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7K Sahr-arr-. AS 6 Dienstag, S. Januar 1SSS Gegründet 18SK Dradlanschrift: vachrlchl»» »-«,»«. S»rn>pr»ch«.Hamm^numm«r: SV 2»1. Bur sür NachlgelprSch»! 20 011. err^,„„L - >»'m I. d>» 15. Nonuar ISA d»t ivilich »w«tmatta»r gupillun« Ir»«Sou» l.50War». <16gUg5- (DbllUyk Pofib«,,ug»i>r«c» lür Wonul Januar 3 Mart». »Ia.,»In,»»»r l» PI«»uI». D^» An»e>arn >v»rd»n nach «voldmark berechn«!; bi« »in paUia« 30 mm dr»«I» Anzeigen-Preise: auk»rbald 2VV PIg vff«rl»n«»diidr 10 Psg. Au»w. Au «rüg» g»g«n Dorousdejatzl. Schrtfil«»unq und KauvI««Ich5st»f!»ll« warl.nltrab« 3S »2. Lnich u. Vrrlaq von vleplch » ««Icharbl in Dresden. Postlchech-Aonlo 10SS Dresden. «achdrrch nur mi> d»ullich»r a»»llenongad» „Dresdner Nachr.*> »ulliMa. Ilnverlong'e Schrülbiich« werden „ich! auldewahr«. Der sensationelle Banknotenslandal in Ungarn Prinz Ludwig Windifchgrütz als Leiter der Fälfcherbande verhaftet. Die angeblichen Pläne -es rumänischen Kronprinzen. — Die Verheerungen am Aiederrhein. — Die Königin-Müller von Flalien -j-. Prinz Windlschgräh Veiler -er Aklion. Budapest, 4. Jan. Hcnte vormittag ist Prinz Ludwig Viudischgrätz im Zusammenhang mit der Frankcn- ISlscherassäre verhaftet worden. Vs wird behauptet, bah »er Prinz die Fälschungen aus „patriotischen Motiven" bc- »a«se» habe. Budapest, 4. Jan. Prinz Windtschgrätz wurde nach mittag vo« -er Polizei der Staatsanwaltschaft vorgesührt. Aus Grund der bisherigen Untersuchung steht sest, daß er an der G»itz«derGeldsälschungSaktion gestanden hat. Die Untersuchung wird jetzt von der Staatsanwaltschaft geleitet, di« ohne Rücksicht aus die Person mit der größten Schärfe »orgehe« wird. Dt« vlättermclbung, bah auch der gewesene Minister präsident Teleki von der Polizcidirektion vorgeladcn worden sei, wird von zuständiger Seite als eine jeder Begründung ent behrende Erfindung bezeichnet. Der »ottrNche Kinkergrund. Budapest, 4. Jan. Der Fälscherskandal nimmt immer Größere Ausdehnung an. Die Regierung erklärt in einem Kommunique. dah in der staatlichen kartographi sche« S« st alt eine Haussuchung vorgenommen morden sei, ßveil -er Verdacht aufgetaucht sei, dah hier das Falschgeld »erttggestellt oder mindestens ausbewahrt worden sei. Die Polizei setzt ihre Ermittelungen mit etwa hundert Kriminal- Weamten fort und hat heute im Lause des Tage» zahlreiche chiMSsuchungeir bet Politikern der radikalen Rechte» vvr- üeuommen, von denen mehrere verhaktet und vom Unter suchungsrichter vernommen wurden. Die Polizei gibt die «amen dieser Persönlichkeiten vorläufig noch nicht bekannt. Der tzerhaktete Prinz Windiichgräb ist Legitimist und gehört schon seit längerer Zeit den ungarischen Faschisten an, die unter Führung GomböS und Eckhardts stehen. Es scheint bereits scstzustehen. daß die Notcnfälschnn-cn «ine» politischen Hintergrund haben und sich hauptsächlich gegen die gegenwärtige Negierung nnd gegen daS ganze Regime richte«. Dl« heutigen Untersuchungen haben ergeben, dah der Ehef ber LandeSpolizei. Nadossn, der zunä''" die Unter suchungen in der Notenfälscherangelcgenheit geführt bat, seine Stellung mißbraucht hat und falsche Meldungen über den Stand der Angelegenheit an die Vorgesetzten Dienststellen ge geben hat. So hat er dem Auswärtigen Amte falsche Berichte über den tn Holland