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-V» vom IS dl» 31 Dezember IS2« bei Ulalich zw»»nalig«r Zustellung lre, Dl, Anzeigen werden nach «Soldmark derechnel; die «lnlpallig« 30 mm drei!» Zelle 30 Pia., liir auswilrls 3r PIg, VöFUÜLKkoUyI' Aau, I »0 Marl, Polld»»ua«or»l, lür Wonal Dezember 3 Mark ohne «IlltzLlgeilpkeljö. Kamillenanzeige» und Slellengesuche ohne Rabatt >0 PIg.. auherhald 20 Psg.. die 00 mm dreile Reklamezell» ISO PIg.. " v " PaNzuNellung2g.bl>d^ ,5V,„»,,7 aub.rhald 200 P,g. Oster,enpdilh? 10 P„. Auswiirttge Austräge gegen Vorausbezahlung. Nachdruck nur mst deulllcher Ouellenangab» «.Dresdner Aachr.'l zuliistlg. Unoerlongl« Schrlslslück« werden nlchl auldewahrl sslüsel »na Pianos -kususl pürsler Walssnksu88lraks s . ^srnsprsetisr 14072 Ipiekwaven - Nusslelkung D. s». snatte» KInetcki'-Kut»», unorrolekl oestvn« unck groll« ^uoornstl >»e » W - I sisc-oc-ut: 21076 L»e»8« 10 stornous-. 21076 Lkrislsloilenverssnü Sultan!» "ist r.A> Kanöol shst r.sst lz 1 Vocrügliods pisis« tzualilStstt Crste Besprechungen Hindenburgs. Infvrmalvrische Unterhaltungen mit den Parleisiihrern. — Aötselraten in -er Presse. Das Dernichlungswerk -er deutschen Enlwassnung. - Aebenregierung in Kowno. - Französische Kennzeichnung Rouciers. Die Parteiführer beim AeichsprSsidenlen. lD u r ch I u n k I p r u ch.> Berlin, 1b. Dezember. Reichspräsident v. Htnbenbnrg empfing heute vormittag den Fraktivnsführcr der Deutschen Volkspartet Dr. Scholz zu einer Besprechung, in der die durch die gestrige Abstimmung und den Rücktritt des Kabi netts geschaffene Lage besprochen wurde. Im Anschluß daran hatte der Reichspräsident Führer der größten Parteien des Reichstages, Hermann Müller für dt« Sozialdemokratie, von Gusrard für bas Zentrum und den Grafen Westarp für die Deutschnationalen, zu sich gebeten. Dies« Be sprechungen haben zunächst nur informatorischen Cha rakter. Bo» gut unterrichteter Seite wirb versichert, daß eine Reaustragung «tt der Regierungsbildung heute nicht in Frage kommt. Es ist auch nicht anzunchmcn. das, sie noch vor den Feiertagen erfolgt. Bielmehr dürste der Reichspräsident zunächst einmal bis in den Monat Januar hinein warten, damit inzwischen die Verstimmungen, die aus der gestrigen Entwicklung entstanden sind, Zeit haben, einer ruhigeren und sachlichen Beurteilung Platz zu machen. Der Reichspräsident lies, sich von den Parteiführern Mit teilung darüber machen, wie sie sich die Lösung der Krise denken. Der beutschnationale Abgeordnete Gras Westarp wies darauf hin, das« es unmöglich gewesen sei, die Negierung in ihrem Spiel mit we^'-lnden Mehrheiten noch länger zu unter stützen. Es müßte endlich einmal der Versuch gemacht werden, eine Regierung mit fester parlamentarischer Basis zn schassen. Aus diesen Gründen heraus habe sich die deutsch- nationale Fraktion gestern entschlossen, zum Sturz des Kabinetts Marx bcizntragen. 2'ic beutschnationale Fraktion sei bereit, sich an der Bildung eines Kabinetts der bürger lichen Parteien zn beteiligen. Sollte eine Regierungs beteiligung der Sozialdemokraten in Frage kommen, so würde das aus die schärfste Opposition der D c u ts ch natio nalen stoßen müssen. Das Echo -er Berliner Presse. Berlin, 18. Dez. Die Berliner Morgenblätter nehmen zum Sturz der Regierung ausführlich Stellung, wobei die Abwägungen über die Schuld an der Krise einen weiten Raum einnehmcn. Die „Deutsche Tageszeitung" meint, die durch die Deutschnationalcn hcrbcigcsührte Klärung habe zur Folge gehabt, daß die durch die Zcntrumshaltuug heranfgeführte Erstarrung der Situation gelöst und praktisch die Dinge in Fluß gebracht worden seien, so daß an die Stelle der Ratlosig keit des Reichskanzlers Marx nunmehr die Willens» und Aktionsfrcihcit des Reichspräsidenten v. Hindenburg trete.