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387 nicht darauf, eine Dummheit zu begehen, die Deinen Mann und Dich ganz ziveifelloS unglücklich machen würde. WaS Du Dir ei,»bildest, später an Deine- Gatten Seite ge- duldig tragen zu können, das — ob Du'S können wirst, lasse ich dahin gestellt sein — das bricht ihn nieder, glaube es mir. Und nie werde ich die Hand dazu bieten, Euch eine Iammerezislenz zu vermitteln. Nebenbei gesagt, würde es weder meinen Schwieger- ixiter, noch dessen Frau und K"uni reizen, auf ihren Werken eine Kolonie für deklassier-te Verwandte einzurichten. Da ist schon vieler Ingenieur! Ein tüchtiger, ein ganzer Mann, aber selbst der gehört doch nur halb zur Familie! Er täte klüger, sich ein anderes Engagement zu juchen. Nun fei vernünstig, Eveline! Ich habe Dir meine Meinung ge- jagl. Jetzt nluiiii Deinem Verlobten die Fessel ab. womit er an Dich gebunden ist. Er wird es Dir später danken" Und Du — mache Dich frei! Glaube mir, eS ist nur Schwärmerei Demes törichten Mädchenherzens, wenn Du Dir jetzt einredest, in einer bescheideneren VIelt Dem Glück finden zu könne». Ja, wenn diese Welt zugleich auch sorglos wäre und nicht Deine nächsten Freunde zu Nachbarn hätte! Du nennst mich jetzt nicht mit Liebes» »amen, Kind, aber das ertrage ich!" Er sah ihr nun doch beklommen nach, als sie, ohne auch nur eine Silbe zu entgegnen, bleich wie ein Gespenst, sein Stimmer verlies!. In jeder ihrer Bewegungen lag eine Ge brochenheit. die ihm schmerzlich aussiel. Doch er ries die Schwester nicht zurück, sondern sachte: Es war eme schwere Operation, aber sie scheint gelungen zu sein!" "Das be friedigte ihn. Er konnte sich überhaupt gar nicht vorstellen, wie cs anders hätte kommen können Es tat ihr natürlich weh — nun ja, aber sie würde jetzt endlich vernünftig werden. DaS fehlte gerade noch, daß eme zweite dumme Heirat in der Familie ihm das Leben sauer machte! "Der Negierungsbote brachte zugleich mit den Akten die Zeitungen. Dadurch abgelenkt von seinen ärgerlichen Grübeleien, griff er nach den letzteren, lind das erste, was er las. war die Eröffnung des Schwurgerichts, dieselbe war ihm genau bekannt, eme Ueberraschung bol ihm die Nachricht alfo nicht, dennoch warf er in Einer Gereiztheit das Blatt weit von sich, cs fiel zu Boden und er nahm cs nicht auf, denn der Diener meldete eben das Mittagessen. * * * Für die Familie des Oberkirchenrats brach eine schwere Zeit herein. Die Ver handlungen m, Schwurgenchlssaale richteten sich doch nun einmal gegen Ellis Bruder „nd »ahmen, nne vorauszusehen war. das Interesse der ganzen Stadt in Anspruch. Der pikante Klatsch, der sich an die Iugendgescliichte des vornehmen alten Herrn knüpfte, war auch dann, als die wirklichen Tatsachen klargestellt wurden, noch ein aufregender Ge sprächsstoff, um so mehr, als es mele alte Leute gab, die sich erinnerten, in ihren jungen Jahren einmal „etwas Aehnliche?" gehört zn haben. Wie bei derartigen Anlässen oft genug die Mücke zum Elefanten gemacht wird, so wurde liier das ganze clefantengrosie Lügengewebe zu einer winzig kleinen harmlosen Tatsache klargestellt: aber man erlebte in den Verhandlungen Stunden lebhaftester Aufregung. D>e Zeitungen — nicht die hiesigen, aber Ne fremden — brachten lange Artikel über den interessanten Fall, und tagelang hörte .