Volltext Seite (XML)
7s. Jahrgang. AS AI Freilag, 1». Juni tSj» Gegründet 18S« SO illturk. DradlonIchrM: »,chr«B»«> Dr„d»». 8»rntvr««h»r-Samm,lnunm,»r: 28 241. Nur Ivr Dachlgelprüch» i 20011. °°"! l«. dw So.gunt l»2d «aqNch uo«lmalia»r ZuiirUu,,». >r«, i^us ,.i IvkvUyt PoIU>«zui,»k>r»>« lür Mono! Juni Z Mor> ohne Postzuilellunosaebühr. Nt».,»>»»»««» tu U>«n»i» warben nach SalLmorr orrrchn»^ au »inipaltige >0 m >ür auiwilrt, Zb Mg. Fam>'i»n-in,e>nen und Sl«uenae uche odn» >- ,'Uherkalb Ai PIy„ SU so mm »reit» R«t>ta,net«>h >So Piu Vlu 0N»rI»nq»dUSr >v Plc, Au»w Auttran» -qen-vora»bde,-I-> Dl, Anj»,a»n Anzeigen-Preise: 3Ä!u^l „k»rna»> vr«»« okne SchrlMeikin-, -in» Kauplgelchüichstelle: Niari«»Nra,» (SS,42. Druck u. D»rilia oon 2Irptck L A»lchar«> m Dresden. PoMcheck-jtonto >OES Lr«»d»n. Mack^ru l nur Nt» SruUicder QueUen^noad» .Dresdner Itackr >u>nlli» Unn-r>-n->. SMriNUiick. werden mch i»>»ew»Nrt. /^Ntzk-Ksnnl gute Pktzi8>vss1s Wsiris uncl Klletis I-imbäeksr sssmspi'seksi' 13777 Jofisoo-ösoi'gsii--^IIss 8 Zie Axt an der Wurzel des Staates. Ausrufe -er geistlichen un- sittlichen Autoritäten gegen -en Volksentscheid. Dr. Marx über -ie Lage -er Lan-wirtschast. — Die Schwierigketten -er französischen Kabinettsbildung. Kultur un- Enteignung. Berlin, 17. Juni. Der srülicre preußische Kultusminister Dr. Boclitz setzt i» einem ZettungSaussatz auseinander. dass der Volksentscheid vom 2V. Juni auch eine Entscheidung darüber bringt, ob Dcutschlaud als ünltnruation weiter« bestehen wist oder nicht. Wenn das Recht zerbrochen wird, schreibt Tr. Boelttz, dann hm die T o d e s st u n b e des sitt lichen Staatölebens geschlagen, dann ist das Funda- ment des Staates als eines Kulturstaates vernichtet. Das ist das Erschütternde an dem 2V. Juni d. I. Ist erst diese Grund lage zerstört, dann brich, alles zusammen. Glaubt denn allen Ernstes jemand, daß Kommunisten und Sozialisten, wenn sie erst einmal den Volksentscheid zu ihren Gunsten durchgesctzt haben, vor den übrigen .Hakob- jcklen" Halt mache» werden. Man mache sich doch einmal klar, wie heute schon KvmmtnMen und Sozialisten die Tren. nung von Kirche und Staat dadurch herbeiführen wollen, daß sic die alten rechtlichen Verpflichtungen des Staates gegen die Neltgtonsgesellschaften, die unumstritten sind, ein- fach aufzuhebcn suchen. In de» Parlamenten bleiben sie noch in der Minderheit. Ist aber erst die Leidenschaft der Menge gegen das „Privateigentum", gegen die „bürgerliche Gesell schaft", gegen die Kirchen als „Berdummungsanstalten und Hochburgen des Psafsenbetruges" leidenschaftlich erregt und für kommunistisch-sozialistische Experimente aufgcstachelt, so wird die zweite Stütze des sittlichen und kulturellen LeberiS unserer Nation fallen. Die Kirche hat ein Recht auf eine Ber- mogensauscinandcrsctzung mit dem Staat, genau so wie die ehemaligen Fürsten. Die Sozialisten und Kommunisten wer den sagen: „Genau so wenig wie die Fürsten", und wieder wird der rasende Sturm des Volksentscheids entfesselt werden und wieder wird gekämpft werden gegen Recht und Sitte für unheilvollste Zerstörung unseres Kulturlebens. Ist aber das Recht in den Staub gesunken, die Sittlichkeit ver nichtet, dann wehe unserem Volke, da« auch i« der Erziehung der Nation der Kräfte beraubt wird, d,e heute «och als Lebens kräfte sprudeln. Es geht tatsächlich um die Grundlagen unserer tausend jährige« Kultur. Diese Grundlagen wollen wir uns nicht rauben lasten. Nicht der Krieg hat sie uns nehmen können, nicht der Umsturz hat sic mit sich fortgerisscn, eine neue Revolution soll kommen» schlimmer als die erste. Sie will die Axt an die Wurzel unserer Kraft legen. Wer das eingesehen hat, der bleibe am 20. Juni von der Abstimmung fern, denn damit wirkt er für ein Deutschland, das leben will, für ein Deutschland, das