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Ttrvlerfahrk. Mluch««. IS. Juni. D«r Himmel Über München tst grau und abendlich. G«. Merschmüle düngt tn der Luft. Die Geschäfte schrieben schon, jeder beeilt sich, noch vor dem Wetter hetmzutommen. Am jkarlsplatz hebt der Berkchrsschutzmann den Arm mit der weibblauen Manschette: Halt! Die Kraftwagen, selbst die Strabeababnen stauen sich. In der Dämmerung kommt ein ph-ntafttsch bunter Zug mitten durch die Großstadt: Das sind -le Tiroler Bauern, die aus dem .Heiligen Landl" nach München gefahren sind, um Grüße zu bringen und sich die Ausstellung »DaS bayerische Handwerk" auzuseben. Voran zieht das Zillerthaler Dchützenregtment mit der alten Sturmfahne und mit Musik. Wie herausgeschnitten aus einem Defreggerschen Bild schreiten die Männer daher, tn weißen Strümpfen, schwarzen Kniehosen und den malerischen, langen grünen Gehröcken, oder den kurzen grauen Spenzern. Drüber die ungeheuer breitkrämpigen Hüte mit den <Ä>tel- hahnfebern, die aussehen, als wären sic mit den gewaltigen dunklen Vollbärten zusammengewachsen. Später kommen die Speckbacher, die Brixlegger und wie sie alle heißen. Ähre Frauen haben sie mitgebracht, manche auch ihre Kinder. Alle «eben tn der alten Tracht einher, wie daheim, wenn sie Sonn tag- zur Kirche wandern. Junge Burschen, alte Männer. Mit schweren Bergbauernschritten marschieren sie auf dem ungewohnten Asphalt, schauen sich die zusammenballte, selt same Hast an. die ihretwegen eine Atempause macht und ganz still wird. Was tst Elektrizität, was sind Kraftwagen, was find diese Gtetnkolosse, in denen die Städter wohnen? Vor vierzehn Tagen Hab' ich im SonnwendgeLirge. das zwischen dem Achensee und dem Jnnkal liegt, drei junge Bergbauern getroffen, die nach dem alten Städtchen Nattenberg hinunter wollten. Es war ein Sonntag. Was sie denn dort für Ge schäfte hätten? fragte ich. Je nun — sie seien jetzt schon zwanzig Jahre und wollten sich halt einmal die Eisenbahn anschaucn. — Wieso Eisenbahn? — Ja, sie hätten eben noch nie die Eisenbahn gesehen ... Im Winter sind sie tn ihren vergdörfern eingeschneit, im Sommer gibt ihnen die harte Arbeit kaum einen Tag frei. Sie haben auch gar keine Sehn sucht nach der fremden Welt. Hinunter in die Städte? Sie schütteln den Kopf und lächeln fast mitleidig. Droben in ihren Bergen sei cs so still, so wunderbar still - net», wenn sie die Eisenbahn gesehen hätten, würden sie sosorl wieder heimgehen. Und sie schauen mich aus ihren Hellen Augen lächelnd an und steigen nach Nattenberg hinunter. Fern von Europa? Wie man'S nimmt! Ich glaube, die Leute sind glücklicher als unsereiner. Man begreift, wie un- geheuer zäh die Hetmatliebe in diesen Herzen wurzelt, und daß es außer ihrem „Landl" nichts, aber auch gar nichts gibt, was sie lockt. Man begreift auch — vielleicht von einer neuen Lette her — was es für einen Tiroler Bauern bedeutet, seine Heimat aufgeben zu müssen. Er redet nicht viel, tst auch schwer- fällig im Ausdruck. Aber tief innen brennt und reißt der Schmer, um das verlorene Gebiet jenseits des Brenners, das zum nördlichen Tirol ebenso untrennbar gehört, wie die eine Herzkammer zur anderen. Und niemals, ganz gewiß niemals, werden diese Bauern aufhören, diesen Schmerz zu fühlen. Andreas Hofer ist heute mehr denn je ihr Nattonalheld. Draußen in der Ausstellung ist die riesige Kongreßhalle für die Tiroler bereit. Die langen Tafeln sind dicht besetzt. Mt Musik kommen die Trachtenzitge herein, begrüßt von brausendem Beifall. Eine Bühne ist gebaut. Es wäre nicht gut, die unbeholfenen Zungen roden zu lassen. Aber das Auge kommt auf seine Rechnung — und das Herz. Die Bauern stellen lobende Bilder aus der Geschichte ihres Landes. Defregger, prachtvollster Defregger, den man jetzt erst richtig sllhlcn lernt. Ausmarsch 180». Generalabsolution. Die Schlacht am Berg Jscl. Hosers