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71. Jahrgang.. O 41» Merr--A«sgabe Freitag, 2S. Oktober 1828 Gegründet 185« Drahianlchryl! Nachricht»« Lre,»«. E»rr»»r»ch»r-Samn»»lnumm«k. SV Schl. Nur Ur Nachluripräch«: SO 011. ^>4- di» Zl. Oklodrr >V2» »«i liigUch »w»tma>iy«r JuftrUu», irr, Aau« 1.80 Mk. <)öZUg5 ' WLvUl)t p,stb,zua»pr«i» iiir Mona> Vklvdrr L Mart, ohn« PoflzuNrllunaba-düdr Sl»z,t»,««rr I» PI,»,«,. D<» Nn4»ta«n «erd«, nach Soldmar» »rr»chn«i: dt» »iwpalltg« ZV mm vi«u, >il» ZV Pia., .0, au»«iiri» Zb Via- yamilt»n<mz»>g»n und SI»ll«n,»Iuch» odn« dar io P>g.. aud»rdald 2V P>q„ dl» 90 mm dr»t>» R»t»am«z»tt» ldv Pta., Z P>a. Sff»rl»na»ditd'IV Vig. Au«w. üufträg» o«» Dorau»d,v>l>Iuni> Anzeigen-Preise: M ouk»rt>ald! SchriM»ttuna und ttaupig«lchAI»II»ll«: «,rt«»IIrag» SS chS Druck u. D«rtag oon »ieplch » «etchard« m Drrrden. Poftlcd»ld»KonIo lOSS »r»»d»n. Nachdruck nur mit d«u»ich»r Qu»U»nonqad» Dr»»dn«r Nach».-» ,uIMq. Uno«rtana>« SchrivftUck, w»rd»n nicht auldewakrt. ! 1:4? ^sösn HLokmnIlLg lünr-Ivs mit SgWlnnsn unö v«b«rk»»olnmg»n t euirok»^«o^ Tonnabsneis SsssI!sOkafts--L<bsnc1 ISglled ad 10 Udr abvnds rvsnglo8vs Ksssll8vli»fl8l«nr ui«««»»» Ser böse Wille der Botschasterkonserenz. Berlin weift die neue Störung -er Verständigungspolitik von Thoiry zurück. Die Gegensätze in -er Luslabrvskungs-Unlerkommission. — Die Frage -er Arbeilsrichker im Sozialausschutz. Die neuen Abriistungsforderungen. London, 22. Oki. Der diplomatische Korrespondent dcd »Daily Telegraph" ist in der Lage. Einzelheiten über die neuen Forderungen der Botschasterkonserenz an Deutschland mitznteilen. Danach beziehen sich die Forde rungen avf folgende Punkte: 1. Die ungenügende Nednziernng der höheren Kom mandoS und Stäbe. 2. Die ungesetzliche zeitweilige Anstellung «o« Militär ». Der Mißbrauch der früheren militärischen Ein richtnnge«. 4. Nngefetzliche Fabrikation und Export »o« Kriegs material. 5. Die Konstruktion von Gebäuden nub bewegliche« Fahr zeugen sitr die FcstungSgeschütze innerhalb der Festung Königsberg. 8. Die übergroße Anzahl der Sicherheitspolizei in den Kasernen. 7. Die militärischen Ucbungcn und Propagandaarbeiten der geheimen nationalistischen Organisationen. Im Punk« 8 habe die Botschasterkonserenz ihrer Befriedi gung über den Rücktritt des Generalobersten v. Secckt Aus druck gegeben, aber ni-t'tsdcstowcniaer beschlossen, auch unter seinem Nachfolger aus den verbleibenden Forderungen zu bestehen. tTU.» * Berlin, 22. Oktober. Bon Berliner maßgebender Stelle wird der T. U. mitgeteilt daß eine Note der Botschafter- konserenz in Berlin noch nicht norliege und daß auch nichts darüber bekannt sei, daß sich die Botschasterkonserenz über un erlaubte Einstellungen bei der Reichswehr beschwert habe. Die Unsrie-enspolitik -er Dokschaster- Konserenz. Berlin. 22. Oktober. Das Auswärtige Amt wehrt sich gegen die Angriffe auf die Thoirn-Polttik. die durch die Beschlüsse der letzten Botschasterkonserenz erhoben werden. Wenn man von bescheidenen Hoffnungen spreche, so werde man damit den Dingen keineswegs gerecht und auch nicht den Persönlichkeiten, die auf deutscher und aus französischer Seite Träger der BerständignngSaktlon sind. Die Thoirn-Politik sei keineswegs mit der Note der Bots^estrrknnserenz als er ledigt zu betrachten. Die Rorberestn-gSarbeiten schritten in Paris ebenso wie in Berlin sort. um die unmittrlbaren Ber» bandlnngen in Fluß zu bringen. Eb-mso klar und ossevsschftsch sei aber anch. baß während dieser Zeit dieieni-rn besonders am Werke seien die der Verständigungspolitik «mt-egen- arbeitrten. Dazu gehören Kontrollkommission und Botschafterkonferenz, lkeberall in Deutschland