-»an nur das Urteil: „Wenn Tliunfcls sich so schuldlos gefühlt, wie er jetzt im Verhör an- gibl, so würde er dem frechen Erpresser nicht gleich eine solche Summe geschickt haben!" Der Gärtnerbnrsche als Angeklagter war dem Publikum höchst gleichgültig: und als cs bekannt wurde, das; die schwarzverschleierte Dame, die neben dein Oberkirchcnrat Nachhause» beide Tage dicht hinter dem Angeklagten sag, dessen Schweiler und zugleich die Schwiegertochter des alten, ehrwürdigen Geistlichen sei, selbst da regle sich das größere Publikum nicht weiter um den „Taugenichts" aus. Thunfels, der vornehme Hofkavalier, war ihm weit wichtiger. Der Gesellschaftskreis der Nolhbausens hielt sich diesen Ver handlungen, soweit nicht einzelne Zivilbeamte damit zu tun hatten, taktvoll fern. Wer das Losungswort ausgegeben — wusite man nicht gleich: später führte man cs zurück ans einen der Teeabende der Frau Minister, die erklärt hatte: „Man wird d:e liebenswürdige Familie Noihhausen am besten schonen, wenn man die betrübende Geschichte völlig ignoriert." Das tat man denn auch u> seltener Einmütigkeit, denn die Beliebtheit des Oberkirchenrats kam nur der aufrichtigen Snuipalh.e und Verehrung gleich, die er genas;. In diesem Sinne beutete man den Unierhaltungssloff dennoch ergiebig ans. Man hatte aus den Verhören erfahren, das; der in Reue fast vergehende Angeklagte fast täglich die Besuche des Oberkirchenrats empfangen hatte und daß der moralisch recht verwilderte Mensch durch dieselbe» erst zu der r:cht:gen Einsicht bezüglich seines Ver brechens gelangt war. Auch daß der alte Herr im Verhör warm für seinen Schützling eintrat und energisch betonte, seine Tal sei die eines Irregeleiteten, dem lebenslang die ernsle Führerhand gefehlt, wußte man: und ferner erzählte man sich, der »inge Gärtner sei kreideweiß geworden, als er am Arm des alten Geistlichen die Schwester aus sich zu- trctcn gesehen habe. „O, wie kannst Du mir das antun. Elli?" batte er gerufen. „Ich wollte Dir zeigen, Heinrich, daß Hans und ich Dich nir eine» Verirrten, nicht aber für einen Verlorenen halten!" halle die zunge Frau Amtsrichter leise uns fest gesagt. ' Die Nächslstehenden batten es gehört. So gab es ein« ganze Reihe von kleinen Ge- schichten, die man sich erzählte. Man erwärmte sich für Rothhausens immer mehr, denn man fand die Handtungsweise des alten Herrn „einzig", „ganz einzig". Daß der An geklagte schließlich in Anbetracht aller zu feinen gunsten sprechenden umstände mit dem geringsten Strafmaß davonkam, ließ die Leute wieder ganz kühl. ES wäre niemandem eingefallen, sich für Heinrich Blitz persönlich zu interessieren. Sehr unzufrieden mit dem Resultat der Verhandlungen war der KabinettSrat von Thunsels. „Der dumme Junge hat seinen Lohn: aber daß der eigentliche Anstifter, der Dingel, der meine Briese in Händen hat, leer ausgeht, weil die wohlweise Polizei seine Adresse nicht erfahren kann, dos ärgert mich zum Rasendwerden," sagte er wütend nach Schloß des Verhörs. Seitdem war er bei den Verhandlnngcn nicht mehr erschienen: er war seinen Berufsaeschäften nachgeganaen »nd hatte sich in dieser Zeit auch nicht um seinen Liebling, Eveline, bekümmert, bis sie ihm einmal ans der Treppe begegnete, wo er sie ganz betroffen anstarrte. „Zum Kuckuck, Eveline, was haben Sie den» mit sich angefangen? Sv ein Unsinn, sich um diese alberne Schwurgerichtsassäre so aufzuregen! Sie sind ja kaum wlederzuerkeniicn, liebes Kind! So bläß! Und ganz verhärmt! Und die liebe». Hellen Augen so trübe? Was fällt Ihnen denn nur ei», Kindchen?" Er hielt Eveline an beiden Händen fest, sah sic ganz erschrvcken und mitleidig forschend an. wie ein Arzt seinen Patienten, und es wurde ihr immer schwerer, seine» Blicken voll liebevoller Sorge sland zu halten. Da kam glücklicherweise ihr Bater die Treppe herauf und Thunsels rief demselben eifrig zu: „Nun? Ist die Geschichte endlich vorüber? Zu wieviel ist er denn verdonnert?" Eveline flüchtete am Bater vorbei die Treppe hinunter, indem sic vorschützte, sie müsse eine eilige Besorgung machen, in Wahrheit aber, um Herr über ihre immer gleich hervor- slürzendcn Träne» zu werden. Thunsels sah ihr besorgt »ach. „Was ist mit Eveline?" fragte er, ohne auf Rothhausens Antwort betreffs seiner ersten Frage zu warten. „Was ist nur mit dem Kinde vvrgegangen?" „Hat sie Ihnen nichts erzählt, Herr Kabinettsrat? Ihre