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Dresdner Nachrichten : 26.04.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-04-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187404261
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18740426
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18740426
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-04
- Tag 1874-04-26
-
Monat
1874-04
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 26.04.1874
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Per tonen inteotrcn wir nur gegen Pränumerandn- Zabtung durch Brietz inarken oder Poltet»»»!,- lung. U Stiben tosten i>. Rar. AuSwärtt'e ko» >en die gabtuua auch aut eine Drcsdncrsttrma anwctten. Lte lkxp. Mitredacteur: vr. Lm» Slvr»^. Für das Feuilleton: Lncklvi« »»rtn»»«». IDresden, Sonntag, 26. April 1874. Politische». ;,Sinb wir unter Dach und Fach Räumlich erst geborgen, Läßt für wohnliches Gemach Sich schon weiter sorgen." Bi» zum Ueberdruß wurde dieser Geibelsche Vers im Reichs tage eitirt, als die norddeutsche Bundesverfassung berathen wurde. Mit jenen vertröstenden Reimen wurde jede Forderung, doch auch da» eine oder andere Grundrecht in die Verfassung aufzunehmen, «bgelehnt. Auch das Recht der Deutschen, seine Gedanken gedruckt zu verbreiten, wurde von den Maurersleuten zurückgewiesen. Nun ist das deutsche Reich vollendet, nicht blos im Rohbau, auch nicht als Nothbau, vielmehr hat es den Sturm des deutschfranzösischen Kriegs wetterfest Überstunden und in der Beletage und einigen weiteren Zimmern hat sich das Militär ganz behaglich eingerichtet. Jetzt sollte die Presse cinlogirt werden. Bon einem wohnlichen Gemache, etwa einer schönen Aussicht ins Freie, träumten wir schon lange nicht mehr; aber daß die Apartements, in welcher die Presse ver wiesen wird, so vergitterte Fenster erhalten würden, wie die, welche am Freitag der Reichstag anbrachtc, das stimmt uns doch traurig. Und noch mehr müssen wir den Kopf schütteln, daß es einer der sächsischen Abgeordneten, vr. Schwarze, war, der in dein Zeugnis; zwange der Nedacteure zur Benennung von Artikeln einen der licht- rankendsten, massivsten Eisenstäbe anbrachte. Es ist die alte Ge schichte : zu Anfang, wenn der Bundesralh Forderungen stellt, wie Verzicht auf das Budgetrecht, übermäßig hohe Militärpräsenz, Ver nichtung der Preßfreiheit und Aehnliches — da bekreuzigen sich die Liberalen männiglich und betheuern, daß es unmöglich sei, — solchem Verlangen zuzustimmen. Dann folgt eine tapfere That: in der 2. Lesung werden die betr. Bestimmungen gestrichen. Der Bundes rath läßt in der offiziösen Presse den Parlamentshelden tüchtig die Leviten lesen, der Nationalliberalen bemächtigt sich eine Unruhe, eine Nervosität, Herr v. Bennigsen schleicht auf die Wilhelmstraße, cs werden eine Anzahl Anträge geschmiedet und das Ende vom Liede ist, daß der Reichstag seine Beschlüsse aufhebt und der Bun- deSrath im Wesentlichen seinen Kopf durchsetzt. So ging es immer, so ist es auch beim Preßgesetze gegangen und so wird es weiter gehen, bis es — endlich nicht mehr geht. „Durch Einheit zur Freiheit" — war das Feldgeschrei bei Gründung des Nordbunde»- dos Reich scheint nahe daran, diesen Ruf im Felde bald in den „durch Einheit zum Absolutismus" umzuwandeln. Die