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Dresdner Nachrichten : 01.08.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189608013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18960801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18960801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-08
- Tag 1896-08-01
-
Monat
1896-08
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 01.08.1896
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in «KNichkit doch nicht« wenia, Chef der Postverwaltung lm Reich» habe. Ob wissentliches oder fahrt eichZtaa^nick^dids fahrlässiges Abwelt daß der ohrheit gesagt >en von vieler unterstellt werde, sei skr die Frage. ov ein gerichtliches Einschreiten zu veranlassen sei, unerheblich, . der Vorwurf sei in jedem Fall so schwer, daß er schon im Interesse des Ansehens der Poswerwaltung nicht ungerügt bleiben dürfe. Aus Köthen schreibt man der „Rh.-Westf. Zta.": Gegen den Cr-Kommenlenrath Natban Herzberg stellt am 3. August vor dem hiesigen Schöffengericht Termin an. Herzberg hatte, wie berichtet, trotz der Aberkennung de» KommerzienrathstitelS in ZeitungS- tnseraten sich weltrr als Kommerzienrath bezeichnet, und zwar in der ausaesvrochenen Absicht, eine gerichtliche Entscheidung darüber herbeizusühren, ob die vor mehr denn einem Jahre erfolgte TitelS- verleihung durch herzoalichc Entschließung wieder rückgängig ge macht werden könne. Diesen Zweck hat H. erreicht, da die Amts- anwaltschaft am Schöffengericht Köthen wegen Führung eine» ihm nicht zukommenden Titel» gegen ihn Anklage erhoben hat. ES ist jetzt erst bekannt geworden, daß der anhaltiiche Staatsminister v. Koserltz die Bewerbung des damaligen KommissionSratheS H. um den Kommerzienrath aus Grund eurer Eingabe der Köthen- fchen Kaufmannschaft beim Herzog von Anhalt nicht befürwortet hat. Herrn H. gelang es jedoch, den ministeriellen Widerstand zu überwinden. Auf welche Welse das letztere möglich war, soll der später arg Getäuschte, wenn alle Stränge reißen, der Oeffentlich- keil unterbreiten wollen. Allzuviel dürste bei diele» „Enthüllungen" wohl auch nicht herauSkommen. In der Hauptsache wird es sich um die Rechnung handeln, wie .hoch" die Verdienste des Kandi daten waren, und was ihm der Spaß „Ein Jahr Kommerzienrath". auf Tage und Stunden berechnet, gekostet bat. Die an sich sehr wenig erbauliche Affaire würde sich durch das Schauspiel, wie der Held derselben seinen „verdienstlichen Opfern" nachwcint, noch un- erguicklicher gestalten, andererseits enthält sie die dringende Mahn ung, bei der Verleihung derartiger Ehrungen künstighi» andere, deni wesentlichen Zweck entsprechendere Grundsätze zu befolgen, — und dies nicht nur für das Herzogthum Anhalt. Die Berliner Schlächter-Innung agitirt für die Schaffung eines Neichsaesetzcs über den Versandt pferdefleischhaltiaer Wurst. Danach soll die Beförderung solcher Wurst nur in einer Verpackung gestattet sein, die gleich den Maganneaesäßen an der Außenseite eine» Vermerk trägt, der den Inhalt als „Durst mit Pferdefleisch" genau kennzeichnet. Bei den bedeutendsten Firmen verschiedener Geichästsbranchen läßt das Berliner Polizei-Präsidium gegenwärtig Umfrage halten und gutachtliche Aenßcrunaen einholen »der die Frage, ob iür die b?tr. Handelsgruppe eine Ausnahme von dem Verbot des Detail- reisens wünschrnSwertb oder erforderlich wäre. Bezüglich der vier Mann des ..IM", deren Schicksal zweifel haft war, wird amtlich^festgcflellt: Die Matrosen Rabe und Keil sind