unglückliche Geschichle mit Ernst von Mering isl's. Er hat sich in seinem Können nun doch getäuscht." „Kommen Sic zn mir herein, Rothhausen! Erzählen Sie! Lieber Gott, es ist also nichts mit all ihren frohen Aussichten auf eine baldige Anstellung Merinos?" Der Oberkirchcnrat trat in Thunsels Wohnung und nun erfuhr dieser, was sich in den letzten Tagen zugetragen. „Das ist ja eine wahre Kalamität! Das ist für das arme Kind ein Stoß mitten ins Herz," ries der Kcibincltsrat ganz erschüttert. Rothhausens batten nie viel Gewicht aus seme offene Bevorzugung Evelines gelegt. Sie war eben überall beliebt und er — ein schrulliger aller Herr — hatte nun mal ihre freundliche Fürsorge sehr angenehm empfunden. Er bedurfte derselbe» auch, man hatte Evelines Tun »ur natürlich gelnnde». Heute sah der Oberkirchenrat aber doch mit einer gewissen Be friedigung, dag sein Hausgenosse nicht lediglich in. egoistischer Bcgnemlichkeit Evelines Freundlichkeiten hiiigenommen, sondern daß dieselbe» in dem allen, vertrockneten Herzen ein warmes Dankbarkcitsgefühl, eine Art väterlicher Teilnahme für sie erweckt hatten. Darauf weitere Gedanken zu baue», siel dem Oberkirchcnrat nicht ei», oberes freute ihn, daß Thunsels ihm lebhaft zurcdcte, sür die Berlobten etwas zu tun, ihnen die Heirat zu criuöglicheii. Dennoch mußte er erklären: „Ich kann es nicht, lieber Freund! Wenn ich's könnte, würde ich cs längst getan haben. Sie wissen, daß ich meinen Söhnen das Vermögen ihrer verstorbenen Mutter bis auf den letzten Groschen ausgezahlt habe. Mein eigenes und das meiner ictzigen Fra» muß ich, soweit es »och vorhanden lst — und Sie wissen, mein Gehalt war bis vor kurzem völlig unzureichend — für den Fall meines Todes zuin Unterhalt meiner Witwe und meiner Töchter zusammenhaltcn. Gebe ich Eveline den ibr ziikviiimeiiden Anteil wirklich schon jetzt, so genügte dieses Kapital nicht entfernt sür Einrichtung und Zinsgenuß der beiden. Glauben Sie mir, ich habe Evelines rasche Ver- lvbnng damals mit tiefem Schrecken gehört, ich habe die törichte Festigkeit der Liebenden nicht zn ändern vermocht und unmer gefürchtet, daß nach Jahren vergeblichen Höffens und Ringens schließlich eine Trennung erfolge» würde. Jetzt sind wir nun an diesem Punkte aiigelangt. Evelme leidet schwer. Hoffentlich ringt sie sich aber zuletzt durch — und das ist sür beide das beste." „Und das ist Ihr Ernst, Rothbansen?" fragte Thunsels zornig. „Allerdings! Wissen Sie etwas Besseres?" erwiderte dieser, sich ini stille» darüber ivlindernd, Thunfels' Zu stimmung ansbleiben zu sehe». Der alte Kan; war doch ein merkwürdig widerspruchs voller Mensch. „Gewiß, weiß ich etwas Besseres! Das heißt, mir wird schon etwas cin- fallen! Denn was Sie da so kaltblütig geschehen lassen wollen — Ihr Kind das beste Herzblut vergießen z» lasse» — dazu ist. dünkt mich, immer »och Zeit! Warten Ivir's mal erst ab! Sehen wir doch zu. was Vernnünftiges für den braven Kerl zu finden! Ich babe ihn nie gesehen, daß ibn aber die Eveline so treu liebt, das spricht Bände sür ihnk Das ist meine Meinung! Und rein znm Tollwerden ist's! Da hatten wir die schöne Stelle an der Korrigendenanstalt zu W-, die mein Freund Mirschner jetzt innc hat. Er geht jetzt ab" cz°rge,u»g toig».) Dünne, rassige lNvvcr von hervorragendem Geschmack und duftiger Blume. Bestgepflegte. sehr preis- wende kkelnwin« mir reichliche»! Flaichenlagcr. Elcg. »ur Origiual-Gemäch'e. keine sogenannte» Etiketten Weine Mau verlange aussühilichc Preisliste und Proben. fei'll. Lerlsrli ItsM.. UeinIM. mit krobiiMlM, Mitr8tr.4. VerktNa^mt« Ikon : in Dresden: Earl Höke, Lindenaiistr. 28, Alfred Heniiig, "Nürnberger Platz 3. Wold. Vvgelgeiang, Trachcn- berger Skr. 20, in Blascwitz: Edm. Scholle n Paul Uhlniaiiii. Reu den; u. Forsthausstr.- Ecke >l. 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