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Dresdner Nachrichten : 16.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189612168
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18961216
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18961216
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-16
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 16.12.1896
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Februar hatten wir in Berlin den KonsektionsarbeiterNreift der übrigen» unter besonderen Gesichtspunkten »u beurthetlen ist; in einer Anzahl andeler Stabte kam es cbeiifans zu kleineren Auö- standen. Ter März brachte den groben Teztilarbeiterstreik in Kotivu», der sich eine Anzahl Wochen hinzog und fast 200,000 Mark kostete: der Textilarbetterstreik in Mülhausen i. E- war weniger bebrütend. Dachdecker. Schuhmacher lSchästearbciter'. Ciaarren- arbclter. Mützenmacher in Berlin. Messerreider im Kreise Solingen. Maschinenbauer In Bielefeld (vormals Dürkoppst gaben schon nach lurier Zeit den Kampf alü aussichtslos aus. Etwas hartnäckiger nagten sich die Lllhogcaphcn in Berlin, welche die furchtbarste A'u-derlagr erlitten und die CchissSziinmerer in Flensburg. Mit äußerster Erbitterung kämpfte» die Öutmacher. dieMusikinstrunien- ttniiincher in Berlin, die Holzarbeiter iir Lauterberg a. H„ die Weber im Eulengebirge. Steinsetzer in Hamburg. Ein halbes Hahr streikten Metallarbeiter in Berlin. Wiegesaat, überall zogen die Arbeiter, welche in den meisten Fällen von sozialdemokratischen Agitatoren in den Streik gehetzt waren, den Kürzeren. Eine gröbere Anzahl Weber in Koiibus, Hutmacher. Musikinstrumenten macher. Lithographen in Berlin. Holzarbeiter in Lautcrberg fand »ach Beendigung drS Streiks ihre Stelle» besetzt und wurde brot los. JedensallS bat die Streikbewegung dieses Jahres gezeigt, daß die sozialdemokratische» Bäume noch lange nicht in de» .Himmel tz.rcdien, und das; einer seiten una geschlossenen Koalition der Arbeitgeber genenüeer die sozialdemokratischen.Heger mit ihrer zum 2heil unsrcilviüigen Gefolgschaft machtlos sind. Paul Singer hat einen mmisteriellen -Händedruck erhalten und augenscheinlich entgegengenommen. So wenigsten« berichtet das ,.Ä. Journ." gelrgentlich der Einweihung des neuen A'tils Gr obdachlose Männer in Berlin, indem eS schreibt - „Staatssekretär v Bötticher und Kultusminister Dr. Bosse beglückwünschten mit einem Händedruck Herrn Thoelde als Borsitzendeil und Herrn Singer als Kurator des AihlS zu dem Werke." Auch Fritz Friedman» bat sich in Paris über den Prozeß im Allgemeinen und .Herrn v Tausch, dem er nahe stand. rm Beson deren auSsragen lassen. Dabei hat er seine, Meinung dahin Aus druck gegeben, datz der ehemalige Kriminalkommissar v Tausch seine Stellung dem Grasen Herbert BiSmarck verdanke. Tieienige Presse, welche seiner »Zeit mit Fiiedmunu in sehr naher Beziehung stand, beeilt sich natürlich, das Gcwcöch des ..gehetzten Edelw'tdS" chzudrucken. Das veranlaßt die „B.rl. Neuenen Nachr." Folgen des zu schreiben: .Im Uebcigen hat Herr Friedmann den fran zösischen Ausfrager belogen, wenn er ihm erzählt, daß v. Tausch o-.m Grasen Bismarck seine Stellung verdanke und vieler sich seinei im Schnaebelefatle bedient habe. v. Tausch verdankt, soviel uuS bekannt, seine Anstellung im preußischen Dienst röcht vrenßi- scher. sondern bayerischer Empsehtzmg, seine Anstellung ol aus schließlich Sache des Polizei-Präsidiums gewesen. Im Fall Schnacbele hat v. Lausch so ungeschickt als möglich gehandelt nnd sich damit