gerettet, ertrunken. Der Bau des Elbe-Travekanals auf der Strecke Lübeck-Moellc hat gcstem begonnen. Die jüngste bestialische Mordthat in Berlin giebt einigen Blättern den Stoff zu verallgemeinernden Betrachtungen über den Verfall der Sittlichkeit. So schreibt die „Germania": „Sechs Personen wohnen iu einer elenden Behausung zusammen. Die Mutter ist Wittwe. hat aber ein Verhältniß und ein uneheliches Kind, die Tochter der Wittwe hat ebenfalls ein uneheliches Kind, und zu dem wohnt noch ein Schlafbursche bei ihnen! Wen kann es eigentlich wundern, daß in solcher Athmoiphäre das Verbrechen gedieh? Bedenkt man nun. daß solche unsittliche Lebens- und Dohnungsverhältnisse in der Reichsbauptsladt zu Hunderten, ja Tausenden gesunden werden — wie ist es da erstaunlich, daß Ver brechen auf Verbrechen in fast ununterbrochener Reihe folgt? Der kündige Arzt wird immer zuerst der nächsten Ursache der Wunde zu Leibe gehen. Er wird die Wunde selbst erst von Eiter und aller Unreinlichkeit zu befreien suchen, dann aber wird er der Haupt- und Grundursache der Wnnde nachgehcn und da heilend eingreisen. Nun ist cs zweifellvs, daß die LcbenSverhältnisse und besonders die Wohnungsverhältnisse in Berlin geradezu nach Ab hilfe schreien. Hier muß Staat. Gemeinde und Privat-Initiative endlich in eine energisch umfassende Aktion eintreten, um auch dem armen Manne eine billige, der Gesundheit und Sittlichkeit zuträg liche Wohnung zu verschaffen." In Giesenkirchen bei Rheydt wurde eine nmsangreiche An klage wegen Verbrechen wider das keimende Leben eingeleitet. Als Anstifter»! erscheint eine hochbejahrte Frau üblen Rufes: die selbe wurde verhaftet und mit ihr drei andere Personen. Gegen eine Anzahl junger Mädchen ist die Untersuchung eingelciket. Durch den Tod eines Mädchens sind die Verbrechen an's Tages licht gekommen. Sämmtliche Betheiligter» gehören der arbeiten den Klasse an. Aus Hast erkannt hat das Schöffengericht in Stettin gegen den Redakteur des dortigen sozialdemokratischen Volksboten. Von der Verurtheilung zu einer Geldstrafe wurde abgesehen, weil der Angeklagte „eine Geldstrafe doch nicht selber gezahlt" haben würde. Ungar». Zur Explosion im Fünfkirchcner Stadthaus wird weiter gemeldet: Die Stadt wurde um 0 Uhr Morgens durch eine ungeheure Detonation in Schrecken versetzt: die Häuser wnrdSn erlchüttert und zahlreiche Fensterscheiben zertrümmert. Die Menschen strömten entsetzt dem Stadthanse zu. In deni im Stadl Hause befindlichen Feuerwerks- und Raketcn-Magazin von Köszl war eine Explosion ciilstnndcn. Durch die Explosion entstand ein Brand, der aber durch die Feuerwehr bald lokallsirt wurde. Im Gcschäftsiokale Ivurden drei verbrannte Leichen oufgefunde», wahr scheinlich die von Geschäftsangeitellten. Dem Bürgermeister Aidinaer wurde ein Stück Fleisch aus dem Gesichte gerissen Außerdem erlitt er an Hals, Brust und am rechten Schenkel mehrere Brandwunden. Aidinger ging im Momente der Explosion am Stadthause vorüber und wurde durch den ungeheuren Luft druck in die Höhe gehoben und bis mitten aus den Marktplatz geschleudert. Die angesehensten Familien der Stadt haben unter ihren Angehörigen Verwundete zu verzeichnen. Da gerade Markl- zeit war, wurden auch viele Dienstmädchen, die zum Einlaufe kamen, und Bäuerinnen verwundet. Man vcrmuthet. daß die Explosion dadurch entstand, daß KöSzl, welcher in seiner Wertheim- Kassc ein Kilogramm Schießpulver ausbcwahrt hatte, als er die Kasse öffnete, mit einem Streichhölzchen oder einer brennenden Cigarre dem Schießpulver