sitt lich und gesund sein will, für ein Deutschland, das sich ein mal wieder erheben will aus Ohnmacht und Schwäche zu innerer Stärke und Kraft. Kirche un- Enteignung. Der Stuttgarter Landcskirchentag gegen die Enteign«»«. Stuttgart, 17. Juni. Auf dem in Stuttgart versammelten Landesktrchentag kam es zu einer bedeutsame» Aus sprache über die Frage der Fttrsteuenteignuug. Nachdem Ktrchcnpräsidcnt Dr. Merz unter Bezugnahme auf seine jüngste Kundgebung gegen die entschädtgungslose Enteignung betont hatte, daß das Recht auch der evangelischen Kirche, zu einer solchen Frage das Wort zu nehmen, feststehc, sprachen, die Gruppenführer ihre Zustimmung zu dem Vorgehen des Kirchenpräsidenten aus. Abg. Dr. M o st h o f erklärte, die Kirche würde ihre Ausgabe verkennen, wenn sie zu einer Krage, die eine ernste sittliche Sette hat. immer deshalb schweige, weil diese Frage „populär" sei und eine politische oder wirtschaftliche Sette habe. Was bet der beantragten Enteignung unserem Volke zugemutet würde, sei ein Au- griss aus die elementarsten sittlichen Grundlagcn der Ge meinschaft. der vor dem christlichen Gewissen nicht bestehen könne. Wenn unberechtigte Ansprüche von Fürsten erhoben worden seien, so könne das nicht ernst genug verurteilt wer den, aber die Gcwisscnscntscheidung selbst dürfe dadurch »icht beeinflußt werben. Ein Mahnruf an -ie Katholiken. Berlin, 17. Juni. Der Weihbischof von Berlin, Dr. Deitmer, erläßt an die Grob-Berliner Katholiken einen Ausruf, in dem er sich aus das schärfste gegen die von seiten -er Linken unternommenen Versuche wendet, Katholiken zn einem Eintreten f ü r den Volksentscheid zu veranlassen. »Auch die Majorität des VvlkSwtllens, so betont der Berliner Weih- bischos, könne sich über Gottes- und Stttengebote nicht hinweg- setzcn. Da der Volksentscheid eine entschädigungslos,! Enteig- nung ber Fürsten ohne Untersuchung, waö Privat- und Staats eigentum ist, fordert und damit zweifellos Privateigentum enteigne» will, widerspricht er dem Sitten gesetz. Eine Stimmabgabe mit Ja ist demnach unsittlich und unchrtstlich. Wenn jung« Leut« angeblich au» Gewissen»uot eine andere Parole ausgeben, soist thrGewissen irrig, ihr össentlicher Widerspruch gegen den Erlast der deutschen Bi schöfe in Sittensragen unkatholisch. Die Bischöse rufen in Zeiten der Verhetzung und Verwirrung als Hüter, als Wächter von Sitte und göttlicher Ordnung den Katholiken zu: Du darfst bei diesem Volksentscheid nicht mit Ja stimmen! Der Ausruf -er Liberalen Vereinigung. Berlin. 17. Juni. Die Liberale Verein igung ver öffentlicht zum Volksentscheid folgenden Ausruf: Nicht um die Staatsform geht am 20. Juni der Kamps. Um so tiefer verwurzelt wird die Verfassung sein, je peinlicher ibre Rechtsgrundlage gewahrt bleibt. Der Volksentscheid mit keiner Forderung, die Fürste« entschädigungslos z« enteignen, rührt aber an die Bestimmungen der Weimarer Verfassung und verstößt gegen die Rechtsgrnndsätze, ans denen das Deutsche Reich beruht. Nur eine Lösung kommt für uns in Frage, die der Würde der deutschen Republik entspricht und der Notlage der durch Krieg und Inflation selbst fast völlig enteigneten Nation Rechnung trägt. Die Erklärung der Neicksregterung vom 10. Juni, dass eine Ablehnung des von tkir vorgclcgten Gesetzentwurfes die Auflösung des Reichstages nach sich liehen würde, sichert das deutsche Volk gegen ttbertrlcvene Ansprüche der Fürsten und wahrt zugleich den Sinn und den Wortlaut der Reichsversastung. Deshalb keine Stimme für diese« Volksentscheid! Dieser Aufruf ist u. a. unterzeichnet von den demokrati schen ReichstagSabgcordneten Fischbcck, Grat v. Bernstorsf, Kovsch, Oskar Mencr, Schurtg und Svarrer. ferner von Dr. Kahl, Minister a D. v. Richter, Tr. Richard Balir. Dr. Durr- München, Reichsminister a. D. Gröner, Reichskommistar Kitnzcr, Dir. Hans Kraemer, Dr. Pachnicke. Dr. v. Siemens, Reichsminister a. D. Schisser. Admiral v. Truvvcl und Dr. Anaust Weber. Aeichsregierung un- Fürslenenleignung. Unbedingtes Festhalte» am Regierungscntwurs. Berlin. 