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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 12.04.1926
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260412022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926041202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926041202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-04
- Tag 1926-04-12
-
Monat
1926-04
-
Jahr
1926
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Ar. 170 Seile 2 Dresdner Nachrichten Montag, 12. April 192S Das öeulfche Aanalprogramm. Die Pläne -er Aeichswasserstratzen- Verwallung. 'Berlin. I-'. April. Der endgültige Wasser st raßcn- betrat tritt morgen zum ersten Male zusammen. Ihm wird eine ZufammensieNnng über bi« von ber RetchSwallerftraßen- oerwaltnna seit 182t ider Hebet nähme der Wasserstraßen auf das Reicht auSgesübrten Arbeiten vorlieaen. Die am 1. Avril '82l aut das Reich übergegangenen Wasserstraßen waren in vielen Teilen weit über bas gewöhnliche Mast btnans unter- .,aliungsbedürstlg. Hatte die Unterhalt»«« während des Krieges unter bei» Manuel an Personal, an Bau- und B'e- Triebs,tossen zu leiben, so u>ar eS in den solaenden Jahren die svrtschrcilcnbe Verknappung der verfügbaren Geldmittel bie eine geordnete Unterhaltuna der Wasserstraßen erschwer» mtte. Das Reich mußte daher vor allem durch »msana- e! che W i e b e r h e r st ei l u n a ä a r b e t t e n den Ausbau- ,»stand der iivcrnominenen Wasserstraßen ans Vorkrieaskvhe in bringe» suchen. In ihrem derzeitigen Uinlana bilde» die tleiche-imisserstraßen kein zusammenhängendes. Uber das ganze 1,'eichogebiet ansgedehntcS. einheitlich für die Großschisitlirl !n allen Teilen benutzbares S'erkchrdneh. Es bestehen drei »nippen von Wasserstraßen, zwischen denen ein Grvß- .chifsahrtsvcrkehr zurzeit noch nicht möglich Ist: DaS Elbe— Eder Gebiet. das 9ll>ei»-N>gin—EmS—Weier-Gebiet und daS Donau-Gebiet. An der Elbe vollendete daS Reich eine größere Zahl cleinerer örtlicher R e g u l i c r n » a s a r b e i t e n. di« vor dem l. April 182t von den Ländern beaonnen waren. Weiter führte es anf der sächsischen Strecke oberhalb Meiste n. an» der preußischen Strecke im Bezirke von Nittenberae, und auf der hambnraischen Strecke bet Geesthacht neue Arbeiten zur Verbesserung des Fahrwassers ans. Auch die zwischen Elbe und Oder neleaencn natürlichen oder künstlichen RcichSivasseritraßen, die Elbe und Oder miteinander verbinden, wurden seitens des Reichs durch Ausbauten er» weitert. >vur die Vollend»»« des Mittellandkanals betreiben fünf Wasserämter die Borarbeiten. Diese erstrecken sich in erster Linie aus den Hauptkanal von Peine bis Bura em Planer See, wo sie so weit voraeschritteu Und. daß mit der Aue-sübruna l»eavunen werden kann sobald die Fiiianziernng sicheraestelli ist. Daneben werden Entwürfe bearbeitet 'ür Harztalsperrcn. in denen das Speisewakser bcreitacstellt werden soll, für Sie Talsperren der oberen Saale, aus denen die Elbe in niedriacn Wasserzeiten auf eine kür Kanalichssse ausreichende Falirrvassertiefe ansaeböbt werden soll, kür den Ausbau der Saale für 1000-Tonneii-Schuse. für den Anschlnßkanal »ach Staßfurt. Leopoldsball und kür eine» Kanal von der Saale nach Leiviia. Skalislik -er Eifenbahnunfälle. Aklm ihli-hes Sinken in der Nachkriegszeit. Berlin, lO. April. Bon seiten der Reichsbahn werden die in der lebte» Zeit in einem Teile der Presse aniaetancbten Behauptungen. der Perlonaiabban sei schuld an den Eisen- bahnunsällen. znm Anlaß einer statistischen veröfsentlichnng genommen, in der n. a. folgendes anSgeführt wird: Panqalvs' endgültiger Wahlsieg. Pa r iS, >2. April. Wie ans Athen gemeldet wird, brachte daS Wahlergebnis in den LS Departements, tn denen am Sonntag gewählt wurde, für General Pangalos eine über, wältigcndc Mehrheit. sT.U.s Die schweren Kämpfe in Saloniki. Todesstrafe gegen die Nädelsiüürcr beantraat. Belgrad. 12. April. Die Belgrader Presse veröffentlicht jetzt weitere Einzelheiten zu den Kämpfen In Saloniki. Während -es Kampfes zwischen den RcgiernnaStrnppen und Sen Ausständigen kreuzten über Saloniki zahlreiche Flug zeuge. die die Stadt bombardierten, wobei 260 Personen, dar unter viele Kranen und Kinder, teils getötet, teils verwundet worden sind. Die genaue .Zahl -er Opfer wird aeheim ge halten. Zu -cm Prozeß gegen die aufständischen Führer vor dem Kriegsgericht in Athen nnrd gemeldet, daß ber Anklagever treter gegen die Führer der Bewegung Todesstrafe und tür die übrigen Teilnehmer lebenslänglichen Kerker be antragt hat. lT.-lk.i »Zähren wie folgt beziffert: Solist. WM. 191«. 2071. 24.V>, so daß sich zusammen t» den vergleichSsahrcn Entgleisungen und Zu- saminenftüße sowie Unfälle in folgender Anzahl ereigneten: >918: SL0S. 1822: RU4. ,028: SSM. UM: 204«. 1925: MM. Dt« absoluten Unfallzahlrn sind 1925 naturgemäß hoher, well 192N und 10» da» Netz um die sogenannten Regtebahnr« slü Prozents und htnstchtltch der Betriebsleistungen sogar um 13 Prozent kleiner war. Auch war 1825 eine dichtere Zugfolge vorhanden. Die Vesser»»« ergibt sich aber sogleich au» dem Bergletche mit dem Jahre 1022. dem lebten Jahre vor der Ruhrbesetzuiia, demgegenüber im Jahre IV2S die Zahl aller Unfälle um >8 Prozent, die der Entgleisungen und Zusammen» stvste um rund 35 Prozent abaenomm e n Kat. Die seit Kriegsende fast stetig verzeicknete Beflernirg der Betriebssicherheit zeigt sich deutlich bei einem Vergleich der aus ie eine Million Zugkilometer entfallenden Unfälle. 1818 waren cs 0.87 bei Entgleisungen u»id Zusammenstößen, ivährend die Gesamtzahl ber Unfälle 4,0« betrug. IV22 lauten die entsprechenden Zahlen l.85 und «.82. 1828 sind eS l.SO und 6.28. 1024 l,4I »nd tt.4». 1025 t,l8 nird b.78. In den genannten Jahren betrug die Zahl der verletzte« und getöteten Reisen den bzw. Zugbcdicnstcle» auf je eine Million Zugkilometer aller Züge im ganze» 1818: 4.08. >822 : 7.2t. 1828: «.«2. 1824: 6.14 und >0252 5.70 Es ist also 1VS5 gegen dasvorfahrbezoge» ans eine Million Zngkilomcter eine -termindernng der Gesamt» zahl, der Unfälle nm r„ud <L Prozent, der Entgleisungen nnd Zniammenstöste um 18 Prozent eingetretcn. Bon besonderer Bedeutung ist in der statistischen Auf stellung die Tatsache, -atz die Zahl der vorhandenen Bediensteten mit 2.7S im Jahre 18LS ans den Vorkriegsstand von IStS herab» gedrückt worden ist. Dies wird von unterrichteter Seit« als beste Widerlegung der immer wieder anftauchcnden Behauptung angeielien, daß