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2 Eduard Kaltner. Nahrungsmittel ihre Sorgfamkeit zu, und fuche durch energifches Einfchreiten ihren Ordnungen und Gefetzen den gehörigen Nachdruck zu geben. Gerade für die ärmere Volkclaffe ift die gröfste Sorgfalt von Seite der Regierung nöthig, weil erwiefen ift, dafs gerade hier der Herd für Blinde, Taub- ftumme und Blödfinnige zu finden ift, und weil dann diefen Menfchen Zeit, Mittel und Kenntniffe fehlen, um ihren nicht vollfinnigen oder geiftesfwachen Kindern die nöthige Erziehung zu geben, wodurch dann endlich für Gemeinde und Staat eine Laft entfteht, für welche alle Mittel nicht mehr ausreichen. Betrachten wir fo ein unglückliches Kind im .Kreife der Familie, 10 ftellt fich uns oft ein wahrhaft fchauerliches Jammerbild vor Augen. Blindheit und Taubheit haben die natürliche Folge der Unbeholfenheit, die Angehörigen der Unglücklichen willen ficli mit ihnen nicht zu helfen, und fo kommt es dafs diefe Kinder ohne alle Thätigkeit fich in die Winkel des Wohnzimmers verkriechen, ganz vernacliläffigt werden, bis fich zu dem einen Uebel ein zweites, nämlich Blödfinn oder Stumpffinn gefeilt. . , Die Erziehung in der erften Kindheit fordert fchon bei vollfinnigen Kindern grofse Aufmerkfamkeit, noch mehr aber bei folchen, denen das Licht des Auges oder das Gehör fehlt. Letztere lernen dann auch nicht fprechen, wenngleich die Sprachwerkzeuge vollkommen in Ordnung find. Was ift nun zu thunf . Wo fich ein blindes oder (lummes Kind befindet, da follen Pnefter und Lehrer mit Rath und That den Eltern ftets zur Seite ftehen. Sie mögen den Eltern und namentlich der Mutter zeigen, was fie zu thun hat und wie fie es zu machen hat, dafs das Kind im häuslichen Kreife lernt, fich felbftändig bewegen, wafchen, kämmen, an- und auskleiden, in der Wohnung und im Haufe herum zugehen, kleine Gefchäfte zu verrichten u. f. w. Natürlich mufs Ordnung herrfchen, und namentlich bei blinden Kindern Alles aus dem Wege geräumt werden, wo durch fie fich felbft leicht befchädigen oder Schaden anrichten könnten. Die Blinden lafife man wiederholt Gegenllände betaften, damit fie unter- fcheiden und Gegenllände erkennen lernen. Dabei fpreche man fleifsig mit ihnen. So werden diefe Kinder Selbftvertrauen und Muth bekommen, den Eltern wird eine bedeutende Laft abgenommen, und die Kinder werden für einen folgen den Unterricht empfänglich und vorbereitet. Sobald das fchulfähige Alter eintritt, follen blinde und taubftumme Kinder in die Schule gebracht werden; fie werden gar bald, wenn fie im Elternhaufe nicht gänzlich vernachläffiget wurden, in mancher Beziehung ohne befondere Mühe des Lehrers mit den Vollfinnigen gleichen Schritt halten. Die wenigen, unumgänglich nöthigen Lehrmittel müffen dem Lehrer durch die Gemeinde, oder wenn diefe unfähig ift, durch die Landesregierungen ver- fchafft werden. Lehrmittel für Blinden und Taubftummen-Unterricht in der Wiener Weltausftellung. Wenn wir mit forfchendem Blicke die vielen Räume der eltausftellung durchwanderten, fo fanden wir, dafs alle Länder nebft den mannigfachen Indu- ftrie- und Kunfterzeugniflen auch der Jugendbildung gedachten und ihre Schul- einrichtungen von der Hochfchule herab bis zur Dorffchule zur Schau ft ellten. Ganze Schulgebäude fanden wir als Mufterbauten entweder in wirklicher Gröfse oder im Modelle. An anderer Stelle werden diefelben eine würdige Befprechung finden, hier wollen wirnur deffen gedenken, was fich auf den Blmden- und Taubftummen-Unterricht bezieht. _ , Perfonen, welche fich für den Blinden- oder Taubftummen-Unterricht inter- efifiren, ift anzurathen, ein Inftitut fiir folche Kinder zu befuchen; fie werden hier