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Der Zeichen- und Kunftunterricht. den zur claffifchen Ruhe der Antike führen. Die Formen eines Phidias werden auf der erden Stufe des figuralen Zeichnens fo wenig am Platze fein, wie die Werke eines Sophokles oder Aeschilos in einem Elementar-Lefebuche. Wenn in vielen Schulen doch damit bisher begonnen wurde, fo blieb eben das figurale Zeichnen nur Ornamentenzeichnen in anderer Art, und konnte ein feineres Auffaffen der Natur des Menfchen, ein Eingehen in das Seelifche nicht dattfinden. Als Vor- fchule für die Antike gehören die Meiderleidungen des XV. und XVI. Jahrhundertes. Leonardo’s Apodel, Rafael’s Köpfe aus der Camera della Segnatura etc., find Modelle, welche in ihren Formen der Phantafie der Jugend näher liegen, da diefs Gedalten find, in welchen Leben pulfirt; die Schönheit eines Zeus Otricolli zu begreifen, gehört einer höheren Stufe an. So vielfach fich auch Anatomen und Kündler ehedem bedrebt haben, die menfchliche Gedalt nach einem bedimmten Canon zu condruiren und ein Proportions-Ideal zu fchaffen, welches den äfthe- tifchen Anfchauungen als Grundlage dienen follte, hat doch die Kund dies nie acceptirt und foll es auch nicht für den Unterricht werden. Wenn von Proportio nen im figuralen Zeichnen die Rede fein foll, fo hat fich diefe ausfchlieslich auf die Wachsthumsgefetze der Knochen zu beziehen, auf die bedimmten anatomifchen Grundfatze, worin die neuere Forfchung diefer Wiffenfchaft für die Kund fo fchöne Refultate geliefert hat; aber jedes hohle Recept für das Allgemeine, welches mit den Gefetzen der Natur im Widerfpruche dehen mufs, id ferne zu halten. Birgt fie doch noch fo viele Geheimniife in ihren Differenzen, die in der Jugend, in der Zeit der frifcheden Eindrücke, der tiefden Empfänglichkeit den Geid zum Nach denken anregen. Das Wahrnehmenlernen des Geiftig - Individuellen in den Formen der Natur wird demnach der eigentliche Zweck des figuralen Zeichnens für alle Stufen desfelben fein. Hat es doch kein Lehrer der anderen Fächer fo in den Händen, fich individuell mit jedem einzelnen feiner Schüler zu befaffen wie der Zeichenlehrer. Hier kann der Schwächere, langfamer Arbeitende fo pädagogifch corredl zum Ziele geführt werden, wie der Talentirte, da das Vorzutragende, fobald die Hand des Schülers durch das elementare Ornamentenzeichnen frei geworden ift, in den fertigen Vorbildern liegt, und der Vortrag des Lehrers bei der Correölur gefchieht. An diefer Stelle kann er das Individuelle des Schülers berückfichtigen und zugleich den äfthetifchen und kunftwiffenfchaftliche'nlntereffen nach Mafsgabe Rechnung tragen. Der Berichterftatter glaubt in Bezug auf Befprechung der ausgeftellten Schülerarbeiten von Volks-, Bürger- und Mittelfchulen auf die im Aufträge des k. k. öfterreichifchen Unterrichtsminifteriums verfafsten Berichte* des Herrn Profeffors Prandauer und des Herrn Regierungsrathes E. Walfer verweifen zu dürfen, da im Wefentlichen hier nur eine Wiederholung derfelben ftattfinden würde. Es genüge eine kurze Skizze der Wahrnehmungen zur allgemeinen Charak- teriftik. In den Volksfchulen wird gröfstentheils nach ganz richtigen Grundfatzen vorgegangen, und lagen aufser den Wiener Schulen befonders von jenen der gröfseren Provinzftädte mitunter muftergiltige Arbeiten vor. Dafs noch hie und da (vorzugsweife in Steiermark und fiidlicher hinab) das „Bildchenmachen“ gepflegt wird, ift eben nur dem Umftande zuzufchreiben, dafs noch nicht überall Lehrer vorhanden find, die im Zeichnen die nöthige Vorbildung befitzen. Solchen Uebelftänden wird am beften durch die Einführung der ftigmographifchen Hefte entgegengetreten, was fich in einem grofsen Theil der Volksfchulen Böhmens, wo fich ebenfalls des Zeichnens unkundige Lehrer befanden, ganz gut bewährte. Das Streben, das für die erfte Unterrichtsftufe anerkannt einzig richtige Syftem, näm lich von den geradlinigen geometrifchen Formen zum freien Contur-Ornamente « II. B. S. 127 ff. u. S. 405 ff-