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Dresdner Nachrichten : 28.11.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190511281
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19051128
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19051128
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-11
- Tag 1905-11-28
-
Monat
1905-11
-
Jahr
1905
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 28.11.1905
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kiMmck- ktSeollkr 4v« Llklisi-itrt» «siupüoblt > issiM» lurxor in, moü«r»ei> KkmiicltMlieii. Keelieileii "L^L" 7rr«rl>e« °d»s UU»xe. 'AWK' I«t«Ilei. Iwtiinkd »ick «lew dmte bereit »illixrt. DE? kill« um lliüicliti^iuix imimr irnei xr»»-»-» Kd»llke«it«s. Die Wahlrechts-Interpellationen im sächsischen Landtage. Die Zweite Kammer stand gestern wieder« «einmal unter allen Zeichen eines groben Tages: die öffentlichen Tribünen waren überfüllt, lucht minder gute Besetzung zeigten di« Regierungstribüne und die Bänke für die Staatsminister nick die Regierungskommissare. Von den Ministern waren zu- gegen die Herren v. Metzsch, Dr. Rüger, Dr. v. Seydewitz und Dr. Otto. Auf der Tagesordnung standen die am 26. Oktober von nationalliberaler und freisinniger Seite gestellten Inter pellationen betreffend die Neuordnung des Wahlrechts für die Zweite Kammer. Die vom Fraktions - Vorsitzenden Abg. Schieck und den anderen 22 nationaliiberalen Abgeordneten der Kammer, näm lich den Abgg. Almert, Bleycr, Braun, Drechsler, Ehret, Gleis- bera. Gontard, Hartmann, Kretzschmar, Lanahaiiimer, Merkel- Mylau, Müller, Neidhardt. Poppitz, Richter. Rollfuß, Dr. Riihl- mann, Dr. Schill, Schulze, Teichmann, Dr. Vogel und Wolff, eingeorachte Interpellation lautet: „Ist die Königlich« Staatsregierung, nachdem sie die von ihr zugesagten weiteren statistischen Unterlagen beschafft hat, bereit, diesem Landtage einen Gesetzentwurf zur Neuordnung des Wahlrechts für die Zweite Ständekammcr vorzulegen'?" Die beiden freisinnigen Abgeordneten der Kammer, Bär und Günther, dagegen stellen folgende Interpellation: „Da die Thronrede des 31. ordentlichen Landtages die .der Regierung bezog sich Minister v. Metzsch aus die Ver bandlungen des vergangenen Landtags in der Wahlrechtssragc, deren Ergebnisse er kurz wicdcrgab. Damals habe die Kammer I für einen Antrag gestimmt, daß bei jeder Aenderung des Wahl- rechts an der geheimen Stimmabgabe festzuhalten sei, und von der Regierung weitere Erörterungen hinsichtlich des P l u r a l j y st e ms erbeten. In Rücksicht aus dieses System könne , nun in Frage kommen: das Alter, die Steucrleistung, die Bildung l und vielleicht auch noch das Militär- und das Familien-Ver- ^ hältnis. Zur Vornahme von Erörterungen über die Verleihung von A l t e r s z u s a tz sli. m m e n habe sich die Regierung außer- ' halb des Landes wenden müssen, da durch das geheime sächsische l Wahlrecht keine Unterlagen gegeben seien. Tie Regierung habe sich ' nach Preubcn gewandt, wo bekanntlich die öffentliche Stimm abgabe eingesührt sei, und in zwölf dortigen Lanttagswahl- zu den Interpellationen: Mit Rücksicht darauf, das; in dieser wichtigen, das ganze Land bewegenden Frage nach außen hin der ' " ^ ^ ...L. , nicht der leiseste Zweijel darüber bestehen dürfe, wie die recht Seite dieses Hauses sich zu dieser Frage stelle, erkläre er, daß der Standpunkt, den er und seine poliliichen Freunde hierzu elnnehmen, sich mit dein von der R eg > e r u n g d a r g c l c g te n decke. Den Wünschen auf Einsührung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts könne die lonlcrvative Partei sich nicht entgegenkommend zeigen. In dieser Frage könne der akademische Standpunkt nicht entscheidend sein, sondern der nüchterne real einer und dirck aus der Grundlage des allgemeinen, gleichen, geheimen Sirenen Wahlrechts ansgebanten Wahlrechtsreform drin gend verlangt, jo frage» wir an, ob die Königliche Staals- regicrung bereit ist, den hier geäußerten Wünschen nach einer Wahlrechtsreform noch im laufenden Landtage zu entsprechen." Bor Eintritt in die Tagesordnung gibt Abg. Schutze- Dresden snat.