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71. Jahrgang. As 2S7 Sonnabend. 21. Mai 1927 Dradtanlckrtkti BacdrtiUt«« Dre.d«» Fernwrecker« Sammelnummer i 2S 241 Nm tür Nachtoeipräck«: 2OO11 vom >8. bi» ZI. Mat ISZ? bei täglich zweimaliger ,Zustellung trei Haus l.SO Wk. ^"o^3^ ^ >2)uOUl)i Poslbejugsvrei» sllr Monai Mai Z Mark obne Vostzustellungsgebübr. Sl«»«laummer 1« <vsennt« Die Anzeigen werden nach Goldmark berechnet: die etnsvaltiae Z0 mm breite «eile ZSPsg.. liir auswärts 40Pfa. Famtlicnan,eigen und Stellengesuche ohne ^IllgLlALll ^-rLIftz. Rabatt >» Mg., austerkalb Ä Pfa.. die W ,mn breite Reklamcieile Äu Pta.. austcrkaib S»Psg. Ossertengebabr ZOPsg. Ausw. Aufträge gegen Pgrausbezalilg. Schrislleituna und Hauvtgeschästsstell«: Martenltrasi« 2S«42 Druck u. Verlag von UtevicU ck Retchardt in Dresden Postscheck-Konto IOSS Dresden Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe «.Dresdner Rachr."> »ulällla. Unverlangte Tchriltltücke werben mcki ausbewabrt soviel Vettevue s^lsetimittsg-Dss mit Konrsrt. d/litlsg- urici /^dscict-Dsksl im Dsrrssssrl-Lssl sei ctsr Oiks. Ssksncits vor-tisiims'Pstsimusik. lldii Konssrsnuiminvr. els^ei^ lVIittwoeli/^bskic! Vor einem neuen deutschen Schritt bei Briand. Zuspitzung -er englisch-russischen Krise. — Unterstützung Londons durch Rom und Paris? Amerikanischer Slarl zum Ozeanslug. — Zunehmende Passivität des Außenhandels. — 8 Monate Gefängnis für Dr. Kaufmann. Ein neuer deutscher Aäumungsvorslotz. Berlin, 20. Mai. Nachdem der französische Ausieuminister Briand nunmehr wieder nach Paris zurückgckehrt ist. wird die Rcichsregicrung erneut wegen der Herabminderung der Acsatzungstruppen im Rheinlandr bei ihm vorstellig werden. Dieser neue Schritt wird schon zn Benin« der kommenden Woche erfolgen, indem der Botschaftsrat Dr. Birth oder, wenn sein Gesundheitszustand eü erlauben sollte, Botschaster von Hoelch selbst bei dem französischen Ansienminister vorsprechcn wird. Pariser Enttäuschung über die Londoner Ergevnisse. Die Legende von der dcntschcn Unschuld am Kriege gcsährdet den Frieden! Paris, 20. Mai. Die Pariser Rachmitt,igspresi'c nimmt beute ernellt zu der Londoner !1Ieise des Staatspräsidenten Toumerguc npü des Ausicnmtnisters Stellung. Der „T c m p S" kommt in einem Leitaussatz zn der Feststellung, das, Briand und Chamberlain nur Besprechungen ganz all- ncincincn Charakters gehabt hätten, das, es aber voreilig sei, aus ihnen zu schlichen, feste Beschlüsse seien in einem bestimm ten Sinne gefasst worden. Das „Journal des Debats" nimmt dtc Worte DonmcrgueS. die unparteiische (beschichte werde Frankreich und England die Gerechtigkeit widerfahren lassen, das, sic im Jahre 1011 bis zur lebten Ministe alles ver sucht hätten, um den Ausbruch der Feindseligkeiten zu ver meiden. zum Anlasi. »m gegen die deutsche Bcrwcrsung der R r t e g S s ch n l d I ü g c Sturm zn lausen. Das Blatt meint, siir den Frieden sei nichts gefährlicher a>S die Legende der deutschen Unschuld. Keine Wicderveriöhnnng und Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich seien möglich und dauer haft. solange das deutsche Bolk nicht anerkenne, das, seine Ne gierung von 1011 gemeinsam mit Oesterreich-Ungar» die Feind, scligketten hcronsbcschworcn hätten. Aus den Worten des Kommuniguös über die Unterhaltung zwischen Briand und Chamberlai», das, die beiden Staats männer die Notwendigkeit der Stärkung der Entente cordialc als die sicherste Grundlage des Friedens t» Europa fcstgestcllt hätten, zieht die „Ltbcrte" de» Schlnsi. das, der Locarno- Pakt «nd der Völkerbund wenig zuverlässige FriedenSgrund, lagen seien. Donmergues Dank» an König Georg. London. 