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B. Morell in Bern. 219 welchen auch das Auspuffrohr geführt war in den Keffel. Der Hub des Kolbens betrug 330 Millimeter, und da er normal 110 Umdrehungen per Minute bewirken foll, hat er mit 12 Meter Gefchwindigkeit per Secunde zu arbeiten. Der Preis diefer Mafchine war mit 1800 fl. öflerr. Währ, bezeichnet. B. Morell in Bern. Ich habe fchon im Berichte über die Dampfkeffel, die mir wenig gut fcheinenden Ideen befprochen, welche von diefem Conflrudleur in einer Zeichnung ausgeflellt waren. Die für „hohe Kolbengefchwindigkeit“ beflimmte Mafchine diefes „ iopferdigen“ Motors befland nun aus einem nach Woolffchen-Syflem gekuppeltenCylinderpaar von 76 und 152 MillimeterBohrung, welche zufammengegoffen waren und deren zwei Kolben an einer gemeinfamen Traverfe hingen. Die Cylinder follen um ihre unteren Deckel ofcilliren, wobei die Stützflächen zugleich als Steuerung wirken, indem fich entfprechende Schlitze öffnen oder decken, je nachdem fleh die Neigung der Cylinder ftellt. Die gemein- fame Traverfe enthielt einen kurzen rippenverfleiften Angufs, welcher diredl auf die Kurbel wirkte. Nun hatten die Kolben 230 Millimeter Hub und follen bei 10 Atmofphären Dampfdruck der feitlich des Keffels lagernden Kurbelwelle 350 Umdrehungen per Minute ertheilen, was 27 Meter Kolbengefchwindigkeit per Secunde gibt. Es müfste nun erft ein genaueres Studium ergeben, ob mit Rückflcht auf die mitfehwingende Gefammtmaffe der Doppelcylinder diefe Gefchwindigkeit überhaupt möglich oder zuläflig ifl: aber abgefehen davon fcheint mir ein Umftand den Standpunkt diefer Conftruclion hinlänglich zu beleuchten: Die Füllung des kleinen Cylinders foll 75 Percent betragen. Nachdem nun die Dampfvertheilung nicht durch ein voreilendes Excenter, fondern durch den in den ofcillirenden Cylinderboden eingegoffenen Canal erfolgt, fo findet der Schlufs bei der- felben Neigung flatt, bei welcher die Einflrömung begann. Ifl ein lineares Voreilen vorhanden, fo findet eine gleich grofse Verfpätung jenfeits des todten Punktes flatt, als erfleres auftrat; erfolgt aber der Schlufs bei 75 Percent Kolben weg, fo öffnet der Canal erfl bei 25 Percent und der bereits durchlaufene Raum füllt fleh nun mit Dampf, deffen Volldruck-Wirkung abfolut verloren bleibt. Was nun diefs für eine Mafchine für „hohe Kolbengefchwindigkeit“ fein kann, welche flatt eines linearen Voreilens ein derartig grofses Nacheilen hat, und wer die Maffe der Kolben mit jener für die kleine Mafchine hohen Gefchwindigkeit der Kurbel folgen machen foll, wurde Achtbar nicht bedacht. Wenn es, wie hier nicht anders möglich, die Kurbel thun foll, fo mufs fie anfangs ziehen, um dann nach 25 Percent Kolbenweg felber vom nun erfl auftretenden Dampfdruck gedrückt zu werden, und nachdem diefs gefchieht, wann die Mafien bereits bedeutende G.efchwindig- keit erlangt haben, fo wechfelt unter derfelben Zug und Druck im Geflänge und bedeutende Stöfse fcheinen unvermeidlich. Soll aber der Niederdruck den kleinen Kolben mitnehmen, fo wechfelt dann die Druckrichtung in der Traverfe, welche ohnediefs nur von den Stopfbüchfen und allenfalls von den Kolben und der Länge des Kurbelzapfens geführt ifl und bald ihrer kippenden Tendenz Luft machen würde. Ferner ifl die Füllung gar nicht veränderlich und ifl diefe mit 75 Percent im kleinen Cylinder fix (und eine kleinere Füllung würde noch mehr Volldruck wirkung zerflören), fo erfcheint die Verwendung eines Niederdruckcylinders ziem lich überflüffig, denn für eine fünffache Expanfion gibt es bald eine gute Steuerung, welche dabei auch nicht wie diefe unter dem vollen Kolbendruck auf den Schieberflächen geht. Die Mafchine ifl nach ihrer Zeichnung ohne Condenfation gedacht. Wegen der fünffachen Expanflon mufs alfcAder Dampf mindeflens 6 Atmofphären Span nung haben, um nicht unter den Luftdruck zu finken. Nun ifl aber ein Regulator für eine Droffel projedlirt, deffen verwerfliche Wirkung wohl nicht weiter verfolgt zu werden braucht.