sei man der Meinung daß ber BerständiaungSno'itik. zu der stch die französische Politik ebenso wie die deutsche bekannt hat die größten Hindernisse in den Weg gelegt werben, wenn die Botschasterkonserenz es unternimmt die Ungereimtheiten und Extravaganzen der Militärkontrollkommission so zu ver treten. wie sie es nach dem Havasbericht getan hat. Die ganze Art nnd Weise, wie die Bot'stmsterkanserenz bi« Entwassnnna Deutschlands wieder als Streitsragc ausgreift, sei mit dem wirklichen Stande der Dinge unvereinbar. LS werden unwahre Behauptungen ausaeßellt wie in dem Falle der Verabschiedung des Generals von Seeckt. oder erledigte Streitfragen wieder ansaeworscn oder Baga tellen. die im Vergleich zu dem ganzen Umfang der Entwasß nuna gar nicht ins Gewickt fallen, zu StagtS^kttonen ans- gevanscht. Wenn da» dieselbe Botschasterkonserenz tue. die Im März d. I. der Ausnahmekommtsslon Im Völkerbund die Entwaffnung Deutschlands bestätigt Hobe, so könne man nnr sagen. daß «S an dem anten Willen sehle. zu einem Ende z« komme«, «nd daß man nach Vorwänden suche, um die Militärkontrollkommission w Itcr ausrcchierhalten zu können. Nie »eilig baS dem Geist de» Vertrauens und der Verstän digung widerspreche, den der französische Außenminister kür seine Politik ln Anspruch nehme, brauche nicht erst betont zu werden. Nicht« aber bcrcchtiat zu der Schlußsokaernna. daß BriandS Außenpolitik nnnmebr «wich-lt-ri sei Eß<- wo« ds"se Fosqernna ziehe werde man erst abwarten müssen, oh Briand sei« schwieriges Werk wirklich »erlcngne. Slelqen-e Zurückhaltung Frankreichs. Paris. 22. Oktober. Botschafter v. Hoesch stattete gestern nachmittag dem Generalsekretär im Ministerium des Aeutzeren Berthclot einen Betuch ab. Wie SavaS berichtet, »vird ber deutsche Botschafter sehr bald auch eine Unterredung mit Briand haben. Hierzu schreibt »Petit Parts len" eS iet wahrscheinlich, baß die Andeutungen, die dem deutschen Bot schafter gemacht wurden. Zeugnis ablegten einerseits von einer weniger großen Eile nnd anderseits von sehr natürlichen Wunsche sranzüstscherseitS. im einzelnen sowohl die technischen wie wirtschaftlichen militärischen und politischen Seften des Problems prüfen zn lallen bevor man sich in Verhandlungen Mallen verlätzl Europa. lBon unserem römischen Korrespondenten.) ^ Rom, den 20. Oktober. Mit einer nach außen hin imponierenden Geschlossenheit sehen wir Italien seit geraumer Zeit nach Wegen suchen, die seiner Uebervölkerung, seiner Produktion, seiner Währung Helsen: dieses Bedürfnis nach Expansion eines tüchtigen Volkes nach langer Einengung wird an sich nirgends als un berechtigt angesehen, wie ein Blick in die englische, amerika nische, auch französische Presse lehrt. Wir selbst, in sehr ähn licher Lage, könne» nichts dagegen haben, solange es nicht aus Uitsere Kosten geht,- ein starkes Mittelmeerreich Italien soll weiter vorwage. Es sei schon viel, daß der Gedanke einer » ,er- gen gey, ein Lianen ,°u Annäherung in Frankreich ko. ankgenommen wurde, wie dies ^'kdelung und deuftchen Markt aber tatsächlich geschehen sei- Aber i« verlause von einigen Wochen könne ein derartiger Gedanke nicht feste Gestalt an- nchmen. noch könne die Gegenleistung für die von Frankreich erwartete Räumung deutlicher hervortretcn Der »Petit Partstcn" glaubt, die Unterredung mit Bcrthelvt deute darauf hin, baß Herr von Hoesch nicht durch eine überstürzte Audienz bet Briand den Eindruck erwecken wollte, daß man sich senscttS des Rheins so sehr beeile, die Unterredungen fortznsctzen. ES sei nicht unmöglich, daß bei den gestrigen Besprechungen mit Berthelot auch die Gerüchte über dte R ü ck k c h r des ehemaligen Kaisers