-lib.s im Namen seiner Fraklionügcnossen 'Dr. Rüblmann, Hartmann. Langhanl»,er und Merkel-Mylau, sämt lich Mitglieder der Gesetzgebungs-Deputation, die Erklärung ab, das; sie nach wie vor auf dem Standpunkte verharrten, daß der Vorsitzende einer Deputation nicht berechtigt sei, einem Deputations-Mitglieds einen Ordnungsruf zu erteilen. Vizepräsident Opitz habe in der Sitzung vom 23. November eine Erklärung abgegeben, worin er sich auf den allgemeinen Brauch berief, daß der Vorsitzende jeder Versammlung das Recht habe, einen Ordnungsruf zu erteilen und sich im besonderen auf die Paragraphen 18,1, 35,2 und 41 der Ge nicht aber irgend ein Depntations- . aas- Kammer in deren Sitzungen, niclit avcr na Vorsitzender bei den Deputations-Verhandlungen das Recht zur Erteilung eines Ordnungsrufes. — Präsident Dr. Mehnert erklärt, daß es hierbei sein Bewenden habe. Staatsregierung , , „ ,... bereit erklärt. — Abg. Schieck führt nunmehr zu seiner Inter pellation aus, daß er eine lange Begründung für diese nicht beizubringen brauche, sie setze eigentlich die Vorgänge vom vorigen Landtage fort und entspreche der Stellungnahme der "ind ' - - - - - - staats- gangcn, ..... . „ nicht zum mindesten nach der Denkschrift der König!, regierung sei es ganz ausgeschlossen, daß die Wahlrechtsreform nicht in Angriff genommen werde. Abg. Bär erklärt, daß er sich mit der Begründung eben falls kurz fassen könne. Die Quittung für die Wahlentrechtung habe das sächsische Volk bei den Wahlen zum Reichstage im Jahre 1903 gegeben, wo 449 OM sozialdemokratischen Stimmen nur 309 000 bürgerliche Stimmen gegenüber- gestanden hätten. Im Hinblick daraus habe selbst die Regie rung nicht gleichgültig bleiben können, und sie habe im vorigen Landtage eine auf eine Neuordnung des Wahlrechts abzielendc Vorlage eingebracht. In dieser Regierungs-Denkschrift heiße es. daß nahezu 80 Prozent aller jächsiichcn Landtaoswähler durch das neue Wahlrecht ihres Wahlrechts verlustig gingen. Dis freisinnigen Abgeordneten könnten sich indes mit keinem anderen Wahlrechte als dem für den deutschen Reichstag gül tigen einverstanden erklären. Die nationalliberale Partei sei über die Richtung der Wahlrechts-Milderung uneinig gewesen. - Wenn Abg. Opitz in der Etatdebatte darauf bingowiesen habe, daß sich die Aufwendungen für KulturAvecke um 315 Prozent! gesteigert hätten und der Abg. Hähnel bemerkt habe, daß Sachsen von allen deutschen Bundesstaaten die größte Ausgabeziffer für Schulzwecke aufwcise, so se, es wohl auch angebracht, wenn diesen Aufwendungen gegenüber, die Sachsen doch wohl ein gutes > Stück vorwärts gebracht hätten, das Wahlrecht entsprechend ge ändert werde. Nachdem das 1868er Wahlrecht dreißig Jahre bestanden habe, könne es wohl weiter entwickelt werden in der Richtung des Reichstagswahlrechts, was auch notwendig sei im Hinblick aus die süddeutschen Staaten, in denen entsprechende Wahlrechts-Milderungen entweder schon durchgeführt oder dem nächst zur Einführung gelangen würden. So wie jetzt könne es nicht sortgeben, und er bitte die Regierung dringend, ein Wahlrecht zu schaffen, das ihr wieder das Vertrauen des Volkes