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20 Dr. Ferdinand Stamm. Eine weitere Anwendung der harmonifchen Farben zeigten die von Herrn Anton Harting er ausgeftellten Sprüche und Sprichwörter für Kinderftuben und iichulzimmer. Nach englifchem Vorbilde find hier die lehrreichen, bald ermuntern den, bald abmahnenden Sprüche, welche die Engländer den Kindern vor die Augen Hellen, in fchönen farbigen Buchftaben mit Randverzierungen ausgeführt, und die Farben wieder nach dem Gefetze der complementären, zufammenftimmenden Farben ausgewählt. In den Fröbel’fchen Kindergärten können diefe Uebungen des Farbenfinnes mit dem gröfsten Nutzen angewendet werden, und in der That fahen wir in der Ausftellung des Diredlors der Leopoldftädter Kleinkinderbewahr-Anftalt, Herrn A. S. Fifcher, auch die Flechtereien mit farbigem Papiere fchon nach den llartinger’fchen Farbentafeln ausgeführt. Auch in Bezug auf die Ausbildung des mu fi k al i fch en Gehöres des Kindes enthielt die Ausftellung im Pavillon des kleinen Kindes Anregungen und Anleitungen. Es ift nicht zufällig, dafs fich das mufikalifche Gehör und das Virtuofen- thum der Mufik in gewiflen Familien vererbt. Viele Belege laßen fich für die Thatfache beibringen. Die berühmte Tonkünftler-Dynaftie „Bach“ blühte durch zwei Jahrhunderte, jeder Sproffe ein Meifter. Man lernt die Mufik eben zuerft und allein mit dem Gehör und wird ein guter Mufiker, wenn man frühzeitig viel und gute Mufik hörte. Wie frühzeitig fich das mufikalifche Gehör ausbildet, lehrt Amadeus Wolfgang Mozart, der mit drei Jahren fchon die Accorde auf dem Clavier herausfuchte, im fechsten Lebensjahre Concerte gab und in einem Alter, wo manche Kinder erft Mufiknoten lernen, fchon componirte. Man kann fich diefe Entwicklung des Mufiktalentes nur dadurch erklären, dafs Mozart fchon in der Wiege anfing Mufik zu lernen. Im Gegenfatze zu diefer frühzeitigen Entwicklung flehen die mifslungenen Verfuche, einen Erwachfenen, der in feiner Kindheit wenig gute oder gar keine Mufik hörte, fpäter Mufik zu lehren. Er ift mufik taub, wie andere farbenblind find, und beide, wie die Phyfiologen neueftens wiflenfchaftlich begründeten, defs- halb, weil die Ausbildung des Sinnes indem erften zur Ausbildung am geeignetften Lebensalter verfaumt, uneinbringlich verfiiumt wurde. Wenn Erfahrung und Wiflenfchaft darin übereinftimmen, fo wird es zu einer ernften Pflicht der Eltern und Erzieher, die Bildung des mufikali- fchen Gehöres wie die des Farbenfinnes möglichft zeitlich zu beginnen. Diese Bildung kann in Bezug des Tonfinnes in den erften Kinderjahren nur darin beftehen, dafs die Kinder in den erften Lebensjahren gute Mufik hören. Das Wiegenlied der Mutter ift der erfte Mufikunterricht. Dabei lernt das Kind und beruhigt fich, es fchläft darüber ein, aber es lernt auch im Traume weiter. Da tritt der Vater als zweiter Mufiklehrer hinzu, indem er die Violine, das Clavier oder ein anderes Tonwerkzeug fpielt. Bei jüngeren Gefchwiftern erfetzen die älteren den väterlichen Mufiklehrer, indem fie Mufik üben, wäh rend die jüngeren Kinder zuhören. Wie das Kind Spielzeug in die'pland bekommt, können kleine Mufikinftrumente darunter fein; die Kinder werden nicht anftehen darnach zu greifen. Sie haben alles gern, was farbig ift und was klingt und tönt. W eil man das weifs, machen die Mufikinftrumente auch einen grofsen Theil , ® r .' narktläufi S en Spielfachen aus. Leider ift wenig Zweckmäfsiges darunter. feifen und Trompeten mit fchrillen, unreinen Tönen, Geigen, die mehr fchnarren und kreifchen als klingen, Trommeln und Tambourinen, Schellen und Glocken, welche das Gehör der kleinen Leute eher verderben als veredeln und die Erwach- lenen mit dem abfcheulichen Lärm zur Verzweiflung bringen. n." <l0r neuen Zeit haben die Inftrumente, an welchen eine Metallzunge durch Blasen in tönende Schwingung verfetzt wird, die Mundharmonika und die