wenig Anspruch aus Anerkennung erworben. Ec konnte Schnacbele allwöchentlich mehrere Male in Metz verhafte», statt dessen lockte er ihn über die Grenze in einer Angelegenheit, in welcher er ihm einen ^.»ul-conäuit, aiisznstellen verpflichtet gewesen wäre. Ohne die große Mäßigung und Geschicklichkeit des Füllten Bismarck hätten wir damals einen Krieg gehabt mit dem formellen Unrecht aus deutscher Seite. Nicht m>nver ungeschickt war Tauich'S Lperalion im Fall Wvhlgemuih. Wenn der letzige Herr Reichs kanzler bald nach seinem Amtsantritt seiner Unzufriedenheit mit dcr Berliner polnischen Polizei einen sehr bestimmten Ausdruck vniiehen hat. so dürsten tl>m dabei u A. namentlich diese bcid n F.lllevorgrs vwebl haben, bezüglich deren Fürst Bismarckmirihmwoh! v.llig glncher Ansicht gewesen ist." Gleichzeitig erinnert das ge rannte Blatt wiederum an die Vorgänge. die zum Rücktritte des Staatssekretärs Gras Herber! Bismarck führten, indem es aus- einandcrtetzt, daß im Marz I80>>, noch eine Woche nach demRück tiüt des Kanzlers, cs lediglich vom Grasen Herbert Bismarck ablling, ob er Minister und Staats'ekrctär bleiben wollte. DaS Fiascv der GcwerbeauSstellnng macht sich im Berliner Gttchäftslebcii in hohem Grade fühlbar. Die„Kreuzztg." schreibt in ihrem wirlhschastlrchcn Wochenbericht über drc GeschässtSiage: , hon einem Stocken des Handels kann nur in Berlin die llr.de Ist''!'. Hier »vielt die sinonztell verunglückte Gcwcrbeansstettnng t'.cvd. Die Berliner haken Vas .Haopieonirngent der Besucher ge sucht und manche Fauiilte mit beichiäuktem Einkomnren hat inr Treptower Park inehr dem sogen. Vergnügen geörtert, als daS Iahresbndget vertragen konnte Das macht sich setzt im Detail- schchäst sehr sühllrac. Ferner haben die Aussteller selbst und die Gewerbetreibenden, die sich aus eine wahre Völkerwanderung nach Berlin eingerichtet hatten, tas! sümnitlich ihre Auswendangcn umsonst gemacht. Aach dies ichränkt ven Konlum und die Unter- nchmurigslust ein. Endlich kommt SaS Defizit der Ausstellung hinzu, für das die Garanten anskommen müssen, lind >o bedeutet für Berlin die Ausstellung, wenn nicht gerade einen Krach, so doch eine gewisse Krisis, die nicht ist» bald überwanden werden durste." Der Hamburger Senat veröffentlicht folgende Bekanntmach ung. Die -HnussninnUnngei'. der im Ausstand befindlichen A-beiter sind in Folge des neuerdings lmmec zudringlicher gewordenen, gelegentlich sogar mir versteckten Drohungen verbunde nen AustretenS der Sammler zu unleidlichrn Belästigungen und Bedrangungen der Bewohner in Stadt und Land ansgcactek. Twle Sammlungen wecken deshalb nls der öffentlichen Ordnung zu vrderlaunmd verboten. Zuwtderhanolungen werden mit Geld- rtrown bis zu hü Mt. event. mit enlipcecheiloerHaststcase geahndet. (Wiederholt.) Das Schwurgericht in Erfurt verhängte über die Njäbrige Fabrikarbeiterin Geier ans Gel,reu wegen Ermordung ihres Kin des da« Todesurtheil. Die Esienbahndirektion Hamburg macht bekannt, daß die Zn- lchlagSfrificri zur tarifmäßigen Lieserungsscist für Güter »ach Ham burg wieder cmsgehovm worden sind. — 2m Hamburger Haien hat sich eine besonders große Zahl von Arbeitern zur Arbeit ein gestellt. darunter auch viele Streikende, die si h truppweise den S-tauern zur Verfügung stellten. Aus den Schissen arbeiten nur 400 Mann weniger als imter nvrmaten Verhältnissen. Auch anderwärts wäre ein Gesetz >ehr nützlich, welches in Baden die Behörden zu gewissen Maßregeln befugt. In dortigen Blättern heißt cs: .Wie öffentlich bekannt gemacht wird, ist drin Handelsmann