verschaffe. Sollte aber die Regierung jetzt nicht geneigt sein, aus das Reichstagslvahlreäit einzugehen, dann würden sich die Freisinnigen auch damit zufrieden geben, wenn das 1868er Wahl- recht wieder eingeführt würde, allerdings nur als Uebergang zum Reichstagswaylreckst. Staatsminister v. Metzsch: Bevor er zur Beantwortung der Interpellationen schreite, wolle er kurz auf eine Zeitungs notiz cingehen, die vor einigen Tagen in einem im Dienste der Sozialdemokratie stehenden Organe veröffentlicht worden und dalm,gegangen sei, daß die Regierung ihre Verschleppungsvolitik mit bezug aus das Landtagswahlrecht auch dadurch betätige, daß sie die Vertagung dieser Frage auf längere Zeit durchzu- scyen gewußt habe. Dieser Unterstellung gegenüber be merke er, daß die Regierung allerdings beim Präsidium der Zweiten Kammer angeregt habe, die Besprechung der Inter pellationen nicht sofort zur Verhandlung z» stellen, und zwar aus dem Grunde, weil die Regierung orientiert worden sei, daß die Interpellationen zugleich mit den Anträgen zur Reform der Ersten Kammer zur Erörterung gelangen sollten. Diese ?Verbindung der Besprechung der Interpellationen und Anträge Hobe es aber nabegelegt, eine Vertonung anznregen, da sich die Regierung mit einer Vorlage bezüglich der Reform der Ersten Kammer besaßt habe, die nun tatsächlich auch eingebracht werden würde. Dies sei der einzige Grund, warum die Vertagung der Besprechung der Interpellationen über die Neuordnung des Wahlrechts in der Zweiten Kammer beantraat worden sei. Er überlasse es der Beurteilung der Kamniermitglicdcr. ob sie diese Maßnahme als eine Berschlcppungspolitik beurteilen wollten. Auf die Interpellationen eingehend, bemerkt der Minister, daß er sich bei seinen Ausführungen möglichst knapp halten und von der Erörterung allgemeiner WahlrcchtSsragen absehen wolle. In bezug auf die Interpellation des Abg. Schicck er klärt der Minister sodann, das; die Negierung in Rücksicht auf die Ergebnisse der gepflogenen statistischen Erhebungen zurzeit nicht in der Lage sei, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der ein Wahlrecht a»f Grund des P l u r a l s y st c m s enthalte. Bezüg lich der anderen Interpellation gibt Staatsminister v. Metzsch die Erklärung ab, daß nach der gegenwärtigen Gestaltung der Verhältnisse in Sachsen die Einbringung einer Vorlage über das Landtagswahlrecht, welches sich ans dem allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrecht ans-1 baue, gegenwärtig als untunlich zu bezeichnen sei. sOho! und, Bravo!) Zur Kennzeichnung des Standpunktes- Erscheinung sei beobachtet worden, daß mit sartichreitendem Alter die Neigung zur Abgabe der Stimme in radikalem Sinne sich verringere. «Hört, hört!j Während, wenn man eine Zu- satzstimnie bei einem Alter von 40 bis 50 Jahren bewillige, 39 Prozent sozialdemokratische Stiinmen berechnet worden seien, sei bei dem Alter von 50 bis 60 Jahren nur eu; Prozentsatz von 14 und bei einem Alter von 60 bis 70 Jahren ein solcher von 7 Prozent sestgcslellt worden, über 70 Jahre nur noch von 6 Pro zent sozialdemokratischer Stimmen. Diese Abnahme der sozial- demokratischen Stimmen mit zunehmendem Alter schütze aber nicht vor einer Mehrheit von sozialdemokratischen Stimmen, denn bei einem Alter der Urwähler von weniger als 40 Jahren sei allein mehr als die Hälfte der gesamten PluraOvahlitimmcn aus diese entfallen. In den 23 sächsischen städtischen Wahl kreisen Sachsens würden, vorausgesetzt, daß das gleiche, allgemeine und direkte Wahlrecht eingesührt sei. in 10 Wahlkreisen sozial demokratische Mehrheiten sich ergeben. Bei Verleihung von Alterszusatzstimmen