zu nahe kam. Dies dürste die Explosion verursacht haben. Der Deckel der Kasse wurde emporgeschleudert, die im AuSlaaekasten befindlichen Feuerwerkstoffe entzündeten sich und führten so das Unglück herbei. Einzelne Trümmer wurden bis 2M Meter weit fortgeschleudert. Der Brand der neuen Eentral-Markthalle in Budapest konnte erst nach fünfstündiger anstrengender Thätigkcit der Feuerwehr gelöscht werden. Der Schaden beträgt etwa llvv.OOO Gulden. ein um Frankreich. Gerücht, wonach Das ^Journal des Dsbats" verzeichnet der Kaiser und die Kaiserin von Rußland den 15. September in Paris eintreffen würden. DaS Ministerium des Auswärtigen wäre bereits jetzt als Wohnung für die hohen Gäste bezeichnet und die Verwaltung der schönen Künste habe Befehl erhalten, in dem Gebäude die nothwenbige Ausstattung vorzunehme». Wegen Sittlichkeitsverbrechen wurden in Amiens 15 Per sonen, rneistens Familienväter aus den vornehmeren Ständen, ver haftet. Es sollen noch 25 weitere Verhaftungen bevorstehen. Vor dem Hause des Richters Julien in Marseille platzte eine anscheinend mit Dynamit gefüllte Bombe und richtete Material schaden an. Italic». Auf dem italienischen Panzerschiff „Ronia". das jetzt auSrangirt ist und als Depot für Kriegsmaterial in Spezia dient, brach während eines heftigen Gewitters ein Brand aus. der mit Blitzesschnelle kolossale Dimensionen annahin, sodaß das in der Nähe gelegene Pulvermagazin Panipaglia und das Kriegsschiff „Palestro". auf dem sich ebenfalls viele Explosivstoffe befinden, ernstlich gefährdet waren. Den äußersten Anstrengungen der Feuerwehr und der Mannschaften gelang es. das Pulvermagazin und den „Palestro" zu retten. Gegen die „Roma" wurden zwei Torpedos lanclrt. die das Schiff zerstörten. Die au» acht Mann bestehende Bemannung desselben wurde gerettet. Svanic«. Nach einer Privatdepcsche aus Havanna ist in der Hauptstadt der Insel Pinos ein Waffen- und Materialdepot und damit zusammenhängend eine Verschwörung entdeckt worden. Den Verschwören! war es gelungen, sich des Militärkommandanten zu bemächtigen. Derselbe wurde jedoch durch die Polizei wieder befreit nnd so der Plan zum Scheitern gebracht. Zahlreiche Ver haftungen wurden borgen ommcn. Eimtvei». Die Ursache der Unruhen in Zürich, die viel ernst hafter waren, als die ersten spärlichen Berichte «»nehmen ließen, muß in der nach und nach aus einen hohen Grad gestiegenen Miß stimmung argen die italienischen Arbeiter gesucht werden, welche bet ihren häufigen Ranfhändeln sofort vom Messer Gebrauch zu sind in unserem größten Stadtkreis die Ruhe der Bürger und die Sicherheit des EigcnthumS einem raddaulustigen Pöbel preis- egeben. in den sich wie stets die bösesten und unheimlichsten licbt- ' euen Elemente einer rasch Heranwachsenden Stadt mischen. Die entliche Gewalt hat bis heute nicht vermocht, dem wüsten Treiben »halt zu thun, obschon die vereinte Stadt- und KantonSpoiizet durch das zufällig in der Kaserne anwesende Bataillon unterstützt wurde. DaS ist tief beschämend und niederdrückcnd. Daß die Be völkerung die Behörden verantwortlich macht, ist erklärlich, und wenn auch die Aeußerungen deS Unwillens, die man aus Schritt und Tritt zu hören bekommt, übertrieben sind, von den! Mangel an Voraussicht und rasch handelnder Energie können unsere Re gierenden leider nicht freigesprochen werden. Auch den Versuch einer moralifchcn Einwirkung hätten unsere Behörden nicht unter lassen dürfen. Mochte auch der Erfolg einer Proklamation an die Raddaubrüder und das mit ihnen huschende