David Sommer in Müllheim die Ausübung des Gewerbes als Viehhändler wegen Wuchers bezirkSamtlich unter sagt worden." Oesterreich. Ueber die Unterredung, die der russische Botschafter in Konslantinopc! Netidow mit dem Minister des Auswärtigen Graten Goluchowski in Wien gehabt hat. verlautet, daß zwischen Beiden üver weitere der Türket vorzuschlagendc Resormpläne vollständige Uebereinstimmung erzielt wurde, auch darüber, daß zur Annahme der Vorschläge nöthigensallö stacker Druck auSgeübt werden solle. Doch soll noch kein Einvernehmen über bestimmte Zwangsmittel, die dann anzuwenden wären, her- gestellt sein. D»>S Ergevrriß der Beratkungen der beiden Staats männer soll unverwiilt den anderen Mächten mitgetheilt werden. In Pola herrscht eine Typhus-Epidemie. Die Natur der Krankheit, welche Anfangs milde war. ist bösartiger, die Sterb lichkeit eine erhöhte geworden. Die wohlhabenden Familien ver lassen Pola, der ärztliche Dienst ist gänzlich ungenügend: cs kommen etwa 160 Krönte aus einen Arzt und wird dringend Zuzug von Aerztcu verlangt. Einige Marineärzte wurden vom TypbuS befallen. Frankreich. In der Deputirtenkammer beklagte sich Pellctan darüvc., daß dieFlottengeheimnisse nicht entsprechend gewahrt wür den. und fragte, ob es richtig lei. daß der Mucillemtnsitcr dem Marine-Aklacha der deutsche» Botschaft die Erlaubniß erlherli habe, dörr erfolglosen Manöverversuchen des Panzerschiffs .Carnot" bei- zuwohncn. Der Marincminister erklärte hieraus, er habe dem deutschen Marine-Attucb- gestattet, den Hasen von Toulon zu be suchen : der franzöloche Marine-Attachö in Berlin genieße dieselben Vorrechte und habe alle deutschen Hasen und Schisse besucht. (Beifall.) Prinz Arenbcrg. der Präsident der Suez-Kompagnie, ist nach Egypten abaereist wegen der Förderung des Projekts, in Port Said eine Kolossalstatue für Lcsseps zu errichten. Gerüchtweise verlaute!, der Londoner Botschafter de Eourcel bade dcmissivnirl. Italien. Die Interpellationen in der Deputirtenkammer über die angebliche Mitzwirthschast mit den Erdbebcngeiöeru ende ten mit einer neuen Niederlage der Gegner Cnöpi s. Der Minister präsident selbst betonte, daß bas Ministerium jeder Bersolgungs- abficht semstehe und den amtlichen Bericht, dessen Forni noch Anlaß zur Kritik geben werde, nur aus Verlangen der.Kammer vorgetegt habe. Die von Eavallottr schwer verdächtigten »nd wüthent» angegriffenen Abgeordneten Galli und Paiamengbi stellte» fest. Laß der ungedrohtc Nachweis ihrer Pflichlvergeisenheit ausgeblieben sei. Spanien. Vor dem Kriegsgericht in Barcelona wird unter Ausschluß der Oemnliichkeit gegen die Urheber detz anarchistischen Bombenanschlag« verhandelt, der am 7. Juni d». I. in der Straße NuovoS EambioS gegen eine Prozession verübt wurde In den Prozeß sind über Ivo Personen verwickelt. Die Staatsanwaltschaft verlangt die Todesstrafe für 28 Angeklagte und lebenslängliche Zwangsarbeit für 68. Äicheri, der Berüber de« Anschlags, ist sehr gefaßt. Als ihm mitgetheilt ivnide, daß er wahrscheinlich in Kurzem erschossen würde, ragte er: .Das soll mich sehr freuen. Ich be- türchtkte. man werde mich mit dem Würaetien umbringen, die Er schießung ist mir lehr erwünicht." Als ihm die Anklage vorgeleien wurde und der Staatsanwalt ihn fragte, ob er als Bürgichast IttO.OOO Pesetas erlegen könne, brach er in lautes Lachen aus und ries: „Herr Advokat! Glauben Sie mtr'S, wenn ich 10 »,000 Pesetas besäße, würde ich mich nicht hier im Geiängnisse oefinven!