Bcstcuenlng der todten Hand wird nun auch im Herren hause Oesterreichs Rechtens werden. Die Reichthümer der todten Hand sollen fernerhin nicht mehr einzelnen Kirchenfürsten und beglückten Klöstern, sondern den gesammten Dienern der katho lischen Kirche zu Gute kommen. Im Herrenhause flössen nun die Erz- Bischöfe von Versicherungen über, daß sie gern bereit seien, aus dem Ueberflusse ihrer Pfründen die darbenden Brüder in der unteren Geistlichkeit zu unterstützen. Mit Ausnahme des Cardinal Rauscher aber, der freiwillig eine fürstliche Spende zur Besserung der Lage seiner niederen Geistlichkeit gegeben hatte, weigerten sich die öster reichischen Kirchenfürsten bisher, auch nur die Brosamen ihrer Tafel zur Stillung des Hungers ihrer armen Amtsbrüder zu verwenden. Wenigstens machten sie bisher immer nur solche Vorschläge, aus denen ein deutliches pflichtvergessenes Nein! herausklang. Pikant war es, wie Cardinal Schwarzenberg in den kläglichsten Tönen schilderte, daß es bei dem Wcrthe seines Prager Erzbisthums von 4 Millionen leicht nach dem Psründcnbesteucrungsgcsctze dahin kommen könnte, daß er ausgepfändct würde. Ich habe Nichts als 400,000 Gulden Einnahme, jammerte Eminenz, wenn ich nach dem Gesetze 40,000 Gulden zur Verbesserung des Einkommens der un teren Kirchendiener abgeben soll, so werde ich zwar zahlen, so lange ich kann; kann ich aber nicht mehr, so werde ich mich pfänden lassen — Pfändung ist ja keine Schande — ich muß mein ganzes HauS- geräthe verkaufen — ich habe einige sehr hübsche Oelbildcr, einige nette Kupferstiche, schließlich aber werde ich Steucrrestant. Die Sonne glitzerte bei diesen Worten auf das breite Goldkreuz, das der arme Millionär vomHradschin an goldner Kette auf der Brust trug. Dann erzählte er, daß auch die reichen Klöster nicht einen solchen Mzug ertragen könnten. Ueberall, wo nicht ein Kloster seinen Wohlthätigkeitssegen in der Umgegend ausstreut, fabelte er, leben die Leute im Sommer vom Aehrenlesen, im Winter vom Wald frevel ; in der Nähe von Klöstern aber giebt es Ortschaften mit großem Wohlstände. Freilich füllen sich in Klöstern die Bettler ihre Suppcntöpfe mit den Resten der Mönchs- und Nonnenmahlzeiten; aber freien Wohlstand verbreitet ein Kloster niemals, selbst nicht das Cistcrzienserkloster Ossegg in einer fruchtbaren, an Naturschätzen reichen Gegend, wie das böhmische Paradies. Grenzenlos ist die Wuth der Franzosen über die Rede des Abg. Piccon, Vertreters des Departements der Seealpen. Derselbe hatte noch vor 3 Jahren von der Tribüne der Nationalversammlung gegen die der Grafschaft Nizza zugcschricbencn Wünsche, wieder mit Italien vereinigt zu werden, energisch protcstirt; in der Zwischenzeit muß dieser Gedanke aber solche Kraft gewonnen haben, daß Piccon jedes Zurückhalten fahren ließ. Seine Aeußcrungen haben zunächst in Paris sprachloses Erstaunen, dann einen maßlosen Zorn hervor- gcrufen. Held Gambetta thut sich besonders hervor. Er verlangt nicht blos Ausschluß des Deputaten Piccon aus der Nationalver sammlung, sondern auch Verbannung aus Frankreich. Die Aeuße- rungen Piccons sind den Franzosen verbrecherische, landesverräthe- rischc Kundgebungen; denselben Franzosen, die die gleichen Acuße- rungcn des clsässer Abg. Teutsch im deutschen Reichstag in den Himmel