Mangel an Personal und Uebcrlastnng vor. liege, und daß bie Maßnahmen ber RcichSbabngesellschaft aus dem Gebiete der Personalpolilik znm mindesten keinen nn- günsligcu Einfluß aus bie Uniallgesahr ausgcübt haben. Deulsch-tschechtsche Grenzbahnverhan->> lungen. In Dresden beginnen heute die Rerbandlunaen mit der Tschccho-Slowakci über bie Greuzbaduverbältnisse. Dcutscherieits werb»,, die Verhandlungen durch den Gesandten Morat. von tschechischer Seite durch de» tschechischen Ge sandten Krosta geführt. Die vrrhandlnnaen bürsten sich lehr schmierig gestalten, doch hofft man z« einer Verständigung z» gelangen, die an den bestehenden Verhältnissen, wie sie sich rinaelcbt haben, nicht allzu große Veränderungen brinaen. Eröffnung -er eilenbahnwtssenschasiltchen Woche. IDurch Kunk > pruch.i Berlin. 12. April. Die von der Berwaltnngsakadcinte in Berlin in Verbindung mit der Reichsbahn veranstaltete dritte eisenbahnwissenschaitliche Woche wurde heute in der Untversi» tat eröffne t. Sie soll die Fragen der wirtschaftlicheren Be» triebssührnng der Eisenbahn in Vorträgen hervorragender Fachleute nnd Gelehrter behandeln. Verwaltungsdirektor Regierungsrat Tietz begrüßte die zahlreichen Gäste aus Abschluss des russischen Emigranlen- Kongresses. Paris, 12. April. Der Kongreß ber russischen Emigran ten ist gestern abgeschlossen worden. In einer Schlußrede erklärten die ans dem Kongreß vertretenen Emigranten den Großfürsten Nikolai N i k o l a j c w i t s ch als den inter nationalen Führer. Revision aller Jürgens.Prozesse? Berlin. 12. April. Der Nechtsanöschiiß des Preußischen Landtages hat nunmehr, ivie der ..Monlagmorgen" erfährt, einen Beschluß gefaßt, das Staatsministerium zu ersuchen: 1. bei der Reichsregierung daraus hinzuwirken, daß sämt liche Verfahren des StaatsgcrichtshoseS. in denen Jürgens amtlich tätig gewesen oder als Zeuge bzw. Sachverständiger vernommen worden ist, daranshiu nachgcprüft werden, ob den Angeklagten durch die Mitwirkung Jürgen» ein Nachteil irgend welcher Art entstanden sei; S. in eine genaue Prüfung darüber cinzntreten, wie weit Jürgens dienstliche Handlungen während des Krieges und nach dem Kriege Anlaß zu strafrechtlichem oder disziplinari schem Einschreiten geben. Oerlliches und Sächsisches. r«tt«ohm« -er Reaierung am Set-enauer «LplosionsunglüM. Au» A»laß de» schweren ErvlosionSunalückS tn vrtbemn, batte üch ArbettSminister ElSner am Fretta« tn vr» aleituna verschiedener Herren seines Mlnisterlums «ach der Unglück-ftätle begeben um sich vom Umfang de- Unglücks und -em Stande ber AukräumungSarbeiten zu überz-iiaen, unb bei dieser Geleaenliett der Direktion nnd der Bertreinn, der Arbetterschast die Teilnahme ber Regierung ausgesprochen. M» onerhvrles kommunistische» Schwinde!. Manöver. In den letzten Tagen vor dem Abschluß beb Volt», bcgehrenö erschien in der konununistilchen Presse rtn Artikel über eine angebliche grvßangelegte Besitzverschiebung. die König Friedrich August von Sachsen im Jahrs ISlO vor. genommen haben sollte. In diesem Artikel, tu dem di« un. ge-heuerllchsten Beschuldigungen gegen den König und sein« Umgebung erhoben wurden, heißt eS u. a. solgcn-bermaßc»: .LS bandelt« sich damals um den ga»s des schlesischen