Der Zeichen- und Kunftunierricht. 69 das Ausgeflellte enthielt, die Beftrebungen auf dem Gebiete des Unterrichtes in diefer nordifchen Provinz verfolgte, mufste fich von dem Vorgelegten in hohem Grade angezogen fühlen. — Das Land ift verhältnifsmäfsig arm und die Induline noch aut einer niedrigen Entwicklungsftufe; Schifffahrt und Ackerbau bilden noch vorwiegend die Erwerbsquellen der Bewohner; nichtsdeftoweniger aber hat «ch das Bildungswefen in dem abgelaufenen Decennium in der erfreulichften Weife gehoben und ift es befonders feit der Trennung von der Kirche (1867) im rafchen Auffchwung begriffen. Dem Zeichnen wurde, feit zur Hebung der Handwerks- Induftrie eine befondere Behörde, „die Manufa&ur-Direaion“, eingefetzt ift, eine gröfsere Beachtung zu Theil, und wurden in allen bedeutenderen Orten Sonntags und Abendfchulen hiefür errichtet. Aufserdem forgt für eine höhere künftlenfche Ausbildung der Handwerker eine Gewerbefchule zu Helfingfors. Auch an den meiden Volksfchulen wird der Zeichenunterricht gepflegt, und waren Proben hievon aus der Normalfchule und dem Volksfchul-Lehrer- und Lehrerinenfeminar zu Jyväskylä ausgeftellt. Die Erfolge waren befcheiden, aber zeigten ein gutes Streben. Die Vorlagen für den erften Unterricht von G. A. II i p p i nfe n haben nur den Mangel, dafs fie viel zu kleinlich gehalten find, was auch an den Schüler zeichnungen auszuftellen war. Aus dem Ganzen wurde aber erfichtlich, dafs das Volk Talent für Formen befitzt und es nur auf tüchtige Lehrer ankommen wird, das künftlerifche Empfinden pädagogifch zu erziehen. Schweiz. Die Unterrichtsausftellung der Schweiz befand fich im oberen Stockwerke des eleganten „Chalet fuiffe“, welches im Ilofraume zwifchen der vierten und fünften füdlichen Quergallerie des Induftriepalaftes als felbftftändiges Ausftellungs- objedl errichtet war. Diefelbe beftand jedoch vorzugsweife nur aus den angewand ten Lehrmitteln, der Darftellung der Lehrmethoden, ftatiftifchen Berichten etc. Schülerarbeiten waren nur von der ftädtifchen Specialfchule für Kunftgewerbe in Genf ausgeftellt. Nichts defto weniger aber konnte aus dem aufgelegten Materiale für den Unterricht und aus den Erzeugniffen der Induftrie des Landes ein Bild der Beftrebungen in Hinficht des Zeichen- und Kunftunterrichtes gewonnen wer den. Schwierigkeiten zur Ueberficht bot nur die Zerfplitterung in die verfchiede- nen Cantone, von welchen eben jeder wegen der örtlichen und der Bevölkerungs- verhältniffe feine eigene Verfaffung und in Bezug auf den Unterricht feine fpeciel- len Einrichtungen befitzt. In Betreff des Zeichenunterrichtes herrfcht aber dennoch eine gewiffe Einheit und wird allenthalben fogarfchon in den Kleinkinder-Schulen dapiit begon nen. In den meift dreiclaffigen Elementarfchulen ift neben dem Zeichnen auch Geometrie eingeführt, welcher Gegenftand dann in den Secundärfchulen weiter fortgeführt wird. An den Induftriefchulen, welche fo ziemlich mit den (früheren) öfterreichifchen Unterrealfchulen übereinftimmen und fich in kaufmännifche und technifche Abtheilungen fpalten, geniefst der Zeichenunterricht befonders in letzteren forgfame Pflege; defsgleichen wird ihm an den Lehreibildungs-Anftalten ein aufmerkfames Auge zugewendet und haben die Candidaten überall Prüfung darüber abzulegen. Die Schweiz ift durch ihre Bodenverhältniffe mehr als ein anderes Land gezwungen, zur Induftrie Zuflucht zu nehmen. Der Mangel an Rohftoffen verwies aber die Bewohner frühzeitig der Kunftinduftrie naheliegende Gewerbe zu pfle gen, und haben fich gewiffe Zweige zur hohen Vollkommenheit entwickelt, fo dafs damit reichlichft Export getrieben wird. Die Schweizer Holzfchnitzereien, Uhren, Gewebe, Flechtereien etc. geniefsen einen \\ eltruf und bringen jährlich Hunderte von Millionen ins Land. Aber trotz des fteten Verkehres mit dem Auslande, trotz der zahlreichen Zeichenfchulen zur Hebung des Künftlerifchen in den Gewerben