erhoben. Nun weiß alle Welt, daß die Grafschaft Nizza nicht freiwillig an Frankreich kam, sondern daß dieAbstimmung nur eine lächerliche Komödie des Polizcipräfekten Pietri war. Die Ab tretung Nizzas war der Preis für daS siegreiche französische Schwert in der Lombardei. Wir verdenken es den Franzosei» durchaus nicht, wenn sie das von ihrem Schwerte Erworbene behalten wollen; uns > wo die Stimmung durch den Reiz der zauberischen Bilder doppelt aber mögen sie eS nicht verübeln,' wenn wir daS gleiche Verfahren auch für uns angezeigt halten. Locale» und Sächsische». — Vorgestem Abend sind, dem „Dr. I." zufolge, II. kk. HH. der Großherzog und die Großherzogin von Sachsen-Weimar mit Prinzessin-Tochter Marie zu einem Besuche an unserem königlichen Hofe eingetroffen. Die hohen Gäste wurden bei der Ankunft im Bahnhofe von Ihren Majestäten dem Könige und der Königin em pfangen und nach dem königl. Palais am Taschenberge geleitet, wo selbst dieselben Wohnung genommen haben. Abends war Familien tafel bci J.Maj. der Königin. Gestern Vormittags haben die weimari schen hohen Herrschaften mehrere Kunstsammlungen besucht und Mittags mit unseren königlichen Majestäten einen Ausflug nach Pillnitz gemacht. Das Diner ist bei den Majestäten und Abends wird in den Zimmern der Königin ein Concert stattfinden, zu wel chem auch an die Herren Gesandten und die Herren Staatsminister, mit ihren Frauen Gemahlinnen, Einladungen ergangen sind. Der hiesige Aufenthalt der hohen Gäste, in deren Gefolge sich die Staats dame Fräulein v. Könneritz, der Oberhofmeister v. Zedlitz und der Flügeladjutant Oberst-Lieutenant v. Kiesenwctter befinden, wird einige Tage dauern. Heute wird auch Se. Hoheit der Herzog von Sachsen-Altenburg am königl. Hofe erwartet. » — Wir brachten vor einigen Tagen die Notiz, daß jetzt die Orden von den Militairs nicht mehr, wie bisher einzeln an die Brust geheftet würden, sondern — nach preußischem Muster — sollen sie in einer einzigen Reihe, an einem mit den betr. Bändern überspannten Metallstreifen eingehängt und halb über einander ge schoben getragen werden. Wir haben hinzuzufügcn, daß bereits an Königs Geburtstag bei der großen Parade der größte Theil dcr^antworkcte Offiziere die Orden in dieser Gruppirung trug. .. — In Berlin haben sich am 23. April Nachmittags in Folge einer von dem Königlich Sächsischen Gesandten Herrn von Nostitz gegebenen Anregung die sächsischen Bundisraths-Mitgtteder und sonstigen Bevollmächtigten der sächsischen Staatsregierung, sächsische Reichstags-Abgeordnete und sächsische nach' Berlin Mnmandirte Offiziere, zusammen 64 Personen, im Hotel Stadt Petersburg zur Feier de» Geburtstages ihre« Landesherr« Sr. MHestät des Königs von Sachsen zu einem Fest-Diner vereinigt, bei welchem der Herr Staatsminister Abekeu in einem mit allseitiger Zustimmung auS- gebrachten Toaste die Gefühle der Liebe, Treue und Verehrung für den Hohen Herrn zum Ausdruck brachte.' — Der Tod hat neuerdings einen unserer Mitbürger bahin- gerafft, dessen Verlust in weiten Kreisen schmerzlich empfunden wird. Am 24. April verschied nach langem Leiden Herr Kaufmann C. W. Dindorf (Firma: Dindorf u. Hache.). Sowohl für unsere städtischen Angelegenheiten hatte der Verstorbene stets ein warmes Herz, wie er sich überhaupt regsam und