20. Mai. Präsident Doumcrgue hat gestern vor seiner Einschissung in Dover an König Georg folgendes Telegramm gesandt: „Tief ergriffen von dem herzlichen Will kommen Ew. Majestät, das ich als kostbares Andenken be wahren werde, gebe ich meine ausrichtige Dankbarkeit Ew. Ma jestät sowohl in meinem eigenen Namen, als auch in dem der Negierung und der Republik Frankreich Ausdruck. Die sran- zösischc Republik sieht in dem dem französischen Präsidenten be reiteten Empsang ein neues Zeichen der Frenndschast, die unsere beiden Länder vereinigt. Ich bitte Ew. Majestät, Ihrer Majestät meinen herzliche» Dank und respektvolle Grüsie zu übermitteln. fTU.s Abbruch -er Beziehungen London Moskau? London, 20. Mai. Zwischen de» Mitgliedern des englischen .Kabinetts fanden heute eingehende Besprechungen über die Frage der künftigen Beziehungen Grvsibriianntenü zu Sowjetrusiland statt. Dtc Besprechungen werden während deS ganze» Wochenendes andancr». Das Kabinett wird am kom menden Dienstag zu einer Sondersitzung znsanimcntreten, nm die Unterhauserklärung des Innenministers über die ArcoS-Durchsiichung scstzulegcn. Die gegenwärtige Auf fassung geht dahin, das, der Erklärung deS Innenministers eine weitere Erklärung Ehambcrlains über die Absichten der Regierung folgen werde. Falls die weitere Prüfung der Dokumente den durch die erste Untersuchung hcroorgcrnsenen Eindruck bestätigen sollte, werbe die Regierung nach rcchts- konservativer Auffassung wahrscheinlich ihren Entschlust an- kündigen, den Handelsvertrag mit Nnhland zu kündigen und möglicherweise auch die diplomatischen Beziehungen ab- znbrechen. Der Entwurf der Antwortnote an die svivjctrussischc Regierung ist bereits scrtiggcstellt und wird dem Kabinett in seiner nächsten Vollsitzung vorgclcgt werden. In politische» Kreisen beschäftigt man sich mit der Frage, ob das Kabinett, wenn ei» Abbruch der Beziehungen mit Russland beschlossen werden sollte, ohne Befragung anderer Mächte Vorgehen werde. Man erklärt zuversichtlich, das, es in diesem Falle so gut wie sicher sei. das, Frankreich und auch Italien dem eng lischen Beispiel folgen würden. In rechtSkonscrvativen Kreise» wird weiter daraus hingewicsen, das, nachteilige Wirkungen für den englische» Handel durch einen Abbruch der Beziehungen mit Sowjetrusiland kaum zu befürchte» seien, da das Beispiel Amerikas zeige, dasi auch ohne diplomatische Be ziehungen gute Handelsgeschäfte mit Moskau möglich seien. — Wenn gegenwärtig mit besonderem Nachdruck von dem Ab bruch der Beziehungen gesprochen wird, so ist dies zweifellos zum grosicn Teil auf parteipolitische Gründe znrück- zusühren. <T.-U.) Die Post als Geldquelle. Der hochseligc Geueralpostmeister Stephan würde sich im Grabe umdrehcn, wenn ihm zu Ohren kommen könnte, was sein jetziger Nachsvlger im Amt siir eigenartige Pläne hegt. Bor wenigen Jahren erst hat man das Gedächtnis des grvhen ManneS dadurch acseicrt, dasi man sein Bild ans die deutschen Briefmarken gesetzt Hai. Sein Geist aber scheint mit den Marken in die Sammlcrmappen verschwunden zu sein. Denn vergeblich sucht man in dem neue» gewaltigen Anschlag aus die deutsche Wirtschaft, den die für den 1. Juli in Aussicht genom menen Portoerhöhungen darstellen, nach einer Spur von dem Geiste Stephans, der die deutsche Post mit der Einführung des billigen Einheitstarifes und des Systems der Bcrkehrs- stcigerung durch Verbilligung vorbildlich in der Welt gemacht hat. Veracblich sucht man aber auch in der Begründung des Entwurles und in den mannigsachcn Auslassungen des Reichs- postministers Dr. Schätze! nach Argumenten, die den Wunsch »ach derartig ausgedehnten Pvrtocrhöhnngen wenigstens er klärlich