Suche löschen...
02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 28.02.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030228021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903022802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903022802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-02
- Tag 1903-02-28
-
Monat
1903-02
-
Jahr
1903
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Hatel" «ine länger« vorbereitende Sitzung ab. Zum Regiment», tage sollen an Se. Majestät den König und die Mitglieder de» Königlichen Hauses Einladungen ergehen, und der CHH de» Regiments, Se. Königl. Hoheit Prinz Johann Georg, soll um UeoerNahme des Protektorats gebeten werden. Am ersten Fest tage, den 6. Juni, werden die ankommenden Kameraden auf den Bahnhöfen empfangen und nach den zu errichtenden Kompagnie- standquartieren geleitet. Nachmittags 5 Ubr findet eine Haupt versammlung nebst Berichterstattung des Verwaltunasausschusse» der zu errichtenden „Prinz Johann Georg-Stiftung ehemaliger Kameraden des 107. Regiments statt, und den Rest deS Tages wird eine kameradschaftliche Bereinigung mit Konzert der Kapelle des Schützenregiments aussüllen. Am darausfolgenden Sonn tag, der als Hauptfesttag gedacht ist, wird morgens 6 Uhr .-in Morgenkonzert in der „Großen Wirtschaft" im Großen Garten geplant, von 8 Ubr ab erfolgen Kranzniederlegungen an der Ruhestätte des verstorbenen Königs "Albert und am Sieges- denkmal, Besichtigungen der hiesigen Sammlungen und Sehens- stadt Striesen und ein gemeinsamer Besuch der Deutschen Städte- Ausstelliilia schließt. An, Tage darnach planen die Festkomitees eine Sonderda-iipsschissahrt mit Musikbegleitung in tue sächsische Schweiz. Beim Papieren des Königs. Lusffchlosses Pilling wird eventuell Sr. Majestät dem König eine Huldigung dargebracht werden. In der lächsischen Schweiz wird von Rathen aus der „bliche Basteiausslug nach Wehlen gemacht, das ben Festteil- nehmern ein originelles Marktfeit bieten will. Bei der nächtlichen befindet. —* Nachdem heute im Exner-Prozeß in Leipzig zunächst die Rückdatlecung einer Warendeckung auf ein Lagerscheuikonto im April 1900, das die Leipziger Bank der Trebergeseujchaft gewährte, konstatiert und von den Sachverständigen als unzulässig bezeichnet worden ist, kommt ein Brief Einers an Schmidt vom April 1900 zur Sprache, in dem Exner eine weitereErhöhung des Engagements speziell aber die Gelder zur Auszahlung der Kasseler Dividende verweigert. Exner bemerkt, er habe damals seinen Aufsichtsrat ge- warnt, dieser habe jedoch sein Bedenken nicht geteilt. Das ver storbene Mitglied Schäffer habe erklärt, die paar Millionen, die nun noch verlangt wurden, ständen in keinem Verhältnis zu den bereits gegebenen Summen. Plan dürfe jetzt Nicht der Treber gesellschaft die Brücke aufziehen und so alles gefährden. Darauf sei Schmidt nach Leipzig gekommen und habe seine Unternehm ungen in so rosigen Farben geschildert, daß Jedermann begeistert war. Auf den Vorhalt des Vorsitzenden, das Ezmer den Schmidt doch damals durchschaut haben müßte und verpslichtet war. seine Warnungen im "Aufsichtsrat aufrecht zu erhalten, eventuell aber seine Stellung niederzulegen, erwidert Einer, er habe die Inter- essen der Bank nach bestem Wissen wahrgenoinmen, habe aber unmöglich darauf dringen können, die Beziehungen zu