Zeitalter noch recht viel Dummheit gibt. Man kann viele schöne kostbare Sachen erben, die das Herz des Menschen erfreuen, die ihn stolz und glücklich mache», man kann aber auch häßliche Eigenschaften erben, die einem gar nicht zum Ruhme gereichen. Der eine erbt von seinem Vater einen guten Romen oder einen hohe» Rang, und der andere erbt den Leichtsinn und die Verschwendungssucht. Elsa hat von ihrer Mama das kleine Stumpfnäschen geerbt, »nd Arthur von seinem Vater den hochmütigen Zug um den Mund, und wenn man den Schriftsteller fragt, der Ernst und Scherz zu mischen versteht, woher ihm die lustigen Einfälle immer kommen, so antwortet er gewiß: „Ach, den Humor habe ich vo» meiner Mutter geerbt." Erbonkel und Erbtante sind wichtige Personen im Familienkreise und genießen bedeutende Vorrechte. Der Onkcl hat bei Tisch den Ehrenplatz, bekommt stets seine Lieblingsgerichte und erhält in einem Jahre vo» seinen Nichten mehr gestickte Pantoffeln und Harismützchen, als er in seinem ganzen Leben verbrauchen kann und sollte er so alt wie Methusalem weiden, und der häßlichste Mops und iinangenchmste Papagei, die Lieblinge der Tante, die werden von allen Verwandten für entzückende Tiere erklärt und »»eimüdlich mit Zuckerbrot gefuttert. Stief mütter sind im allgemeinen nicht sonderlich beliebt, aber wenn sie Geld nnd keine ciaenenKinder baden, so wick doch gern die Frage erwogen: wer wird erben? Man trägt sie mit Vorliebe dem Brieikastenonkcl vor. setzt ihm die knlfflichsten BerwandtschaftSver bältnisse auseinander, kein Tag vergeht ihm ohne eine Anfrage über eine Erbschaftsangelegenheit, nnd der weise Mann, der in allem Bescheid weiß, wird es mir genr bestätigen: Am liebsten reden die Leute vom Erben! ü i « 2. » S» rs rs Z «e s Drerdnev Nachrichten