erscheinen lassen. Ein Kranz von Seltsamkeiten und Unverständlichkeiten windet sich nm diese Portocrhöhung von durchschnittlich fünszig Prozent. Erinnerungen an inflatio nistische Methoden drängen sich aus: In einer Zeit stabiler Wirtschaft Erhöhungen von sünszig Prozent nnd mehr! Und auch die letzten einleitende» Darlegungen des Pvstministers im ArbcitSausschnsi des Vcrivallungsralcs der Rcichspost haben die Widersprüche nicht ansgcklärt, die sich in den ver schiedenen Erklärungen über die Lage der ReichSpvst ergeben. Noch Ende März bestritt die Post irgendwelche Vorbereitungen siir eine Tariferhöhung. Noch am 7. März führte der Rcichs- postminister Dr. Schätze! in seiner grosicn Etatsredc im Haupt- auöschns, des Reichstages ans. dasi sich für 1026 kein Defizit ergebe und die zur Ablieferung an daS Reich vorgesehenen siebzig Millionen bercitgestcllt werden könnten. Die finanzielle Lage der ReichSpvst sei zwar gespannt aber gesund, und zu Be sorgnissen für die Zukunst liege kein Anlab vor. Weiter wurde Ende März erklärt, ob die Notwendigkeit einer Portocrhöhung sich ergebe, hänge von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Die Etngänac in den ersten Monaten dieses Jahres sind erfreulich höher gewesen als die gleichen des Vorjahres. Sie dürsten inzwischen mit der ansteigenden Konjunktur weiter gestiegen sein. Zudem sind die Mehreinnahmen aus den am 1. April er höhten Fernsprechgebühren »och kcincsivegs in Rechnung ge stellt worden. Trotzdem erfuhr man vor einiger Zeit von der Absicht einer sünszigprozentigen Erhöhung lediglich des Brief portos und einer geringeren Steigerung der Pakctgcbühren, was eine Mchreinnahme von 50 bis 60 Millionen bringen sollte. Und als man dann den tatsächlichen Entwurf zu Ge sicht bekam, hatten die Erhöhungen ein Ausmasi angenommen, das alle Befürchtungen weit in den Schatten stellte, eine auher- ordentliche Steigerung säst aller Gebühren brachte und nicht weniger als 240 Millionen Mehreinnahmen ergebe» soll. Das sind Masinahmc», die weder durch die gerade in ent gegengesetzter Richtung verlaufende wirtschaftliche Entwick lung, noch durch die Rechniingslegung der Rcichspost zur Be- gründung ihres Entwurfs erklärt werden können. Und darum kann es keinen Augenblick wundcrnehmen, wenn sich gegen sie aus alle» Kreisen der Wirtschaft ein Entriistungs- sturm erhebt. Mag es Tatsache sein, dasi noch niemals eine Gcbührcnerhöhnng ohne Protest der Betroffenen hätte durch- geführt werden können. Noch niemals aber ist die Abwehr gegen eine Tarifstcigerung so nachdrücklich, so wohlbegrttnbct und so einheitlich von allen Kreisen der Wirtschaft, von allen Gewerbeständeu, von der gesamten Industrie- und Handels- weit geführt morden, wie bei diesem unerhörten Anschlag gegen die Wirtschaft. Und wen» sogar die eigene Partei deS Rcichspvstministerö, dtc Bayrische VvlkSpartci, in einer be merkenswert scharfen Erklärung gegen die Pläne ihres Ministers auftritt, wenn ihr Partciblatt darüber hinaus be tont, das, der Protest „noch schärfer" ausgefallen wäre, wenn seine» Urheber» die amtliche Begründung der Portocrhöhung schon bekannt gewesen wäre, dann mag daS dem Reichspost- ministcr als ein ganz besonders ernstes Warnungüsignal dienen. Es geht ja nicht blosi darum, dasi der einzelne Brief- schreibcr künftig siir einen Brief nicht mehr 10, sondern 15 Pfennige bezahlen musi. Das wäre zu ertragen. Es geht darum, das, die Portverhöhungen den ganzen wirtschaftlichen Verkehr durch Verteuerung der Drucksachen, Warenproben, der Pakete, des Postscheck- und Telcgrammvcrkchrs in einem Auömasic belasten, das in einer Zeit stabiler Wirtschastsver- Für die Freiheit des