Kassel ab- zubrechen, auf die Gefahr hin, alles zu verlieren. Er sei ebenfalls von dem Gelingen der Schmidtschen Unternehmungen überzeugt gewesen und außerdem von der Begeisterung des Aussichtsrats an- gestcckt worden Im weiteren Verlaufe bemerkt Plaut, die Bilanz der Trebergescllschcfft vom 01. Mürz 1900 habe ein geradezu glänzendes Ergebnis aufgewiesen. Er habe aber einen Fehlbetrag von 04',(. Millionen herausgerechnet. Fast sämtliche Posten und auch d:e Bücher der Trebcrgescll'chaft seien gefälscht. Auf Befragen des Verteidigers Justizrat Gordon erklärt Plaut cs für richtig, daß die TrebergeseUjchast einen ständigen Bücherrevisor hattet auch der Schwager Schulze-Dellwigs Oberst z. D. o. Nsttberg habe die Bücher revidiert, aber die Fälschungen, die ganz raffiniert gewesen seien, seien nicht herausgesundeu worden. Die Meldung eines Kasseler Blattes, er habe gesagt, bei der Paradevcrsaminluug liefen die Versammlungsbcsucher dem Schmidt wie eine Hammelherbe nach, sei unrichtig: er habe solche Acußerung auch nicht dem Sinne nach getan. Exner bemerkt, entgegen der "Behauptung Plauts, der Direktor u, Nantes sei, da er sehr schnell französisch sprach, in der Generalversammlung von niemand verstanden worden, den Direktor sehr gut verstanden zu haben. Dieser habe eine sehr günstige Schilderung gegeben, welche er einige Zeit darauf in Nantes bestätigt fand. Bankdirektor Herrmann tadelt, daß die Werke, ihre Fabrikate, der Absatz usw., auf Grund welcher der Leipziger Bank Sicherheiten in Form von .Hypotheken gegeben wurden, nicht genügend geprüft wurden. Der Aufsichtsral der Leipziger Bank habe auch eine ganz ungenügende Kontrolle geführt. Demgegenüber bemerkt Einer, der Aufüchtsrat hatte einen ständi gen Delegierte» beauftragt, alle Geschäfte der Bank auf's genaueste zu überwache». Tie Geschäftsführung der Leipziger Bank war eine derartig offene, daß, wenn Aufsichtsratsmitglieder erklärten, die Sachlage sei ihnen nicht klar gewesen, sie eine Binde vor den "Augen gehabt haben müssen. Direktor Herrmann betont, theoretisch sei an den Einrichtungen der Leipziger Bank nichts z» erinnern gewesen, in praktischer Beziebung ließen diBe aber viel zu wünschen ! übrig. Sachverständiger Plaut stimmt dem bei. Die Aufsichls- ratsmitglicder der Leipziger Bank toarcn zumeist Großkaustente. Wenn diese die Kontrolle ungenügend ausacübt haben, so lag dies an den betreffenden Persönlichkeiten. — Nachmittags gelangt ein Brief zur Verlesung, in dem Exner schreibt, so könne es unmög lich weiwrgehcu, „wenn ick nicht meine Bank vollständig ruinieren soll".^ Sckmidt antwortete, nffolge der Preßangriffe hätte die Zulassungsstelle der Berliner Börse die Einführung mehrerer neuer "Aktien abgelehnt. „Außerdem ist uns aller Kredit bei ande ren. Danken entzogen. Lie sind daher nun unsere einzige Geld quelle. 'Angesichts der hohen Verbindlichkeiten sind die Interessen unserer beiderseitigen Gesellschaften vollständig solidarisch. Es wird uns binnen kurzer Zeit gelingen, unsere Pläne durchzusühren, wenn Sie nur noch einige Zeit uns über Wasser halten. Ich arbeite an der Bildung eines Trustkonsortiums zwecks Ver schmelzung der verschiedenen Tochtergesellschaften: dazu bedarf es aber noch 4 bis 5 Millionen. Ich begreife, wenn Sie angesichts unsere» riesigen Engagement» Bedenken tragen, uns unseren Kredit in dieser Weise »u erhöhen: bekommen wir aber kein Geld, io können wir einfach nicht Weiterarbeiten.