17. Juni. Ein Vertreter des W. T. B. hatte heute Gelegenheit, dem Reichskanzler Marx einige mit dem Volks entscheid zusammenhängende Fragen vorzulegen. Der Kanzler führte hierbei folgendes aus: Der von der Sozialdemokratischen Partei, der Kommu nistischen Partei und dem Volksentschcidsausschust betriebene Gesetzentwurf steht die entschädigungslos«: Ent eignung des aek-"nten Vermögens der ehemals regieren den Fürstenhäuser vor ohne Unterschied, ob dieses Vermögen aus Grund der früheren staatsrechtlichen Stellung der Fürsten oder auf Grund vrtvatrechtlichcr Vorgänge erworben ist. Eine solche völlige Enteignung kann die Reichsrcgicrnng nicht billigen, wie sie schon bei Einbringung des Gesetzentwurfes beim Reichstag klar zum Ausdruck gebracht hat, da sic den Grund sätzen widerspricht, die in einem Rechtsstaat die Grundlagen für jeden Gesetzgebungsakt zu bilden habe». Die grossen Ver änderungen, die in politischer, staatsrechtlicher und wirtschaft licher Beziehung nach der Staatsumwälzung eingctrctcu sind, könne» gewiss die vermögcnsrechtlichen Beziehungen zwischen den Ländern und den ehemals regierenden Fürstenhäusern nicht unberührt lassen. Indessen müssen nach der versaffnngö- mäßigen Ueberwinbung der Revolution die Grundlagen des Rechtsstaates unversehrt bleiben. Die Retchsregiernng hält eine gesetzliche Regelung für erforderlich. Sic hat daher ihrerseits dem Reichstag einen anderen Gesetzentwurf voraelegt. Der Grundgedanke dieses bereits vom Reichsrat angenommenen Entwurfs be ruht daraus, dass Staatseigentum und Privateigentum der Fürsten getrennt werden, und zwar derart, dass diejenige» Bermügensstücke, die die ehemals regierenden Fürsten nur als Staatsoberhäupter besessen haben, angesichts der ver änderten staatsrechtlichen Verhältnisse nunmehr als das Eigentum des Staates, und zwar ohne Entschädigung ange sehen werden sollen, während das reine Privat eigentum den Fürsten verbleiben soll. Bei der im Entwurf der Rcichsrcgierung vorgesehenen Auseinander setzung muh den ans kulturellem und gesundheitlichem Gebiet liegenden Interessen der deutschen Länder besonders Rech nung getragen werden. Deshalb solle» den Ländern aus der streitigen VcrmögcnSmassc BrrmögcnSstticke. wie Theater, Schlösser, Museen, Sammlungen, Bibliotheken. Archive. Park anlagen vorbehaltlos -«geteilt werden. Im übrige» soll die Auseinandersetzung »ach Billigkeit und unter Berück sichtigung der wirtschaftlichen und der Finanzlage beider Teile erfolgen. I« der Frage der Aufwertung sollen die ehemaligen Fürstenhäuser genau so behandelt werden, wie alle anderen Staatsbürger. Das ist in dem Gesetzentwurf der Ncichs- resiernn« a«Sdrü«klich vorgesehen. Die sranzöslsche Kabinettskrise im Sichle -es Volksenlschei-s. Der Vergleich der französischen Kabinettskrise und ihrer tieferen staatspolitischen Beweggründe ist dadurch gegeben, dass in demselben Augenblick, wo das deutsche Volk nach einer Atempause wieder in ein unheilvolles sozialistisch-kom munistisches Abenteuer von unglaublichster Gehässigkeit und zerstürcndster Wirksamkeit gestürzt wird, die französische Nation sich zu einem kräftigen Rucke nach rechts zum Zwecke der Abschüttelung des Linkstcrrorismus emporrafst. Man kann das Linkskartell, das in Frankreich durch die Wahlen vom 11. Mat 1924 ans Ruder kam, etwa auf eine Stufe mit unserer Weimarer Koalition stellen, die vom November 1918 bis zur Uebernahme der Regierung durch den Reichskanzler Dr. Cuno die deutschen Geschicke lenkte oder richtiger getagt verrenkte, verschandelte und verpfuschte. Tann ging der Weg über die Grosse