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66 J. Langl. Der Zweck der Anftalt ift lediglich der, dem Kunfl-Handwerke gefchickte Arbeiter zuzuführen, die Induftrie von der fklavifchen Nachahmung zu befreien und fie zu Originalformen heranzuziehen. Den bedeutfamften Einflufs auf d e e lleftrebungen nimmt das Mufeum, und war für die Aufteilung desfelben im Nordpavillon der Kunfthalle ein ganzer Saal überladen Es befanden fich dafelbft (in einer Auswahl) die von den nationalen Denkmälern gesammelten Modelle von Ornamenten in Gypsabgüffen, m Thon und Galvandplaftik, Nach bildungen alter Kunftwerke, Gefäfse und andere Geräthfchaften, Photographien, Handzeichnungen von Kunftwerken, wodurch fich das Mufeum und die Schule gegen- feitig unterftützen und die von dem Inftitute veranlafsten Publicationen. Darüber das höchft intereffante „StroganoffTche Bilderbuch“ (publicirt 1869), we ches zu dem Zwecke veröffentlicht wurde, die Bildertypen zu erhalten, welche im XII. Jahrhundert in Rufsland mit der orthodoxen Religion eingeführt wurden. — Als das Hauptwerk des Mufeums der StroganofFfchen Schule mufs jedoch, was angewandte Kunft betrifft, die Herausgabe der „Gefchichte der ruffifchen Orna mentik“ gefchöpftaus authentifchen Handfchriften* des X. bis XVI. Jahrhundertes, betrachtet werden. Die Tafeln wurden nach den Originalen m Paris in Farben druck forgfältig ausgeführt, und bildet das Werk gleichfam die Grundlage für die Reformen welche in der ruffifchen Induftrie gegenwärtig angeftrebt werden. Zur Klärung des Gefchmackes wurde ein Haupt-Augenmerk auch darauf gelegt, die in Kufsland fo verbreitete volksthümliche Heiligenbilder-Malerei zu heben und diele Kunft auf jene reinen Formen der alten griechifclien Typen zurückzuführen, in welchen fie fich dereinft fo anmuthig entfaltete und die nur durch das Heran ziehen fremder Kunftelemente verloren gingen. Aus der Schule treten alljährlich eine bedeutende Anzahl Gewerbekunftler und Zeichner welche dann die Intentionen derfelben in die Induftrie übertragen. Neben dem erzieht aber die Kunftfchule auch die Zeichenlehrer für andere \nftalten welche diefelben Zwecke (in den Provinzftädten) Verfolgern Der Zeichenunterricht hat befonders in Moskau auf Anregung der Stroganoff-Schule feit 1867 einen höchft erfreulichen Auffchwung genommen. Nicht nur, dafs der Geeenftand in den Elementar- und Realfchulen obligatorifch eingeführt wurde, lind zehn Sonntagsfchulen für Gewerbetreibende gegründet und an der Umverfität ein Zeichencurs für Studirende errichtet worden; abgefehen dafs viele Fabrikan ten Zeichenfchulen fpeciell für ihre Inftitute eingerichtet haben. Es fteht zu erwarten, dafs diefem Beifpiele die anderen Manufaaurftädte folgen werden. Wenn wir nun die Leiftungen der Schüler näher in Betracht ziehen, fo kann vorausgefchickt werden, dafs durchwegs ein frifcher, künftlerifcher Geift die Arbeiten belebte, und in den vorbereitenden Claffen, wo im eigentlichen Sinne des Wortes das Zeichnen gelehrt wird, der Unterrichtsgang der ganz richtige war Nur konnten wir nicht begreifen, warum bei der ausgefprochenen Tendenz der Schule noch hie und da Copien nach alten franzöfifchen Kreideornamenten Vorkommen, die im Stile den eckigen, exaaen ruffifchen Flachmodellen geradezu entgegengefetzt find. Bezüglich des Vortragftudiums fand fich freilich unter den vom Mufeum publicirten Werken nicht viel Befonderes, und durften vielleicht blofs zu diefem Zwecke die franzöfifchen Mufter dienen. Sehr gediegen waren die nach byzantinifchen und altruffifchen Modellen gearbeiteten Zeichnungen aus den höheren Curfen. Die Studien im Decorationsfache waren (in Leimfarben) mit grofser technifcher Gewandtheit behandelt; dem Stile nach erfchienen die ruifi- fchen nationalen Elemente ziemlich frei angewendet. Die Force der Schule zeigte fich jedoch in den Zeichnungen von Gefäfsen, kirchlichen Geräthen, Rahmen etc., für edles Metall, was wohl für Moskau begreiflich fein kann, da ja dafelbft der Hauptfitz der Goldfehmiede ift. In den Möbelzeichnungen halten fich die Haupt formen, was übrigens ganz richtig ift, an die moderne Richtung der Deutrehen * Meift griechifche und flavifche.