— Der „ L o k a l a n z e i g c r " sagt: Herr Wirth habe das Por zellan. das Herr Schcidemann im Uebcrschwang seines plötz lich wieder entfesselten TatcudrangeS zerschlagen habe, nicht flicken können. Am Scherbenhaufen der Sozialdemokratie müßten sich die Geister scheiden. Nach der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" ist die Schuld in dem S n st c m zu suche», das eine Mehrhcits- bildung mit so unendlichen Schwierigkeiten belastet, denen die Führer unseres heutigen Parlamentarismus leider mit der Methode der wechselnden Mehrheiten zu entgehen trachteten. In den Händen der Deutschnationalen habe die Möglichkeit gelegen, der Negierung das Leben zu retten. Gerade eine Frankreichs Schuld an Germersheim. Ein bemerkenswertes Zugeständnis der „Volontö". Paris. 18. Dez. Im Gegensatz zu dem größten Teil der Pariser Presse sucht die „Volonte" in einer Vorbctrach- tung zum Landauer Prozeß gegen den französischen Leutnant Roncicr den Tatsachen gerecht zu werden und erkennt die Schuld der französischen militärischen Stellen an. Das Blatt bezeichnet es als »nbcgreiftich, daß der Kommandant, von Gcrmcrsheim die Abhaltung des Kongresses der deutschen Veteranen gestattet habe. Allerdings Halle der Kommandant «»geordnet, daß die Soldaten nicht ihre Kasernen und Quar- ticre verlassen sollten, sei dann aber in Urlaub gegangen. Sei» Stellvertreter habe sich nicht gn die erlassenen Ver fügungen gehalten und den Vesatzii»gstr»ppen Ausgang ge währt. Der Zusammenstoß sei also unvermeidlich gewesen. Das Blatt fährt dann fort, daß es daher sinnlos sei, von einem nationalistischen dentschen Komplott und Geheim« «esellschafteu z« sprechen. Ein Unterleutnant des 81l. Artil- lerie-RegimentS, ein Student der Chemie namens Roncicr. habe sich in den Kopf gesetzt, in seiner Person das ganz« An- Partei, die gegenüber dem Jdcologentum des Parlamentaris mus Realitäten ihr Recht lasse, hätte bedenken sollen, daß die Gewalt der Tatsachen stärker sei als papierene Bindungen, und wenn die Unterschriften noch so kreditwürdig seien. Die „Tägliche Rundschau" schreibt, die negative Taktik der Deutschnationalen hätte die Bemühungen der Deutschen Volkspartei um eine Rettung des Kabinetts Marx ebenso unwirksam gemacht, wie das Verhalten des Reichs kanzlers und des Zentrums. Die Deutsche Volkspartei habe auf diese Weise ihre volle Handlungsfreihettsür die kommenden Verhandlungen wiedererhalten. ' Die „Germania" lagt, das deutsche Do» verdanke diese Weihngchts-krise den Sozialdemokraten und den Deutsch- nattoiralen. Daraus ergeben sich für das Zentrum, das alles versucht habe, der Welt dieses blamable Schauspiel zu ersparen, bestimmte Richtlinien. Es sei In seinen Ent schlüssen völlig frei. Selbstcntäußerung und Her- laufcn hinter anderen können für das Zentrum selbstredend nicht in Frage kommen. Nach dem Urteil des .^Berliner Tageblattes" haben eine Reihe von Fehlern und Torheiten, beginnend mit der volkspartciltchen Rede in Insterburg, vermehrt durch die Resolution der Sozialdemokratie, die Große Koali tion in dem Moment vereitelt, in dem alle Beteiligten über ihre Notwendigkeit einig gewesen seien. Sv bliebe nur ein Ausweg: Die Wicdcrhcrsteünng derselben Koalition mit an deren Personen und mit dem Ziel, die Große Koalition später z« bilden. — Die „V o s s i s ch e Zeitung" beklagt sich über daö Verhalten des Reichstages, der auf fünf Wochen in die Ferien gehe, nachdem er die Regierung gestürzt habe, ein Vorgehen, das kaum in einem anderen parlamentarisch regierten Lande möglich ist, wo aus einem Sturz der Regie rung dem Parlament die Verpflichtung erwachsen