- Exner bemerkt, er habe es sofort für unmöglich gehalten, diese Forderungen Schmidt- zu berücksichtigen. Er habe die» auch sofort Dr. Gentsch und auch seinen AufjichtSratsnittgliedern gesagt. Auf seinen Antrag habe der Aussichtsrat beschlossen, den verlangte» Kredit nur gegen ent sprechende Sicherheit zu geben. DieS sei auch Schmidt ge- schrieben worden. Schmidt habe sich bereit erklärt, von den Auf- sichtsratsinitgliedern der Trebergesellschaft persönlich« Wechsel -u beschaffen. —* Der Dresdner Verein der Kinderfrennd« lKinder- schiikj veranstaltet morgen, Sonnabend, abends halb 8 Uhr. im. Musenhause ein WohltatigkeitSkunzert, dessen Reinertrag, wie be kannt. zur Gründung einer neuen Krippe bienen soll, in der neben den ehelichen auch uneheliche Kinder Aufnahme finden. Außer den bisher genannten Künstlern lFrau v. Toetich-KLszonvi lM. Markau!, Herzog!. Anhalt. Kammersängerin. Frl. Friederike Stritt. Herrn Schrausf, Königl. Hofopernsänger a. D., Herrn Bärtich. König!. .Konzertmeister, und Herrn Blunier jun., Pianist! hat auch Frau Bauer-Ziech. König!. Sachs. Kammervirtuosin (Harfe! ihre Mitwirkung zugesagt. —* Am 2. März begeht Herr August Richter in Dresden- Strehlen als Gärtner in der königlichen Villa in Strehlen sein ZOjähriges Dienstjnbiläum —* Polizeibericht. 27. Februar. Am 19. d. M. hat ein Unbekannter, angeblich aus Zsckachwij», bei einem Händler auf der Kiesigen Serrestroße ein Paar säst neue, gut vernickelte Schlittschuhe (Delphin Nr. 30> zu veräußern versucht, in deren Besitz er nach Lage der Sache zweifellos aus unrechtmäßige Weise gelangt ist: der etwa Geschädigte wird erstickt, sich zu 0. Uiibek. I 730 in der Kriminal-Abteiluna. Hauptpolizei, Zimmer 29. zu melden, wo die Schlittschuhe zur Ansicht ausliegen. — Am 20. d M. ist einem Reisenden in einem hiesigen Hotel eine Mustermappe (ein mit Gummibändern zusammenaehaltcner, zusammengefalteter Umschlag aus Glanzleinwandi, Papptafeln mit baumwollenen Kleiderstoffen enthaltend, gestohlen worden. Sachdienliche Mitteilungen werden noch der Krimi.ial-Abtellung, Hauptpolizei. Zimmer 29, zu 6. Unbck. 703 erbeten. —' Zu dem in einem Teile der letzten Nummer bereits kurz gemeldeten Brande in Borstadt Strebten ist noch zu berichten, daß die den, Gutsbesitzer Tamm gcbvrige Feldichrune mit ibrrm Inhalt von etwa 1400 Zentnern Strvy vollständig ver nichtet wurde. "Außerdem fielen dem Feuer 1 Mätnnatchine. 2 Ernte- uns 2 Bictiwagen und eine Anzayl kleinere WittichaltS- geräte r»m Olffcr. Die Tätigkeit der Feuerwetzr beschränkte sich nur aus das Ablösthcn der Brandstelle. Gegen 12 Ubr nachts rückte der größ'e Teil der Maunichaslen ab. indessen war die rurückgelancue "Brandwache in Stärke von 12 Mann noch bis gegen 8 Ubr morgens mir dem Ablmchc» beschält gt. Infolge des weitbi» sichlbureu FeueiicheinS waren auch eine Anzabl Äebrrn der »iiiliegeudeii Octicliasie» erschienen, dir aber mit AuSuabme de, freiwilligen Fabrittenerwr'br von Wünsche in Reick Nlcht mehr in Tätigkeit kamen. Ter Pächter. Herr <Sct>»e.ver, bat versichert. - Heute stich in der 6. Stunde wurde die Feiieiwekr nach Weltlneriiraße 3 gerufen, wo aber anstatt des vermuteten "Brandes nur blinder Lärm festgestellt wurde. —* Infolge einer langen und unheilbaren Krankheit