verhafteten ungarischen Oberst Jank», witsch erstattet, bei dem die holländischen Behörden einen Kurierpatz der ungarischen Rcgicrnng nnd in seinem amtlich versiegelten Kuriergepäck lll Millionen Franken falscher Bank noten gefunden hatten. Der verhaftete Voltzeichef gab tn feinem Bericht an, dah der verhaftete Oberst rin durchaus vertrauenswürdiger Mann sei, gegen den kein Verdacht vor- liege und dah man ihm ohne Vedenken einen Kurierpatz nach Holland ansstellen und sein Gepäck versiegeln könne. Neuerdings wurde von ber Polizei sestaestellt, dah der verhaftete Prinz Windischaräft, der früher als Majoratsherr tzber sehr große Ländereien verfügte, insoloc Spielschulden gänzlich verarm« ist. Es wird daher auch vermutet, bah materielle Beweggründe für die Fälschungen mit- vorhaiiden waren. Mau glaubt, dah sich rechtsgerichtete Poli- tikcr tu die Fälscherassäre haben verwickeln lassen, um so durch die Unterbringung falscher Frankennoten möglichst schnell einen grohcn Propagandafonds für ihre Bestrebun gen zu schassen. (TU.j Die Dorge'chichte. Budapest, 4. Januar. Scho» seit Wochen beschäftigen sich die Blätter im In- und Ausland mit der Angelegenheit der im Haag verhafteten drei ungarischen Persönlichkeiten, die bei der Verausgabung gefälschter Frank noten betroffen wurden. Der eine derselben, der Oberst Jan ko mit sch, ist der Schwager des ungarischen Kricgs- mtntsterS, des Grasen Osaky. Auch die beiden anderen Ver hafteten gehören den besseren ungarischen Gesellschaftskreisen an. Sie ivurden vom Gerichtshof im Haag ausgelicfert, gleich zeitig wurde die Budapcster Polizei um die Einleitung der Untersuchung ersucht. Zur selben Zeit trafen drei höhere Polizeibeamte aus Paris ein, die bei der Budapcster Ober, staatsanwaltschast die ihnen nötig scheinende Aufklärung cin- holtc», selbst aber auch eine Spur mitbrachten, die ganz be- sonders dazu beigctragcn haben dürste, Licht tn diese An- oelcgenhctt zu bringen. Der Kammerdiener des Prinzen Wtndisch-Grätz, Kaspar Kovacs, hatte eines seiner Kinder nach Holland gesandt und seine Frau hatte den Pslegeeltern des Kindes eine Tausendsraukuotc geschickt, die sich alS Fälschung erwleS. und die Entdeckung dieser Fälschung führte dann zur Verhaf tung des Kammerdieners. Im weiteren Verlauf erfolgte auch die Verhaftung des Sekretärs deSPrinzenWindisch-Grätz, Raba. Sein Sekretär scheint nur ein blindes Werkzeug und ei» Opfer seiner Treue zu seinem Herrn gewesen zu sein. Die An gelegenheit zieht immer iv eitere Kreise und hat sich zu einer politischen Angelegenheit ersten Ranges herausgcbtldet. Im Auslände kursieren die ungeheuerlichsten Nach richten. Die Prager Zeitungen richten gegen Ungarn und die ungarische Regierung die mildesten Angriffe und nennen noch als Mtibeteiligte der Fälschungsasfärc den Grafen Paul Tele kt und den Minister a. D. Dr. Gr atz. Der KriegS- ministcr Gras Osakn, bellen Schwager Oberst Jankowitsch verhaftet wurde, hat eine» Urlaub angetrcten. Der LanbeS- polizeihauptmann Nadosy hat plötzlich einen Urlaub an- gctrcten, und wie in politischen Kreisen erklärt wird, kann dieser Urlaub alsendgültigcKaltstellung dieses höch. sten politischen Funktionärs dieses Landes ausgefaßt werden. DerhaNung eines AUensälliliers in Äomburg. Hamburg, 4. Jan. Die Hamburger Kriminalpolizei ver haftete auf