würde sich dieses Ergebnis auch nur in einem Wahlkreise ändern, denn die in Frage stehenden 10 Wahlkreise seien zugleich diejenigen, in welchen die höhere Altersstufe relativ am schwächste» vertreten sei, es würden überhaupt nach den Verhält nisse», wie sie nun einmal in Sachsen liege», die Sozialdemo kraten die Mehrheit erlangen können. (Sehr richtig!! Tie Zusatzstimmen für die h v h e r e S t e u e rl ci st n n g und Bil dung würden ebenfalls keine Gewähr für das Eindringen der Sozialdemokraten bringen. Denn nur etwa lO OOO Personen mit abgeschlossenerHochschiilbildungwürdcii in Betracht kommen, denen die große Masse von mehr als 600 000WähIcrn gegcnüberstünden. Auf mehr als zivei oder höchstens drei Zusatzstimmcn werde man wohl kaum kommen dürfen, wenn nicht neue Schwierigkeiten geschaffen und neuer Anstoß erregt werden solle. Eine beson dere Gefahr bestehe auch darin, daß damit solchen Wahlberech tigten, die jetzt noch im Besitze einer Stimme sich befinden, ihr Wahlrecht illusorisch gemacht werde. Zu diesen aus der Praxis und an der Hand der Statistik gewonnenen Bedenken gegen das Pluralsystcm träten noch Bedenken mehr grundsätz licher Natur. Ter Herr Minister führt einige Acußerungen des Professors Jelinek an, die dieser in einem Vorträge in der Gchc-Ltiftung getan hat. Nach allen diesen Ausführungen erscheine es von vornherein zweifelhaft, ob überhaupt ein auf diesem System aufgebaukes Wahlrecht einen gangbaren Weg für die Umgestaltung des sächsischen Wahlrechts bilde. Die Regie- rung habe darum einen derartigen Wablrcchtsvorschlag auch nicht machen können, und das um so weniger, weil ein ehemaliger Beschluß der Zweiten Kammer dahin gerichtet gewesen sei, daß auf jeden Fall bei neuen Vorschlägen darauf Bedacht genommen werden müsse, Kautclenzuichaffen gegen ein zu starkes Eindringen skaatsgesährlicher Elemente in die Zweite Kammer. Auch die früher und jetzt in Frage gekommenen anderen Systeme schienen der Regie rung keinen gangbaren Weg zu bieten. Das Proportional- Wahlsystcm sei zu kompliziert und biete auch die in Frage kom menden Kaute len nicht, ebensowenig das Wahlgesetz von 1868 mit einem etwas höheren Zensus. Uebrigcns würde, wenn der Zensus eine Erhöhung erführe, ein großer Teil der jetzigen Wähler vom Wahlrechte ganz ausgeschlossen werden müssen, und diesen Weg möchte die Regierung am allerwenigsten empfehlen. Auch die Einführung der Wahlpflicht könne die Regierung nicht als eine Korrektur der Mängel des bestehenden Wahlrechts an- sehen. Es sei ihr unsympathisch, die Ausübung des allerhöchsten bürgerlichen Rechtes unter Strafen zu stellen. Nach der gegenwärtigen Gestaltung der Verhältnisse sei die Regierung nicht in der Lage, ein anderes Wahlrecht, als das zurzeit bestehende, in Vorschlag zu brin gen: sie sei aber nach wie vor gern bereit jeden Vorschlag auf seine Verwertbarkeit dringend zu prüfen, aber stets unter der Voraussetzung, daß das vorgeschlagcne System die von der überwiegenden Mehrheit der Kammer geforderten Kautclen biete und Aussicht auf die Zustimmung beider Kammern habe. Herr Vizepräsident Opitz habe bei seiner Berichterstattung im vorigen Landtage den Gedanken ausgesprochen, ob nicht für die arbeitenden Klassen eine direkte Vertretung in der Zweiten Kammer geschaffen werden könne, indem man eventuell z» er richtende A r b c i t e r ka m m e r n als Wahlkörper emsetzc. Dieser Gedanke sei der Negierung nicht unsympathisch (Bravo!