Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 10.10.1927
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19271010013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927101001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927101001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-10
- Tag 1927-10-10
-
Monat
1927-10
-
Jahr
1927
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 10.10.1927
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
10. Oktober 1927 Nr. <76 Seite S — »Vreodoer Nachricht««'' — Slresemann über das neue Deutschland. Aelchslugendlag der Deulscheu Dolksparlei -,«»«»««««« K,iser-«(lhelm^v«nrmal «estsnlU«. «« »er P»rt« Port« bet Minden (Westfalen). 9. VN. Nach etner Sitzung te« RetchSjugendbunde« der Deutschen volk-partei am Sonn, abend sand am Sonntagvormittag am «atser.Wilhelm.Dent. mal an der Porta Westsalika «tn feterltcher Gottesdienst und hieran anschließend i» «»Wesenheit de« Parteiführer«. Reichaminister« de« Auswärtigen Dr. Gtrescmann, eine äußerst eindrucksvolle Kundgebung statt, die von etwa löst« jugendliche» der Deutschen Bolkopartet aus allen Gauen Deutschlands besucht war. Am Nachmittag fand im Saale des «aiserhofe« in Porta di« Ha upts e t« r statt, bet der auch Reichomlulfier Dr. Strefemann dar Wort ergriff. Die Jugend der Deutschen BolkSpartet. so führte er auö, muh sich zu dem Gedanken der Volk«, gemein schaft bekennen, der das Nationale als selbstverständlich ansteht, und deshalb die Vertiefung de« Gegensätze« -wischen den sich national nennende» Par. leien und anderen Anschauungen zurückweist gegenüber dem Gedanken der Anerkennung jeder staatsbürgerlichen Arbeit, die sich bemüht, Volk und Staat vorwärts zu bringe». Nicht in dem Gegensatz ,wische« dem alten und dem neuen Deutschland, sondern ln der Snnthese -wischen beiden liegt die Voraussetzung für deutsche« VorwärtS- rommen. Ueber Zusammenbruch und Nachkriegszeit heben sich zwei ersreuliche Gedanken hervor, die Stärkung de« Reichs, getan ken«, das Bestreben, im Reiche auf,»gehen, und »erstarke Zusammenhang der Knlturge mein, schaft mit dem A u ö l a n d v d e u t s ch t u m. der sich nie beionter geltend gemacht hat. als tn der Zeit nach dem nn- glücklichen Kriege. So wie die Deutsche Volkspartei sich bc. kennt ,ur Sozialpolitik und zum sozialen Schlitz de« Zchwächcren, so muß namentlich die Jugend sich bekennen z u dem ethischen Recht der Gleichberechtigung jedes Bo rivärtSst redenden und jeden Gedanken an vtldun««hochmut und «uskommen neuer Klassengegensätze bewußt zurückwetsen. Da« ist nicht gleichbedeutend mit Nivellierung, denn im Sinne unserer liberalen Anschauung sollen wir den Weg sret lasten zur Emporentwtcklung de« «tnzelnen und zur Anerkennung höherer Leistungen. Er. freulicherweise tritt der Gegensatz der Konsessione» immer mehr zurück gegenüber dem deutschen Gedanken. Unser Ideal ist nicht die Erziehung nach Konfessionen, sondern das Mit. einanderleben und da« Mtteinanderaus. wachsen aller deutschen Völker, unbeschadet der durch Tradition »nd Geschichte herbetgesührten Glaubens trennung. Unsere drnische Jugenderziehung ist nur möglich auf vaterländischer Grundlage, darf aber nicht aufgehcn tn Abtrennung gegen andere und tn Chauvinismus, sondern muß «inmünden tn die große VolkSentwicklung. Wir er. streben Frieden und Verständigung unter den Völkern, ver- langen aber die praktische Durchführung unserer Gleichberechtigung unter den großen Völkern der Gegenwart. Wir bekenne» uns