dem hier ctngetrosfeiicn Dampfer „Leo" einen Mann, der sich Eduard v. Olehvarx nennt. Die Ver haftung crsolgte aus Ersuchen der sranzösischcn Volizel, die eigens einen Beamten nach Hamburg entsandt hatte, um die Hamburger Polizei zu unterrichten. Bel dem Festgeuom- menen wnrdcn über hundert gesäugte Iflüll-Frankcnnoten ge- snnden. Man nimmt an. dah er mit den ungarische« Franken» sälschern in Verbindung steht. <W. T. B.) Die Verteerungen der Wasserkataslrophe. Furchtbare VerwiMun^en am Nie-errhein. Der kreis Cleve zur Hälfte überschwemmt. Eleve, 4. Jan. Das durch daS Hochwasser hervor- kerufene Elend am Nledcrrheln. besonders in dem zur « - I'' o ll b « r s ch iv c m m t e n K r e i s c C l c v e. ist lürchter» llch. Die Gefahr ist hier so groß, dah die ganze Vcvölkcrnna. selbst der znm grohcn Teil sicher gelegenen Stadt Cleve, in der stärksten Ansregung lebt. Die Rettung der bedrohten Be wohner von Warbeycn nnd HniSbcrden gelang durch die Helden tat mehrerer Emmericher Lotsen, die ml« Nachen über das bewegte Hochwasicrgebiet fuhren und die Leute in Sicherheit brachten. In beiden Orten istoielVleh ertrunken. DaS Wasier sällt seit heute früh. ViS setzt ist te« Schaben nicht zn übersehen. Im Emmcricher Eiland stii'tte Donittao daS Hans rlncS Li"'d"irtcs cl". Die Dammdruchaesahr wächst durch den starken Weststnrm. An der ikuherst gefährdeten Dammstclle sind KW bis kW Pioniere bei StütznngSarbeiten beschästigt. Heute früh überschritten Holländische Pioniere bei Cranenbnrg die dcntsche Gren»k, n— dem oed'rde'en Gebiet um Genncv Hille zu drluge«. Sie muhte» den deutschen Boden betreten, da längs der drntschen Grenze in Holland alles über schwemmt ist. <W. T. B i Ereseld. 4. Jan. Amtlich wird bckannigcgcbcn: Achtzig Q »ad ratkilometer Gelände sind überschwemmt gegenüber zwanzig Quadratkilometer im Jahre 1924. Das Wasser ist kllome'erlang in die niedrigen Deiche ln Ever sael und Emmerich in fruchtbares Gelände, teilweise sogar aus die Provlnziallandstrahc von Rhcinberg nach kanten und tzei Birten cingedrungen, von wo es bis Alpen nnd Veen gc- llossen ist. DaS Hinterland ist dnrch Rückstannngen ln den lruchtharften Gebieten bereits stark in Mitleid«»» schast gezogen. Zahlreiche Ortschaften und einzelne Gehöfte siehe« unter Wasser. Furchtbar gelitten hat Neuwied, da zurzeit des höchsten WasserstandeS die ganze Stadt überflutet war. Die meisten Fabrik«» muhten ihre Betriebe schließen. Jeder viert« El«» wohncr Neuwieds ist augenblicklich Empfänger Sssentlicher Unterstützung. Die Gesamtzahl der im Kreise Neuwied durch das Hochwasser erwerbslos Geworbenen beträgt weiter über MM. Der Koblenzer Pegel zeigte heute abend einen Stand von 7.22 Meter. Das Wasser fällt stündlich zwei bis drei Zentimeter. Da der Koblenzer Pegel als Mahstab für die gesamte Rhein- schissahrt gilt und bei einem Stand von 7,2ll Meter des Koblenzer Pegels die Schiffahrt wieder zugclasien ist, wird morgen vormittag, nachdem das Waller unter 7,20 Meter tm Lause der Nacht gefallen sein wird, mit der Wieder aufnahme der gesamten Nheinschissahrt gerechnet werden können. sTU.j Die Waffernol in Merseburg. Merseburg, 4. Jan. Die Hochflut der Saale nimmt erst jetzt im Gebiete des UnterlaufeS katastrophalen Charakter an. Im mcistgcsährdctc« Stadtteil Merseburgs, am Ncnmarkt, wnrdcn Notbrücken