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Vir. L»r. Zwölfter Jahrg. Sonnabend t«. August 18»7. cArscheistt: «,lt» früh 7 U,r Inftrate w»rdtu «mgeuomm»»: bi«Lbend-v,Gvn». tag» bi, Mittag» 1» L-r: Martenstraßr 1». N»l»tg in dies Vlatt« Duden «iu« «rsolgretch« Verbreit«,. s. »ufie-e: 18.000 Abonnement' vierteljährlich rv Ngr. bei uuenigekdltchrrLie« sinnig in', Hcu« Lurch di» Köoigl P»ß itterieljLhrlich 22 Ngr. Vtureln, Nummer» 1 Ngr. Knsepalenpreise: 8L'. deu Raum «io«, geipalteoeu Zeile: 1 Ngr. U«»r „Tinge« iavdt" dt» Z.tl, 2 Ngr der HereuHeber: Eitpsch stk Nklchardt. — v»r«mw»Mch,r N«d«ct»»r i JuldtO RsdhNkDlc Dresden, d« 10. August. — Dem Hospitalverwalter beim König!. Sachs. Militair Bade-Hospitale zu Teplitz, Johann Thräne, ist die silberne Verdienstmedaille verliehen worden. — In der katholischen Hofkirche fanden gestern Vormittag feierliche Exequien für den höchstseligen König Friedrich Au gust i>. (g»st. 9. August 1854 in Tirol) statt, welchen Se. Majestät der König, Ihre König!. Hoheiten der Kronprinz, die Frau Kronprinzessin, sowie die Prinzessin Amalie beiwohnten. Daö Königl. Hoftheater blieb am gestrigen Tage in üblicher Weise geschlossen. — Die zur Unterhaltung evangelisch-lutherischen Gottes dienstes und evangelisch lutherischer Schulen unter unfern deut schen Glaubensgenossen zu Paris in Dresden veranstaltete HauS- collecte hat einen Ertrag von 715 Thlr. ergeben. — Da die Baulichkeiten an der nördlichen Langseite hie siger Sophienkirche vicht in der Maße gefördert worden sind, daß die ausgesetzten Gottesdienste, wie angenommen wurde, vom 4. August d. I. ab wieder ausgenommen werden konnten, so bleibt der Sophiengottesdienst bis auf Weiteres ganz ausgesetzt, wogegm an allen in die Monate August und September d.J. fallenden Sonntagen der evar.gelische HofgottcSdienst Vormittags von halb 11 bis halb 1 Uhr in der hiesigen Frauenkirche, da selbst auch vorher früh von 7 bis 8 Uhr von den Herren Hof predigern Beichte und Communion gehalten werden wird. — Nach einer vorläufigen Mittheilung der hiesigen königl. Kommandantur soll die Vorstadt Neudorf in der Zet vom 24. August bis 16. September d.J. mit einer Abtheilung des Feld- artillerieregiments belegt werden und wird die Unterbringung der Truppenabtheilung so weit möglich durch Verdingung erfolgen. — Die zu dem neuen Jagdjahre auszugebenden Jagdkarten sind auf pensefarbiges Karrenpapier gedruckt. Die schon seit Jahren übliche Vignette ist auch für dieses Jahr beibehalten worden. — Das Standbild Friedrich Augusts sah sich gestern morgen mit zahlreichen Blumen, Kränzen und Ankern geschmückt. Es war der Todestag des verewigten Fürsten, an den hierdurch von patriotischen Händen erinnert wurde. — Die Nachricht der „Sachs. Z." von einer angeblichen Berufung des Geh. Justizrathes I>r. v. Gerber zu Leipzig in den preußischen Staatsdienst beruht nach der „D. A. Z." auf Erfindung. — Schon zwei Fälle, daß durch den Biß von Kreuz oder Haselottern Kinder und Erwachsene ihr Leber: eingebüßt haben, find jetzt kurz hinter einander aus der sächsischen Schweiz und von Dippoldiswalde mitgetheilt worden. Nur diese einzige, leider bei uns einheimische Schlangenart ist giftig und ihr Biß schnell tödtend. In unserer näheren Umgegend ist sie nur selten anzutreffen, desto häufiger aber in den Wäldern und Schluchten des Erzgebirges Ihre Vertilgung sollte daher mit aller Energie angestrebt werden, und würde sich auch ein guter Erfolg von der Jagd auf dieselbe erwarten lasten, wenn obrigkeitSwegen eine ansehnliche Belohnung auf deren Tödtung auSgesetzt würde. Meistens verfallen dem qualvollen, schon nach wenigen Stunden ein tretenden Tode durch diese kleine Schlangenart Kinder oder Leute, welche die Wälder barfuß betreten, um dort ihren Be schäftigungen, namentlich dem Beerensuchen, Streurechen, Gras hauen