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Mufterzeichnungen und Pecoradonsmalerei. 4!) mich an fehr viele italienifche Veranden in Berlin, an welchen der wuchernde bunte Wein de.s Südens fehlt. Theihveife ifl fie erft im Werden, denn bisher war Norddeutfchland noch immer zu fehr von feiner Arrondirung in Anfpruch genommen. Weitaus anfprechender, reicher an Muth und Wärme im Colorit, mannig faltiger in den Stilarten und Formen erblickten wir Süd-Dentfchland vertreten; nur fei hier mein Bedauern ausgedrückt, dafs wahrfcheinlich zufällig in die hübfcho Zinnnerdecoration eines Münchners ein ultramarinblauer Ofen mit Silberornamenl gerieth, welcher mehr den Eindruck einer Kanzel in einer Dorfkirchc als den eines Ofens macht. Seidenwaare und Möbelfloffe, wie die Teppiche, wo fie faconnirt Vorkommen. Stickereien in Bunt und Weifs, Vorhänge, kurz Alles, was zur Textil-Kunllinduftrie gehört, fteht zumeifl auf hoher Stufe, und kennzeichnet fich durch ernfles Stil- iludium, welches immer das Rechte trifft, wozu der Stoff fich eben eignet. Wir wiederholen es nochmals, und können diefs nicht oft genug ihun: Deutfchland ifl uns Oefterreichern ein gefährlicherer Concurrent als alle anderen Länder der Erde. Die Schweiz und Italien wiefen in Gruppe XII von MuUerzciehnungen nichts auf, obwohl man annehmen mufste, dafs nicht alle die vielen Delfins, die man in ihren Ausflellungen fah, ausnahmslos von franzöfifchen Künftlern herrühren. Mehr Gefchmack in den Delfins der Weifswaaren, Vorhänge, Störes und Weifs flickereien als die Maifon blanche in Paris hatte die Schweiz nicht aufzuweifen, auch bot das genannte, weltberühmte Parifer Haus eine koloffale Menge der fchönftenDeHTins, als dafs ein anderes Land im gleichen Genre mit Erfolg hätte auf- treten können. Allein, näher betrachtet, ward die Ausführung in vieler Hinficht in der Schweiz präcifer, vor Allem reiner in der Zeichnung gehalten. Wir erinnern an den figuralifchen Theil der franzöfifchen Störes, w eiche nahezu ans Fra .nhafte grenzten, fo leichthin waren die Gefichtszügc und Kör perdetails gehalten. Die Zeichnungen aber auf den Schweizer Bändern waren geradezu von überrafchender Schönheit und reizendem Colorit. Italiens Seidenwaaren erregten die allgemeine Aufmerkfamkeit, wie über haupt diefes Land bei Künftlern und Kunftliebhabern mit Recht die ungetheillc Bewunderung erregte. Auf dem kleinftmöglichen Terrain war das Beftmögliche zufammengedrängt, und doch konnte man nicht leicht etw'as überfehen. denn Alles feffelte unwiderftehlieh und hielt den Befchauer gebannt. Rufsland bot eine Fülle des eben fo Schönen wie Charakleriftifchen. Indem diefes Land in feinen Zeichnungen, namentlich in der 1 extilincluflrie einen eigenen Stil verfolgt, bot fich eine vollkommene, erfrifchende Quelle des Schönen dem müden Auge des Befchauers dar. Eine glückliche Wahl des bizantinifchen Ornamentes geflattete ebenfowohl reicheFarben-Zufammenllellung wiegelungene und ftilgerechte Anwendung der Edelmetalle in den Geweben, während ihre Leinenflickereien die beften Motive hiefür verarbeiten. W aren da die 1* ormen auch roh und eckig, fie zogen doch eigenthiimlich an, und indem fie den füdfla vifchen Stickereimuflern ftch im Charakter fehr näherten, bildeten fie doch eine Eigenart, welche nicht genug eingehalten wurde, und wir muffen es zur Ehre Rufslands geliehen, es war in feltenen Ausnahmen der hall, da war abei auch der Gefchmack ein fchlechter. Die Silber- und Goldwaaren zeigten in ihren Zeichnungen gleichfalls in keinem anderen Lande eine beffere Wahl, einen entfehiedenen, eigentümlichen Stil. Die in Rufsland ausgeflellten Mufterzeichnungen aber zeugten von bedeu tendem Gefchmacke und find es gewifs nicht jene Quellen, aus denen die ruffifchen Induflriellen fchöpften. Einen traurigen Eindruck machte Griechenland und man wendete heb mit Bedauern von einem Lande ab, um welches nur die Erinnerung an die fernfte 4*