ausgestellt, nm den Verkehr elnigcrmahcn ansrcchtznerhaltcn. Zahlreiche Familie« müsse» ihre Woh nungen räumen. Merseburgs Umgebung ist eine einzige grohc Wasserfläche. Viele Dörfer sind säst vollständig von den Zugangsstrahcn abgeschnitten. AuS dem tiesgelegenen Aue- gcbtet flüchtet daö Hochwild durch die Fluten der Saale, nm im Stadtvark Unterschlupf zu finde». In Merseburg ist ber Damm gebrochen. Da vom Oberlauf ein Stillstand des Wassers gemeldet wird, hofft man, dah das Hochwasser jetzt den höchsten Stand erreicht hat. <T. U.i S Millionen Schaden in Quedlinburg. Thal«. 4. Jan. Nach dem amtlichen Bericht deS Ouedlin- burgcr Magistrats beziffert sich der durch daS Hochwasser in Qucdlinbvra allein anaerichtete Schaben ans » Millionen Mk. Davon entfallen ans -te Saatzuchtbetriebe allein 2 Millionen. Die Stadt bat die Reichs- und Staatsbehörden ersucht, eine einmaltac Summe von einer halben Million zur Linkern,ig der ersten Not brrettzustellen. und darüber btnauS nm Kredite blS zur Höhe deS wirklichen Schaden- aebcten. (Weiter« Meldungen flehe Sette S.) ; , > k Tvle, 353 Verletzte, 45« Gefangene. Die Zahlen dieser Ueberschrift beziehen sich weder auf bl« Verluste F-engs bei der Einnahine von Tientsin, noch sind sie das Ergebnis einer Streife Abd el Krims — sie sind über haupt nicht die Folge einer kriegerischen Handlung, einer Hungerrevolte oder eines Staatsstreiches, sondern stellen nichts weiter dar als den Polizcibericht über — die Silvesterfeter Berlins! Also bitte, wir leben in einer Republik ohne Waffen und ohne Krtegsn-tllen, die Fahne beS Pazifismus weht —- teilweise freudig begrüßt, teilweise ingrimmig verbissen ge duldet — über deutschen Landen, und die unverbesserlichen Optimisten meinen, das müsse genügen. Deutschland inmitten eines gährcnden Europa behagliche Feste feiern zu lassen. Nir gends mehr ansrcizcnde Paraden, di« angeblich di« Mord- inst nähren sollten — selbst der Feldzug gegen den Nürnberger Bleisoldaten, zu dem der „Temps" tm Jahr« löw in einem durchaus ernstgemeinten Artikel aussorderie. ist nicht ohne Erfolg geblieben, wenngleich zum vergangenen WcthnachtS- scste allenthalben wieder höchst fluchwürdige Rückfälle tn dies« Art deS Militarismus fcstzustcllcn waren — und dennoch ist eine Silvesterfeter im Berliner Stil möglich gewesen! Ja, lagen die unbelehrbaren Anhänger QuiddeS. deren Pazifismus jetzt auch anderwärts, z. B. in der Entscheidungs frage der Herrscherhäuser, seltsame Früchte trägt. waS gibt es da zu verwundern? DiS sind di« verrohenden Folgen eines fünfjährigen Massenmorden-,- wer jahrelang mit Dchutz- wafsen hantiert hat, will dieses Vergnügen auch im Frieden nicht missen. Die Leute sind leichtsinnig und skrupellos ge worden, ein Menschenleben galt ihnen nichts, und das Plün dern wurde manchem zur »weiten Natur. Ehe nicht ein« neue Generation hevangewachsen ist. die die Schrecken deS Krieges nicht kcnnengelernt hat, werden die Verhältnisse nicht besser werden. Soviel Worte, soviel Schiefheiten und Trugschlüsse. Scho« die Tatsache, dah der größer« Teil aller Unruhestifter gegen wärtig von den Jugendlichen gestellt wird, die bei Kriegs- begtnn ABC-Schützen waren, beweist, daß nicht ber Aufent halt im Felde, sondern in der hinwclkcnd-en Begeisterung der Heimat die Menschen verdarb. Nicht der