Koalition bis zu einer sozialistenreinen Negie rung allmählich wieder aufwärts, und zuletzt erhielt unser nach Ruhe und Ordnung lechzendes Nürgertum eine besonders starke Bürgschaft für eine stetige, aufwärts strebende Ent wicklung in der Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten. Als nun aber der Radikalismus erkennen mußte, daß auch unter seiner Gefolgschaft die hohcitSvolle, zielsichere und wahr haft überparteiliche Art, wie Hindeiiburg die Geschäfte führte, mehr und mehr Anerkennung fand, sann er ans ein Mittel, um den allgemeinen Beruhigungsprozch zu durchkreuzen und sich einen neuen fruchtbaren Boden für das Giftkraut der Verhetzung zn schaffen. Eine solche Handhabe fand er in dem Volksbegehren und dem Volksentscheid zur Enteignung des gesamten Fiirstenvermvgens, die ihm Hsclcgenheit gaben, alle Schleusen einer wahrhaft dämonischen Volksvcrhctzung größten Stiles zu öffnen. Dieser Frontalangriff gegen die Grundlagen des bürgerlichen Rechtsstaates, der zugleich die Beseitigung Hindenburgs bezweckt, weil dieser selbstverständ lich ein Enteignungsgesetz keinessalls unterzeichnen kann, ist ein tiesbcdaucrlicher Rückfall in Sic übelsten novembcrlichen Gepflogenheiten, besten Möglichkeit der politischen Reife des deutschen Volkes ein sehr schlechtes Zeugnis nusstellt. Während >o Deutschland nach einem Zeiträume von sieben Jahren, die seit der November-Revolution verflossen sind, der Welt das entwürdigende Schauspiel eines neuen sozialistisch- kommunistischen Hexensabbats bietet, hat Frankreich schon nach zwei Jahren die gleiche radikale Herrschaft gründlich satt bekommen und schickt sich an, das drückende Joch von den Schultern zn werfen. Die amtliche Mitteilung, die Briand über die tieferen Ursachen seines Rücktritts mit dem gesamten Kabinett heransgegebcn hat. befugt ganz klar und zweifelsohne, daß mit der bisherigen LinkSmehrhcit nicht weiter gewirtschaftct werden kann, und dass nur eine starke Regierung, die eine rechtsgerichtete Mehrheit hinter sich hat, die Hydra der Inflation, der unter dem bisherigen System immer neue Köpfe nachwachsen. bezwingen kann. An dem Mangel einer solche» Negierung sind Eaillaux, Lonchcnr, Doumer und Pöret in rascher Anseinandersolge als Finanz- mtnister gescheitert. Vriand hat eingcsehcn, dass cs so nicht wcitcrging, und deshalb sich nicht wieder mit der Ausschiffung des Finanzministers begnügt, sondern den Rücktritt des Gc- samtniinistcriums vollzogen. Was er damit bezweckt, hat er in »Icht missverständlicher Weise kundgctan. ,Hch brauche Autorität, wenn ich regieren soll!" rief er der Kammer kurz vor seiner Demission zu, und das amtliche Blatt, der „Dcmps", ergänzt diese lapidaren programmatischen Worte durch die Er klärung, die beiden wichtigsten Voraussetzungen für eine rasche Beilegung der Frankenkrise seien eine entschlossene Negierung mit scstiimrisscncn finanziellen und wirtschaftlichen Zielen sowie eine stabile Mehrheit, die nur von rechts her zu gewinnen ist. Die Linke will natürlich nicht wahr haben, dass sic selbst an dem finanziellen Ehaoö wesentlich mitschuldig ist, weil sie in der Zeit ihrer Herrschaft nichts getan hat, um cs mit wirksamen Mitteln zu beseitigen. Sic behauptet, die Gewinnsucht der cinzelnen Bernfsstände, die an -er Gcld- cniwcrtung noch immer zu verdienen hofften, sei der Grun des Nebels. Landwirtschaft, Banken, Industrie, Arbeiterschaft ständen in einer Reihe, um die Errichtung fester Dämme gegen das Fortschreiten der Inflation zu verhindern,- sie hätten alle nicht das erforderliche Maß von Bereitwilligkeit, um die persönlichen und berufsmässigen Opfer zu bringen, ohne die eine Stabilisierung nickt durchzuführcn ist. Ge wiss liegt in dieser Beweisführung ein Körnchen Wahrheit, aber auch nicht mehr. E» gibt auch im -er srariMischev Mrs-