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- 104 - Allerlei für die Frauenwelt. Si» Liedersehn. Skizze von E. Kühn. sFvrlsetzung.I 'Dem Taumel folgte rasch die Ermichterung. Ach meine, lener Weihnachtsabend sollte Ahnen warnend vor der Seele stehen. Nein, die Männer verdienen keine Tränen: sie sind doch olle selbstsüchtige, herzlose Geschöpfe! Aber weinen Sie doch nicht so, Kind!" Und plötzlich kauerte sie neben der Weinenden, schob sachte den Hund tveg und uinichlana sie. „Ich weine mit Dir. Kind, ich Hab doch den Fritz auch so sehr, sehr lieb ge- habt!" — — — Ein schwermütiger Zug trat in das Gericht der Schriftstellerin. „Woran denken Sie, Lotte?" — Aber ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr Käthe Anderson fort: „Lotte, das dort ist der arme, unglückliche Mann, der mich unbe- wühl um mein Lebensglück brachte. Wissen Sie, dah jener einsame Mann, der mich wie ein Bater liebte, blind war? Und um de« blinden Mannes willen verdammte mich der andere! Lotte, es lmt mich bald wahn- »innig gemacht! Sie wissen, ich bin stolz, aber so kampslos konnte ich mein Glück nicht ousgeben. Ach habe ihm geschrieben, ich Iwbe gebettelt um seine Liebe, ich habe um Barmherzigkeit gefleht»' Nichts, umsonst! Er glaubte es nicht. Gut, mochte es denn sein! Aetzl hasse ich ihn. Die Briese des Verstorbenen sind mir ein lieber Trost. Ach gestehe es 'Ahnen, er hat mich geliebt, der unglückliche Mann, ober mit jener rüh- renden Liebe, die nicht begehet. Er liebte meine Heiterkeit, er liebte meIie Stimme, mein Lachen, ich war sein Sonnenschein, er liebte mich, weil ich seine Einiamkeit oftmals teilte. Er war blind und so viel allein, er wutzte, dah ich jung und lebens- lustig war und rechnete es mir hoch an, dah ich stundenlang bei ihm weilte. Er hat mich fast mit groh gezogen, da war er noch ei» lcbenssrischer Mann, da war er jo gut mit uns Geschwistern. Sie kennegi ia meine Mutier, die stolze, kalte Frau. die hatte kein Herz für ihre Kinder und ich war ein so wildes, unbändiges Kind, ich wollte geliebt sein! Er war ein Gelehrter, wie mein Vater und ich liebte ihn. wie meinen Vater. Da kam ich aus der Pen- sion zurück und fand eine» erblindeten Mann! Gott im Himmel, ich lmb' gerast, ich lag vor ihm aus den Knien und weinte bitterlich. Er streichelte meinen Kops und tröstete: „Sei doch ruhig, Käthe, der liebe Gott hat es geschickt, und was Gott tut, das ist wohlgetan!" Ich begriff das nicht, ich verstand das nicht, und aus dem sonnigen Kinde wurde ein schwermütiges Mädchen. Das machte ilm traurig und er klagte: „Käthe, mein liebes Kind, ich kann nichts sehen von der schönen Wett, sei doch Du mein Licht und mein Sonnenstrahl!" Ach schrie fast aus bei der unendlichen Klage und fortan bemühte ich mich, lustig zu sein. Und da ist der singende, Mitschernde Vogel > aus mir geworden! Später muhte ich ihn aber doch verlassen. Ich wollte zur Bühne. Ständig hat er für mich gesorgt, ständig über mich oeioacht, weil ich sein Sonnenstrahl war. Mit dem blinden, ernsten Manne war keiner lieb, ich konnte ihn nicht vergessen, er ist in meinen Armen gestorben und hat für mich gesorgt bis über das Grab hinaus. Und um eines solchen Mannes willen, dessen Gefühle so rein lind klar vor aller Welt da- lagen, verdammte er mich! Ehe ich sorlging und die Bretter betrat, die die Welt