Gesindel noch so ge ring angeschlagen werden, eine ernste Mahnung des Stadlraths hätte doch sicher auf die ruhige Bevölkerung Eindruck gemacht, die durch neugieriges Zndrängen den Kcakehlern ihre Arbeit ebensosehr erleichtert, wie Beamten nnd Soldaten ihre Pflichtcrsülliina er schwert hat. Wären von den Tausenden, tue ihre unzciliae Gossinst aus den oberen Kreisen nach der Kaserne trugen, auch nur die Hälfte zu Hause geblieben, io würden die Excene früher ein Ende gesunden haben. Daß der Stadtrath mitten in einer so gespannten Situation sich vollständig ausfchwieg und auf irden Versuch eines Appells an die Vernunft verzichtete, war ein Fehler. Einen un gleich schlimmeren hat freilich die Regierung durch ihre unbegreif liche Zögernng begangen, zum Schutze der Hauptstadt die ihr zu Gebote stehende militärische Autorität auszuüben. Die an sich schädliche Neugier ist leider komplicirt und verschärft worden durch eine ungesunde Sensationslüsternheit nnd frivole Schadenfreude. Es gab Leute, die zum anständigen Büwerthum gerechnet sein wollen, und die gelacht haben, als rohe Nichtsnutze und Spitzbuben auf den zur Kaserne führenden Brücken die Laternen einzuschlagen und cinzuwerseii begannen, die Einen um zu zerstören, die Anderen in berechneter Absicht, die Verwirrung durch Dunkelheit zu kom- pliciren. Energisches, einträchtiges Einschreiten der Vernünftigen und Anständigen würde dem Treiben des feigen Randalisten- nesindels ein rasches Ende bereitet haben. Tie Herstellung der Ord> ung ist das Dringlichste. England» Der Staatssekretär des Innern Sir SN. White Nldley erklärte im Unterhaus?, das Gericht allein habe die Be- sngniß. bei Verurtheilungen zu Gefängnißstcafen anzuordnen, daß die Vcrurtheiiten als Gefangene erster Klasse behandelt werden sollen. In dem Falle Jameson und Genossen habe der Gerichtshof eine solche Verordnung nicht getroffen, daher würden die Betreffen den dem Gesetze gemäß in der üblichen Weise behandelt. Der Minister des Innern habe keine gesetzliche Besngniß. die endgiltigen Anordnungen des Gerichts abzuändcr». Ob eme solche Abänder ung mittelst Ausübung der königlichen Prärogative werde erwirkt werden sei eine Frage, über welche er (Redner) nicht in der Lage lei. eine Erklärung abzugebeir. Das Untcrhansmitglied Sir R. T. Neid fragte an, ob die Negierung Schritte beabsichtige, um die Personen, welche Jameson's Einfall vorbereitet nnd gefördert hätten, ohne ihr eigenes Leben dabei zu wagen, vor Gericht zu bringen. Gcneralstaatsanwalt Sic R. E. Webster erwiderte, er sei nicht in der Lage, der Antwort, welche vor einigen Monalen aiif eine ähnliche Anfrage ertheiit wurde, Etwas hinzuzusügen, er müsse die Antwort auf Fragen über Schritte verweigern, welche gelhan werden dürften, oder über Personen, gegen welche sie ge richtet seien. (Beifall.) Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain beantragte die Ernennung eines Ausschusses zur Untersuchung der Verwaltung der Südafrikanischen Gesellschaft und erklärt, die von ihm vorgcschlagene Untersuchung erstrecke sich auch aus den Ursprung und dir Umstände des Einfalles Jame son's. Allein um die beireffenden Verhältnisse und Vorgänge zur völligen Klarheit zu bringen, nehme ec Harconrt's Untcrantrag aus eine parlamentarische Untersuchung an. Ohne Abstimmung wurde der Antrag angenommen, dahin lautend, daß ein Komitee ernannt werde zur Untersuchung und Berichterstattung über den Ursprung nnd die Umstände des Einfalles einer bewaffneten Streitmacht in das Gebiet von