^ Die Eingeborenen in Lanao aus Mindanao haben sich empört und den Befehlshaber eines spanischen Kanonenboots verwundet. Auf Mindanao herstcht große Erregung. Man befurchter einen ernsten Ausstand. Zahlreiche eingeborene Soldaten, welche in svaniichen Diensten standen, deiertiren täglich. Tie Lage in Manila ist beunruhigend. Norwegen. In Laurvik wurde Mnnlag früh etwa um 9 Uhr ein Erdbeben in der Richtung von Osten nach Westen ver spürt. In .Karlstadt (Schweden) wurden zwei auseinanverwlgenoc, außerordentlich starke Ewerschütterangen in der Richtung von Subweit nach Nordost w ihrgenommen, welche erlva 20 Sekunden dauerten. Häuser und Hansaeräthe schwankten. Das Erdbeben wurde auch au anderen Stellen der Provinz Vcrmland verspürt; ein starkes Gepolter ging hier den Stößen voraus. lliuffland. Der Kriege minister General WcnmowSky ist schwer an der Influenza erkrankt, was bei dem hohen Alter des Generals als besorgnißecregend erscheinen muH. Bei de» Dtudeitteiiexccssen in Moskau sind 1200 Studenten mrd 300 Arbeiter verhaster worden. VierStudeulen. welcheeiuem Soldaten dgö Gewehr Wegnahmen, wurden vor das Kriegsgericht gestellt. Einer wu>de zum Lode, die übrigen zu je zehn Jahren schwerer Zwangsarbeit veructheilt. Amerika. Die in den Vereinigten Staaten verbreitete Nach richt. daß Maeeo durch Bcrrakh getobter worden sei. rief in Washington große Erregung hervor Der Senator Call brachte im Senat Beschlußauträge ein, weiche sich scharf gegen Spanien aussprccheu. Es wird darin das Eoirseit für auswärtige Angelegen heiten ausgefordert, eine Untersuchung darüber auzustellcn, ob die Meldung von der Ermordung Macco's wahr sc.', und ferner die Freilassung aller amerikanischen Bürger gefordert, weiche sich in der spanischen Strafkolonie Eeuta befinden. Der Senat überwies diese Beschlußanträge dem Komitee tue auswärtige Angelegenheiten. Kunst uud Wissenschaft. ä- König!. Hoss ch a us v i cI. Zuin ersten Male: Drei Einakter von Paul Hensc: „Der Sregreistmnk", ein Drama: „Schwester Lotte", ein Lastiviel: „Aus den Dächern", eia dramatischer Scherz. — Für die vornehme, um nicht zu sagen, dirtingurrte Dichlerversönllcht'eit Paul Hewe'S haben die.Hofbüluren von icher etwas über gehabt. Halbe Erfolge, ganze Mißerfolge haben sie nicht abichrecken können, immer neue Arbeileu dieses ungemein produktive» Dichters zur Nuftühcrina anznnehmen: für Henie, der vereinzelt auch schöne Theatcrsrege erkocht — wir erinnern nur an Stücke wie -Haus Lange, Koiberg, Wahrheit und Ehren schulden — bedeutete das immer eine Eunrilhiguug, den dorneu- reicden Weg des Dramatikers weiter zu gehen. Daß ihm aber das „speeisilch dramatische Talent" dabei bis heute noch fehlt trotz manches großen und echten Bühne,isiegeS, ist für uns ebensosicher, wie seine u»üi>ertrosfe»e Meisterschaft in der eleganten Novelle, in der der Dichter des „Salamander" — obwohl uns auch ans diesem Ge biete schon manches veraltet erscheint — bis jetzt noch nicht erreich: ist. Hcyie hat ein nie zu verleugnendes Talent, Alles novellistisch zu behandeln, d. l>. sein und des Lesers Interesse nicht ails die Aktion, aus drängende Geschehnisse zu konzentrireü, wildem in dir Stimmung, in die vorübergehende Sitntion, lurz in den Detcrii- reiz zu legen. Dazu kommt, daß sein feiner psychoiogiichcr Spürsinn, seine Kenntnis; der sensibelsten Regungen des MenschenhcrzenS, ihn immer zu allerhand Ausblicken uud Einblicken veranlassen, die man .war ebenso wie seinen scharf geschossenen geistvollen Dialog be wundern muß, die aber cmviindiich dieSpairnung rm Tcaina schädigen. Erst da. wo Heyle all' das zerfließende