Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 14.06.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19060614018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906061401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906061401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-06
- Tag 1906-06-14
-
Monat
1906-06
-
Jahr
1906
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 14.06.1906
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
und 0.90 Ml., unter 4. 4 Mt. und 0.90 Bit., unter L. 2.70 Mk. und 0.60 Mk, unter 6. 2,70 Mk. und 0.90 Mk.. unter 7. und 8. 4 Mt. und 0.90 Mk. Alle« Weitere erfuhrt man aus einer Uebersicht. welche bei de» gröbere» sächsischen Eisenbahnstationen, sowie bei den Auskunftsstellen tn Dresden. Leipzig und Chemnitz von hentt Donnerstag ab unentgeltlich zu haben ist. — Der Sächsische AltertumS-Berein besuchte kürzlich auf ferne« letzten Studien-Aussluge die beiden unterhalb Meißen an der Elbe gelegenen Schlösser Hirschstein und Seußlitz. Ins- besondere bot Schloß S e u b l > tz, das sich aus den Grund mauern eine» ehemaligen Clarissinnen - Kloster» erhebt, den MtertumÄreunden ein« Fülle deS Interessanten und Sehens- werten. In der alten Schloßkirche wurde auch der dort aus gestellte. vis jetzt bekannte älteste Grabstein Sachsens, «in ehrwürdiges Denkmal aus dem Jahre 1288, eingehend besichtigt. Der mehrere Zentner schwere Stein, der tzi« Form einer mächtigen Platte hat, wurde im Jahre 1900 aelegentlich der Neutäseluna des Altarplatzes der Seußlitz« Kirche ausgefunden. Nach den Mitteilungen von Otto Eduard Schmidt im „Neuen Archiv für Sächsische Geschichte" wurden bei .diesen Nachgrabungen zunächst einige Grabsteine der Familie von Pistorius gesunden, der Seußlitz seit der Mitte de» IS. Jahrhunderts gehörte, sowie einige andere Grabsteine, betende Nonnen und Aeblissmnen darstellend, mit teilweise guter Bildbauerarbeit aus dem 16. Jahrhundert. Der inter- essaute Fund aber kam etwa 1 Meter unter dem Altar zu Tage: «me ungefähr 10 Zentner schwere, dicke Sandsteinplatte, die über einer aus großen Ziegeln gemauerten Gruft lag. Auf dem Steine ist das Bild eines Mannes, nicht im Relief, sondern in breiten, vertieften Linien von nicht ungeschickter Führung dargestellt. Leider fehlt das oberste Stück der Platte mit dem Kopfe, doch ist das unterste Stück des großen Bartes zu er kennen. Der Ritter trägt die noch halb römische Gewandung des 13. Jahrhunderts: zwischen den Füßen wird das Schwert sichtbar. Die Linke halt den dreieckigen Schild, die Rechte den Knauf des Schwertes. Die in großen, gotischen Buch staben des 13. Jahrhunderts ausgeführte Inschrift ist teil weise zerstört. ?Ius ihr geht hervor, daß die Platte die sterb lichen Rest« eines Dominus Conradus bedeckte. Der Name des Geschlechtes ist ausgebrochen, und auch der Schild gibt nicht genügend Auskunft. Auf ihm sind nämlich ganz deutlich drei Rosen «ingemeißeltj die der obengenannte Forscher für das Wappen der Schlemitze hielt. Das Stammschloß dieser alten sächsischen Adelssamilie liegt mir wenige Wegstunden westlich von Seußlitz auf dem linken Elbuser. Bon anderer Seite wird behauptet, daß das Wappen aus die längst ausgestorbcnc Familie von Schellenberg hinweist. Bei der demnächst statt- ftndenden Aufnahme des Schlosses Seußlitz