u. s. w. nachzugehen, und schnelle Hilfe ist dann entweder nicht gleich bei der Hand oder ein Arzt stundenweit nicht zu finden. — Möge man daher vor allen Dingen die gänzliche Ausrottung dieser gefährlichen Schlangenart in s Auge fasten und staatSoberaufsichtSwegen das deshalb Nöthige baldigst vor- kehren. — „Freiheit, die ich meine", dies alte Studentenlied mochte wohl auch einmal nach Sibirien in eine Wolfsfamilie gedrungen sein, welche gestern mit dem schlesischen Eisenbahnzuge in Dresden angekommen war, um sich im hiesigen zoologischen Garten nicderzulaffen. Beim Wogentransport nach der neuen Heimath hatte einer der Wölfe das Gitter zerftesten und das Weite gesucht. Er brach auf der Ostra-Allee aus und schlug sich seitwärts in die Büsche, d. h. in dm Zwingerpark. Man kann sich den Schreck denken; dmn das war kein lapos in lsdnls, sondern ein wirklicher Wolf. Er kam aber nicht weit. Der gelbe Dienpmann Nr. 257, der beim Transport betheiligt war, spielte hier auf offener Prommade den modernen Batty. Er rückte in Sturmschritten dem Flüchtling auf den Leib und packte ihn plötzlich so eisenfest, daß dem vierbeinigen Ungethüm nur Zeit blieb, einige Grimassen zu schneiden und die Zähne zu fletschen. Der Sibirianer saß bald wieder in seiner Zelle und heulte weiter. — Wie fast jedes Jahr, so hatten sich auch zu der dies jährigen, nunmehr beendeten Vogelwiese mehrere Berliner Gauner und sogen. Kümmelblättchtnspieler eingefundcn. Diese Herren wiegten sich schon in der süßen Hoffnung, durch ihre Finger fertigkeit so manches fette Geschäftchen in dem jutm Dresden abzuschließen; leider hatten sie aber diesmal die Rechnung ohne den Wirth gemacht. Es ist nämlich, wie wir hören, der Be hörde gelungen, sechs solcher Zugvögel, zum Theil kurz nach ihrer Ankunft, hier aufzugreifen. Damit nun diese Herren eine gute Meinung von der allbekannten sächsischen Gastfreundschaft gewinnen sollten, sind sie in der fürsorglichsten Weise aus kurze Zeit mit Freiquartier versehen, und demnächst aus Dresden hinaus und in ihre Heimath zurückgewiesen worden. — — Den gestern Morgen halb 5 Uhr von hier nach Pa ris abgelassencn Extrazug haben von hier aus 81 Personen benutzt. — — In der Nacht vom 7. zum 8. August hat sich eine auf der LandhauSstraße wohnende Aufwärterin mittelst Phos phor, welchen sie von einigen Packeten Streichhölzer abgelöst hatte, vergiftet. Der Tod ist bei der Unglücklichen gegen Mor gen eingetreten, lieber die Motive dieser traurigen Thal ist zur Zett noch nichts GewissiS bekannt. — — äl. Vielleicht ist es manchen anderen Lesern diese» Blattes auch so gegangen, wie dem Verfasser dieser Zellen: Die allgemein beliebten Partim unserer Sächsischen Schweiz, wie Bastei, Brand, Königstein, Papststein, Winterberg, Kuh stall, Prebischthor rc., haben sie alle schon wiederholt besucht, doch bisher noch immer versäumt, einm der nächstgelegmen, be quem zu erreichenden und nicht minder lohnenden Aussichtspunkte zu besuchen, nämklch den einen der beiden Bären st eine (dm kleinen oder Thürmsdorfer) und seine Umgebung. Einsender freut sich, an einem der jüngst verflossenen Tage bei günstigem Wetter das Versäumte nachgeholt zu haben, und glaubt Dem oder Jmem einen Dienst damit zu erweisen, wenn er auf die sen, allerdings schon längst bekannten und mehrfach besuchten, aber doch lange nicht hinreichend gewürdigten schönen Punkt wieder einmal aufmerksam macht. Zumal wird dies in diesem Sommer mit seiner unbeständigen Witterung besonders schätzenS- werth sein, da man zu dieser Partie nur einm halben Tag bedarf. Am zweckmäßigsten führt man sie in der Weise aus, daß man Tagesbillet bis Pötscha (Wehlen) nimmt und mit dem Nachmittags 2 Uhr abgehmdm Zuge dahin fährt, von wo aus man ohne Führer den etwa drciviertelstündigcn Weg bis zu dem in diesem Jahre erst neu gebauten, gleich einem Schwal