nach Deutsch land zur Sprache gekommen seien. Das Blatt glaubt mit- tctlen zu können, daß dte Reichsregierung formelle Ver sprechungen gegeben habe, die Rückkehr des Exkaisers nach Homburg vor der Höhe ober an eine« andere« Ort Deutsch lands werde weder antoristert noch gcbnlbet werben. Die französische Presse ergeht sich in ausführlichen Er örterungen über diese Unterredung, dte aber kaum aus irgend welchem tatsächlichen Unterlagen beruht. Im „Matin" meint Lauerwein, es sei fraglich, ob Herr v. Hoesch von der deutschen Negierung mit Anregungen versehen worden sei, die die fran Milche Negierung befriedigen könnten. Di« Finanz- vpcrationen, die ins Auge gefaßt wurden, seien als zweifel halt erkannt worden und hätten selbst in Deutschland Gegner gefunden. An dem gute« Willen Strcsemanns nnd seiner Kollegen sei nicht zu zweifeln, wohl aber an dem der deutschen Bankiers «nd der Industriellen. die von amerikanischen Kre diten lebte«. Es frage sich, ob eine andere Basis gesunde» werden könne. Die deutsche Oeffentllchkeit zeige stch bei dem Gedanken beunruhigt, bi« europäischen Probleme in enger Zu lammenarbeit mit Frankreich zu behandeln. Man erkläre in Berlin, man habe bereit- in Locarno genügend auf sich ge nominell, indem man stch verpflichtete, jeden Streitfall mit Polen vor ein Schiedsgericht zu bringen. Eö sei seltsam. Laß die polnische Regierung stch nicht weniger beunruhigt zeige und fürchte, In ei»« Falle gelockt zu werden. Da der Annäherung der Mächte eine solche Auf »ahme zuteil werde, sei daS Problem noch nicht reif u»d müste für später aufgehoben werden. Sauerwcin geht weiter auf dte Frage ein, ob Deutschland bereit sei, au Stelle der Nheinlandbesatzung eine banernde Abrüstungskontrolle dcö Völkerbundes auf stch zu nehmen. Die Deutschen, denen er diese Frage vorgelcgt habe, hätten auf diese Frage geantwortet „nein". Niemals hätten di« Verträge Deutschland hierzu verpflichtet und Deutschland würde lieber noch neun Jahre die Anwesenheit der Besatzung dulden, als eine dauernde Kontrollkommission Pertinax schreibt tm »Echo de Parts", dte wichtigste Frage sei gegenwärtig die. ob sich der Anschluß Oesterreichs an Deutschland durch friedliche Verträge herbeiführen laste. Die deutsche Presse weise bereits daraus hin, daß die Ost grenzen dcS Reiches nicht al» unabänderlich betrachtet wer den dürften und daß Dentsckilanb über seine volle politische Handlungsfreiheit zu einer Abänderung verfüge. Frankreich müsse also Zusatzgarantten zu den sieben Verträgen von Locarno verlangen. ES scheine, daß die österreichische Frage vor allem anderen über den «ersuch einer deutsch-französischen Annäherung entscheiden «erde. sT. U.) * Ein amtlicher Bericht über dte Besprechung v. HoeschS mit Bcrthelvt liegt in Berlin zurzeit noch nicht vor. Rom demrnNerl die Zusammenkunft Muffoltnl- Slrefemaun. Rom. 22. Oktober. Dte Nachricht, daß zwischen Musso- ltnl und Dr. Stresemann tm Dezember eine Be- g^aniing zur Besprechung -eS deutsch-italienischen Verhält- ntsscs stattftnden soll, wird setzt ron Rom au» dementiert. »London, 21. Vkt. Str Ronald Lindsay, der neue englische Botschafter für Berlin, tritt morgen seine Reise dorthin an. - . - werbe» wir kräftig verteidigen, wenn es not tut. Doch neben der Expansion will der Faschismus auch noch Prestige; er schreit es ganz offen in die erstaunte Welt, daß er ihr die neue Zeit, die neue Gesellschaftsordnung bringe, und reibt sich ein bißchen an allein, was ihm in den Weg kommt. In Frankreich paßt ihm nicht die Demokratie, in England nicht der Pro testantismus, in Deutschland nicht die Kraft, die der Vereini gung von exakter Wissenschaft mit der Zähigkeit