Transvaal und über die Verwalt ung der Südafrika-Gesellschaft sowie ferner zur Berichterstattung über die Veränderungen, welche in der Regierung der unter der Konlrole der Gesellschaft stehenden Gebiete erwünscht erschienen. Die „Times" besprechen den Eventualvocschlag einer Blockade Kretas und sagen, die jüngsten Erfahrungen müßten England rück- sichtlich der Wirksamkeit des europäischen Konzertes skeptisch machen. Wenn die englischen Panzer zur Anwendnna gelangen sollten, müßten diejenigen, welche epcntucll Zwaugsmaßrcgcln er greifen. zunächst als Schiedsrichter eingesetzt werden und fähig sein, für die Ausführung jeder Maßregel, welche vereinbart worden sei. zu garankiren. Bezüglich der armenischen Angelegenheiten sagt das Blatt, man könne von England nicht erwarten, daß es als Gendarmerie des Sultans handele. Ein eigenartiges Bild von den Verhandlungen des inter nationalen Sozinlistenkongrcfses in London giebt die englische Zeitung „Sun". Nach ihrer Schilderung hat sich der Kongreß unendlich lächerlich gemacht. Er wollte die Sache der Brüderlich keit unter den Nationen fördern, zeigte aber durch Schlägereien und unanständige Sprache, wie wenig frei ec von Leidenschaft ist. Der Spaß begann in der Morgcnsitzung der britischen Sektion. Mawsdtay, einer der beste» Gewertvcrcinler im Lande, suchte dagegen Einspruch zu erhebe», daß die sozialdemokratische Föderation und die unabhängige Arbeiterparte! alle Kommissionen besetzen sollten. Tie Gcwcrkvcreine zählten doch unendlich viel mehr Mit glieder. als die beiden anderen Genossenschaften. Ein bestialisches Geheul begrüßte seine Worte und er wurde aus's Gemeinste be- fchimpit. Deiinoch war daS Alles nichts gegen die Scene in der Montags-Kongreßsitzung selber. Hier bildete wieder ein Veteran unter den Gewerkvereinlern die Zielscheibe der Angriffe der Sozia listen und Anarchisten. Cowey hat sein ganzes Leben i» einem Bergwerk gearbeilet und mehr für die Sache der Arbeiter gelhan, als alle diese hysterischen Heravsetzer zusammengenommcn. Keine Kapitalisten und keine Bourgeois hätten böser geschmäht werden können. „Verfluchter Tyrann", „Herunter mit dem ichmutziaen Hund", „miserabler Geselle", das waren noch die mildeste» Be zeichnungen. die diesem einfachen, ehrlichen Manne von Norkshire entgegengeschleudert wurde». Die wilden Scenen. die darauf folgten, spotten einfach der Beschreibung. Diese sozialen Apostel, welche die Nationen auf den Piad des Friedens führen und die ganze Menschheit in brüderlicher Liebe vereinigen wollen, grohltcn und schrieen einander an. sprangen aus die Stühle, schwangen wie verrückt ihre Stocke nnd begannen schließlich eine allgemeine Schlägerei. Eine widerlichere Scene hat sich noch aus keinem öffentlichen Meeting in England abgespielt. Der Sozialistcnkongicß in London nahm Beschlußanträge an zu Gunsten deS allgemeinen Stimmrechts und des Stimmrechts für jeden Erwachsenen, sowie ferner zu Gunsten des Initiativrechtes und des Lokal- und NationalrcferendumS. Ferner erklärte der Kongreß die Emanzipation der Frauen für untrennbar von der der Arbeiter nnd erließ eine Aufforderung an die arbeitende Klasse aller Länder, sich zu organisiren zur Niederwerfung des Kapitalis mus und zur Aufrichtung der internationalen sozialen Demokratie. Endlich wurde >ede Kolonialpolitik, welches auch der Vorwand für eine solche sei, für eine Ausdehnnngspolitik und für ein Feld kapitalistischer Ausbeutung erkärt. Unweit Preston entgleiste ein Personenzng, alle Wagen schlugen