er schoß sich gestern nachmittag in Lo schwitz ein Zimmcrmann. —* Die königliche fliegende Fähre, welche bis voriges Jahr den Verkehr zwischen Pillnitz und Kleinzschachwitz wäbrend des Sommerhalbiohres vermittelte, soll dieses Jahr dem öfsent- lichcn Verkehr nicht mehr dienen. Die Uebersetzung wird daher von diesem Jahre an ein privates Unternehmen besorgen. —V Die Leiche der 9jährigen Elsbetv Thiele aus Hartau ist in der Reche auf Zitiancr Gebiet aufge'undcn worden. Die Leiche des Krudes zeigte keinerlei äußere Verletzungen, über dem Arm hing noch ein Sbnivl. de» das Kind a»f dem Wege getragen halte. Dieser Umstand beutet mit zirmlichcr Gewißheit darauf lim. daß von einem versuchten Silttichkestsverbrechen nicht die Rede fern kann, sondern daß der Todes'lnrz der beiden Mädchen vlötzlich und überraschend erststgt sein muß. Andereffeits gewinnen durch die Auffindung der Leiche die Aussagen der läjäbiigen Tochter Fricba des Bäbnübcrgangswärlers Wagner, wonach die Mädchen von einen. Unbekannten in da« fWasser gestoßen worden sind, crbeblich an Zuverlässigkeit. Es bleibt nur noch die Frage offen, ob hier ein beabsichtigtes Verbrechen vorliegt, oder ob der Täter, vielleicht in der Trniikc.chcit, die Mädchen durch einen rohen Stoß nur ans den, Wege drängen wollte, ohne die Absicht rn habe», sie ins Wasser zu stürze». Auch die beiden Muffe der »nglücklichen Opfer sind letzt ouigesundcn worden. Die Suche nach der Leiche der IKchhrigen Hedwig Nierich wird nun rmt erneutem Eise, fortgesetzt werden. —* Lberlandcsgericht. E'ne für Gesangvereine wichtige Entscheidung fällte der Strafsenat des sächsischen Ober landesgerichts. Der hier wohnhafte Tischlergeselle Friedrich Eduard Hermann Molt hatte wegen Uebertretung des Regulativs der Kömgl. Polizeidirektion vom 22. Juni 1892 eine Straf verfügung erhalten. M. beantragte richterliche Entscheidung und wurde auch vom Schöffengericht freigesprochen, vom Landgericht dagegen aus die Berufung der Staatsanwaltschaft hin mit 5 Mk. Geldbuße oder 1 Tag Haft belegt. Nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme durch die Vorinstanz hat der Angeklagte als Vor sitzender des Gesangvereins „Liederyallc" Mitte August vorigen Jahres durch Zeitungsinserat die Mitglieder zu einem Wander- abcnd in einem Lokal in Vorstadt Pieschen eingeladen. Am frag lichen "Abend hatten sich dann auch gegen 20 Mitglieder eingefunden, die sich dadurch Unterhaltung verschafften, daß sie in der Zeit von 6 bis 10 Uhr eine Anzahl Lieder sangen. Ern Eintrittsgeld ist nicht erhoben worden. Das Landgericht bat aber hierin eine öffentliche Gesanasdarbietuna erblickt, zu der nicht die polizeiliche Genehmigung eingeholt worden sei. Ueberdies seien auch Gäste , gelegte Revision rügte falsche Anwendung der oben erwüdnte» l Polizeiverordnung. Der Oberstaatsanwalt führte in seinem ! Plaidoyer au», daß «» sich um die Frage handle, ob unter dem Begriff der öffentlichen Musikdarbietung ein in der Oesfentlichkest ! veranstaltete» Musizieren, um sich und andere zu unterhalten, zu ! verstehen sei. Die» >ei nach den einschlägigen Gesetzesbestimmungen der Fall. Das Landgericht habe aber testgestellt, daß die Mit glieder sich und andere Gäste durch die Gcscmgsdarbietunaen unter halten haben. Zweifelhaft könne e» nur sein, ob der Begriff dr» Beranstalters verkannt worden sei. Indessen