fortschrittlich erwies, wo er immer seine vielen Talente bethätigen konnte. Auch die „Dresdner Nachrichten", welche dem dahingeschiedenen Freunde aus der Zeit ihres Entstehens manchen trefflichen literarischen Beitrag danken, werden über das Grab hinaus demselben ein ehrenvolles treues Erinnem bewahren. — Der Frühling hat sein Feierkleib angezogen! Knospen und Blüthen in Rosa und keuschem Weiß prangen auf dem grünen Un tergrund des herrlichen Gewandes, das, von den warmen Puls schlägen der Natur hcrauSgetrieben aus den vor Kurzem noch nun terlichen Fluren, Augen und Herzen aller fühlenden Creaturen er freut. Hier ist kein Suchen nach neuer Mode, es ist die nämliche Facon und Farbe, welche unsere Ur-Ur-Ahnen bereits entzückt und die alle künftigen Geschlechter mit Wonne wieder begrüßen werden In die Baumblüthe! Wie viele Tausende werden heute, von den drückenden Fesseln des Geschäfts entbunden, ihre Schritte nach allen Himmelsgegenden wenden, um in dem Duft des weißen Blüthen- meeres ein stärkendes Bad zu nehmen, um am Anblick der verjüng ten Natur sich selber zu verjüngen und cm den Früchte versprechen den Blüthen die Hoffnung aufFrüchte ihres eigenenStrebens zu stär ken. Unser liebes Dresden liegt so glücklich, daß ebenso wie in sei nen prächtig blühenden Gärten, wenige Schritte vor den Thoren schon der ganze Zauber des Frühlings vor den Augen sich entfaltet. Der Vater nimmt die ganze Familie zusammen und zieht zum Sckooncr Grund, in das liebliche Thal von Kreischa, Merbitz w, in oie Briesnitz« Gegend, in die Lößnitz re. Alles muß mit, selbst die Insassen der Kinderwagen werden nicht daheim gelassen und wenn die warme Sonne und der Staub der Chausseen die Kehlen ausgetrocknet haben, dann wird das kostenfreie Schwelgen in Blatt und Blüthen mit einem realen Genießen in belebter ländlicher Wirth schüft unterbrochen. Für solchen Zweck ist z. B. in Merbitz beim Restaurateur und Fleischer A. Scharfe ein idyllisches Plätzchen. Vom Garten dieser Restauration, in welchem die Gäste unter blühenden Bäumen sitzen, genießt man eine prächtige Aussicht und für die Leibesstärkung ganz PrciswürdigeS. Eine äußerst lohnende Partie bietet auch der Weg nach dem Osterberge. Wenn man Mittags mit dem Dampfschiff bis Niederwartha fährt und von dort durch grü nende Birken und Felder nach Oberwartha geht, gelangt mgn durch herrliche Kirschblüthen zum Osterbcrg, wo man eine freundliche, gut versehene Restauration findet. Von hier herab über das Elbthal bis zur sächsischen Schweiz und nach Meißen hinab schwelgt der Blick in entzückender Aussicht und auf dem Rückwege über Kosse- baude kommt man in einen wahren Wald von Blüthenbäumen. Der Königliche Weinberg sei da nicht vergesse». Eine Fahrt nach Meißen mit dem Schlußrcfrain: „Geißler's Weinstube", ist sicher schon von Vielen geplant. Doch, wie alle Straßen nach Nom füh ren, bringt in der Umgebung Dresdens jeder Weg zu irgend welchen schönen Punkten;' wer keinen Weg weiß, folge getrost irgend einem Menschenstromc, er wird nicht lange wandern, so segnet er dcnWeg, den ihn der Zufall führte und findet wohl auch in der Baumblüthe. gehoben ist, manches singende, fidele Chörchen, welchem er sich ver trauensvoll anschließen kann, weil ja böse Menschen leine Lieder haben. Hierbei sei aber eine