würde, erst recht zusammenzubletben, bis eine Lösung der Krise erreicht sei. Der „Vorwärts" meint: Aus dem Schicksal der Re gierung Marx dürfe man nicht schließen, daß Minderhelts- regierungcn schlechthin unmöglich seien. Die Mtnderheits- regieruna Marx habe immerhin sieben Monate regiert, und sie hätte Jahre regieren können, wenn ein gemeinsamer Wille und eine feste Führung dagemesen wäre. Daran hat es ge- fehlt. Die Sozialdemokratische Partei habe durch ihr Ver halten in den letzten Tagen gezeigt, haß sie Opposition mache« könne und daß ihre Opposition wirksam s.i. DaS sei ein« nütz liche Lehre für die Zukunft. Die Große Koalition werde merkwürdigerweise auch von der Demokratenpresse zurzeit für «»möglich erklärt. Die Sozialdemokratie sei nach wie vor bereit, an einer Negierung mttzuwirken, in der sic für den Schutz der Republik und für die arbeitenden Massen des Volkes etwas erreichen könne. * München, 18. Dez. Znm Sturz -eS Kabinetts Marx er klären die „Münchner Neuesten Nachrichten", das deutsche Volk habe ein Recht, von der ewigen zwecklosen Un ruhe befreit zu werden. Das Zentrum habe es in der Hand, die Entwickln«» des deutschen Volkes in ruhige Rahnen zn lenken. Es stehe vor einer geschichtlichen Aufgabe. — Im Organ der Bayrischen Volkspartei, dem „Bayrischen Kurier", wird gesagt: Was nun werden solle, sei nicht ab- zuschett. Man spreche von einem Kabinett Wirth mit Dr. Strcsemann als Fachminister und Dr. Sülz als RelchS- wchrminister, aber die Deutsche und die Bayrisch« Bolkspartei würden hierzu kaum ihre Zustimmung gebe«.. sehen der französischen Armee zu verkörpern. ES sei eine unbestreitbare Tatsache, daß er sich in Auseinandersetzungen zwischen betrunkenen Soldaten und Zivilisten einmischt«. Vincinhalbe Stunde nach dem Zapfenstreich sei er durch das kleine Städtchen Gcrmcrsheim spazieren gegangen, den Re volver in der Hand, und habe drei Deutsche nicdcrgeschosfen. anstatt friedlich in seinem Bette z« liegen. Die geugenvernehmurlq im Prozetz Aoueier. Landau, 18. Dezember. Die heutige Verhandlung be- gann mit der Vernehmung der Zeugen a»ö dem Zwischen fall i» der Wirtschaft Engel zu GcrmerSheim iy der Nacht vom 2«. znm 27. September. DaS Ergebnis der Aussage deckt sich mit de» Ausführungen in der von der deutsche» Verteidigung eingereichtcn Denkschrift. Bei einer weiteren Streitigkeit vor der Wirtschaft soll, wie die Anklage behauptet, der Angeklagte Fechter den ans der Wirtschaft entfernten Soldaten ge schlagen habe». Aus Befragen erklärt demgegenüber Fechter, er sei nach einer ausgedehnten Bierreise auch zu -er Wirt schaft Engel gekommen. Er habe jedoch nichts mehr von einem Streit gehört und auch niemanden geschlagen. sTU.) Die Drücke nach Nom. Man kommt zu einer rcalpolttischen Beurteilung dcS deutsch-italienischen Verhältnisses, das seit kurzem in den Vordergrund der europäischen Politik getreten ist, am leichtesten von der italienischen Seite her. Lange ZBt hat -das unbestrittene Expansionsbedürfnis Italiens nach allen Setten gedrückt und so zu einer oft unerträglichen Unsicherheit in Europa geführt. Immer deutlicher aber hat sich in der letzten Zeit trotz früherer ernsthafter italienischer Versuche in der Richtung eines lateinischen Blocks der italienssch-fran» zösisch« Gegensatz herausgebildet, der historische Bedeutung zu gewinnen scheint, weil er sich aus schwerlich ausgleichbare Interessengegensätze gründet. Denn Italien drängt nach dem Mittelmeer: es sucht Aufnahmegebiete für seine überschüssige Bevölkerung In Nordafrika. Dem starken ExpansionsbedürfniS der italienischen Wirtschaft aber dient der Balkan, auf dem die italienische Politik sich mit wachsendem Erfolge ein aus gedehntes