novellistische Element, die intimen plucholvgiichen Details weaiäßt und gröber arbeitet, wie >m „Hans Langes erzielt ec thcairalhche Wirkungen. Von dem rein poetischen und ästhettscheu Gesichtspunkt auS betrachtet ist dabei gerade das Werk sicher nicht die beite und voll verthigste Leistung des Münchner Dichters, den ein dunkler, unbewußter Drang eben immer wieder — mau könnte säst lagen willenlos — zur Bühne treibt. Selbstverständlich tritt dieie novellistische Schwäche — wie wir sie nenne» möchten in den modernen Dramen, in denen das „wie?" an und für sich mehr betont wird, als das .was?" noch stärker hervor, und auch die llullacheiteu und Unsicherheiten in der Charaktenstik. di- schon einzelne seiner Novellen auf- weiseii, kommen in verschärfter Form zu Tage. Alle diese Aus- stellangen müssen auch gegen die drei neuesten Bühnenarbeiter! Heyse's, die vorgestern Abend unsere Hosbühnc aus der Taufe hob, erhoben werden. Künstlerisch völlig einwandfrei, daß man sich io recht daran (reuen konnte, ist eigentlich keine Ver reiben. Den stärksten Anlauf nimmt der erste der drei Einakter „Stegreiftcuiik", der aber sehr übe! -- halb konventionell, halb i widerlich -- nusläuft. Archibald Stein, ein junger Assessor «Herr Wiecke), leider au hochgradiger Luugeirsctnviudjuchi, und dre Aerzte schicken ihn mit dem obligaten Achselzucken nach Kairo: man ahnt eS. er wird nicht wiederkvmmen. In der letzten Stunde vor seiner Abrcste lädt er leine Freunde Herrn und Frau Weudhauscn (Herrn Gunz und Irl- Politzl zu sich, sie sollen mit ihm den „Stegreif- trunk" trinken, wie man in Frankreich den AbschicdStcnnk nennt, den der Postillon, mit einem Fuß schon im Steigbügel, zu nehmen pflegt. I» dieser Letzten Stunde, in der der inngc Assessor in klonen de» Dichters, auch aus die unausgesprochenen, mit schau» spielerischer Verve Angina, ist allerdings eine andere Frage, Ter Dichter war, wie das seine Gewohnheit ist, kurz vor der Premiorc abaereist, — Daö Haus war gut besucht und im Ganzen und Großen heyiesreundlich aufgelegt, sodaß, wenn die Stricke anders gestellt worden wären, vielleicht die Physiognomie des Abends den Dichter — freilich unverdient — liebenswürdiger aiiueschuut Hütte. ^ ^ P A. Wolfs. f Der erste diesjährige Kammermusik-Abend von Frau Margarete Stern, den Herren Conccrtweister Petri nnd Frhr. v. Liliencron wurde durch dcn Bemch Sr. Maieslift des .Königs und Gurr Königs. Hoheit Prinzessin Mathilde cuis- gezeichnet. An der Spitze des Programms stand Rob. Schumann s v-mo»-Trio (op. 63), ein Werl, über das die kritische» Alte» mit gleicher EinmlUhigkcit abgeschlossen sind, wke über Beethoven s Kreutzer-Sonate, die sich dem Schumann ichcn Trio anrcihtc. Beide Werke wurden mit großer Vollendung zum Vortrag gebrach!, unter besonderer Auszeichnung die Beerhoven'sche Sonate. Da bei der letzteren beide Partien. Violine und Klavier, concertirend gestaltet sind, io bietet die z„»r Concerlstück werdende Sonate gleich dankbare Aufgaben für beide anstührenden Künstler. Frau Margarete Stern hat denn auch von Neuem ihre hohe und vor nehme Künstleckchast aus das Trefflichste bewiesen. Ihr sei» sinniges, von distingnirtem Geichmack geleitetes Spiel wurde hier von poetisch verklärender Wirkung, hervorragend in der geistvolle!: rhythmischen Ausführung und reizvoll in den subtil behandelten Schattlrungeii. In solchem Bottrage ist Frau Stern i» der 2 Hot die Künstlerin mit den Elsenfingern. der alle Nuancen, namentlich die des zarte» und dusligen Piano, unfehlbar zur Verfügung stehen. Herr Concerimeistec Petri führte die füigrcmanig gebt! deten Phrasen de« Adagio, daö schwungvolle, feurige P esto und besonders fthö» und klar im Ton und meistechajt in der Glieder- ung die Variationen deS zweiten Satzes aus. Gleichbedeutend, wie in der Ausführung der einzelnen Pulsten, blieben Frau Ster» und Herr Petri im Zivammeaspiel. das wie aus einem Gusse ge- formt erschien. Der Ausfühiuiig des im Tonkittistlerverein bereits gehörte» (i-mo!!