bewußt zur Arbeit am Staate und im Staate, unbeschadet der Verbesserungsbedürsttgkcit seiner Einrichtungen und nu- bcschadet unserer Stellung zu den Symbolen der Vergangen heit. deren Aufheben wir beklagen und deren Jnehrenhalten wir uns von niemandem verbieten lasse« werden. Eine an Geist und Körper gesunde Jugend, die über Parteigegensatzc hinweg am Staate arbeitet und zur Zukunst aufblickt, wird durch tätige Arbeit diese Zukunft am ehesten sichern. Nach der begeistert ausgenvmmene» Rede des Reichs, außenmlntster« Dr. Stresemann wurde von der Versamm- lung stehend die dritte Strophe des Deutschland-Liedes ge- sungeir. Hiernach sprachen je ein Vertreter der Sudeten, deutschen, der Deutschösterreicher und aus dem Saargebiete. An den Reichspräsidenten wurde folgendes Tele- gramm gesandt: »Die Jugend der Deutschen Volkspartci sendet von ihrem dritten Neichsjugendtag an der Porta Wcst- falika dem Reichspräsidenten ihren ehrerbietigen HuldignngS- gruß mit dem Gelöbnis, seinem hohen Vorbild »nd seiner Vaterlandsliebe und Pflichttreue mit allen Kräften nach- zueifern." Erdbeben in Starke Stöße in Wien, Praq und Prehburg Am Sonnnobenb, ungefähr fünf Minuten nach 9 Uhr abends, wurde tu Wie» eiu starker Erdstoß »erspürt, »er «ehrere Tekuudeu auhiclt. Der Stoß war von einer Heftig keit. wie es feit Jahren nicht der Fall gewesen ist. Im lokale« Dclephonbetrieb sind teilweise Störungen ausgetreten. In de» Zimmer» schwankten die Möbel «nd die Lampen, di« Türen bcdtcn. und während der ganzen Zeit war ei» starkes »ntrrirdischeS Nolle« »ernchmdar. Hierzu teilt die Zeutralaustalt für Meteorologie mit: Um 8,iS li.hr sand tn Wien ein Erdbeben von mittlerer Stärke mit einer Dauer von etiva acht dis zehn Sekunden statt. ES wurde in allen Bezirken beobachtet. Seit Jahrzehnte» ist es das stärkste auf Wiener Boden gefühlte Beben. Schon dir erste Bcbenstoß war so kräftig, daß die empfindlichen Seismographen der Zentralairstalt sämtlich außer Tätigkeit gesetzt wurden. Dt-c Reichweite der Fühlbarkeit dürfte jedenfalls ziemlich groß sein. Das Erdbeben hat verhältnismäßig wenig Schaden an« gerichtet. Die Feuerwehr wurde in sechs Fälle« zu Hilfe ge« >M. i« denen es sich nm Schorn st eineinftürze u«d starke Bau gebreche« an einem alten Hanse handelte. Der Bevölkern«« bemächtigte sich eine Panikstimmung, « manchen Gasten eilten die Lcnt« aus die Straße. In de« Theater« ergriff das Publikum große Erregung, die im Dcutschen BolkStheaters zur Flucht der Galeriebesnchcr führte. Ärich auö der Umgcbnna Wien. anS St. Pölten. Eiscuftadt und rchwadors wird gemeldet, daß dort der Erdstoß sehr stark ver spürt wurde. In der letztgenannten Ortschaft soll ziemlicher schaden angcrichtct worden lein. Auch in Prag wurde in einigen Teilen der Stadt ein leichtes Erdbeben verspürt. Es werden keine Schäden ge. meldet. Auch in einigen Orten außerhalb Prags wurde das lieben beobachtet. Desgleichen wurde das Beben in P r r ß- burg verspürt, das fünf bis sechs Sekunden daiierte. Die krschiiitcriingen waren so heftig, daß die in den Zimmern an de» Wänden befestigten Gegenstände sich bewegte» und in den Miere» Stockwerken sogar die Bilder von den Wänden sielen. Mitteleuropa. Besonder« Unfälle oder UngiückSfälle sind bisher nicht bekannt geworden. Wie im lokalen Teil gemeldet wird, ist Laö Erdbeben auch in Dresden an verschiedenen Stellen sehr deutlich gespürt worden. Aolfronk-Ueberfall in Wittenberge. Wittenberge. 