bennest« zwischen Felsstücken eingeklemmten, netten Wirthshause findet. Schon das Aufsteigen dahin ist höchst interessant, pracht voll aber das Panorama, welches das Plateau darbietet. Eben so wohlthumd erschien Referenten die Aufmerksamkeit, Gefällig keit und Bildung des hier residirenden Wirthes, sowie die Güte und Billigkeit Dessen, womit man sich daselbst restauriren kann. Da man bis zur Rückfahrt (halb 8 Uhr hinreichende Zeit hat, so kann man die nahe liegenden interessanten Partien: Jung fernsprung, Diebsteller, Schneiderloch, Friedrich-Augusts Stein rc. bequem in Augenschein nehmm und einige recht genußreiche Stunden in dieser schönen Natur verbringen. Neuerdings ist auch dafür gesorgt, daß eine nicht zu zahlreiche Gesellschaft, welche hier vielleicht von einem Unwetter überrascht würde oder sonst obm zu bleiben wünschte, Nachtquartier in gutm, rein lichen Betten erhallen kann. Wem aber mehr als ein halber Tag zu Gebote steht, der kann auch, wie Referent es gethan, mit dem Besuche des BärensteinS denjenigen der Festung König stein verbinden, die auf leicht zu findendem Wege von da auS in einer Stunde bequem zu erreichen ist. — Am 6. gerieth der 19 Jahre alte Müllergeselle Friedr. Berger von KönigSwartha während er in der dasigen Hammer - mühle mit Hirsestampfen beschäftigt war, durch eigene Unvor sichtigkeit mit dem Kopse unter das Stampfwerk, so daß sein Tod durch die erhaltenen Verletzungen sofort erfolgte. 8 Ueber die gestern erwähnte Tödtung deü Bahnarbeiter» Lindner bringen die L. N. folgende Details: während der Mit tagsstunde hatten sich einige Streckenarbeiter in das Bahnwärter häuschen begeben und etwas später war auch der in Podelwitz zum Schutze der Fluren commandirte Soldat mit einem geladenen Zünd« nadelgewehre dahin gekommen. Als nun der Soldat sein Ge wehr in einen Winkel des Stübchens gestellt hatte und auf einige Augenblicke hinausgegangen war, nahm einer der An wesenden, Namens Oertel, ein beurlaubter Soldat, daS Gewehr in die Hand und erklärte auf Wunsch der Anderen ihnen die verschiedenen Theile desselben. Dabei hielt er jedoch die Mün dung etwas gesenkt und kam aus Berschen mit dem Abzug in Berührung Plötzlich ging das Gewehr los und der Schuß traf den der Mündung gegenüberstehenden 64 Jahre alten Streckenarbeiter Lindner in den Hals, so daß er einige Augen blicke später den Geist aufgab. Im Laufe des Nachmittag» wurde Oertel durch den Ortsrichter in Podelwitz der Staats anwaltschaft in Leipzig übergeben und in Haft genommen. — Vorgestern war ein auf der Annenstraße wohnendes Ehepaar in bedeutenden Zwist gerathen, der die Frau veran- j laßte, mit Sack und Pack die Wohnung zu verlassen. Die , s Sachen waren bereits aus einen Wagen geladen, als der Mann - herbeeilte und Stück für Stück und zuletzt auch dir Frau in ! das Logis zurückräumte. Natürlich machte diese Scene viel Aufsehen in der Nachbarschaft und gab für Viele ein Lustspiel ohne Entree. — Seit vorgestern ist der Königl. HosOpernsänger zu Ber lin, Herr Niemann, von Bad Kissingen hier eingetroffen. Dem Vernehmen nach wünschte Ihre Königl. Hoheit die jetzt am hiesigen Hose verweilende Herzogin von Genua einige Opern zu hören, die in Italien nicht auf dem Repertoir sind, und so soll im Laufe der nächsten Woche Halevy's „Jüdin" und Gou- nod's „Margarethe" mit Herrn Niemann in Seme gehen. — Buchstäblich wahr! Vor ganz kurzer Zeit erhielt ein hiesiger Kaufmann vom Lande einen Brief folgenden In halts: „Geehrtester Herr M. Haben Sie die Güte und schicken Sie mir 1 Centner Petroleum. Ich brauche selben höchst noth- wendig. Soeben kommt meine Frau aus dem Keller und er klärt mir, daß noch ziemlich viel Petroleum da ist, folglich ich bis auf weitere Zeit keinen brauche. N. N." — Auf der Wölfnitzstraße erhing sich gestern ein dort wohnhafter Privatmann. Wie man hört, soll