um. ll) Reisende würden mehr oder minder verletzt. Rustlnnd. Zwischen den Stationen Kolvakowo und Krcstnaja ist ein Perioiienzug der Jekatarincnbiiraer Bahn entgleist. Der Maschinist, ein Kondukteur nnd sechs Passagiere sind theils schwer, thcilS leicht verletzt. Der Bahnverkeln ist unterbrochen. Türkei. Die athenische Zeitung „Astn" meldet: Eine be waffnete Bande hat die Grenze überschritte» und in Makedonien bei Kaveyas eindringen wollen, wurde jedoch durch türkische Truppen znrückgckchlagen. Indessen scheint eS, daß noch neue Banden in Makedonien eindringen könnten. — Die Krctenser scheinen noch einig,! Tage warten zu wollen, obgleich die Frist von 14 Tagen abgetanst,! ist. Die Machte werden ihre Vorstellungen in Athen wegen der Entsendung von Munition erneuern. Amerika. Piäsident Elcveland erließ eine Proklamation, welche den Bürgern die Bewahrung der Neutralität Cuba gegen über zur Pflicht macht nnd ankiindigt. daß jede Verletzung der Neutralität streng verfolgt werden würde. Knust und Wissenschaft. s Arthur Schnitzler' S „Liebelei", das sich unausgesetzt auf dem Spielplan des Residrnztheaters mit glänzende»! Erfolge zu halten vermag, ist in S. Fischer'S Verlag (Berlin) bereits in 2. Auflage erschienen. ES ist somit Jedermann Gelegenheit gegeben, fDas intellig Chef der Klavierfabrik M Steinway in New-?)ork welche geeignet ist. auf daS interessante Weck. daS chatsächltch zu den bellen Erzeugnissen der dramatischen Litteratur der letzten Jahre gehört, eingehender z» prüfen. Niemand wird das anregende Buch, etn Bruchstück drr Konfession eines wahre» Dichters, unbefriedigt aus der Hand legen. s Die amüsante Schwanknovität „Der keusche Joses", weiche am nächsten Montag ihre erste Ausführung im Residenz tbeater erleben wird, soll nach langer Zeit Herrn CarlFrieie wieder einmal Gelegenheit geben, sich in einer größeren Rolle zu präsentsten: schon um deswillen darf man wohl deni Bühnen werke ein gutes Prognostikon stellen. -f Der allmächlige Mann von dein neuen „Theater de» Westens" in Berlin. Paul Blumenreich, ist nu» endlich doch gefallen. Berliner Blätter melde», daß ver Direktor bereits seit einigen Tagen vom Amte luspendirt worden sei nnd mit dem Unternehmen absolut nichts mehr zu thnn habe. Zugleich wird sich eine interimistische Administration bemühen, einen Thell der von.Hcrr» Blumenreich Angegangenen Kontraktabmachiingcn —derGagen Eint der Schauspieler soll nahezu eine halbe Million erreichen! — wieder rückgängig zu machen, um so das Theater, welches thatfiichlich ein Wunderwerk zu werden verspricht, auf eine gesunde Basis zn stellen. Merkwürdig bei der ganzen Sache bleibt nur. daß ein Mann, dem jedes Verständnis; für seine große Aufgabe abging und der weiter nichts als ein reicher Theateragcnt war. überhaupt an s Ruder kommen konnte. !' Ein neues Musikwerk, dessen Eigenart dazu angetlia» sein dürfte, auch in weiteren Kreisen Interesse zu erregen, ist soeben aus der rühmlichst bekannten Jnstrumenten-Fabrik von I. Kauf mann und Sohn (Dresden, Ostra-Allcc Ist) hervoraegangen. und steht noch einige Tage, bevor eS an seinen neuen Bestimm ungsort abgelit, Interessenten zur Besichtigung zur Verfügung. Es ist ein Harmonium, welches wie jedes dieser Jnstrumenle mit der Hand, aber auch infolge einer sinnreichen Vorrichtung mechanisch gespielt werden kann. Dasselbe ist für ein Berg werk bestimmt zu AndachtSzweckcn. nnd hat man die mechanische Vorrichtung an ihm deswegen getroffen, weil es nicht immer mög lich ist. einen Orgelspieler bei der