0. Oktober. Am 8. und S. Oktober veranstal- tete der Rote Frontkämpserbunü tn Wittenberge einen Gau tag, zu dem auch aus Berlin ein Sonderzug mit etwa 8dll Kommunisten und 3 Lastkraftwagen mit Teilnehmern er- schienen waren. In der Nacht zum Sonntag kam eü zu schwere» Ausschreitungen der Kommunisten, dte in Stärke von über lllll Mann baS Lokal Ubcrstelen, tn dem sich für gewöhnlich Mitglieder des Stahlhelms auszuhaltcn pflegen. In diesem Lokal feierte gerade ein Geselltgkeits- v r r e i n eln Vergnügen. Die Kommunisten, die durch Türen und Fenster in das Lokal kamen, gingen mit Knüppeln, Schlagringen «nb Messern ans die wehrlosen Gäste des Lokals los »nd «erwunbctcn sieben Teilnehmer erheblich. Ein weiterer Teilnehmer der Bergnügnngsvcranstaltung wurde in den Rücken und durch HammcrschlSqe ans den Kops so schwer verletzt, daß an seinem Aufkvmmen gezweiselt wird. Al» die Polizei erschien, konnte sie nur noch sieben Kom- muntsten verhaften. An anderen Stellen der Stadt kam cS zu größeren Zusammenstößen zwischen den Kommunisten und der Schupo. Auf Grund dieser Vorfälle verbot die Polizei die Abhaltung dcS Rote» Frontkämpfertages. Kömiecke am Persischen Golf. Verlin. 9. Okt. Nach einer Meldung «ns Teheran ist Könneckc mit seinem Doppeldecker «Germania" wohlbehalten, von BaSra kommend, in Bender AbbaS (Persischer Golfs gelandet. Könnccke ist infolge einer Motorstörung heute nicht tn der Lage, seinen beabsichtigten Weiterflug nach Indien an- zutreten. Oertliches und Sächsisches. Die Erde bebl! Da» Erdbeben, das. wie i« hentigen polnischen Teil ge, meldet, vorgestern tn Wien. Prag «nd Prcßburg in ziemlich erhebliche« Maße, allerdings ohne nennenswerten Schaden an,«richte», ausgetreten ist. wnrde auchinDrcSden deut lich »erspürt. Sonnabend abend nm 8 Uhr K5 bemerkte man, vornehmlich lm Oste» und Norden der Stad«, eine etmaSSekundrn an halten best artcWcllen- bewegnng, die besonders in den oberen Stockwerken der Häuser gut »« beobachten war. Die Wände erzitterten un heimlich. Hängelampen schwankten hi» »nd her. geschlossene Türen sprangen aus. offene wurden zugeschlagcn und die Pendel der Regulatoren blieben zur angegebenen Zeit stehen. Auch die über de« Straßen hängenden Beleuchtungskörper ge riete« hier und da in schankelnbc Bewegung. Ans der Landes, Wetterwarte in der Großen Meißner Straße wollte man gerade den Barometerstand auzcichncn, als das Türchen des Vcr- schlageS wie von Geisterhand zuknallir. Die Erdbewegung, die in o st we st l i chc r N i ch t u » g zu verlausen schien, wurde in besonderer Stärke ans den nördlichen Elbusern in der Radeberger Straße, de« Albrcchtschlösscrn. ans der Saloppe, dann in Striesen und Gruno (Alemannen-, Glaahütter. Bergmann« »nd Beilstraßej. sowie in Trachau und Trachenberge wahrgenonimrn In der lctztgcnann, ten Vorstadt zeigten sich sogar au den Decken von hochliegeu, den Zimmern deutliche Riste. Auch ans dein Süd viertel, so von der NeicßSstraßc, liegen Meldungen über das Sieben vor. Schaden ist glücklicherweise nirgends angerichtct worden, doch hat der Erdstoß Hunderte von Menschen in begreifliche Er, regnng versetzt. Am die Wahl des zweilen Riirgermeilkers. Wie schon aus einem Artikel im TvnntagSblatt hervor- glng, soll in der am nächsten Donnerstag stattsindenden Stadt- »ervrdnetensitzung die Wahl des zweite» Bürgermeisters der Stadt Dresden erfolge». Die Wahl stand schon aus der Tagesordnung der Sitzung vom 7. Juli. Vorgcschlagen wurde damals von den bürgerlichen Parteien Stadtrat Äöppen, Dresden, der seit dem Abgänge des zweiten