-TrioS (op. 15) von Smetana war Berichterstatter verhindert beizuwohuen. II. 8t. c Im Köiiigi- Hosoperuhaus gelangen heute zur Ausführung: ,Der betrogene Kadi". „Der Kurmärker und die Picur d e" und „S o » » e und Erd e". Das König!. Honch.,» - s>ncl Gebt die H eyse' jche >r Einakter: „Der StsgreistrunO. „Schwester Lotte", „Aus den Dächern". Die Vorstellungen bc- i ginnen halb 8 Uhr. ^ Im Residcurtheatcc gelangt heute Nachmittag halb -1 Uhr ! zu ermäßigter Pretzen das Weihnachtsmärchen „2 ie Wunder blume. oder: Mutteriegen — Kindergiück" zur Ausi'ührung. Abends wird znm letzten Male „D re vssiziellc Frau" mit wollen den braven Gatten nicht betrügen: nach einem kurzen, von heißer Leidenschaft, Hustenansätten und Weinlrämpscn unterbrochenen tütn-a-tdto verläßt der Assessor seine Junggescllcnwobnnna. b-steigt ein Wagen vor: der Ässeisoc^hetritt. von seinem Diener, geführt. unterwegs zur Bahn, in der Dcmchke Gift genommen, den letzten Stegreiflmnk. um in den Armen der- geliebten Frau zu sterben. Der eintretende Arzt kann weiter nichts thun. als den ^.od zu kou- statiren. Ist die in das stück hineingezogene Schwindsucht eine Getchmacklosigkeit. so ist die Eachlrnng deS ideellen Ehebrnch-s- konstlkis eine Unehelichkeit des TicdterL: beides berührt äußerst peinlich, »nd läßt ein Genießen der reichen pitzcho- ioglscheu Feinheiten nnd der vielen trefflichen Einzelheiten im Dialog nicht aufkommen. Tas ziemlich heftige Zischen nach Schluß des Dramas war eine nicht gerade ictzhionable, crber nichc ungerechte Kritik des Publikums. Dacstellcrltch verdienten F-rl Polttz, die von wundervar eindringlicher Beredtsamkeit inr stummen Spiele war, und Herr Wicckc. der nur wieder zu viel Wotte unterstrich, wodurch seine sonst durchaus moderne Schauspiel kunst keichr einen Stich in's Gemachte bekommt, volles Lov, ebenso wie Herr Ganz, der den biederen, derben und etwas ungAchlachtc- ncn Ehemann mit vieler Natürlichkeit spielte. — Die beiden an deren Srücke „Schwester Lotte" und „Aus den Dächern" sind kur; zu erledigen Hübsch erfunden, wenn auch nicht sonderlich originell, und gur dnrchgefühck. erheben sie wvbl beide keinen großen Anspruch auf eine ästhetische oder kritische Würdigung. Dre .Heilung eines jungen Baumeisters von der Liebe zu einer „Dome aus den höheren Kreisen" — von Frau Basis aus das Vornehmste repräftntitt — durch „Schwester Lotte", eine ganz prächtige alte Jungfer-, die noch viel prächtiger von Frau Wolf? dargesiellt wurde, entzückte das Publikum dermaßen, daß der Vorhang sich vier, fünf Mul am Schluß heben konnte. Am unbedeutendsten ist das letzte Stück, „Aus den Dächern", das die Begegnung eines Liebespaares, das vor Zeiteir grollend auseiuanderaegangen war, aus den flachen Dächern von Sorrent schildert. Die Plaudere!, der dramatische Scher; — wie der Dichter dicien Einsall nennt — konnte nur durch die entzückende Prkanterie deö F-rl. Diacono vorübergehend intereisiren. die als Pseudo-Amerikanerin alle Minen weiblictrcc Koketterie springen ließ, lleberhaupl wurde vorgestern Abend vortrefflich gespielt: man war sichtbar bei