Hand zu haben. Der mecha nische Apparat schafft sich selbst Wind und zieht die verschiedenen Register, wie es das Musikstück vorschreibt, so daß, wenn man vor den, Instrumente steht, welches tadellos in Eiche ansgefnhrt ist. deutlich zu sehen ist, wie sich die Tasten bewegen und die Balgtrittc arbeiten. ente Instrument. Der bekam»? !. Steinway and Sons Company. Morris ist niit einer Erfindung hervvrgetreten. , _ dem Gebiete der Klaviersabrikation eine Revolution hervorzurufen. Es handelt sich um einen Mechanis mus. durch welchen die Flüchtigkeit der Tvndauer behoben werden soll. Volle Ist Jahre arbeitete Herr Steinway an der Lösung die ses Problems, die ihm nun überraschend gut gelungen ist. Herr Steinway selbst äußert sich über seine Erfindung wie folgt: „Seit dem Jahre 1711 wurde an dem Hammersystem der Klaviere keine sonderliche Veränderung vorgenommen. Die Fabrikanten sowohl, wie die Klavierspieler wußten, daß dieses System Vieles zu wnu schen übrig lasse; doch so merkwürdig dieses auch im Zeitalter der Erfindungen klingen mag, es fand sich Niemand, der den Ucbel- stand zu beheben bestrebt gewesen wäre. Ich habe mm ein halbes Leben dieser Arbeit gewidmet und war schon nahe daran, zu ver zweifeln, bis es mir endlich vor wenigen Wochen gelungen ist. meine langjährigen Bemühungen vom Erfolge gekrönt zu sehen. Durch meine Erfindung ist das Klavier — ich kann mich nicht anders ausdrücken — ein intelligentes Instrument geworden. Während der gegenwärtige Mechanismus-des Klaviers den Ton trocken nnd farblos gestaltet, macht ihn meine Erfindung sym pathisch, weich und elastisch. Bisher war es dem Pianisten ver- j sagt, seine Empfindungen auf dem Klavier zum Ausdruck zn! bringen, er konnte nicht gleich dem Geiger alle Stimmungen wiedergeben. Mein Mechanismus befähigt den Spieler, das ganze Hammersystem in der Hand zn haben, er kann mit dem Tone schalten und walten, wie es ihm beliebt, denn er vermag ihn kest- znhaltcn, was ja die erste Bedingung ist, wenn man den Ton koloriren. alio anSdrnckssähig gestalten will. Ich schätze meine Er findung nicht nach der materiellen Seile ab. diese ist mir gleich- giltig. <?) Ich habe nicht so viele Jahre gearbeitet, um einen pekuniären Profit herauszuschlagen. Ich habe rastlos gearbeitet, um das Klavier in der Reihe der Instrumente ans ienen Rang zu erheben, der ihm zukommt. Dieses Ziel glaube ich erreicht zn haben, und damit gebe ich mich zufrieden. Ich bemerke, daß meine Erfindung an jedem Klavier leicht anznbringen ist." So weit der Erfinder Steinway über sein Werk. Schon find auch von mehre ren Pianisten Versuche angestcllt worden, welche überraschende Re strltate ergaben und die Richtigkeit der Angaben Steinwav's er härteten. Die Erfindung wurde an einem prachtvollen Stcinway- slügcl dcmonstrirt. Der betr. Pianist spielte sodann dasselbe Stück aus einem gewöhnlichen Steinwapflügel. Cs wurde einstimmig der riesige Unterschied konstatirt. Wie ivenn nian ein neuersimde- nes. bisher unbekanntes Instrument gehört hätte: der Don war ähnlich dem einer Orgel. Doch nicht nur. daß die Klavierfabrikation einen anderen Kurs einlchlagen wird, auch die Klavierkompofition wird andere Bahnen wandeln müssen — so rufen die amerikanischen Fachleute aus. welche in den dortigen Blättern begeistert das Lob der neuen Erfindung fingen. Nun, man wird ja schen oder viel mehr hören! f Am 15. nnd 16. Juni 1896 fanden im Lokale des Vereins „Berliner Künstler", die Verhandlungen der 26. Hanptversammlung der „Verbindung für