für das sächsisch« Jnventarisationswerk dürfte noch mancher interessintte Fund aus Sachsens Vergangenheit zu er warten sein. Dos ClorMnnen-Klost« zu Seußlitz wurde im Jahre 1266 von dem Markgrafen Heinrich dem Erlauchten ««stiftet und 1041 unter der Regierung Herzog Heinrichs wie der cnifgelöst. Es war eins der stattlichsten und reichsten Klöster der Mark Meißen und bot selbst Fürstinnen ein Asyl. Heule stehen nur noch einige Umfassungsmauern des Friedhofs aus der Klosterzeit. Der oben erwähnten Ausnahme und der weiter geplanten Ausgrabungen in der Kirche darf mit um so grö- herein Interesse entgegengesehen werden, als außer mehreren Wettinischen Fürstinnen auch der Sohn Heinrichs des Er lauchten. Dietrich der Weise, 1286 und dessen Sohn Friedrich Tutta 1291 im Kloster Seußlitz begraben worden sind. — Die Rückkehr der Truppen aus den Herbst- » düngen in die Standorte erfolgt in diesem Jahre wie nach stehend: die Fußtruppen am 22. September, mit Ausnahme des 102. und des 103. Infanterie-Regiments, die ihre Garnisonen am 23. September erreichen; von den berittenen Truppen: Gardereiter-Rcgiment und 18. Husaren-Regimcnt am 26. Sep tember, 19. Husaren-Regiment am 2. Oktober, Reitende Ab teilung 12. Feldartillerie-Regiments am 25. September, die Feldartillerie-Regimenter Nr 26 und 64, sowie Trainbataillon Nr. 12 am 26. September. — Wie aus der Vckanntmachuna des Vereins „Erzgehirger" ersichtlich, läßt die Königs Generaldirektion der Staatseisen bahnen den ersten billigen Sonderzug nach dem Erz gebirge ab Hauptbahnhof Dresden-Altstadt nächsten Sonn tag. den 17. Juni, früh 5 Uhr 25 Min. abgchen. Der Fcchr- kcrrtenverkauf findet nur von morgen Donnerstag bis Sonnabend abend 9 Uhr statt. — Al» HaupNokal für die Veranstaltungen deS 3. Sächslschen <8ernadierta ges zu Pirna am 21,22. und 23. Juli ist der Schntzenfestsolon auf den Elbwlcsen am Bahnhofe bestimmt worden. Dort findet statt: der Brgrüßnnaskommers an, Sonn abend den 21. Juli, das Soinmcrsest am Sonntag de» 22. Juli nachmittags, zu dem auch die Elbwiestn selbst und das angren zende große Saal- und Garten-Etablissement „Earolabad" be stimmt sind, und der Festball des 1. und 4. Bataillons vom Regiment Nr. 100 sowie der ehemaligen Leibbrigade, während für das 2. Bataillon vom Regiment Nr. 100 das Hotel „Kaller- Hof" ans der Gartenstraße in Aussicht genommen ist. Der Kommers mit Schlußball am Montag findet im Hotel zum „Schwarzen Adler" und im „Earolabad" statt. — Zu einer Erinnerungsfcier in Langensalza ladet der dortige Magistrat die Veteranen von 18W ein. Alle Teilnehmer an dem Kampfe von Langensalza, denen daran liegt, am Tage der 4 0. Wiederkehr des Schlachttages mit ihren überlebenden Kampfgenossen nochmals ans der Stätte ihres Ringen» zu vereinigen und dort der gefallenen Kameraden in einer ernsten Gedächtnisfeier zu gedenken, werden zu einem Be suche der Stadt vom 26. bis 28. Juni d. I. gebeten. Unterkunft wird ihnen und ihren Angehörigen arm zur Verfügung gestellt werden, doch wollen sie sich dieserhalb rechtzeitig unter Angabe de» Truppenteil», dem sie am Schlachttage angehört baden, an den Magistrat wenden. Für den 26. Juni ist abends 8 Uhr eine Begrüßung im Knfseehause vorgesehen. Am 27. Juni, morgens 7 Uhr, findet Schmückung der Gräber mit Choraimusik statt, 9 Uhr: Gottesdienst in der Bergkirche, 1l Uhr: Besichtigung der Kriegseriiinemngen im Museum, über Mittag: Zusammensein im Schutzenbause, nachmittags 3 Uhr wird man sich z» einer Gedenk feier auf dem Schlachtfcldc am Badewäldchen vereinigen. — Deutsche Kunstgewerbe - AnssteIlun g. Trotz de» ungünstigen Wetters ist der Besuch der Ansstcllunw insbeson dere von auswärtigen Interessenten, durchweg gut. Die Dauer karte» finden infolge der zaklreichen Veranstaltungen, bisher britische Northumverlaiid-Husaren-RcainieiitSkavelle, Garlitz« Stadtkapelle, Pistonvirtnosin Erna Finke, Julius EiiiödSlwscr mit seiner Kapelle, die öfteren Doppelkonzerte. die Konzerte der Männergesangvereine „Tcmnbänser" und „Einigkeit", die Prachtvollen Feuerwerke und Illuminationen des Parkes usw., flotten Absatz. In gleichem Maße wie bisher werden diese Unter haltungen auch weiterhin geboten. Am 20. Juni findet daS Kon zert der StaatSeisenbahnbcamten, dann ein Monstrekonzert von 4 Kapellen, Ende des Monats ein großarlifles Schleusest statt. Die Preise für die Dauerkarten sind 6 Mk. für die Stammkarte, 4 und 3 Mk. für die weiteren Anschlußkarten. Eine Ermäßigung dieses Preises, der bei der Reichballigkeit und Vielseitigkeit der Ausstellung vollauf gerechtfertigt ist, findet auch in den späteren Monaten nicht statt. Das Preisrichter-Kollegium tritt am 15. Juni zusammen. — Auf das voni Sächsischen E l b g a n s ä n g erb u nd, der stärksten Chorvcreinigung Dresdens und der Umgebung, znm Besten des Dresdner S ch i t l e r - D e » km a l - F o » d s Sonn tag den 17. Juni zu veranstaltende Konzert im Ans stell u n g s p a l a st, das um 7 Uhr abends beginnen wird, sei hierdurch hingcwiesen. Der Elbgausängerbund wird mit 700 Sänger» daS Podium betreten. Der musikalische Teil des Festes liegt in den Händen der Kapelle des 2. Gienadier Regiments Nr. lOl, unter der Leitung des Herrn Musikdirektors Schröder. Den Elbaausängrrbnnd wird, wie schon »ntgetcilt. dessen bewährter Dirigent Herr Kantor Kettner leite». Das Komitee des Schiller- Denkmal - Fonds wird ausnahmsweise von abends 7 Uhr ab den Zuschlag von 50 Ps. aus die Taueilarten zu 6, 4 und 3M. erheben lassen. — Der Männergesanqverein Liederkreis - Har» monie hat in seiner diechährigen Hauptversammlung in den Vorstand gewählt die Herren Fabrikant Ad. Eckhardt, Vor sitzender, Schneidermeister August Schultze, Stellvertreter, Sekretär Hermann Fuchs, Kassierer, Fabrikant Hermann Krause, Stellvertreter, Sekretär C. Weber, Schriftführer. L. Hanke, Stellvertreter. Rendant a. D. K. Länacseld, Noteiimeister, Kauf- «uw W. Rehseid. Stellvertreter. Als Vergnügungsvorstände wirken im neuen VereuiSjohre die Herren Schlossermcister P. Lieske und Ingenieur Edmund Müller. Di« passiven Mit- glteder wird Herr Kaufmann Richard Schulze vertreten. Die musikalische Leitung liegt seit nunmehr 22 Jahren in den Händen des Herrn Kantors W. Dorrmann. Der erste Vorsitzende des Vereins, Herr Fabrikant Ad. Eckhardt, wie Herr Fuchs, sind "n Oktober dieses Jahres 30 Jahre Mitgliw -des Vereins. Nächsten Sonnabend und Sonntag unternimmt der Verein eine Herrenpartie nach Salesel, Leitmeritz. Skalitzer Einsiedelei, Kundraditz, Mache. Sebuscin. — Ter Sächsische Militär-Lebensversiche- rungs-Verein «u Dresden erfreut sich einer sortaesetzt steigenden Inanspruchnahme. Es traten ihm allein im Monat Mai 494 Mitglieder mit 105 600 Mark Versicherungssumme neu bei. seit Beginn des neuen Geschäftsjahres ll. Februar! aber 2976 Mitglieder mit 617 040 Mark Kapital. Auch an die Leistungen des Vereins wurden erhebliche Anforderungen ge- stellt. Er zahlte im vergangenen Monat für Sterbesälle usw. Ä 129 Mark 78 Psg., seit Anfang Februar d. I. 89 709 Mark 49 Psg. und seit seinem Bestehen (1875! 