Laune, und -Herr Regisseur Erdmann darf befriedigt aus die Pcemkocen zucückblicken. Er hat gethan. was er konnte, um allen drei Stücken zu dem durchichlagenden Erfolg zu verhelfen, den leider nur „Schwester Lotte" fand. Wie viel auch hier aus das Konto der Frau Wolfs kommt, die auf alle Jnten- hierzu zur erstmaligen Aufführung. '< Im Nereinshause findet heute das dritte Nicodo- Concert statt. Zar Aufiührnng gelangen: Dante-Sinfonie von Franz Liszt^und die vollständige Musik zu Bnron's „Manfred" von Rob. Schumann ia der für Dresden uenen nnd ecstmaln zu Gehör kommenden Concerteinrichtung. Programme mit voll ständigem Te-ft der Gesänge sind bei den Saaldienecu und a» der Kasse zu haben. sRochlitz, 11. Dezember. Bei dem hier veranstalteten Albcrtfcst ernteten von allen Pcogrammnummern die Gelang, von Frk. Karvlinr Hugenbcrg aus Dresden den reichstell Bei fall. Frl H., welche ihren glänzenden Sopran uneigennützig in den Dienst der guten Sache stellte, erfreute das den geräumigen Festzaal bis auf den letzten Platz füllende distinguirte Publikum , durch den Vortrag der Arie „Er ichlätt" aus dem „Waffenschmied" ! und durch den Gesang von 6 Liedern. Jeder Vortrag erweckte : einen wahren Beifallssturm. Frl. H. ist eine durch und durch, - musikalische Natur, ist gesanglich vorzüglich geschult und singt mit! > einer beivundernSwecthen Leichtigkeit und musikalischen Sicherheit, i Die Stimme ist außerordentfich tragchhig und deshalb geeignet, s auch den grüßten Coircectiaal ausznsüllen: dabei ist sie geschmeidig,! j in den verschiedenen Registern gleichmäßig ansgebildet nnd spricht > -in allen Lagen gleich an. Frl. H. verfüg! begnem über einenj > ilmfang von über zwei Oktaven, und das zweigestrichene II. das! wir zu hören velamen, scheint keineswegs die abgeschlossene Grenzei nach der Höhe zu zu bilden. Die TextauSivrache ist tadellos.! Ter Bottrag othmek Anmut!) und seeienvolle Innigkeit, iä. öl. ! s- Herr und Frau Direktor L e h m a nn - Oste n sind kürflich in Prag in einem Cvncerte des unter dem Protektorate der Krön- j Prinzessin Stephanie stehenden Deutschen Siugoereins mit schönem j Erfolge ausgetreten. Tic „Bohemia" berichtet hierüber: „Das- Kimstlervaar erfreute sich durch das vollkommen eiubeitliche Zu-> sammeuspiel au» zwei Kiavieren eines vollen Erfolgs und war rm Stande, das wärmste Interesse der Musikfreunde zu erregen. In! den vorgetrageuen fünf Kompositionen trat daS virtuose Element! und die hochentwickelte Technik der Beiden in vortheilhastrster! Weise irr den Vordergrund, und die Bortruge gaben das Zeugniß! -einer seinen Keirnmiß der zu erzielenden Klangwirkungen und! Toiispieltombiiiationeu." Das „Tagcbl." schreibt: „Ihr Svrel ist ! ein Herz und ein Schlag, ihre Technik steht auf der Höhe der! ! Küiistlertthaft. Unter den vorgetrageneu Stücken erzielten das j Andante von Chaminadc und ein Concertino von Thern (auch ! einem Konkurrenten) gerader,! stürmischen Beirall." r Eine neue Mtllöckec'jche Operette: vcdlicht" gelaugt nächste Woche ini Theater au der Wien zuin ersten Male zur Aussuhrnng. s Der bcrirhurte Chirurg Geh. Medizinalenth Professor Dr. Ernst v. Bergmann, Generalarzt l. Klasse ü Ia, kutto des preußischen SaniiätsoffizrerkorpS und Direktor der chirurgischen Universitätsklinik in Berlin, feiert beute seinen 60. Geburtstag. st Im Arnvld' schcn Kunsttalun (Witsdrufferstraße 1) ist gegenwärtig ein effektvoll kombrnirreS Bild ausgestellt, das einige ttverlhvolle Stücke der Waffen- und T rov bä ensa m mI ii » g - oes bisherigen GmwerncucS Majors