historischc Kun st" statt: die aus- führiichci! Berichte darüber gelangen jetzt zur Versendung und können durch jede Kunsthandlung bezogen werden. -h Am 6. August werden es 125 Jahre, daß Goethe an der Straßburger Universität Promovirte und sich den Titel eines Licen- tiaten der Rechte an dieser ->Ima mator erwarb. Man gedenkt diesen Tag, der 1871 — seine 160. Wiederkehr — schon feierlichst von Straßbnrg begangen worden war, auch diesmal würdig c»is- zuzeichnen. s- Italienische Blätter lassen sich aus Pesaro schreibe», daß Romano Sciavn Gerhart Hauptmanns Drama „Weber" zn einem Libretto verwendet habe, welches Pietro Ma § cagni angeboten wurde, der jedenfalls die Komposition dieses Stoffes schon in Bälde vornehmen wird. Außerdem will der schreiblustigc Komponist sich mit Puccini und Leoncavnllo in eine gefährliche Konkurrenz cinlassen und ebenfalls eine Oper „Bohvmc" schreiben. — Man wird alle diese Nachrichten bei der übergroßen Hitze, die jetzt auch in Italien zu herrschen schien, mit einiger Vorsicht ans- zunehmen haben. 7 Signorina Franccschina Prevosti, die singende Düse, die auch in Dresden sensationelle Triumphe gefeiert hat, wird in den nächsten Tagen als „Trcwiata" ein längeres Gastspiel in Berlin im Neuen König!. Opern-Theater beginnen. i Jose Cchegaray. der fruchtbarste spanische Dramatiker, dessen Drama „Mariana" anläßlich des Gastspiels von Emil Trach im Residenztheater zur Aufführung gelangte, hat soeben ein neues Schauspiel: „Das Recht auf Liebe" vollendet, das voraussichtlich gleich nach Beginn der neuen Saison in Madrid seine Premiere erleben wird. f Mit einem glänzend ausgeslattcten i. Heft führt sich der neue, <3. Jahrgang der „Illuftrirten Welt" (Stuttgart. DeuNche Ver lagsanstalt) ein und wird dadurch seinen zahlreichen alten Verehrern in SLaaren neue hinzuführen. Bei dein billigen Preise des einzelnen HesteS — L 30 Pfg. — ist der Reichthum an Bildern ein auherordentlichcr, ebenso wie das atnvechsclungsreiche Tertmaterial, welches sicherlich für Jeden etivaS Paffendes bringen wird. Alles in Allein gehört die „Jllustrirlc Welt" zu den besseren Faiinlienzeiischriften. die billigen Ansprüchen recht ivohl zu genügen im Stande sind. L r« »r I s S V S « rv s» Vermischtes. * Gelegentlich der Ankündigung der Wiederaufführung des DramaS „Antony" von Alexander Dumas Vater im Thöntre de la Röpubllque erinncrt der „Petit Parisien" an folgende Geschichte: Gegen 1833 hatte e>n Schauspieler des Palais Royal-Theatcrs für seine Benefizvorstellnilg den berühmten Schauspieler Boeage nnd seine nicht minder berühmte Kollegin Fri. Dorval für die Auf führung des letzten Aktes von „Antony" gewonnen. Bei der Scene, ln der Antonn Aböle d'Hervey tödket. senkte sich der Vor hang io schnell, daß Voragc-Antony die zum geflügelten Wort ge wordene Phraw: „Sie widerstand mir, ich habe sie gctvdtet", nicht in den Saal schleudern tonnte Da Boeage trotz aller Vorstell ungen sich nicht dazu bewegen ließ, die Scene nach Wiedererheö- nng des Vorhanges w vervollständigen, so trat Frl. Dorval (Adele d'Hervey) kurz entschlossen vor und rief unter schallendem Geiäch- tec deS Pnbltknms: „Ich widerstand ihm, nnd er hat mich er» mordet. *.Fn Soiiimant (Frankreich) nahm ein Bauer sei» dreiiähriges Söhnlein aus's Feld rum Mähen mit. DoS Kind näherte sich zn sehr dem Vater, der ihm mit einem Sensenhiebe den Kopf voll ständig abhieb. Der Bat« erhängte sich aus Schmerz in der Scheune. Vvesöne* Nachrichten.
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