er vor unlängst eine größere Geldsumme, die er von einem hier ausgetretenen Geschäftsmann« zu fordern hatte, verloren und diesen Verlust sich so zu Herzen genommen haben, daß er darüber in Schwer- muth verfallen war. — — Wie wir hören, ist vor einigen Tagen an daS hiesige Bezirksgericht ein Handarbeiter Kuhnert auS HintcrgerSdorf ein geliefert worden, welcher ein Geständniß bezüglich deS bis dato vollständig unermittelten Urhebers der vor etwa 2 Jahren in Gersdorf bei Tharandt geschehenen Mordtgat abgelegt haben soll. — Nach dem „Sächs. Grenzblatt" hat in Bautzen am 3. August d. I. die Kanne Butter 5 Thlr. 10 Ngr., der Scheffel geringer Roggen 7 Thlr. 20 Ngr. und der Scheffel guter Roggen blos 5 Thlr. 15 Ngr. gekostet, der Scheffel geringe Erbsen kostete gar blos 15 Ngr., die Wicken 20 Ngr. Nach diesen jedenfalls verdruckten Preisen würden die in neuerer Zeit ohnehin viel angefeindcten Bautzner sehr magere Butterschnitte und viel trockene Erbsen zu essen haben. — Aus dem sog. englischen Viertel wird uns eine Thal mitgetheilt, deren Motiv zur Zeit noch nicht bekannt sein soll. Es hat nämlich eine dort wohnhafte vornehme Dame, wie man hört, eine Polin gestern in ihrem dortigen Logis den Versuch gemacht, sich zu entleiben, und sich hierzu eines gewöhnlichen Tischmessers bedient, mit dem sie sich mehrere Schnitte in den Hals und in die Pulsader bcigebracht hat. Man hat die Dame noch lebend Abends in das Krankenhaus gebracht. — Zwei Damen die gestern Vormittag auf dem Alt markt ihre Wochenmarktseinkäufe machen wollten, sind das Opfer von Taschendieben oder Diebinnen geworden, die ihnen ihre Portemonnaies mit 36 Thlr. resp. 5 Thalern Inhalt aus ihren Handtaschen gestohlen hatten. — Die weit und breit berühmten Freiberger Hüttenwerke werden jetzt vielfach von Touristen besucht und sind e» vor züglich Engländer und Amerikaner, welche jenen Anstalten ihre Aufmerksamkeit schenken. Von der mercoutilen Bedeutung dieser Hüttenwerke dürste der Umstand Zeugniß geben, daß der jährliche Umsatz daselbst über vier Millionen Thaler be trägt, in demselben 13 Metalle geschieden und bei den vielfa chen darin ausgeführten Arbeiten jährlich ungefähr für 1 Mil lionen Thaler Kohlen verbraucht werden. — Ti« „Boh." schreibt: Der angebliche Schuß, der auf den vorgestern von hier nach Dresden abgezangenen Personen- zug zwischen Berkowitz und Wegstädtl abgeseuert worden sein soll, stellt sich als eine Illusion heraus. Wie eS sich nämlich später ergab, war blos eine Telegraphenstange umgefallen und hatte den Postwagen gestreift, der Anprall der Stange gegen den Wagen war für den Knall eines abgefeuerten Pistols ge halten worden. (Auch aus Mähren ward gemeldet, daß in der Nacht zum 4. d. auf der Strecke zwischen Wien und Brünn auf einen Personenzug geschossen worden sei. Die Ladung sei dem den Zug begleitenden Lbercsnducteur über de.r Kopf hin weggegangen. — Oeffentliche Gerichtssitzung a m 9. August. Aus der Haft vorgeführt erscheint aus der Anklagebank Jo hanne Lhristiane verehl. Schöne, um sich wegen der Anklage eines einfachen Diebstahls und Fälschung zu verantworten. Die Angeklagte gegenwärtig 43 Jahr alt, verheirathet, jedoch von ihrem Mann getrennt lebend, weil derselbe in der städtischen Arbeitsanstalt schon seit längerer Zeit detinirt ist, Mutter von drei Ki.rdern, hat kein fleckenloses Leben mehr hinter sich. Vom Jahre 1855 an bis 1858 erlitt sie wegen Diebstahls viermal Strafen, theilS Gefängniß, theils Arbeitshaus, und 1865 we gen Unterschlagung 6 Tage Gefängniß. Die Angeklagte be sorgte von Februar bis Mai d. I. bei einer aus der Alaun- straße wohnenden Frau die Aufwartung, und hatte dort nebcn Scheuern und Waschen, auch die Pflege derselben, da diese krank wegen Guhtleiden im Bett lag, als Dienstobliegenheit. In der Stube, wo ihre Herrschaft lag, befand sich hinter dem