2 132 606 Mark 79 Psg. aus. — Die Gefells ch a ft „Hoffnung" unternimmt Sonn- tag, den 24. Juni, per Extradampfer eine Fahrt nach König- stein und von da einen Ausflug nach dem Lilienstcin. . — Der Redakteur der „Sachs. Arbeiler-Ztg." Riem war wegen einer in diesem Blatte veröffentlichlen Skizze „I in Ga r n i l on l a za r e t l" vom Landgericht Dresden zu 6 Mo- naten Gefängnis, verurteilt worden. Tie von Herrn Riem gegen das Artest eingelegte Revision ist vorgestern vom Reichs gericht verworfen worden. Gleichzeitig wurde die weitere Verurteilung Niems wegen Beleidigung der Firma Biesolt u. Locke in Meißen im ..Bvikssreiiiid" zu 600 Mark Geldstrafe durch Verwerfung der Revision bestätigt. — Eigentümlich berührt es. daß die anhaltenden »iid starken Niederschläge der letzte» Tage fast ganz ohne Einfluß ans de» Wasser st and der Elbe geblieben sind. Daraus kan» man den Schluß ziehen, daß das Erdreich sehr ausgetrocknet ge wesen ist. — In Tharandt sind Exzellenz Rangabe. Königs. Griechischer Gesandter in Berlin, und Baron Acton, Honig!. Italienischer Generalkonsul in Alexandria, mit Familien zu längerem Ausenthalt eingclrosfen und haben im „Stadtbad-Hotel" Wohnung genommen. — Nach einer am Montag stattgehabten Buchmusterung fand am Dienstag beim Vezirkskommando Großen hain die sogenannte ökonomische Musterung durch .Herrn Oberst v. Hennig vom 11. Infanterie-Negiment Nr. 139 lDöbelns in Vertretung des Komiuandeurs der 2. Infanterie- Brigade Nr. 46, Herrn Generalmajors Freiberrn v. Hausen, statt. Mit der von den Unteroffizieren und Mannschaften be- sonders respektierten „Ökonomischen" war beim Rezirks- kommando eine unvermutete Uebung für die Mobil- machung verbunden: es mußte ein», kriegsstarke Kompagnie (251 Mann! mit der Kriegsgarnitur des 3., Infanterie-Regi ments Nr. 102 eingekleidet werden. Zu diesem Zwecke waren vom Husarew-Regiment so viel Mannschaften abkommandiert worden, die an der Promenade vor der alten städtischen Turn halle und in der Turnstraße Aufstellung nahmen. Die Ein kleidung selbst erfolgte in der Turnhalle. Cin deutsches Oberhaus? DaS frühere Organ des Fürsten Bismarck, die „Hamb. Nachr.", macken in einem hochinteressanten Artikel den Vorschlag, als Gegengewicht gegen den Reichstag ein denlscbes Oberhaus zu schaffen, und führen dielen Gedanken svlgenderinaßen aus: „Die letzten unerfreulichen Vorgänge im 3,'eichstage lenken die Aufmerksamkeit wieder auf die Anomalie bin, die in der Legislative des Deutschen Reiches insofern bestellt, als dem Reichstage, obwohl er ans einem ganz demokratischen Wablmodns bervorgegangen ist, kein Oberhaus gegenübersteht, also mithin das Gegengewicht fehlt, welches iu anderen Staat-Wesen durch eine solche Körperschaft ansgeübt wird. Der Bnndesrat hat weder Ebarakter noch Funktion eines Oberhauses, sondern die eines Ministeriums. Es gebricht also im Deutschen Reiche