>, und wenn es gelingen sollte, zu dem Institut der Arbeiter kammern zu kommen, sei cs aus dem Wege der Reichs- oder Landesgesetzgebiing, dann werde die Negierung geneigt sein, diese Arbeitcrkammern unter anderem auch als Wahlkörvcr zur Vor nahme von Wahlen für Arbeiter-Vertretung hinzustellen. Selbst verständlich würde der eigentliche Bcstimmnngszweck der Arbciter- kammern auf rein wirtschaftlichem Gebiete zu suchen sein. Der Minister geht dann auf die Forderungen der Interpellation Minister geht dann auf die Forderungen der Interpellation Günther ein. Auf die Einführung des allgemeinen, gleichen unddirekten Wahlrechts werde die Regie rung nicht zukommen, und zwar mit Rücksicht auf die schon heim letzten Landtage von der Kammermehrhcit ausgesprochenen Anschauungen und hauptsächlich in Anbetracht dessen, daß bei Einfübrung dieses Wahlrechts Zustände geschaffen würden, die die Regierung im Interesse der Ruhe und des Friedens des Landes und der Bevölkerung tunlichst vermeiden mochte. (Sehr richtig!j "Ans denselben Gründen muffe die Negierung ans eine Rückkehr zu dem Wahlgesetze von 18W verzichten. Wenn die Negierung es zwar bedauere, daß, wenn sic diesen Standpunkt vertrete, fich die Unzufriedenheit in denjenigen Kreisen, die mit dem jetzt bestehenden Wahlrecht nicht sympathisieren, möglicher weise noch erhöhen werde, so muffe sie sich doch bescheiden, daß nach den bisherigen Erfahrungen jede Wahlreckos-Aenderung. sic möge sich nach rechts oder link?' wenden, alle Parteien und Interessenten nie befriedigen werde. (Sehr richtig!j Nach der gegenwärtige» Gestaltung der wirtschafllicben Verhältnisse in Sachsen liege die Notwendigkeit vor, in bezug aus das Wahl recht gewisse Schranken zu ziehen. Die Regierung sei nie gewillt gewesen, den breiteren Massen und insonderheit den l Arbeiterklassen das Recht zur Ausübung der höchsten bürgerlichen Befugnis Hnnz zu beschränken, sie stehe auch gegenwärtig noch auf dem stan dp unkte, daß die Einreihung von Vertretern des Arbcitcrstandes in die Volksvertretung im höchsten Grade wün schenswert sei, sie könne aber gegenüber denjenigen Elementen, die sich zwar als Vertreter der Arbeiterschaft hinstcllten, aber nichts anderes anstrebtcn als die Beseitigung der bestehenden Staats- und Gesellschafts-Ordnung, die nun einmal gcictzlich gezogenen Schranken nicht beseitigen. (Bravo!! Die von solchen Vertretern verfochtenen Tendenzen dienten auch durchaus nicht dem wirklichen Interesse der Arbeiter. (Sehr richtig!! Es sei nur zu wünschen, daß der Arbeiterstand, den man schützen wolle, sich vergegenwärtigen möge, daß die jetzigen staatlichen, gesell schaftlichen und wirtschaftlichen Einrichtungen, zu deren Beseiti gung er sich leider hier und da verleiten ließe, ganz besonders seinem Interesse dienten. (Sehr wahr!! Die Regierung werde die Versuche zur Beseitigimä der dem gegenwärtigen Wahlgesetze anhaftenden notorische» Mängel fortsctzen und dos Beste zu erreichen suchen. (Beifall.! § Vizepräsident Opitz-Treuen (kons.i beantragt, in die Be- sprecbnng der Interpellation einznlretcn, und erhält das Wort zur Kennzeichnung der Stellungnahme seiner politischen Freunde in Sächsin, bei denen von den 23 ReichStagswahlkreiscn 22 in d«e § Hände derjenigen Partei gefallen seien, die eine Aenderung dc «bestehenden Staats- und Gesellschaftsform onslrebe. Landtags ! Wahlen nach diesem Wahlrechte würden auch nicht anders aus fallen: man könne mi« mathematischer Sicherheit ousrechncn. l daß mindestens neun Zehirtel dieses Hauses der Sozialüemv > kratie zusallen würden. Ein Land, das sich einer blühenden In ! dustric und einer musterhaften Ordnung erfreue, das iür andci l Scharen vorbildlich sei, der sozialdemokratischen Partei auszu liefern, dazu werde sich jemand, der es mit dem Wohie des , Vaterlandes aitt meine, niemals entschließen können. (Bravost ! Ebenso liege die Frage wegen der Wiedereinführung des Wahl gesetzes von 1868. Auch auf Grund dieses Systems würden s die Wahlen eine zu große sozialdemokratsiche Mehrheit diese»« Hause zuführc». In der Beantwortung dieser Frage sei übr« acns die konservative Partei noch demokratsi'chcr als die Herren Freisinnigen, denn sie könne sich nichr dazu entschließen, etwa ! 