langjährige Umgang mit Waffen verursacht heute die zahlreichen Unglückssälle, son dern der Mangel jeglicher Schießausbildung, nicht di« Er innerung an dir frei« Eigentumsverfügung im Kriege macht Diebe, sondern die fehlende Erziehung zur Kameradschaftlich keit und Ehrfurcht vor dem Eigentum des Kompagniegenossen, di« ein ganz ausschlaggebender Faktor bet der militärischen FricLensauSbildung In Deutschland war. Auf die Generation zn hoffen, di« nur erlebt hat, wie man sich in den Straßen unserer Großstädte die Köpfe unter dem Schlachtrufe: „Nie wieder Krieg!" gegenseitig einschlng, ist nutzlos,- die Jugend, di« anstatt seelischer und körperlicher Ertüchtigung Maul heldentum und rüdes Wesen pflegt, ist Deutschlands Zukunft nicht; st« ist weder moralisch noch gesundheitlich überhaupt imstande, di« Bürde unseres künftigen Schicksals zu tragen. Der Mangel gewisser ErziehungSmomcnt« ist eS also, der unser öffentliches Leben in vielen Fällen so abstoßend macht, nicht aber di« entsittlichende Wirkung des Krieges allein, die be kanntlich von vielen mit guten Gründen bestritten wird. Da fehlt vor allem in weiten Kreisen das Verständnis dafür, daß Feste und Feiern in erster Linie inner« An gelegenheiten der Menschen sind. Die dichte Bevölkerung Deutschlands bringt cs freilich mit sich, daß der Einzelne weit seltener als früher Zeit und Gelegenheit zu innerer Samm lung und Selbstbesinnung findet, aber damit ist das Be dürfnis, seine „Feststimmung" in zügellosem Toben zum Aus druck zu bringen, durchaus nicht zu entschuldigen. Auch hier wirken sich gewisse Zeitcrscheinuiigen In verhängnisvoller Weis« aus. Die durch Parlamentarismus und Partciwirtschaft zu dünkelhafter Ueberheblichkcit gelangte Masse sucht mehr als früher bandelnd in Erscheinung zu treten, der Mensch zieht sich nicht zurück, wenn er feiert, sondern geht lieber auf die Straße, zum .Öffentlichen Vergnügen", das schließlich Ver gnügen schlechthin bedeutet. Lärm, gewaltsame Heiterkeit; Rausch und etne unsäglich pöbelhafte Sprache, sinnlose Ver schwendung. Anrempelei und geschlechtliche Ausschreitungen sind die Kehrseite jener Volksbelustigungen, deren halbgelöste Fesseln die Polizei unter dem Druck der Oefsentlichkeit an bestimmten Tagen glaubt fast ganz beseitigen zu müssen. Einst lvarcn solche Begängnisse von großer sozialer Bedeutung: ste dienten zur Stärkung d«S Gemetnschaslskeitsgesühls, Regeln strenger Sitte dämpften überschäiimende Ausgelassenheit un- all« Verstöße gegen dt« Gesetze, wie ste selbstverständlich immer vorgekommen sind, fanden schnelle und scharfe Sühn«. Heute liegen die Dinge ander», und die Behörden sollten alle lauten Veranstaltungen ln der Oefsentlichkeit eher erschivercn, als erleichtern, denn gerade unsere Feste geben in ganz besonderem Maß« Anlaß zur Kriminalität, weil unter dem Deckmantel an sich unschuldiger Freuden bei unübersichtlichen Massenorgani sationen — und solche sind dt« modernen Großstädte in höchstem Matze — da» Verbrechen üppig wuchern kann. ES ist außer ordentlich heikel, die Grenze zwilchen der persönlichen Freiheit und den derechttgten Eingriffe» der Staatsgewalt zu ziehe», aber es ist nicht zu viel behauptet, wen» man einen Teil der Verantwortung für derartige „FcstanSschreitnngen" auf daö Konto polizeilicher Versäumnisse setzt. Dir Form der Neu-