an einer Instanz, die in anderen Ländern, sei es als Herrenhaus. Pairs- knnimer oder Senat besteht und dort nickt entbehrt werden kann. Dieser Mangel machte sich zur Bismarckschen Zeit nicht in dem Maße bemerkbar wie beute, wo sozialistische mit, kleriko-demokia- tische Einstüsse den Reichstag in einer früher ungeahnten Weise beherrschen und in der s chw ä ch l i cb e n und nachgiebigen Regierung keinen genügenden Widerstand finden. Die ver bündeten Regierungen wagen nicht, dem Reichstage, resp. dessen Mehrheitsparteien energisch entgcgenzutreten und geben selbst in den wichtigsten Prinzipienfrage» lieber nach, als daß sie es auf einen Konflikt ankommcn lassen. Wäre dagegen ein Oberhaus vorhanden, so läge die Sache wohl anders. Dieses würde, völlig unabhängig vom Reichstage, sich in keiner Weise um die Auf fassungen desselben zu kümmern brauchen und nach freiem Er messen über Annahme oder Ablehnung der Vorlagen in der Ge stalt, wie sie aus dem Reichstage hervorgehen, entscheiden können, während die verbündeten Negierungen dadurch, daß sie dem Reichstage direkt gegenüberstehen, stets vor die Möglich keit eines Konfliktes gestellt sind, wenn es sich um Annahme oder Ablehnung von Reichstogsbeschlüssen handelt. Tatsächlich ist die Lage jetzt die, daß bei dem Einkammershstem die Regierung, da sie doch vor jedem ernstlichen Kampfe mit dem Reichstage ängst lich zurückscheut, immer Ja und Amen zu den Be schlüssen desselben sagen muß, einerlei, ob sie dieselben für nützlich oder schädlich im Reichsinteresse hält. Daß dieser Zu stand schwere Gefahren in sich birgt, wird niemand leugnen. Wäre ein Oberhaus vorhanden, so würde dies der Regierung dem Reichstage gegenüber eine gewisse Stütze geben und jedenfalls als Puffer zwischen Regierung und Reichstag diene». Es würde die Gegensätze abschwächen, die heute so leicht KonMts- stimmung erzeugen ; es würde aber auch — und das ist »ns das Wich tigste — sich nicht scheuen, unter Umständen dem Reichstage den Fuß gner zu stellen, sich seinem Wille» zu widersetze» nnd lieber eine gesetzgeberische Maßregel in die Brüche geben zu lassen, als sie in der Form, wie der Reichstag es will, unter Preisgabe wich tiger politischer Grundsätze zu stände zu bringen. Jedenfalls kann die Nkichstagswirtschaft Io, wie sie letzt bettieben wird, auf die Dauer nicht mehr weitrrgehen, ohne daß das Reich über kurz oder lang der Zersetzung anheim fällt. Eins von zweien muß, wen» dies vermieden werden soll, in absehbar« Zeit ge schehen : entweder muß das Wahlrecht geändert, oder dem Reichs- toge ein Oberhaus gegeniibergcstellt werden. Trotz der offenbaren Verurteilung, welche das heutige Wahlrecht in allen cinsichligen Kreise» findet, glauben wir aber nicht, daß sich die Regierung, selbst im Falle höchster Not. dazu entschließen wird, den Schritt zu tun, den wir ihr so vst empfohlen haben, nämlich den Reichs tag bei einer sich darbietenden günstige» Gelegenheit aufznlösen, ein neues Wahlgesetz zu oktroyieren und sich dafür von dem neuen Reichstage Indemnität erteilen zu lassen. Dazu wird der Mut der jetzigen Regierung niemals onSreichen. Cher noch wäre sie vielleicht für die Idee zu haben, dem Reichstagsübel, »nter dem Ivir leiden, durch Errichtung eines Oberhauses zu steuern. Wir hegen zwar auch in dieser Beziehung die