Gute» KvnigSseld, das eine kostbare Pserdezucht besah »nd snsolgedessen für den König sehr verlockend war. Ta diese» <Y»t aber ssrbs»! einer Familie v. Keller war. war es nicht inöaltch, da» Ent ans aesevlichem Wege zu erwerben. Mit Hilse >>o» resiameiiisunter- schlaguna, Korrumvternng eine» beutschen Aachlaßgerichte» und großer BestechungtzsumiN«» sttr alle Mitwisser gelang e» durch einen vorgeschobenen Strohmann, einem entserntcn Berwandic» der Familie v Keller. daS Gut zu erwerben. Rl» der rechtmäßige SrSe. Graf v. Keller, sich dagegen zur Wehr letzte und nicht dam» zurülkschreckte. den Betrug auszudecken, leisteten verschiedene hob« süchsslch« Aristokraten Meineide um den Schwindel zu decken uni dl« Bloßstellung de» Veauitragten de» König» zu verhindern. Ter AnklSgrr Itel Ivt» im Kriege nnd konnte so seinen Kamps nicht sortsetzen. Seine Witwe, die rechtmäßige Befltzeri» de« heule dem iSchssschen König zugesprochcucn Gutes, soll in den dllrstigsie» A«r. hältntisen tn Berltn lebe».' Dem „Sächsischen Zeitungssiciist" wir- setzt zu diesen un. erhörten SkschtUdigarngen unseres KönigSl>auscS von zu- ständiger Stelle folnendrS mitgeteilt: DaS Gut Königsfeld, um das eS sich in dem Artikel der kommunistischen Presse handelt, liegt nicht in Schlesien, sondern bei Rochllh tn Sachsen. ES gehörte einem Herrn v. Nischivitz, der Anfang diese» Jahr- Hunderts gestorben ist un- vor seinem Tode Dritten gegen- über davon gesprochen hatte, daß er aus Königsield eine Stis. tun« machen wolle. Als daS von dem verstorbenen Herrn v. Nischwttz bet dem zuständigen sächsischen Amtsgericht hinter legte Testament eröffnet wurde, stellte sich aber heraus, daß von der beabsichtigten Stiftung überhaupt nicht die Red« ivar. Infolgedessen erbte dieses Gut ein verwandter de« ver storbenen. auch rin Herr v. Ntichmitz. der eS dann dem Grafen Ernst zu Münster aus Linz, dem früheren sächsischen Land stallmeister, zum Kaufe anbot. Dessen Bruder, der damalig« Lan-siallmeifter Gras Karl zu Münster, machte daraufhin ge- legentlich dem sächsischen König Mitteilung davon, daß daS Gut Könlgsfrld mit seinem Gestüt zu kaufen wäre. Der Be vollmächtigte des Königs aber lehnte einen Kauf sofort ab. weil für den Hof kein Interesse für den Erwerb dieses Gute» vorhanden war. Daraufhin erwarb Gras Ernst zu Münster das Gut. der eS heute noch besitzt. Wenn man mit diesen Tatsachen bas vergleicht, was tn der kommunistische» Presse daraus gemacht worden ist. dann muß man wohl sagen, daß kaum jemals in schlimmerer Weise bewußt gelogen worden ist als hier. Gegen die schlesische .Arbeiterzeitung" ist vom Rechtsvertreter deS sächsischen Königs Klag« ivegen di«ser un erhörten Beschimpfungen erhoben worden. Der AuSgang dieses Verfahrens wird zeigen, »u welch' unglanbltchen un» verwerflichen Mitteln in den Tagen der Agitation für das Volksbegehren gegriffen wurde, um das Volk gegen die ehe» maligen Fürstenhäuser maßlos aufzuhetzen. — Jubiläum des Julius-Otto-BunbeS. Der erweiterte Vorstand deS JuliuS-Ltto-Bundes beschäftigte sich tn seiner letzten Sitzung mit der Ausgestaltung des Programms für seine mit der bü-Jahrseier verbundene Bannermethe, die im Anschluß an daS Festkonzert des Bundes am 23. April d.J. im