gutgemeinte Warnung nicht unterdrück. Fast immer klagten die Landbewohner nach dem sonntäglich Massen haften Besuch der Baumblüthe über rücksichtslose Beschädigung ihrer Fluren, Wiesen und Bäume. So z. B. wird durch Gcradezulaufen das Getreide, Klee, Gras rc. zertreten, oft auch wohl von ganzen Karavanen zu Lagerplätzen, wenn nicht zu Schlimmerem benutzt; von den blühenden, meist jungen Obstbäumen werden Zweige ab gebrochen und dadurch Früchte vernichtet, ja die Bäume im Wachs thum gestört. Und das Loos der Zweige? Achtlos werden sie in den Staub geworfen, zertreten, oder wenn sie ja nach Hause gebracht werden, ist ihr Loos — dort zu verwelken. Freue sich doch Jeder, der Herz und Gemüth besitzt, an dem reichen Segen Gottes, der auf Baum und Feld über die Fluren ausgcbreitet ist, und zerstöre nicht in übermäßiger Laune das schöne Werk der Natur und die Früchte des Fleißes unserer braven Landleute. Denen, die jedes feineren Gefühles bar sind, rufen wir aber zu, daß Baum-und Feldfrevel streng bestraft wird. Nun, lieber Leser, gehe hin und suche Dir Deine Straße, wir wünschen Dir „Vergnügte Baumbluthl" — Berliner Briefe. Die Leidenschaften gingen heute bei Berathung des BischoiSgcsetzcö höher als vorgestern. Bis wohin dieselben sich verstiegen, das reflectirte sich in der Hochfluth der persönlichen Bemerkungen, bei denen Windthorst- Meppen vom Untergänge Hannovers sprach, dabei kicAeußerung that „gegen vorbedachten Mord kann keine Politik schützen", überdies noch die Herren vom RegierungStische bat, sich von ihrem Herrn Collcgen vr. Leonhardt belehren zu lassen, wer Hannover «uf dem Gewissen habe, er selbst sei 1866 bei der Katastrophe schon seit 9 Monaten nicht mehr Minister gewesen, vr. Leon- Hardt saß verlegen da und schwieg. Der Altta'hoiik vr. Schulte antwortete auf den Vorwurs, daß er als Sohn sein Vaterhaus (die katholische Kirche) verlassen und hinterher noch die Brand- Mal htncsnwcrfe: „Ich habe mein Vaterhaus verlassen, weil mein Pater, der Papst, meine Mutter, die Kirche, ruinirt hat." Silles das wurde gesprochen zu K 1 tcS Gesetzentwurieü betreffend die Verhinderung der unbesugten Ausübung von Kirchcnämtcrn. Windlhorst sprach säst zwei Stunde», und sicherlich wie der ge schickteste Advokat, als — von der Sacke abgesehen — der bedeu tendste Redner von heute. Seine Rede war daraus berechnet, gegen daS im Sturm gegen die Kirche vorangehende Preußen die ttdeigen Bundesstaaten in »Aufwallung zu bringen, Zwiespalt «Wischen dem mächligstcn Staat und die kleineren zu säen, Indem er die letzter» vor der Pest warnte, die von Preußen auSaeht, und die Freiheit der Kirche, wie die Selbstständigkeit der Elnzcl- staaten «nlerwühlt. Den Katholiken dcS Reiches wurde durch die Rave Winkthorsl'S abermals eine starke Dosis zur Unzufrieden heit gereicht. „Wenn wir unsere Priester verlieren, dann beten wir allein; wenn man unsere Kirche verschließt, dann suchen wir die unterirdischen Höhlen auf." Klingt das nicht so, als wenn daS Gesetz, betreffend diclVcrhinderuna der unbestigtcn Ausüvnng Don Kirchenämterii die letzte Axt an die katholische Kirche legtet Zchdessen man erreicht mit solchen Worten seinen Zweck. Der Minister-Resident Krüger ans Lübeck konnte mirthcilen, daß in dem Kirchenstaate, und zwar bis zu dem Momente seiner