schwersten Zweifel an der Tapferkeit nnd dem Pflichtbewusstsein der Negierung, aber immerhin glauben wir, wie gesagt, daß ihr ein Versuch nach dieser Richtung hin noch eher zuzutrauen wäre als in der der Wahl- rechtsänoernng. Jedenfalls halten wir es für angezeigt. darauf hinznweisen, daß ein namhafter Vertreter der jetzigen Regierung, nämlich der Stnaissekrctär des Innern Graf Posadowsky, bereits in unserem Sinne aus daS Fehle» eines Oberhauses im Deutsche» Reiche hingewiesen hat. I» der Reichstagssitznng vom 12. Dezember 1905 äußerte er sich nach dem amtlichen Steno gran»» wörtlich wie folgt: „Ich behaupte, daß cs keinen Staat in der Welt gibt, wo neben eine,» so weitgehenden Wohlrechte, wie dem allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrecht, nicht neben dem einen Hause noch ei» Oberhaus be steht. Bei uns aber im Deutsche» Reiche beliebt eln solches Oberhaus nicht, denn der Bnndesrat ist eine Vertretung der Regierungen Seine Mitglieder sind an Instruktionen gebunden. In Ermangelung eines Overhanses ist deshalb der BunoeSrat ge nötigt, die Fnnkllonen, die in anderen Staaten das Oberbau« wabrnlnmtt. selbst wahrzunebmen. Deshalb hat er die gesamte Gesetzgebung, die hier aus dem hohen Hanse hcrvorgeht, seiner seits zu sichten und allen Anträgen nnd Gesetze», die er für das Sketch nicht für nützlich hält, selbst die Genehmtgnng zu ver sagen. (?) Damit hängt aber auch zusammen, daß die politische Brrantwortung, ich möchte fast sagen. daS politilche Odium, daS Wust ln anderen Staaten zum TeU da» Oberbau» trägt, auf d« Bnndesrat allein als die unmittelbare Vertretung der Regierung fällt" — Nun, wenn die Regierung diese Unbequemlichkeit und diesen Mangel selbst empfindet, so wird unsere Mahnung, sie abzustellen, hvsfentlich bei ihr um so leichter Gehör finden Jeden falls ist klar, daß das Deutsche Reich auf die Dauer mit dem Reichstage, wie er sich ietzt entwickelt hat. nicht zu regieren ist und daß. wenn das ReichStagSwahlrecht unangetastet bleiben soll, die Errichtung eines Oberhauses das einzige Mittel bleibt, einem Zusammenbruche des gesamten deutschen Parlamentarismus vorzubeugen." Jum Jubllöum des Vereins deutscher Ingenieure ist über den Verlaus des Festmahls und der zweiten Verfaumr- lun« noch folgendes zu berichten: Das in der Beschalle des Ausstellungsparkes in Berlin abaehaltene Festmahl verlier äußerst glänzend. Die mächtige Halle war feenhaft mit Blumen und Blattpflanzen geschmückl. Aus einer prächtigen Palmen- gruppe erhob sich die Büste des Kaisers. Geheimrai Siaby. derzeitiger Vorsitzender des Vereins, brachte das Kaijerhoch aus und erwähnte dabei eines Ausspruches, den der Kaiser ihn, gegenüber vor kurzem getan: „Was ich an dein deutschenIngenieur so schätze, das ist die Ausdauer, mit der er seine Ausgaben ver folgt. das ist die unerbittliche Arbeitspflicht, ohne die wir Deutschen in der Welt nicht vor an - kommen können, unv wie ich selbst hart arbeite von früh bis spät, so verlange ich von jedem Teulsche», Laß er seine Pflicht erfüllt bis zur Erichlafiunp. wie der Soldat auf dem Schlacht- seldc." — Ter Fiuauzmiiiist« Freiherr v. Nh es »baden zprach aus die deutsche Industrie. Er schilderte, wie er. ein Sohn des Ostens, im Verwaltungsdienst aufgezogen „und st ar k mit Tinte i n s i,z i e r t". durch