internationalen Handels. Der Gesamtbericht -er San-elskommission in Genf. Gens, 20. Mai. Die Handclskommission schlosi b-mte nachmittag ihre Verhandlungen endgültig ab. Die in de» drei llnterkommissiouen bereits angenommenen und veröffent lichten ReiolutionScntwürse wurden ohne wesentliche Aende- rungcn angenommen. Der Gesamtbericht der Handels- kommissio» stellt in seiner Einleitung fest, dasi sich der einheit liche Wunsch geltend gemacht habe, eine neue Periode einzu- leitcn, in der die vielfachen Beschränkungen «nd Hemmnisse deS internationalen Handels allmählich verschwinden sollen. Die Wiederaufnahme eines gesunden internationalen Ver kehrs würde der beste Beweis siir eine Sanierung der Welt wirtschaft sei» »nd damit die Festigkeit der Zivilisation be deuten. Dtc neue Richtung in der Zolltarif- und HandelS- vertragSpvlitik müsse ans parallellausende gleichgerichtete Massnahmen der verschiedenen Staaten ausgcbaut sein. Jeder Staat müsse sich vor allem bewnsit sein, dasi die Konzessionen, die er zu mache» habe, entsprechendes Entgegenkommen auch der anderen Staate» mit sich brächte». Nur ans dielen, Wege könne die von der Wcltwirtichastskonsercnz gekennzeichnet« Richtung mit Erfolg dnrchgcsührt werden. Einer Anregung Louchcurs, wonach bei Streitigkeiten in Handelssache» Schiedsgerichte oder der ständige internationale Gerichtshof im Haag angcruscn werde» sollen, wurde zn- gcstimmt. Ei» wesentliches Moment für die Wiederherstellung des internationalen Handels bilde die Stabilisierung der Wäh rungen. Die WcltwirtschastSkoiiferenz spreche die Hoffnung aus, dasi ans diesem Wege in der nächste» Zeit neue Fort schritte festgestellt werde» könnten. Die öffentliche Meinung aller Länder habe „»»mehr dtc Regierungen in ihrer ncu- crstaudcncn schweren Ausgabe der Durchführung der Beschlüsse der Weltwirtschaslskonferenz zu unterstützen. — Der Gesamt- bericht der Handclskommission wird nunmehr der nächsten Sitzung der Weltwirtschaftskonserenz zur Annahme vorgelegt werden. Noch keine Lösung -er Russenkrise. Starke Widerstände Frankreichs. Genf, 20. Mat. Das KoorbtnattonSkomitce trat heute nach mittag in geheimer Sitzung zur Beratung über den sowjet- russischen Antrag auf Anerkennung deS svwjctrussisckcn Wirt schaftssystems durch die Wcltwtrtschaftskonfcrcnz zusammen. Die Russe» forderte» folgende Feststellungen: 1. Welche von den Resolutionen der Konferenz siir die sowjctrussischc Delegation bindend und welche nicht bin dend sei» sollen. 2. Eine Beschlussfassung über eine Zusammenarbeit mit der Sowjetrcgicrung auf der Basis deS gleichwertigen NcbcncinandcrstehcnS des gegenwärtigen kapitalistischen und kommunistischen Wirtschaftssystems. Die russische Forderung stieb aus den stärksten Widerstand, der hauptsächlich von dem französischen Dele gierten Loncheur ausging. Eine Einigung wnrdc in der heutigen Sitzung nicht erzielt. Von verschiedenen Delegierte» wurde geltend gemacht, das, die Weltwirtschaftskonserenz für dtc von der sowjetrussischcn Delegation geforderte Resolution über die Zusammenarbeit mit der Sowjetregicrung nicht zu ständig sei, da eS sich hierbei »m die Initiative und die Politik der einzelnen Regierungen handle. Es wurde daher' der soivjetrusNschc» Delegation nahegclcgt, die zweite Forderung aus die I u s a m m c » a r b e i t z u r ü ck z u z t c h c n. Der Letter der russischen Delegation teilte mit, dasi er die endgültige Beschlusisassung in der Sonnabcndnachmittags- sitzung mitteilcu werde. Die Verhandlung wnrdc sodann ge schlossen. Das Kvordinationskomitcc tritt Sonnabend vor mittag 10 Uhr zu einer neuen Sitzung zusammen. <T.-U.) (Wettere Meldungen befinden sich aus Gelte Sü