Bürgermeisters Dr. Külz das städtische Finanzamt bereits verwaltet hat. ferner der Beigeordnete Dr. Gärtner, Gclscnkirchen. Der Kandidat der iozialdcmokratischcn Partei war Bürgermeister Dr. B ü h r e r. Psorzheim. Von den Kvwmnnistc» wurde der unbesoldete Stadtrat Maschinenschlvssen Grüner in Vorschlag gebracht. Aus Antrag des Fraktionösührers der Dcutschen Vvlköpartei, Rechtsanwalts Flatter, wurde aber in dieser Sitzung, der lebten vor der Sommerpause, gegen die Linke beschlosten, überhaupt nicht in die Wahlhandlung einzutreten, sie vielmehr bis zum Oktober zn vertagen, da der eine Kandi dat der bürgerlichen Parteien. Dr. Gärtner, infolge der Be- rufung in ein anderes Amt seine Bewerbung zurückgezogen hatte und nur noch e i n bürgerlicher Bewerber zur Wahl stand. Im Zusammenhänge mit der Wahl des Nachfolgers für Dr. Külz steht auch die Wahl des dritten Bürger. meisterS, da dte sechsjährige Amtszeit des Bürgermeisters Nttzsche demnächst abläuft. Bürgermeister Nitzsche, der srühcre sozialdemokratische LandtagSabgeordiiete. sächsische Finanzminister und Dresdner Ttadtvcrordnetcnvorstcher, war seinerzeit als Vertreter der sozialdemokratischen Partei gewählt morden, ist aber als Vorstand des Wohnungsamtes wiederholt heftigen Angriffen der beide» Linksparteien auS- gesetzt gewesen, wie auch bereits ans dem erwähnten Artikel des Stadtverordneten Dr. Berthold hcrvvrging. Ob ihn die Soziaidcmokraleii daher wieder wähle», ist mehr als sraglich. Inzwischen hatten sich die Verhältnisse so gestaltet, daß die Wahl des Stadtrats Köppensür den Posten des zweiten Bürgermeisters gesichert schien, da dem Vernehmen nach die Altsozialisten sich bereitcrklärt hatten, für' den bürgerlichen Kandidaten cinzutreten, wen» die Bürgerlichen die Wieder- wähl des Bürgermeisters Nitzsche ermöglichten. Da die Bürgerlichen einschließlich der zwei Volksrechtlcr und mit den Altsoztaltstcn zusammen 9N Stimmen gegenüber 36 Stimmen der beiden Linksparteien zählen, so ist eine solche Lösung auch > Seit und Aerger »rkvarei» Sie sich, wenn Sie bei «verkannt» «inftellnnge« die enger« Auswahl der Bewerber de« Arbeitsnachweis übertragen. Anruf: 2S881 u. 248S1. V Dritte Tagung für -eulfche Orgelkunst in Freiberg. n. Tie Fortsetzung der weiteren Progran,Inentwicklung be wegte sich in aufstcigcnder Linie de» fachmännischen und er- freulicherweise auch des allgemeinen Interesses, was man aus der regeren Beteiligung der Frctbcrger Einwohnerschaft bei den folgenden Vorträgen und namentlich bei de» Orgel. lmMriingcn bemerken konnte. Die unter der Leitung des UttiucrsitätöprofcssorS Dr. Kroner (Leipzig» stehende zweite ZcMoiisabtrilung behandelte nach den tags zuvor vorwiegend rein psnchologisch-wissenschgftlich eingestellten Betrachtungen nunmchr tn zahlreichen wertvollen Vorträgen die praktischen chcbictc der Orgclkunst nebst ihren großen Vertretern schassender und ausübender Art. Am gleichen Abend wall- falnicie man in Hellen Scharen wieder dem weihevollen Raum« des Domes zu. der diesmal die Maste der Erschienenen kaum zu fasten vermochte, versprach doch die VortragSordnung alS Aerkiindrr erlesener Orgelwerke de,, schon riihmlichst er- wälmtcn Organisten zu Sankt Thoma und am Gewandhause in Leipzig. Günther Ramin. Die hochgestellten Erivartungcn wurden denn auch durch dessen meisterhaftes, sich ganz dem leiste der einzelnen Kompositionen unterordnendes Stil- gcsiihl nnd technisch vollendetes Spiel glänzend erfüllt. Man Ilörlc Werke der Altmeister Dietrich