müsse auch dies verneint werden, denn die Vorinstonz führe ausdrücklich an daß der Angeklagte damit rechnen muhte, daß im Lause de» Abend» auch gesungen werden würde. Er beantrage deshalb, die Revision zu verwerfen. Der Gerichtshof beschloß demgemäß und legte dem Angeklagten auch sämtliche Kosten aust —' B»«er»»rtch« der Ha»d«»«er «eewar«« vom »?. Februar. St« Maximum von über 77» Mm. ist no<b immer Uber SUdott-Vurova ari-grbrettt«. «in ttrte» Minimum beoeckt RordweU-Luropa. »«utichland bat milde» Wetter bei mellt Ittvlickxm Winde, im Westen ist e« trüb«, tm Osten bester: vtelsa» t« Reuen ««sollen. - «ahrschetnltch ift milde», meist trübe» Wetter niit Reuensällen. anwesend gewesen. Der Angeklagte habe allerdings behauptet, der Bortrag von Liedern sei nicht beabsichtigt gewesen, allein er habe sich schon beim Erlaß der Einladung den Verhältnissen nach sagen müssen, daß es hierzu kommen werde. Die vom Angeklagten ein- raaeSgeschichte. X Deutsche» Reich. Die „Berliner Zeitung" bringt au» München eine Meldung, die mit Vorbehalt wiedergegeben sei: Mit Rücksicht darauf, daß Prinzregent Luitpold sich bei der Feier des vierzigstündigen Gebetes, einer Zeremonie, an der er bisher stets persönlich teilgenowmen hat, durch den Prinzen Ludwig vertreten ließ, glaubt man hier allgemein, daß der Prinz- regcnt tatsächlich reg re rungSmüde ist. In dem hiesigen Hose nahestehenden Kreisen nimmt man an. daß der Prmz- rcgent an seinem diesjährigen Geburtstage, am 13. März, von der Regentschaft zurücktreten werde. Für diesen Fall soll in parlamentarischen Kreisen die Geneiatkcit bestehen, sofort eine Verfassungsänderung vorzunehmen und den Prmzen Ludwig zum König zu proklamieren. x Zur Feier des 80 Geburtstages de» früheren Botschafter» in St. Petereduig. Generals v. Werver, fand gestern abend in Berlin ein von ehemaligen Angebüugen deS Garde-Jüsilter-Regi- mentS veranstalteter Kommers statt. Unter den eingegangenen Telegrammen beianben sich welche vom Kaiser von Rußland und vom König von Rumänien. Elstern deprtctsterte. er tonne den Tag nicht vorüdcrgchen lassen, odne der Zeiten rn gedenken, da Grncal v. Werber am Petersburger Hote gewirkt habe. Der König von Rumänien rief die Erinnerungen wach, die ihn mit dem General zii>ainmengesiidrt haben. X Italien. Das Gesetz, betreffend den Beitritt Italiens zur Brüsseler Zuckerkonvcntion ist amtlich verösjentliclst worden. X Holland. Die Regierung bat den Holländischen Auto mobilklub, über alle vorhandenen Selbstfahrer verfügen zu dürjen, um nötigenfalls tue Abgeordneten nach dem Haag bringen zu können. Ein neuer Streik würde die Regierung jedensalls ge rüstet finden, so daß cs nicht zur gänzlichen Einstellung des Ver- kehrs kommen könnte. Viele loyale Eisenbahner kündigten auch die Mitgliedschaft der Organisation und versprachen, Lag und Nacht arbeiten zu wollen, um den Dienst zu sichern. Die ganze Presse verspricht, die Regierung in den kommenden schwierigen Tagen zu unterstützen. Tic Abhaltung mehrerer militärfcindlicher Versammlungen siir Soldaten wurde im Haag durch Truppen- aufgebot verhindert. - Die neue Vorlage gegen die Streiks ent- hält scharfe Strafbestimmungen. Zunächst bedroht die Vorlage mit Gefängnisstrafe von höchstens sechs Monaten jeden, der einen Mitarbeiter terrorisiert, indem er ihn moralisch zwingt, zu streiken, einer