deS Arbeiters und Kaufmanns entspringt: aller internationalen Verständi gung, ob auf politischem, geistigem, wirtschaftlichem oder sozialem Gebiet, steht er mit größtem Mißtrauen gegenüber, sucht aber doch überall dabei zu sein und ist verärgert, >vo man ihn übergeht. Ein innerer Zwiespalt kompliziert LaS Bild: die ölte Sympathie für die französische Geisteskultur und die sogenannte lateinische Solidarität steckt noch in dieser Generation Italiens und ihrem stärksten Vertreter Benito Mussolini: sie wehren sich noch gegen das Schicksal, das ihnen den Weg zur Größe unerbittlich nur über die Auseinander setzung mit dem Schwcstervolk zeigt. Dies muß man tm Auge behalten, sich nicht beirren lassen durch Schwankungen, die ge rade jetzt zu beobachten sind, wo Thoiry und seine Begleit erscheinungen hier als böse Ueberraschuna gewirkt haben, allen offiziösen Erklärungen züm Trotz. In einem Lande, das die hauptsächlichen Rohstoffe einführen muß, konnte das Etsenkartell keine freudige Zustimmung finden, zumal als von französischer Seite das tröstliche Märchen, man habe auch die italienischen Industriellen ein- geladen, schnöde zerstört wurde: man klammerte sich an jede Möglichkeit des ScheitcrnS und sah mit saurer Miene, wie sich alsbald in den habsburgischen Nachfolgestaaten der Wunsch zeigte, sich anzuschließen <und gegen diese Art „Anschluß" konnte man nicht einmal offen protestieren!). Es kam noch schlimmer, als Cnno und Duisberg nach Romsey gingen, als der Soda- Trust nnd Scbrödcrsche Bankenkartell auftauchtcn: wer weiß, was morgen sein wird. — immer ohne Italien. Den ersten Alarmrufen der Industriepreise folgte sehr bald die offizielle Parole von Ncgierungsscite, Italien bedaure cs, daß man mit solchen Tcilabkommen der Internationalen Wirt- schastskonferenz, die nächstes Frühjahr tagen soll, umgreife,- als wenn nicht Italien selbst — auf politischem Gebiet — die sen Weg mit seinen diversen „Freundschastsvcrträgen" voran- gcschrittcn wäre! Die pries dieselbe faschistische Presse alS einzig reale Sicherung anstatt des akademischen Geschwätzes von Genf,- aber cS geht hier offenbar wie mit der Irre- denta: was höchstes Recht des einen war, kann der andere nicht für sich beanspruchen. Dabei kommen wieder einmal die sonderbaren Vorstellun gen ans Licht, die dieses junge Italien lbaS sich immer be klagt, mißverstanden zu werden) vom übrigen Europa hat. be- ondcrS von unserem Deutschland, das für sic doch wahrhaftig nicht aus der Welt liegt. So bringt es ein ungenannter Leit artikler des offiziösen »Popolo di Roma" <17. Oktober) fertig, die eben berührten WirtschastSbcwegungcn mit der Wiener Pancnropatggnng der Evudcnhvvc, Seipel, Locbe, Wirth in einen Topf zu werfen,- ja, sogar die „Leipziger Ausgaben" wissenschaftlicher Werke), die Weisheit Wtlamowitz-Moellcn- dorfs und „il Tick", der seinen Homer für den wahren auS- gegeben- «Meinen Sie nicht vielmehr den alten guten Boß?) ind ihm, der sich rühmt, deutsche Messen besucht nnd die Kanzler Marx nnd Luther reden gehört zu haben, nichts alS Ausgeburten deö AllbcutschtumS. Lassen wir den Herrn, der offenbar Kenner ist: sehen wir lieber, was Italien angesichts dieser Lage lund während seine Wirtschaft unter der „Sanie rung" VolpIS kracht) tut. Im „Popolo d'Jtalla" wird ber Weg nach Osten gewiesen: am Schwarzen Meer liegen alle Rohstoffe, die -er westliche Kapitalismus versagt,- man ist auf einmal wieder „die große Proletarierin" und hat ans diesem Grunde dte bessarabische Frage tm rumänischen FreundschaftS- vertrag znm Kummer AvercScuS fortgelassen. Dies Zwin- kern nach Moskau ist nicht mehr neu. Der »Popolo dt Roma" . V - W ' ! »' M. ? L» -