seine Versetzung nach dem Nheinlande mit der Industrie in engste Beziehung gekommen sei. Da habe er ihre Bedeutung erst richtig würdigen gelernt und zahlreiche enge pevfönl'iche Beziehungen angcknüpst. die er nicht mehr missen möchte. Das Telegramm, das der Verein Deutscher Inge nieure <m den Kaiser gesandt hat, hatte, wie jetzt mit- aeteilt wird, folgenden Wortlaut: „Eure Majestät bittet der zur Feier seines fünfzigjährigen Bestehens in der Reichs hauptstadt versammelte Derem Teuficher Ingenieure um gnädige Annahme einer goldenen Denkmünze, welche der Verein mit Begeisterung heute an den Stufen des Thrones niederlegt als Ausdruck unauslöschlicher Tankdarkeit für das eindringende Interesse und die tiefgehende Förderung, welche Eure Mazesiät der deutschen Jiioemcurkunst und ihren Kulturausgoben stets haben zu teil werden lasten. Wir geloben, auch fernerhin in rastloser Arbeit und Pflichterfüllung Len Bahnen zu lolgcn, welche Eure Majestät der Talkrast des deutschen Ingenieurs im friedlichen Wettkampfe mit den ebenbürtigen Kräften anderer Kulturnalionen gewiesen haben. Der Ver«n Deutscher Ingenieure. Slaby." Vorgestern Punkt 9 Uhr erfolgte die Eröffnung der zweiten Versammlung durch den Vorsitzenden, Geheimen Rrgierungsrat Professor Dr. Slaby. worauf seitens des Vertreters des Vereins für Schulreform eine längere Ansprache folgte, in der die Tätigkeit des Vereins deutscher Ingenieure zur Förderung der Schulreform gewürdigt wurde. Zum Schluß überreichte er eine Adresse. Professor 'Slaby schlug namens des Vorstandes vor, dem Direktor Geheimen Baurat Dr. Peters die Summe von 50000 Mark zu bewilligen als Anerkennung für seine aufopfernde Tätigkeit für den Verein, und um ihm ein sorgenfreies Alter zu sichern. Die Versammlung stimmte diesem Vorschlag zu, woraus der Vorsitzende dem Geheimen Baurat Dr. Peters in einer längeren, die Verdienste Peters feiernden Rede von dem Beschluß Mitteilung machte. Sichtbar bewegt dankte Geheimer Baurat Dr. Peters für Viesen Beweis der Freund schaft nnd Anerkennung des Vereins. Es erfolgte sodann die Ernennung von Ehrenmitgliedern, wozu Geheimer Ban- rat Dr. Peters das Wort «griff. Mit dem Rückblick aus die 50>ährige Tätigkeit im Verein beantragte er di« Ernennung der Herren Boner. Lezius, Peschke und Sudhaus zu Ehren mitgliedern. wozu die Vevsamml'ung ihre Zustimmung freudig erteilte. Die Versammlung trat dann in den geschäftlichen Teil ein. Nach Erstattung des Geschäftsberichte» gedacht« Geheimer Baurat Dr. Peters zweier Verstorben«, des Ksirators v. Borrics, sowie des Fabrikanten Stei-ner^Sülz«. Di« Ver sammlung ehrte das Andenken der Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen. Es folgten einige geschäftliche Ausführungen über die Vereinsgrundstücke, sowie die Rechnungslegung für das verflossene Jahr, woran sich die Neuwahlen des Vorstandes schlossen. Als wichtiger Punkt ist noch das nun berührte Gebiet der Hoch sch ul- und Unterrichtsfragcn zu nennen, wozu Geheimer Banrat Dr. Peters das Wort ergriff. Im Verein mit der Gesellschaft der Naturforscher und Aerzte hatte der betrejfende Ausschuß eingehende Verhandlungen gepflogen, die die Ausstellung nachstehender Grundsätze zur Folge hatten: 1. Die technischen Hochschule» sollen Einrichtungen erhalten, welche die vollständige Ausbildung von Lehramtskandidaten für Mathematik und Naturwissenschaften ermöglichen. 