Gcwcrbehause stattfinden soll. Den vom SangeSbruder Frengang lDrcsdner Mannergesangverein) verfaßten, die Geschichte deS Bundes erzählenden Borspruch wird der dem Bunde seit Jahren nahestehende Hofschauipieler a. D. Waldeck zum Vortrag bringen. Die Wcihercde hat Pfarrer Tro'ckütz iMartin-Luther-Kirche) übernommen. Am Tage ber Weihe werden in dankbarem Gedenken die Ruhestätten verstorbener führender Männer des Bundes und das Julius-Otto-Denk- mal geschmückt. —* SO Mark Belohn»»«. Gestohlen wurden tn der Nacht 1« ,»m l>. April I82V a»S einer hiesigen Gärtneret etwa 1000 Siück kleinblättrig« Eseupslänzchen. Unt«r Bezugnahme »us obige Be lohnung werden sachdienlich« Mitteilungen an dt« Kriminalpolizei erbeten. Die endgültig sestgestellte Unfallstatistik der Deutschen Reichsbahn weist in Entgleisnnaen nnd Zusammenstößen Deutschland. Schweden. Dänemark. Finnland. Rußland unh folgende Ziffern auf: 1818: 604. 1822 : 963. 1623 : 664. 1024 : 575. der Schweiz nnd entwickelte das Programm der vermalt,nigs- 4825: 628. Sonstige Unfälle werden in den genannten aküdemic. iW.T. B.s Trauerspiel von A. E. Brachvogel. Bassermann-Gastspiel tm Nlbert-Theater. 11. April 1 026. In Goldpapicr war daS Manuskript eingeschlagen, das Ludwig Deisoir im Vorzimmer des Grasen Hülsen aus dem Stoße hcroorzog, der den Weg der meisten Dramenmanuskripte gehen sollte, den Heimweg zum Erzeuger. Und der rollen hungrige Schauspieler las daS Trauerspiel .Narziß" von E m i l B r a ch v o g e l und fing sogleich Feuer an dem Dichter- b,lüe des verlumpten Genies Narziß, der der Nesse RameauS, des großen Musikers, war »nd nach Brachvogels „originaler" Erfindung die allmächtige Pompadour stürzen, ta töten half. Eine schier kindliche Geschichtsfälschung, naiv und melo dramatisch, unbeiangen und doch raffiniert durchgesnhrt in einem Drama. daS mit seinem Zuckerdütcn-Nokoko in Gvld- papier ei» entzückendes Osteraeickenk für die lieben Kleinen im Theater abgcbcn kannte. Die Gelegenheit ließ sich Dcsioir nicht entgehen: mit festem Griff riß er den Narziß an sich und ließ ihn nicht wieder los. eine Glanzrolle, eine Paraderoüe. ein viriuosenknnststück lür den Darsteller der gebrochenen Naturen, der genialischen verbitterten, der zerfressenen Eharaktcre. Es ivar nicht leicht, dem Stücke, worin daS Hcran- nahen der großen Sintflut der Revolution Frankreichs zu höre» war, ans die Königliche Hoibühne in Berlin zu bringen: aber am 7. März 1856 war eS soweit nnd eS aeichah daS damals ganz Ungewöhnliche: daS begeisterte Publikum verlangte nicht nur Deisoir an die Ramve. sondern ries den unbekannten Dich ter hervor, der ganz im Danmel deS Glückes kam und noch leinen Regenschirm i» der Hand hielt, an den er sich tn der Er- reginia -eS Abends aeklammert batte Ein kleines gebrech liches Männchen, selbst eine Art Narziß, ein Kindergemüt mit genialischen Anlagen, vom ärmlichen Leben vernichtet in seinem Selbstvertrauen, „eine Kreatur deS Grams auf dieiem lanmelnden Ball" Von diesem Abend ab ein berühmter Mann. — anS dem freilich doch nur ein erfolgloser Vielschreiber wer den sollte. Aber sein „Narziß" tras Ins Herz der Gegen wart. Er reihte sich den großen, knallige» Theaterstücken an. in denen damals Geschichte