Buxtehude, Georg P'iiiim und Job. Sebastian Vach. Den künstlerischen Höhepunkt bildete zweifellos Vachs mit fabelhaft geistiger und technisckrer »ebcrlcacnheit gespieltes „Präludium mit der Trlpelsuge in Es-D»r", das Ramin zur monumentalen Größe empor, staffelte. Erhoben und ergriffen ob solcher GetsteSkultur ver lies, man das Gotteshaus. ,rm noch etner außerprogrannn- lichen Vorführnnq der zivar tn manchen Teilen von der Firma Gcbr. Jehmltch (Dresdens pneumatisch erneuerten, aber ihre ursprüngliche Eigenart ivahrenden Sildermann- Orgel in der Pctrikirche betzliwohnc». Die unmittelbar auf- etnandcrsvlgenden Vergleiche beschworen eine lebhafte Dis kussion der Fachwelt herauf. Jedenfalls ist «null daS Sankt» Petri-Orgelwcrk ein Meistert,istrument, das sich hören lasten kann. Kein Wunder denn, daß heimlich über Nacht dte am Wohiilnmse Gottfried Silbermannö angebrachte Gedenk tafel von begeisterten Verehrern durch eine Blumengirlande bekränzt wurde. Der nächste Vormättag brachte noch mehrere Wissenschaft- liche Abhandlungen, die sich hcnrptiächlich mit Orgelstruktnr- Problcmcn «nb deren fachmännische Lösung befaßte». AlS Leiter dieser Abteilung zeichnete Herr Kirchenmnsikdirektor Bros. Viehle (Berlin—Bautzens, der aber im letzten Augen, blick abgerufen und durch Herrn Prof. Dr. Mahrenhol» ver- treten würde. Die letzte Morgenfeier im Dom erbaute durch eine vor- bildliche Geschlossenheit des liturgischen Leitgedankens, dem da» christliche Glaubensbekenntnis zugrunde lag. Auvführenbe dabei waren al» Liturg Oberkirchenrat Dr. Lehmann (Fret- bergs, der in letzter Minute für den verhinderten Geh. Kon- fistorialrat Dr. Hempcl lDresdens eintrat. Kantor »nd Or ganist G. Paulick (Dresdens spielte mit schönem Gelingen die partita-artig angelegte Orgelsantasie „Wir glauben all' an einen Gott" von G. Scheidt, sowie dte Choralvariation über „Ein feste Burg" von D. M. Gronau und vermochte neben den Gesängen der Kurrende der Dresdner Andrcasktrche an dachtsvolle Stimmung auszulösen. Ausfallend dürftig nahm sich aber bei allen drei Morgenfeiern der allgemeine Ge meindegesang aus. Da hätten die vielen Anwesenden und dazu Berufenen wohl ihrer Herzensfreude über die schönen Tage etwas intensiveren Ausdruck geben können. Der freie Nachmittag mar dann der Besichtigung der Stadt Freiberg und den anderen in ihrer Nähe bcstndlichen Silbermann. Orgelwerken gewidmet. Im dritten als Abschluß der Tagung gedachten Orgel- konzert hörte man noch den in letzter Zeit vielgenannten Orgelmcister der Kalser-Wilhelm-GedSchtnlAkirchc in Berlin Prof. Fritz Heitmann, der ein musikhistorisches, von Samuel Scheidt über Johann Pachelbel, Joh. Gottsr. Walther, Niko- laus BrnhnS bis zu Johann Sebastian Bach progressiw-fort- schreitendeS Programm aufgestellt hatte und in seiner unter schiedlichen Stilisattnng hochinteressant ausgefaßt vermittelte. Prof. Heitmann ist ein glänzender Gestalter der Orgelspiel kunst. wenn er sich zuweilen auch etwas zu individuell gibt und leicht in übertriebene Zeitmaße verfällt. So schied man auch von diesem letzten Konzert mit dem erbebenden Gefühl, daß einem nach all dem Gehörten nicht bange um den Nachwuchs der Orgelsptelkunst zu sein braucht, solange solche Meister tm Geiste Bachs als Ausübende und Lehrende wirken. Am Freitag besuchten »tele Interessenten unsere Residenz stadt Dresden, wo tn der Frauen-, Hof- und DreikönigSktrchc unter sachkundiger Führung die dort befindlichen Silber- mann-Orgcln besichtigt wurden. Eine