Dr. v. Wißmann behandelt. Das Bild hat nicht nur einen bewnderen kuitnrhtstocijchen Wer:!,, sondern gicbl auch cinen hervorragenden Wandschmuck ab. Als solcher eigner es sich in erster Linie firr Kolonralheime und sonstige Raume, rn denen die Freunde der kolonialen Sache verkehren, und verdient allseitige Auimerksamkeit. -i- Im Emil Richter'» K u rr si Handlung (Praqerstratze) ist die Ausstrllrina der neu eingetroffenen Werte soeben beendet. ES üno noc!» bin,:» gekommen: noei Werke von Georg v. Boddie». „Plänkler nnd Ar tillerie im Schneegestöber", Georg Lstler, „Straße in Rapallo", N. v. Har. nen „MondtLeintanbrchaft", A. Vesegang „Aiederrheintzchc Landtchast". L. Mrmibe „Winterlicher Wald", Ehr. Mali „Abend am Ackernes" sowie drei Land charrea von N. Sclweyer, Aguarellcrr nnd Zeichnungen von Nobida (Paria) und Ätrrvart (Paris) Künstt« des ftanMrchm Minineriums der Kv- lonierr. Großes Intcrehe erregt das inr Lchauscnster ausgesisllle Pracht werk „Karlsbad-' von W. Gaule. Es enthält sehr charaktcristriche Scenerr aus der» Badcteken, reizvolle malerische Ansichten, die jedem Gaste dieses vielbesuchten Kurorts eine werthvolle Erinnerung sein dursten. Aon neuen Vrachtmerkcn envädnen wir ssmer noch : Aus dem llwsöchen Süden, Lecke: Richard Dagrier's Werk: Internationale Kunimusslstzung, Berlin lßga! ! Lenvemeld: Nus den Alpen, Rtzurdt das Mntterbsrn nnd seine Geschichte. -h Die iseler zum 80. Gehuctstage des Herrn F e r d. Gier ch, di e j Herr Tireklor Paul Lei.mann-Dsicn unter Mtwirkung einiger vorzirgtrcher I Lebtträste scnrer Musikschule r-eraitziallet, snrvet Lonnabend de» !8, Dez., Abends ö Nbr. im Saals des (Luropäochen Hrpes r»r Peilern des Aestors der Dresdner Kritik s!a!:. Las Programm enthält rueisr Werke des grelle,! Komponisten und LchrillstellcrS. Gtngcleitet wird die Aufführung mit einem Prologe, von Freiin Alice v. Gaus,- versaßt. Karten werden durch die Eürlrch'sche Mnsisichule (Walvurgisittaszes ausgegeben. * Von dem Präsidenten Krüger erzählt Poultncy Bigelow i» „Harpers Magazine" folgendes Gcschichkchen. Eines Eaas besuchte ein englischer Herzog, der keineswegs eingebildet, aber sehr wenig zungengcwundt war. den ulten Präsidenten Krüger, und es entspann sich dabei folgende Konversation, natürlich mit Hilfe eines Dolmetsch : Der Herzog: „Sagen Sie dem Präsidenten, daß ich der Herzog von — vin und da» ich gekommen bin, ihm meine Aufwartung zu machen." Krüger gicüt ein Grunzen von sich, das Willkommen bedeutet, Ter Herzog nach langer Pause: „Ah. sagen Sie ihm, daß ich ein Mtiglrcd des englischen Parlaments bin." — Krügcc grunzr wieder und zieht eifrig an seiner Pseffc Ter Herzog nach einer noch längeren Pause: „Und Sic tonnten ihm sagen, rch sei — eh — ein Mitglied des Hause« der Lords — ein Lord — ver stehen Sie?" Krüger zieht an der Pfeift-, wie zuvor, und nickt. Der Herzog nach einer noch verlegeneren Pame. wahrend deren Seine Gnaden zur Uederzengring zu kommen schien, daß er sich immer noch nicht genügend idenlifizirt habe: „Eh. eS dünste den Präsidenten tnrerelsiren, zu erfahren, daß ich ei» Vicekönig war" — Krüger: „Oh. ein Bicekönig? Was ist das?" - Herzog „Oh. ein Vicekönig — das ist so eine Art König, verstehen Sic." — Krüger rauchte einige Augenblicke schweigend weiter, offenbar einer solchen Unterhaltung müde. Dann wendete er sich zum Dolmetscher und sagte brummig: „Sagen Sic dem Engländer, daß lck> ein VieWct war I" Vrer-irer* Nachrichten. Nr. 317. Leite 3. «M Mittwoch, 1«. Dc.zbr. 18'.»(L
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