verarztet wurde. MoienthalS ..Debvrah" etwa, oder GnbkowS „Uriel Acosta" und mehr noch dessen „Richard Savage". dem Bettlervoeten anS Alt-Enaland der wie ein Vorläufer deS Narziß erschien, KjsekeS „beiden Eagliostro" und ScribeS eleganien historischen Genrebildern, — einer Spezies des geschichtliche» DramaS. gegen die HcbbelS und Ludwigs Ideendramen veracbilch ankämviten. Im „Narziß" witterte das Publikum den Geist der Kritik am Be stehenden, baö zum Falle reis schien, die Auflehnung gegen kopsnickende Pagoden und „kette Staatspolnven". daS Weben des Liberalismus, daS unterirdische Rollen revolutionärer Er eignisse, nnd daS alles aus dem Munde eines verkommenen Künstlers, eines der genial erscheinenden Weltschmerz- sammercr, deren man manchen hatte kommen und untergeben sehen. Es war -leie Zeitstimmung, die Brachvogels a»S Pose und Sentimentalität gemischtes und gefälschtes Geschichtsbild so aieria aniiog, und cd war die Bombenrolle des Narziß, die das Stück, diese» .„Koioiialiiniinn", wie Fontane meinte, durch Jahrzehnte auf de» Bühnen lebendig erhielt. Glanzvolle Liste der virtuosen Darsteller: Deisoir, Daiviso», Emil Dcvrlent, Sonnenthal, Kläger. Kahle, Mitterivurzer, Pviiart, Barnay. Friedmann, Haaie — von den kleinen Provinzarößen ganz ab gesehen. Und i» »nlere Tage hat Albert Bassermann den Liebling unserer Großeltern herübergercttct. BgsscrmgnnS Narziß hat zwei Eigenzüge vor anderen vor aus: die Natnrwahrhcit »nd daß Musikalische. Zwar wissen mir nur noch aus Beschreibungen, wie die andere» ihn spielten, — Dessvir den Ironiker und Pessimisten, Mitterwurzer den Plauderer und Skeptiker, Sonncnthal den Melancholiker und sentimentalen Liebhaber, — aber ans der Entwicklung der Schauspielkunst und aus der Persönlichkeit BasscrmannS dürste zu erschließen sein, daß keiner den Narziß ohne thea tralisches Flittcrgcwanb so naturalistisch und psychologisch lebenötreu gestaltet hat wie Basserrnan». Dabei gibt auch er rückhaltlose Schauspielerei, läßt sich keine Wirkung entgehen, spielt Pausen nnd stumme Einlagen, bedient sich der stärksten nnd dickste» AnSdrucksinittel. DaS Ist hier durchaus an- gemesseu. Um -es Narziß willen ist daS ganze Stück da. Sr ist immer Mittelpunkt. Nim macht es BasscrmannS Künstler, schalt aus, daß er ans tausend Kletnzügen ein echtes Menschenbild formen kann. Sein Narziß leidet aus untötbarcr Sehnsucht nach dem treulosen Weibe und wird wahnsinnig, als er eS in der Pompadour wiedersindet. Die Sehnsucht, die stnmme Licbcsrascrei bestimmt seine ganze Seelenhaltung. AuS ihr fließt Weltvcrnchlimg »nd LebenSekel, anS ihr die Skepsis eines geistreichen Kopfes. DaS gibt ergreifende Augenblicke, echte Tcelcntöne a»S virtuosen Passagen heraus Die Erzählung seines Mißgeschickes in ihrer Scheu und Scham, das AuS» brechen sinnloser Leidenschaft, die Unterhaltung mit dem Pagoden, die wilde Schauspielerei in der Rolle -eS Rächers an der Ungetreuen — daS sind alles genial erfaßte und gestaltete Höhepunkte. Wie Basscrmann überhaupt den großen Monolog der Langeweile. Einbildung. Enttäuschung, Sehnsucht spielt, spielt, nicht spricht unb deklamiert, die ganze Unnatur dieser Stilsorm in glaiibhgstcste Sclbstunterhaltung eine» ruhelosen Phantasten