Anzahl der Besucher nahm am gleichen Abend a»uh an -er sich anschließenden Tagung des Kantoren, und OrgantstrnvereinS der KreiS- hauptmannschasten Dresden und Bautzen tn Bad Schandau teil. Als umsichtige Leiter der in allen ihren Teilen ge- lungcucn Freiberger Orgeltaguug ivä'ren Prof. Anacker und Kirchenmnsikdirektor Jähnig und ihre bestens funktionieren den Vorarbeiten anerkennend zu erwähnen. — Für die nächste Orgeltagung dürsten die ergangene» Einladungen von HändelS Gebnrtsstadt Halle und der durch ihre neue große Dom orgel, dem derzeit größten Orgelwerk der Welt, berühmt ge- wordenen Stabt Paksau tn die engere Wahl kommen. Alfred PeHegrtnI. Kunst und Wissenschaft. Slifa Stünzuers Liederabend. Ein außergewöhnlich vornehmes Publikum mit Spitzen der Gesellschaft füllte vorgestern den Künstlerhaussaal, um sich des einzigen Liederabends von Elisa Stünzner zu er- freuen. Die Persönlichkeit dieser liebenswürdige», geistig hochstehenden, schafsensstarkcn Künstlerin hatte in erster Linie solche Anziehungskraft ausgeübt, tn zweiter aber wohl auch das Programm. Denn einen geschlossenen Schubertz- Zyklus zu hören, bedeutet ja immer ein Fest. Wenn es zumal diesmal den Müller-Liedern galt, so gewann das noch eine ge- wisse aktuelle Bedeutung. Denn ivenn sür uns heute die Müller-Lieder auch eigentlich von Franz Schubert schlechtweg sind, das heißt im Wert der Komposition den Schwerpunkt inlben, so ist darum doch auch der Dichter der Texte nicht ganz zu vergessen. Was .Kind sür -en Freischütz", das ist Wilhelm Müller für daS unsterbliche Liederwcrk gewesen, und wie jenem, so gebührt nicht minder ihm sein bescheidenes Verdienst. Bor wenigen Tagen aber war ja Müllers hundertster Todes tag zu feiern, und so erschien dieser Schubert-Abend auch vom Hauch pietätvollen Gedenkens verklärt. WaS wir an den Müller-Liedern lieben, das ist die schlichte deutsche Verinnerlichung dieses lvrische» Licdcrromans aus dem kühlen Grunde, allwo das Mühlenrad geht und der schwärmerische Müllerbnrsch, von dem kecken Jäger verdrängt, seine Liebe zu Tode trägt. EL ist deutscher VvlkSltedgeist, der hier ankltngt, von Müller talentvoll angeschlagen, von Tchiibert genial verwirklicht. Ganz aber auf den Ton dieser volkslieb, haften Schlichtheit war Elisa Stünzner eingestellt. War s Zufall, daß die Sängerin nicht in pompösem Konzertfllttcr. sondern in einem zwar hochmodernen, aber von geschmackvollster Ein fachheit beherrschten Kleide erschien? öianz so war jedenfalls ihr Gehaben und ihr Vortrag. Schlicht, einfach, herzlich, dte eigene Person möglichst zurückstellend, das Werk aber in seiner Eigenart so lebendig wie möglich in den Vordergrund rückend — so sang sie die zwanzig Lieder. Es ivar schade, daß die einheitliche Linie der Entwicklung und Steigerung, die ganz fühlbar den Gesamtansban beherrschte, durch wohlgemeinten Beifall nach den einzelnen Liedern zerstört wurde. Aber selbst dieser konnte im tragisch zugespitzten zweiten Teil die von Lied zu Lied stärker werdende Stimmung nicht mehr zer reißen. Man kam allmählich in ein Miterleben von jener Intensität hinein, die nur noch schossendem Künstlertum kon genialer Art eigen ist. Streng genommen, können die Müller» Lieber sa eigentlich nur von einem Tenor gesungen werde». Aber Elisa Stünzner, aiuh auf der Bühne erprobt in „Hosen rollen", hat tn Stimme und Wesen den suggestiven Charakter, -er diesen jünglinghasten Liebeötraum Wahrheit werden läßt.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)