150 000 Wählern das Wahlrecht zu entziehen. Jeder, der daS : Wahlrecht besitze, müsse es tunlichst auch behalten. Redne: . geht dann auf lnc Interpellation Schieck und Genossen «in. Ta» die Regierung sich außerstande gesehen habe, annehmbare Vor schlage zu machen, werde auf der rechte» Seite des Hauses ivvb. l verstanden. Nachdem sic im vorigen Landtage den Vernich g , macht habe, etwas zu schaffen, ihr ober von allen Seiten ein i entschiedenes Nein entgegengchallen worden sei, >ei ihr kein Vm Wurf daraus zu machen, wenn sie es ablehne, dem gcgcmvärtiae«: Landtage neue AbänderunBvorichläge zu bringen. Die konseröa tive Partei sei bereit, in eine ernste Prüfung der Frage ein zntretcn, ob die an dem bestehenden Wahlrechte vorhandenen ! .Härten sich nicht auf diese oder jene Weise beseitigen lies,ei,. > man möge aber das gegenwärtig geltende Wahlrecht ja rech« gerecht und objektiv beurteilen. Gewiß habe cs mannigfackm Härten und Unebenheiten, aber cs sei besser als sein Ru>. Bemängelt werde an ihm, daß cs verhindere, Arbeiter in die«' Kammer hereinzubringen. Wenn sich wirklich Arbeiter fände», die die Arbeiter hier vertreten wollten, so würde nichts da gegen einzuwcnden sein: die Arbeiter jelbfi hätten es an dc> nötigen Bereitwilligkeit fehlen lassen, sich an der Wahl von Ar bcitern zu beteiligen. Ver«vabrung müsse er aber dagegen cinlegen. daß der Arbeiter allein berufen sei, Arbeiter-Interessen zu ver treten. Eine derartige Auffassung decke sich nicht m,t dem, was die Verfassungs-Urkunde vorschreibe. Jeder einzelne Äbgcordneie sei Vertreter der Gesamtheit und damit auch Vertreter der Ar- beiter: und wenn wir uns prüfen, ob wir dieser unserer Pflicht und unseres hohen Rechts stets eingedenk gewesen sind, können wir ruhig an unsere Brust schlagen >n dem Bewußtsein, daß es uns nie an^dcm guten Willen gefehlt hat, mit dem Wöhle der anderen Staatsbürger auch für Las Wohl der Arbeiter zu sorgen. (Sehr richtig!! Tie rechte Seite des Hauses lasse keine, auch nur halbwegs wichtige Angelegenheit vorübergeben, ohne sich^zn fragen, wie diese auf die Interessen der Arbeiter wirke. (Sehr gut!! Aber cs falle auch der andere Vor- wurf, den man dem gegenwärtigen Wahlgesetze mache, daß unter ihm kein Sozialdemokrat in dieses Haus einziehen könne. Wir haben einen solchen in leibhaftiger Gestalt des Herrn Goldstern unter uns (Heiterkeit), und er würde nicht allein auf diesen Bänken sitzen, wenn cs den Sozialdemokraten daraus angekommen wäre, die vollgültige Probe auf das Wahlgesetz zu machen. Er glaube, daß schon beim nächsten Landtage noch einige Herren mehr von jener Partei hier zu sehen sein würden. Das werde aber seine Partei nicht abhalten, in eine ernste Erwägung der Frage einzutreten, ob man nicht das bestehende Wahlrecht in seinen Härten mil- der» könne. Mit solchen Wünschen und Hoffnungen dürfe man aber nicht glauben, die Zufriedenheit aller zu erringen. Selbst wenn man den Sozialdemokraten so weit entgegenkommcn würde, das allgemeine Wahlrecht einznführen, würde eine Befriedigung nicht eintreten. Man würde höchstens jagen: „Sie haben nach- gegcben" und würde dann weitere Forderungen in bezug aus Herabsetzung der Altersgrenze und Ausdehnung des Stimm rechts aus