nmdichtet, ist ein Stück höherer Kunstwahrheit. DaS ist durchsättig» mit musikalischem Geiste, nickt nur äußer- licke Komödie des Spielen» auf einem eingebildeten Cello, nein, da ickwingt die Seele eines Musikanten, die da» Zwie» acspräch mit sich »nd Welt unb Sternen in ihrer ewigen Er. rcgung gewohnt ist. Dielen musikalischen Zug in Rameou» Nesse» steigert Basscrmann am Schluß, als der Wahnsinn au», bricht, zu einer Art symphonischer Phantasie der heran» schwellenden Sintflut, zu einer Vision, wie etwa Beethoven die Tonmasscn des Chaos in der Neunten heranwogrn sehen mochte, zu einer Ekstase der Musikerscele. Mag man vielleicht die Ausführung als bewußt und technisch virtuos empfinden, ber Grundcinfall, die schöpferische Idee, konnte doch nur auS der persönlichen echten ErlebniSsorm kommen. Auch Basier» mann läßt den Narziß alSVtrtuosenstuck undKomödiantenglanz- nummer erscheinen, aber er durchblutet ihn mit naturwahrem Gruiidcmpsinden nnd beschwingt ihn mit musikalischem Geiste Man kann wohl sagen: er spielt de» Narziß, den unsere Zeit allein »och ertragen kann. Alles andere kann man nur noch schwer ertragen. Selbst die Madame de Pompadour, wie sie Hermtne Körnerzn gestalten suchte, ist auS der iniieren Unwahrheit nicht heraus- zuretßen. Daß äußerlich daS geschichtliche Bild der durch Kränk elt abgemagerten, Ihr körperliche» Hinlchwinben kaum ver- crgcndcil Maitresse mit der fülligen Erscheinung Hermine Körnerv nicht zur Deckung gebracht werden konnte, Ist viel leicht uiiwichtia. Aber auch die weichsten Töne deS Leiden» »nd die heroischsten Herrlchcrgeberden konnten die Tftealer- pose deS Schlusses, daS Sterben der «roßen Dame ln den wütenden Umklammerungen de» irrsinngen Bettlers, nicht ihrer fötale» Ueberlebtheit alten KomödiensvielS entheben, lieber zwei Theaterleikbcii siel schnell der Borhang. Er deckte auch sonst reckt viel Unvollkommenheiten einer übereilten Ein« studierung, die auf .HerauSarbcitling der Nebcngestaltcn kein Gewicht gelecit hatte. Ein hölzerner Herzog Cüoiseul lNürn- berger). eine blutlose Schaulvielerin Quinault lTIe be mann), ein paar out «»Ssebcnde Rokokodamen lFrie brich und Thiele), ein höchst hilfloser Hofstaat der Pomvadour waren um daß Hanptpaar heriimgebaut, ohne daß die Sienen ihrer Mitwirkung Innere Verdichtung erhielten. Die Köniain Maria Lesczinska war glatt gestrichen, so daß CholsenlS Um- schwenkuna gegenstandslos blieb, kurz, man halte auch an daß Stück nickt mehr aeglanbt. ES hieß nnd war Narziß-Basser« mann und errang sich nur dadurch rauschenden Beifall nnd ssirnnnrnke. Dr. Felix Zimmermann. Kunst un- Wissenschaft. Den Wiener Sängern zum Gruh. Heute abend tn der siebenten Stunde soll der Wiener Lehrer-»^:appeIl»-Chor in Dresden elntrrffen. Dresden beißt die Wiener Sängcrgästc herzlich willkommen! Selbst eine Hochburg ber Pflege deS drntschen Llebe» weiß c» Sonderkiinstleistiinaen auf diesem Felde, wie Ne der künstle- rische Ruf brr Wiener Bereinigung tn Aussicht stellt, zu schätzen. Nicht mtnber aber begrüßt eS auch diesen Besuch wteder alS Snmbol ber völkischen Zusammenaebssriakeit von Retchtteutschland und Oesterreich. DaS Männerchorflngen ist
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