Organisation anzugehören usw. Fenier wird strafbar jeder Beainte oder "Angestellte bei einem öffentlichen Dienst einschließlich der Eisenbahnen, der sich weigert, die Arbeit zu ver- richten, zu der er sich verpflichtete. Wenn die Dienstweigerung die Folge einer Verabredung ist, wird die Strafe verschärft bis zu Gefängnis von drei Jahren, und falls daS Vorhaben gelingt und der öffentliche Dienst stillsteht, kann sogar auf Gefängnisstrafe bis zu sechs Jahren erkannt werden. Die nämliche Strafe trifft die Führer der Bewegung. Die neue Vorlage wird auch den Streik der Arbeiter bei Gasanstalten, Wasserwerken, Straßenbahnen und der Gemeindearbeiter strafbar machen. Tie Regierung stellte be treffs der neuen Vorlagen den Dringlichkcitsantrag. x Die Zweite Kammer beschloß mit 50 gegen 35 Stimmen, die die! mit dem letzten Ausstande der Eisen dabn- ange stellten zusammenhängenden Gesetzentwinfe am nächsten Dienstag i» den Bureaus der Kammer prüfen zu lassen, während die Beratung der betreffenden Jnterpellalionei, später stattsinden soll. Die libeialen und sozialistischen Abgeordneten hatten diese BeratnngSwrtse bekämpft, die indessen durch die Regierungspartei zur Annahme gebracht wurde. In der Begründung der Vorlagen erklärte der Ministerpräsident u a., der Essenbahnstreik sei ein wahnsinnige» Attentat aus den Hauvtfaktor deS Äerkehrslebens. ein unerträglicher Widerstand gegen die Regierung, eine Opferung des allgemeinen Wotile» gegenüber dem Triebe nach Klasseneinsinß und ein tyrannisches Zwangsmittel. X England. Das deutsche Schulschiff „Stein" ist in Falmonth angekommen. X Bulgarien. Das allgemeine Urteil über da» makedonische Reformprojekt lautet m Sofia abfällig. sNatürlich! Die Red.) Die Makedonier erklären auch viel wertergehende Re- formen für unannehmbar, wenn ihre Durchführung von den Mächten nicht garantiert werde. Die amtlichen Kreise schweigen, da keine offizielle Mitteilung der Note an Bulgarien erfolgt «st. Das Blatt „Wetscherna Polchti" nennt das Proiekt einen „mter- nationalen Cynismns" und predigt .Krieg und Aufstand. Dennoch ist zweifellos auch ein Teil der Makedonier gewillt, die Durch führung der vorgeschlagcncn Reformen abzuwarten, bevor sie das Reformprojekt ganz verwerfen. X Asien. Einem Telegramm aus Peking zufolge legten der Kaiser und die Kaiserin-Mutter znm erstenmale euro päische Kleider an und erklärten, daß, wenn die Neuerung sich bewähre, der ganze Hofstaat europäische Kleider tragen werde. überall dabei sein muß und nicht allein sehen, sondern ebenso: sehr auch gesehen sein will. Aus den Künstlerbällcn erhält es daun einen stärkeren Einschlag von Vertretern der Kunst, aus een Prellebällen^ ist die — Theaterwelt zahlreicher vertreten, da die prakiischen Theaterleute von heute bei dieser Gelegenheit für ne nützliche Beziehungen cmzuknüpsen hoffen mit den gefürchteten Kritikern, die indessen meist durch Abwesenheit glänzen. Am ubärssten unterscheiden sich diese Bälle von einander im Punkte der „Tombola", wie man sich hierzulande gebildet ansdrückt. Für die Tombola der Pressebälle werden die Dichter und solche, die es zu sein behaupten, in Anspruch genommen. Für die Künstlerbälle müssen die Maler daran glauben und mit Pinsel und Stift Gewinne schaffen, daß sie „invitu slinorvu", zu deutsch „der Not gehorchend, nicht dem eig'nen Trieb'", entstanden