be- deuten, hielt er meine -Hände fest: „Käthe, bleibe mein gutes, braves Kind, denke an den alten blinden Mann, hänge Dein -Herz nicht an einen Unwürdigen. Du verdienst es nicht!" Ach bin ihm um den Hals geiallen, dem besten, treuesten Menschen, den ich »och batte, denn mein Vater war tot und die Mutter wieder verheiratet, die Geschwister in alle Winde zerstreut. Und ich bin gut geblieben aus der ostmals recht schlüpfrigen Bahn, aber mein Herz Hab' ich doch an einen Unwürdigen gehängt. Ach bin ia auch ge» straft worden, ein einsames, ödes Leben, und dabei zwitschern und lachen aus der Bühne. Ach Gott, was ist das Leben auch weiter? Auch nur eine Komödie!" - 'Die Künstlerin schwieg und sab schmerzlich be wegt aus die Freundin. „Verzeihen Sie. Lotte, ich spreche immer nur von mir. wie ist es Ahnen in der Zeit ergangen?" — Eharlotte schreckte empor. „Mir, Käthe? Aa, sehen Sie. äußerlich ging es mir gut. sie meinten es alle treu mit dem jungen Dinge, aber nach meinem Innern hat nie- manL gefragt. Zuweilen erfasste mich eine heiße Angst vor dem ruhigen, kleinstädti schen Leben, als mühte ich ersticken in der Ruhe. Behaglichkeit uud geistige» Untätig- keit: doch da war eS meine liebe, alte Pastorin, die mich aufrütteltc, und da bin ich geworden, was ich bin!" „Aa, eine be rühmte Frau. Charlotte!" (Schluß folgt.t Eins macht' ich wissen! Eins möcht' ich wissen. — Du bist fort» , ^ ^ ^ . «egangen. Hast einer andern nun Dein Herz „er- sprachen — Sag', hast Du niemals Stunden, die Dich zwangen. Nach mir zu fragen nach so langen Wochen? Hast Du mich wirklich schon so bald ver- gessen. Mich und mein jahrelanges treues Lieben? Eins möcht' ich wissen: kannst Du nicht ermessen. Wie todcseinsam ich zurückgeblieben? — Willst Du mich wirklich nie mehr wieder- sehen. Willst nie mehr Liebesworte zu mir sprechen? — Das kann. das will ich nimmer-, och. verstehen. Es mühte ja mein Herz darüber brechen! Rose Hüttel. -klküiWt -Mt MIM Gegründet 1856 Grfchew» täglich M«. 2« Freitag, den 2. Februar. Um die Achtung der Welt. Original-Roman von M. Im misch. (8. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten» »'Sei nicht töricht, Kind! Deine Nerven sind überreizt und gaukeln Dir im Schlafe Schreckgebilde vor. Du bedarfst der Ruhe und Erholung, weiter ist cs nichts," sagte Georg Trautmann, so weich besänftigend, als spreche er iu Wahrheit zu einem K"ide. „Gern wätt ich heute bei Dir geblieben, aber ich muß unbedingt um Ist listr >n Buchenau sein, Selbst Deinetwegen darf der Dienst nicht vernachlässigt werocn. Lieb- ling, nicht wahr, das siehst Du doch ein?" Er kühle sie. sab ihr liebevoll in die Augen und wollte gehen, aber sie hielt ihu fest. „Höre. Georg! Mir träumte, ich wäre nicht die Mela, die Du kennst und liebst, sondern eine ganz andere: ein armes, unglückliches, schuldbeladenes Weib. Meine Sünüe war groß, aber mein« Liebe zu Dir war noch größer. Flehend streckte ich meine Hände noch Dir aus. Du aber wandtest Dich von mir, damit meine Schuld Deine Ehre nicht besteckte. „Ach habe nur das reine Weib geliebt!" sagtest Du, „mit der Sünderin habe ich nichis gemein!" Und dann wurde alles finster um mich, und mir war, als sinke ich in einen schrecklichen, bodenlosen Abgrund. O, cs war entietzlich! Sag', könnte Deine Liebe zu mir wirklich eines Tages um irgend einer Ursache