die Frauen stellen. Man würde die Ergebnisse eines solchen Wahlrechts auch gar nicht dazu gebrauchen, positive Ar beit für den Staat zu leisten, sondern dgz», das politisckfc Chaos zu vervollständigen. Wenn seine Poelei bereit sei, in eine Reform des Wahlrechts einzutreten, geschehe es lediglich mit Rücksicht auf die bürgerlich - loyalen Kreise, die mit Recht dies oder jenes an dem bestehenden Wahlrechte auszusetzen hätten. Auch den Vorwurf müsse er zurückweisen, daß das jetzige Wahlrecht geeignet sei, der Kammer einen plutokrattschen Ebarak ter zu verleihen. (Aba. Günther: Sehr richtig!! Nein, nicht sehr richtig. Sie brauchen sich nur die Herren anzusehen, um zu erkennen, das; der Geldsack nicht allzu stark vertreten '«>. Vertreter des Mittelstandes sind es. Das Eintreten des Hern« Ministers für die Idee der Einführung von Arbciterkam mern habe ihm persönlich Hohe Freude bereitet. Er glaube in der Tat, das; in der Einführung dieser Arbcitcrkammeri' ein Mittel gefunden sei, um einigermatzen die Ungleichheiten des Wahlgesetzes zu beseitigen. Die sozialdemokratischen Vertreter im Reichstage z. B. gehörten nur zu einem ganz geringen Bruck« teile dem Arbcitcrstande an, sie rekrutierten sich mehr aus der.« Literalen- und Gaslwirtsstande. Jene Herren betätigten sicki von ihren: agitatorischen Standpunkte aus nicht an produktiver Arbeit, sondern benützten die Bänke der Volksvertreter, um ihr sozialdemokratisches Evangelium aller Welt zu verkünden. Bei Einführung der Arbeitcrkammern böte sich ein willkommener Alls'- wcg, um nach jeder Richtung hin Remedur eintreten zu lassen, dann würden wirkliche Arbeiter gewählt, die sich auch positive» Aufgaben gegcnübcrgestcllt sehen würden. (Bravo!) Mg. Schicck: Günther habe der nationallibcralen Partei vorgcwörfcn, sie hätte zur Einführung des jetzigen Wahlrechls dcn Ansschlag gegeben: ja, die freisinnige Partei habe doch keinen Ausschlag geben können. (Heiterkeit.) In Baden sei die Wahlrcsorm nicht der freisinnigen Partei, sondern dem Zentrum zu gute oekommeii, und dort habe man die traurige Erfahrung aemacht, daß seine eigenen Parteigenossen mit der Svzialdemo kratie gingen. Auch die ncttionatlibcrale Partei halte es für ihre Ausgabe, die Interessen des Arbeiterstandes zu wahren: . .... ... . ., «geführt werde, sei klar. Die Einsührung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts für Sachsen halte auch seine Partei nicht für' opportun. Er bedauere es, daß der Herr Minister auf dem Wege des Pluralshstems nicht zu einem Vor- schlage habe kommen können, und er behalte sich vor, mit seinen politischen Freunden später einen daraus ob zielenden Antrag einzubrinacn, daß das der Regierung zur Verfügung gestellte Material verwertet werde. Die Negierung berufe sich darauf, daß sie der Kammer bereits einen Weg zur Milderung des Wahlgesetzes gezeigt habe, die aber abgelehnt worden sei, und nun könne sie weiter nichts tun. Es wäre richtiger, wenn die Regierung die Führung in der Angelegenheit behielte und ihrerseits bestrebt wäre, neue Mittel und Wege zu suchen, die hervorgetrctenen Unebenheiten des jetzigen Wahlrechts zu beseitigen. Die Angelegenheit dürfe nicht hingezogen, sondern müsse tatkräftig weiter bearbeitet wer- den, »nd seine Partei behalte sich vor, auch nach dieser Rich- tung hin weitere Anregungen zu geben. Abg. G o ld st e i n - Zwickau (Svz ! beklagt es, daß de« Minister eine andere Antwort nicht zu geben vermochte. Nach den großen Ankündigungen des Liberalismus habe man on- nehmcn müssen, daß er einmal tüchtig dreinschlogen werde; es S- U sW .'1
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