sind. Für die Bühnenbälle wiederum geben die beliebtesten Künst- ler und Künstlerinnen der Bretter- und Brettlwclt ihre kostbaren Konterfeis mit höchst eigenhändigen Unterschriften her, und glück-, lich der Jüngling, die Maid, die den geliebten Namen schwarz auf weiß nach Hause tragen dürfen. So jagt im Berliner Karneval ein Scherz den anderen, und im Grunde ist jeder mann froh, wenn das grausame Spiel vorbei ist und mit dem Osterfest der J-rühling seine erste Visitenkarte abgibt. Dann braucht man sich doch wenigstens nicht mehr in den vier Wänden eines Berliner BallsaaleS zu langweilen, dann kann man wieder daran denken, seine Freuden und Zerstreuungen draußen in Gottes freier Natur zu suchen, dann darf man wieder ein Mensch unter Menschen sein und kann auch auf die großen Massenabfütte- rungen, Gesellschaften genannt, verzichten, die den Gastgebern Kosten und den Eingeladencn meist etliche langweilige Stunden bereiten. Freilich ist die Geschichte für die Gastgeber hier nachgerade unendlich leicht gemacht. Wenn sie wollen, brauchen sie nur noch chre Wohnung und das nötige Kleingeld herzugeben, alles andere nehmen ihnen fürsorgliche Mitmenschen ab. ES gibt hier Institute, die nicht nur Reinmachesrauen, Aushilfen für die Küche, Teppich reiniger und Fensterputzer auf telephonische Bestellung gegen eine geringe Taxe ms Haus schicken, sondern ebenso auch Lohudiener. Serviererinnen, ja sogar den vollständigen Tafelichmuck und Porzellan, Glas Silber, sowie alles, waS sonst noch zu einer richtigen Gesellschaft gehört. Bestellt man dann noch das Esten bei einem Koch, dann hat man nur die Einladungen fortznschicken, die Tischordnung zu machen, sich in seinen Gesclffchastsslaat zu werfen und die mehr oder weniger lieben Gäste zu empfangen — freilich nicht die Hauptsache zu vergessen, nämlich nach dem glück lich übcrstandenen Vergnügen die meist recht gepfefferten Rech nungen zu bezahlen. Das letztere scheint in diesem Jahre daS Schwierqste zu sein. Während diejenigen, die mit dieser, wenn man so sagen darf, Gesellschafts-Industrie Zusammenhängen, noch im vorigen Winter versicherten, daß sie von den schlechten Zeiten durchaus nichts verspürten, klagen sie in diesem Jahre sehr und gewiß mit voller Berechtigung. Gerade auf diesem Ge biete, wo die eitlen Menschen am längsten den Schein aufrecht zu erhalten bemüht sind, machen sich erst jetzt die Folgen der im übrigen wohl ziemlich übcrstandenen wirtschaftlichen Krisis fühl bar. Zn jenen Gesellschaftsindnstriellen gehören hier auch die Gelegcnhcitsdichtcr und die Tanzmeistcr, und die'e klagen am meisten. Ihre Dienste werden entweder gar nicht oder nur unter unvorteilhaften Bedingungen in Anspruch genommen. Während man ihnen früher freie Hand ließ und sie aus dem Vollen wirt schaften konnten, werden jetzt alle Einzelheiten vorher genau fest gesetzt, die Preise gedrückt und namentlich die Kostüme, an denen sie vordem als stille Teilhaber der Vcrstihgeschäfte oft am meisten verdienten, möglichst billig im Hause hergcftellt. Nun, schon be ginnt es an unserem wirtschaftlichen Himmel zu dämmern und cs ist alle Aussicht vorhanden, daß auch für diese betricbfamen Leute, die übrigens, wenn sie einigermaßen eingcführt sind, oft geradezu glänzende Einnahmen haben, wieder bessere Zeiten Herauf ziehen werden. Diese Gesellschaften sind hier