willen ein Ende finden?" Sie hatte die Arme um seinen Hals geschlungen und ihre dunklen Auge» iahen angstvoll flehend M ihm empor. Er machte sich sanft von ihr los. und halb lächelnd, halb besorgt in ihre erregten Züge sehend, kühle er sie wiederholt aus Mund und Augen. „Mein fützes Weib, ich werde,Dich immer lieben, das weißt Du wohl." sagte er. „aber nun sei nickst töricht. Schlafe noch ein wenig, das ist das beste und träume zur Abwechslung etwas Süßes imd Schönes. Ach fürchte, der Aufenthalt in Ostende ist Dir schlecht bekommen. Ach wcrrde nun selbst ben Doktor spielen, um mein liebes Weib in Kürze wieder gesund zu bringen, und Tn wirst mir dabei helfen, nicht wahr? Doch nun lob' wohl! Aus Wiedersehen gegen abend." Er drückte den weichen graugrünen Aägerhut aus die dunklen Haare, wickte ihr noch einmal liebevoll zu und verlieh das Zimmer. Ein paar Minuten später, fuhr er in dem leichten Faadwagen in den sonnigen, duftigen Morgen hinein. Melanie aber dachte nicht an Schlafe». Ein heißer Schmerz eine bittere Verzweiflung preßte ihr Herz zusammen und löste sich endlich in einem Tränenstrom. Wohl eine Stunde war vergangen. Melanie hatte sich angckleidet und Gesicht und Hände in irischem Wasser gekühlt. Langsam trat sic ans Fenster, und die Aolonsie» hochziehend, sah sie traumverloren in den blühenden, duftenden Garten hinaus. Die Zweige der Akazie berührten dabei fast ibre Wangen und ein Strom von Sonnenlicht nbergoß die schöne Büste und das satte Blond der Haare, daß letztere wie ein goldenes Diadem leuchteten. Birken und Koniferen schlossen von dieser »Seite Len Garten ab. Hinter dem niedrigen Eiiengitter sah man die kurze Querstraße, die zum Einfahrtstor des Gartens führte. Melanies Blick folgte ihrem Laufe und blieb dann aus dem Hauie Konrad Brauns haften, das in sauberem Anstrich freundlich hinter den grünen .'chveigen hervorlenchlete. Erst gedankenlos, dann mehr und mehr gefesselt, zuletzt,in, unruhiger Spannung, betrachtete sie das Haus, dessen Vorplatz so deutlich die Prosessionszeichen seines Besitzers auswies: Kalkgrube und Sandhaufen und weiter oben die zusammen- geschobenen Balken und Bretter eines Gerüstes, Ein tiefes Erschrecken lieh ihren Herzschlag stocken, um ihn dann in beschleu nigtes Tempo zu versetzen. Kein Zweifel, sie kannte das Haus: sie hatte cs zwar nur ein einziges Mal im fahlen Dämmerlicht des Abends gesehen, aber alles was damit zusammenhing, hatte sich lies in ihre Seele gegraben. Fassungslos starrte sie hinüber. Auch das noch! Daran hatte sie nicht gedacht, so unerbittlich nahe batte sie die Mah nung an ihr Verhängnis nickst geglaubt. Ein Gestühl hilfloser schwäche überkam sie. Einen Augenblick war es ihr. als mMe sie fliehen, so schnell als möglich diesem Hause den Rücken wenden: aber ihre Füße stgs. teten wie mit Blei beschwert am Boden und ihr Blick vermochte sich nicht loszurethen von den Fenstern, hinter denen sich ihr Geheimnis barg. Während sie noch wie gebannt hinüberstarrte, erklang von drüben «in» sühe, jugendfrische Mädchenstimme, erst leis«, dann immer mehr anschwellend, so glockenrein und jubelnd, wie es nur aus einem glückseligen, hoffnungsrohen Herzen kommt. Regina ^obsi'l öölims ji- Voorßpltür 18 — VuissobLlisskrssss 48. IVIsin Inventur-Verkauf bringt tüf ^usslaNunKen Ii«n IrurrvULlosiv 8pvLl»L-^NK«s>»«lv.