2. Tiefe Ausbildung soll sich auch aus einzelne Gebiete der Technik er strecken, für deren Auswahl in der Prüfungsordnung Freiheit zu gewähren ist. 3. Ten technischen Hochschulen ist ein ent- Iprechender Anteil an der Oberlehrerp.rvfung zu gewähren. 4. Tie allaemeinen Abteilungen der technischen Hochschulen sollen das Recht ver Doktorpromotion erhalte». 5. Die technischen Hochschulen sollen Einrichtungen zur Ausbildung, künftiger Lehrer der technischen Mittelschulen erhalten: auch sind ihnen die — noch einzurichtenden — Prüfungen dieser Lehrer zu über tragen. Diese vom Ausschuß den Bezirksvereinen vornelegten Grundsätze zeitigten nur im letzten Punkte einige Meinungs verschiedenheiten, so daß dieselben einer nochmaligen Beratung unterzogen werden müssen. Sodann beschäftigte sich der Verein mit der Aus stellung von Vorschlägen zur polizeilichen lieber- wacbung der elektrischen Stark st romanla gen. Nachdem als Ortder näch sten Hauptversammlung Koblenz festgesetzt worden war, wurden der Hanslwltungs- plan für 1907 und eine Reihe interner geschäftlicher Angelegen- beiten erledigt. Die Herren Rateau, Westinqhouse und Woifi wurden zum 14r in,?, ir. v. ernannt. Hieraus ergriff Geheimer Regicrungsrat, Professor Dr. Riedl« das Wort zu seinem Vor- trag: Die Entwicklung und jetzige Bedeut ungderDamps- turbine n." v» Z Tagesgeschichte. Zum Jubiläum des österreichischen Generalstabschess Grafen Beck erschiene» am 11. d. M. in Scrajewo sämtliche Herren des Gcneralstabcs, um den Chef des Generalstabes zu beglückwünschen nnd ihm die voni Professor Marschall ausgcsührte Bronzeplakette, das Geschenk des Generalslabes, zu überreiche». JML. Polio- rek hielt bei diesem Anlasse eine Ansprache, welche tiefen und nachhaltige» Eindruck machte: „Im Namen aller Angehörigen des Generalslabes, dessen Chcs Cure Exzellenz seit 25 Jahren sind", sagte FML. Potiorek. „bringe ich mit den anwesenden Herren Eurer Exzellenz unsere ehrfurchtsvollsten Glückwünsche zu dem in seiner Art sast ei» zig dastehendenJesttaae dar. den wir und mit »ns die gesamte bewaffnete Macht der Monarchie beute feiern. Freudigen Herzens beglückwünschen wir Eure Exzellenz gleichzeitig zu dem allerhöchsten Handschreiben, mit welchem Se. Majestät unser aller- gnädigster Kaiser und König die Verdienste Eurer Exzellenz um Wehrmacht und Reich, uni Thron und Vaterland erneut abziie, kennen geruht baden. Auch dem starken Eigenwillen des Mäch tigen stellen sich nur zu vst zahllose unüberwindliche Schranken für sein Schaffen entgegen, welche in den Verhältnissen der Zeit» «wche seines Wirkens wurzeln. Solchen Hindernisse» sind Eure Erzrllcnz häufiger begegnet als die meisten anderen Männer in boher, leitender Stellung, und gar manches von dem, was Eure Exzellenz im Interesse unseres Herrschers und Vaterlandes an- slrcbten, konnte leider nicht verwirklicht werden. Trotzdem ist das Werk. doS Cure Exzellenz im Lause der letzten 25 Jahre zu stände gebracht haben, ein großartiges geworden. Es umspannt alles, was mit der Wehrkraft, ihrer Schlagfestigkeit und Kriegsbereit schaft. sowie mit dem militärischen Ansehen der Monarchie zu sammenhängt. In erster ist aber der heutige Brnrrowab
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)