nicht nur für die Gast geber, sondern auch für die Gäste ein kostspieliges Vergnügen, Mir sehen ranz ab von den Ausgaben für die Touette der Damen und teilweise auch der Herren, sür Handschuhe, Schlipfe. Frisieren. Droschken, Ausgaben, die ja mehr ober weniger überall bei solchen Gelegenheiten unvermeidlich sind. Wir denken hauptsächlich an den Trinkgclder-Unsug. Früher konnte man sich durchschiffttlich für e>ne Mark loskautcn. Dieser Satz ist hier schon längst über schritten, Für ein großes Mittagessen hat man dem dienstbaren Geist, der mit geösfncler Hand an der Haustüre steht, mindestens zwei Mark zu entrichten: erscheint ein Ehepaar mit Tochter, kann es sich unter drei Mark kaum loSkaufen. Ja. selbst wenn man einmal in einer engbesreundcten Familie den Abend zugebracht er.rroui zcunen. n>or iccrr »orrn Dienstboten beim Mieten ein Minimum an Trinkgeldern „aarantierca" und demgemäß den Lohn entsprechend niedriger fest- > setzen. In unserem Gcsellschastsleben gibt eS viel Törichtes, viel Verkehrtes, viel Unbegreifliches. Aber nichts erscheint uns so absurd, wie dieser Trinkgeldcrzwang, dem sich niemand entziehen kann. Es ist, als ob man die Gesellschaften als eine Art Benefizvorstellungen für die Dienstboten veranstaltete. Sie haben jedensalls den einzigen tatsächlichen Gewinn davon, und wenn sich die Gäste, nachdem sie ein sogenanntes gastliches HauS weit nach der Mittcrnachtitunde verlassen, oft genug fragen, was sie eigent lich veranlaßt, ihre Zeit aus solche Et zu vertrödeln, dann stehen die Dienstboten dort beisammen, zählen und teilen die eingenomme nen Trinkgelder und wissen dann ganz genau, waS der Abend, den die Gäste verloren haben, ihnen eingcbracht hat. Von einer Liga gegen das Trinkaeldun wesen in den Restaurationen war jüngst in Berliner Blättern die Rede. Es ist aber davon wieder ganz still geworden. Wir würden unS auch von einer solchen Liga so wenig einen wirklichen Erfolg versprechen, wie wir glauben, daß die Antiducll-Liaa zur Ausrottung der Zwei- ksmpfe führen wird. Gewiß ist das Trinkgeld ein Unsinn, der den .Kellnerstand herabdrückt und das Publikum belästigt. Aber ein Unsinn, der allgemeine Geltung erlangt hat, pflegt sich länger und sicherer zu behaupten, als die höchste Weisheit, die nur von wenigen erkannt und geschätzt wird. Und das Trinkgeld ist hier Gemeingut, den Kellnern ist alle Welt ohne jede Ausnahme tributvfuchtig, der Arbeiter, der im Kellerlokol seine Weiße für 10 Pfg. trinkt und als nobler Mann 15 Psg. zahlt, da» junge Mädchen, das ein bescheidenes Mittagessen in emcr Kneipe eiu- nimmt, und der Gast im feinsten Weinlokal, der nicht unter einer Mark dem ihn bedienenden Ganymed im tadellosen Frack und blendend ^weihen Oberhemd anzubieten wagt. Die Gewohnheit, für Cxtra- ' daß kämpfen ist. Nur wenn die Kellner geldancrbieten als eine weisen würden, könnte nicht anzu- ledeS Trink- Jeden zurück. ^ , — wirb frei- lich einen solchen Heroismus für undenkbar halten. Und doch gibt es hier Unter den Linden eine berühmte alte Weinstube, in der seit etwa 150 Jahren bis zum heutigen Tage von jedem Kellner jedes Trinkgeld entweder vornehm ignoriert oder, wenn e» ihm direkt angeboren wird, mit höflichem Danke -urückaewiesen wird. Aber diese «ine merkwürdige Ausnahme bcstättgt nur dia Regel.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)