Ein- Verleihung in das Königreich Italien, sowohl die Internlrung alS die Landesverweisung bestanden habe, ja daß beide Maßregem recht eigentlich zu den Hausmitteln gehörten, deren sich die päpst liche Regierung fast täglich bediente, um sich uubcäucmcr Gegner zu entledigen. Es ist vorgekommcn, daß ein junger italicnstchcr Dichter vier Jahre lang in einem im Kirchenstaate gelegenen Dorie internirt wurde, wett er Verse geschrieben hatte, die Sr. Heiligkeit mißfielen (Heiterkeit). Die Landcöbciwcisung erfolgte tveilweise aus religiösen Gründen oder eigentlich dann, wenn Römer odcrRömcrinncn acmischtcEhen cingcgangcn waren,also nach päpst- ltcbem Begriffe cm Concuvlnat. Der Ehemann wurde alsdann crpatrilrt, die Ehefrau iuo Kloster gesteckt. «Die übrigen Details der Sitzung haben wir bereits mitgcthciit. D. Red.) — Meteorologische Notizen und Andeutung beü Witterungsganges. Die in der vorigen Mitihcilung erwähnte ^uft-Electricität erschauten mittels der Electroslope: d'Alibard Zu Marly-la-Ville und de Lor zu Paris, jener ani 10. Mai, dieser am 18. Mai 1752. Durch Kundgebungen Winklcr's, Nollets und Franklin's veranlaßt, hatten sie Stangen mit Spitzen errichtet und dieselben isolirt. In demselben Jahre am 10. Juni ließ Frank lin bei Philadelphia einen Drachen mit am Ende isolirtcr Schnur steigen und erhielt die Funken. LeRomaS zu Nerac ließ clcc- trische Drachen 400 bis 500 Fuß hoch in Gewitterwolken steigen und erhielt Feuerstrahlcn 0 bis 10 Fuß lang und scheinbar 1 Zoll dick; es zeigten sich ihm gegen 30 derartige Erscheinungen in einer Stunde. Beccaria zu Turin erblickte an der Unterbrcchungsstelle des Lei ters eine unaufhörliche Lichtströmung. Richmann zu Petersburg hatte auf dem Dache seines Hauses eine 5 Fuß lange Eiscnstange errichtet uizd beobachtete die elcctrischcn Erscheinungen an dem in seinem Studirzimmer ausgestellten Apparat. Am 6. August 1753 stand er 1 Fuß entfernt von dem Apparat, etwas entfernter davon war sein Freund Sorolow. Plötzlich erschien eine bläuliche Flamme an der Stirn Mchmann's, cs > - -c« Knall, gleich dem eines Pistolenschusses und Richmann „ui 0 " e. Man muß daher bei derartigen Versuchen zur Zeit, wenn Gewitterwolken ani Himmel sind, mit größter Do.sicht beobachten.— In dieser Woche werden zunächst sich zeitivcilig Gewitterwolken bilden, aber wieder holt durch stärkere Luftströmung an Abgrenzung behindert sein; hierauf wird nach Entladung derselben bei Forlschrcitung der Wind richtung nach Norden kühlere Temperatur eiutrctcn. Mwometrius. — Kongreß deutscher Schneidermeister. Die Vor bereitungen zu dem am 4.—6. August d. I. in Dresden stattfin- denden Kongreß, mit weichem eine Ausstellung von Schneidcrarbei- tcn verbunden werden soll, lassen auf eine sehr lebhasteBetheiligung der BcrufSgenosscn schließen. Als Gegenstände der Berathung sink in erster Linie die Regelung der Crcditvcrhältnisse, die Beseitigung der Gefangenhausarbeit, Verschmelzung der Innungen mit den Ar- bcitgebcrvcreinen u. s. w. in'S Auge gefaßt. Die besten der ausge stellten Arbeiten, zu denen auch etwa von Fabrikanten ausgestellte Stoffe, Nähmaschinen, Schnittzcichnungen und eine praktische leicht faßliche Methode einer Buchführung für Schneidergeschäfte gerechnet
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