Interessengebiet geschaffen hat. Jahrelang hat Italien diese Politik in enger Anlehnung an Südslawicn ge führt, bis der vor wenigen Wochen abgeschlossene italienisch albanische Vertrag die Unhaltbarkcit dieses Verhältnisses für Südslawicn peinlich enthüllte. Südslawicn wurde damit an hi« Seite Frankreichs gedrängt. Und auf diesem größerenpok-itiischcn Hintergründe entwickelte sich, schüchtern und tastend zunächst, die Besserung der Beziehungen Mussolinis zu Deutschland. Was die italienische Mittelmcer- und Balkanpolitrk braucht und von jeher gesucht hat, ist ein Vertragssystem, durch das von der Fcstlandscite her einer derartigen expansiven Politik Italiens nach Süden und Osten der Rücken frei und di« Landznfuhr offcngchaltcn wird. Man hatte solange offenbar geglaubt, in Südslawicn diese Rückendeckung zu finden, und aus dieser Einstellung erwuchs — abgesehen von Südtirol — die scharf gegen den Anschluß Oesterreichs an Deutschland gerichtete Haltung Italiens. Die Zuspitzung -es Verhält nisses zu SüdslaWien aber ließ mehr und mehr in Italien die Erkenntnis dämmern, daß neben der großen deutschen Wirtschaftskraft mit Kohle, Eisen, Kalt und anderen Dingen, die man jenseits der Alpen notwendig braucht, der wachsende deutsch« Einfluß in der europäischen Politik Italien eine weit bessere Deckung auf dem Kontinent zu geben vermag, als es das klein« Serbien konnte. Und das ließ die Frage brennend werden, ob und wie man vielleicht die früher mehrfach ge sponnenen, immer wieder aber grausam zerrissenen Fäden nach Berlin erneut knüpfen könnte. . . Keine konstruktive deutsche Politik konnte und durste acht los an dieser für uns überaus wichtigen Entwicklung vor- übergehen. Besonders nicht, nachdem cs sich gezeigt hatte, daß der ganz groß gedachte Wurf von Thoiru in der Rich. tung auf eine enge deutsch-franzüsische Interessengemeinschaft an den inncrpoliiischcn Gegenströmungen in Frankreich ge scheitert war und sich, wie jetzt wieder in Genf, in kleinliches und schwieriges Aushaiideln längst fälliger Erleichterungs- Maßnahmen auflüste. Plan wird bei uns gewiß niemals den Kampf um diese Erleichterungen vernachlässigen dürfen. Im Gegenteil, man wird ihn mit aller Energie sortführen und sich dabei auch vor Augen halten müssen, daß wir in aus gesprochenem Gegensatz zn Frankreich kaum zum Ziele ge langen werden. Darauf gründet sich auch das sicherlich richtige offiziöse deutsche Streben, den bevorstehenden Lchicds- vertrag mit Italien in der Ocffentlichkcit nach Möglichkeit seiner politischen Bedeutung z» entkleiden. Aber nichts darf uns auch die Tatsache vergesse» lasten, daß die militärisch« Nebermacht Frankreichs und seiner Vasallen die tiefste Ur sache unserer traurigen Lage und der stärkste Hort des Ver sailler Diktats ist. Jede politische Kombination, die cs mög lich erscheinen läßt, diesen furchtbaren außenpolitischen Druck durch diplomatische Hilfe zn milder», muß uns dabei will kommen sein. Wir können nicht einem Lächeln BrtandS zu- liebe den Vorteil übersehen, der sich ans der Nenorientierung Italiens, bei keineswegs »nsrcundlichcr Haltung Englands, für unsere Stellung im diplomatischen Handelsgeschäft ergibt. Wir können auch nicht verkennen, daß Italien nach einem Ausgleich mit Deutschland keinen Anlaß mehr hat. dem An- schluß Oesterreichs feindlich gegeniibcrznstehc». Es wirb ihn vielmehr zu fördern suchen, um den über daS kleine Oesterreich für Frankreich iedcrzett offenstchcnben Weg zu seinen slawischen Vasallen durch den Anschluß zu versperren, wenn — ja wenn die SUdttrolcr Frage, die seit dem Kriege als schicksal- gegebenes Bleigewicht an dem deutsch-italienischen Verhältnis hängt, endlich erträglich beigclcgt wird.