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90 Eduard Schelle. Mufikalifche Inftrumente. Gut gefertigte Clarinettenblätter und Klappenbelederungen kamen bei Wenzel Schunda in Pell in der ungarifchen Abtheilung vor. Akuftifche und technifche Inftrumente. In diefd Rubrik gehören zunächft 8 Stimmgabeln in der ruffifchen Abthei- Jung von A. Ifraileff zu Roflow im Gouvernement Jaroflaw. Diefelben geben die Töne der chromatifchen Scala an. Alle Nuancen der Schwingungen find mar- kirt. Sie find corredl und richtig conftruirt. Sie feffeln umfomehr das InterelTe, weil der Erfinder kein eigentlicher Fachmann, fondern ein Geifllicher ift. Ferner ift in der ungarifchen Abtheilung ein Monochord zu erwähnen, auf welcher die natürliche, aus der natürlichen Zahlenreihe entwickelte, diatonifche und .chromatifche Tonleiter verzeichnet ift, nebft einer Tafel. Der Ausfteller diefes Gegenftandes ift Dr. Zoh Ivan Braniflaw, ordentlich öffentlicher Profeffor am Obergymnafium und Lehrerfeminar Nagy-Röcze, GomÖrer Comitat. Schliefslich bleibt noch in der deutfchen Abtheilung eine fehr intereffante Erfindung hervorzuheben, welche allgemeine Verwunderung erregte,' nämlich ein elektro-chemifcher Noten-Schreibapparat, ausgeftellt von dem Telegraphiften F ehr in Stuttgart. Die Einrichtung ift nur eine Anwendung des telegraphifchen Syftems auf die Notenfchrift. Wenn der Apparat in Thätigkeit tritt, fo zeigt fich das auf dem Piano Gefpielte auf einem von einer Walze ablaufenden und durch den Mechanismus felbft mit Notenlinien verfehenen Papierftreifen in Strichen, bei denen deren Länge oder Kürze den zeitlichen Werth der Noten andeuten; die Ganz- und Halbtöne unterfcheiden fich durch Farben; die erften treten in Blau, die zweiten in Roth hervor, die Paufen werden durch grofsere und kleinere Zwifchenräume verfmnlicht. Der Apparat ift fehr geiftreich erfunden, aber ein wahrhaft fchÖpferifcher Künftler bedarf folcher Hilfsmittel nicht. Das Bild der hier gefchilderten Inftrumentengruppe konnte fich imlnduftrie- palafte in feiner vollen charakteriftifchen Individualität entfalten, indem es fich einerfeits von einem in der additioneilen Ausftellung gegebenen hiftorifchen Hintergründe abhob, anderfeits durch den Gegenfatz der mufikalifchen Ausftel- lungen der afiatifchen Völker in ein eigenthümliches Licht geftellt wurde. In den Inftrumenten derfelben verkörpert fich ein Thonwefen, das an Iängft verklungene Zeiten erinnert und mit dem unfere Empfindungsweife in keiner Berührung fleht. Den mufikalifchen Apparat bilden hier im Ganzen und Grofsen befaitete Ton werkzeuge mit langen Hälfen und kürbisförmigen Schallkörpern, dann Schlag- und Lärminftrumente ohne ein vermittelndes Element von entfprechenden Blasinftru- menten; die letzteren flehen ganz ifolirt da, fie fehlten gänzlich in dem ausgeftell- ten Modelle eines japanifchen Orchefters, das nur aus Schlaginftrumenten befteht. Eine Ausnahme bildete wenigftens zum Theil die indifche Abtheilung, welche mit Blasinftrumente von verfchiedener Form und Gattung, aber noch geringer Ent wicklung befetzt war. Hier trafen wir auch ein intereffantes altes Ton-Werkzeug an in einem fchönen Exemplare der Vina, das <eifst der indifchen Lyra, welche das Urbild aller lautenartigen Inftrumente feir df -fte. Diefelbe befteht aus einem cylinderförmigen Rohre, unter dem zwei kürbisft rmige Schallkörper angebracht find, der eine unter dem Griffbret nahe an den Wi ‘beln, der andere in der Nähe des Saitenhalters. Das Griffbret enthält 19 bewegliche Stege von Wachs, über welche 4 Saiten laufen. Leider war es uns nicht veigönnt, diefes wie die übrigen afiatifchen Inftrumente,fowohl einzeln wie in ihrem Zufammt'iw.rken zu hören; es ift mithin unmöglich, fich eine klai ^ Vorftellung von der Tonwe’t zu machen, die in ihnen fchlummert.