Gefangennahme. Wahrhaftig: bas ist kein Theater mehr! Es ist wie ein stummer Blick aus einem ticftraurigen Auge, eine Bitte ohne Worte. Zum Schluß: „Volk in Not." Ei» Bauernzug, wuchtig wie von Egger Lienz gemalt, plagt sich über den Gebtrgspfad; alle» schleppen st« mit. was zu ihrem .Hoamatl" gehört. Kind und Kegel, da» Ahndl, don Vogelkäfig, die Wiege, da» Kruzifix vom Dorfbrunnen. SS ist nicht gesagt, wo sie Herkommen und warum sie ausztvhen müssen. Aber jeder woiß es. jedem krampst sich das Herz zusammen, jeder denkt — an den Tag! Und dann als letztes Bild: Morgendämmerung im Hoch- gvbirg: b«r steilste Gipfel glüht schon auf. das Frühlicht hängt wie Helles Geläut in der kühlen Luft. Eine Tirolerin steht auf grasigem Hügel, breitet die Arme der Sonne entgegen und — reckt ein Gewehr, wie ein heiliges Zeichen, empor. Zu ihren Füßen die Bauern, die der Erscheinung ihre Arme entgogen- strecken und die Hände halten wie zum Schwur. Da reißt das Schweigen in der riesigen Halle wie eine Nebelwand aus einander. Das Deutschlandlied braust auf, und auch hier hoben sich die Hände. Keine Rode, keine patriotischen Phrasen, kein Fahnenwinken. Aber Schweigen, das größer und tiefer ist. Aus der Bühne stoht ganz vorne ei» eisgrauer Mann vom „Letzten Aufgebot": er schwenkt seinen Hut nach dem er glühenden Gipfel hinauf, aber der Arm. der ruhig sein sollte, beginnt zu zittern, und ein Zittern geht auch durch das ganze Bild, eine Erregung, die gewaltiger tst als alle Worte. Das Bild heißt „Die Befreiung Tirols" ... Kauz. Vermischtes. Ein grauenhafier Kindesmord vor Gericht. Der Prozeß gegen die Kinbcsmörderiu Hagedorn. Am Montagnachmittag um )^7 Uhr begann vor dem Schwurgericht in Duisburg der Prozeß gegen die des Mordes an den beiden fünf- und sechsjährigen Kindern Käthe Gels- lcichter und Friedrich Schassen ans Duisburg angeklagte neunzehnjährige Pianistin Käthe Hagedorn. Die Verhandlungen, die unter Ausschluß der Oeffentlichkeit er- folgten, werden drei Tage in Anspruch nehmen. Die An geklagte gab zunächst eine Schilderung von ihrem Familien leben und von dem Verhältnis zu ihren Eltern, das sie als gut bezeichnet, das aber dennoch die nach ihrer Ansicht er forderliche Herzlichkeit vermissen ließ. Zu der Tat, über deren Verlauf sie keine genauen Angaben mehr zu geben wisse, äußerte sich die Angeklagte u. a.: Am 24. Juni 1926, einem überaus heißen Sommertag, hatte sie beschlossen, baden zu gehen. Unterivcgs traf sie die beiden unglücklichen Kinder. Ihr gemeinsam fortgesetzter Weg führte sie dann tn den nahcgelegcncn Buchenwald. Dort machte sie den Vorschlag, dem Vater des Mädchens, der am gleichen Tage seinen Namenstag feierte, einen Blumenstrauß zu winden. Nachdem sie einige Waldblumen, zu deren Schnitt sie sich des Mvrdwerkzengcö, einer vernickelten Nagelschere, bediente, gepflückt halte, beging sie an dem Mädchen unsittliche Handlungen und stopfte dem sich wehrenden Kinde Erde und GraS in den Mund, um eö am Schreien zu verhindern, lieber weitere am Kinde vvrgenvmmcne (Sewalttaten. wobei sie mit der Schere bas Kind an der Halsschlagader und am Puls ver letzte, erklärte die Angeklagte, keine Schilderung mehr geben zu können. Im Anschluß daran kam unvermittelt der Knabe hinzu, den sie zu Roden warf, und dem sic dann eine tödliche Wunde mit der Schere beibrachte. Als sie das aus der starken Wunde heroorgucllende Blut bemerkte, versuchte sie den aus der Schnittwunde hcrvorgucllendcn Blutstrom mit Gras und Kleidungsstücken zu stillen, was ihr aber nicht gelang. Nach der Tat hat die Angeklagte in der Badeanstalt ge badet und sich dabet auch vom Blute gereinigt. Nach dem Verlaßen der Badeanstalt will ihr erst eingefallen sein, daß die Kinder nicht mehr bei ihr waren. In der Nacht entdeckte die Dtutter Blut an ihren Sachen und während ihr Vater zur Polizei ging, lies sie davon. Sie gelangte schließlich zum Sicsberger Bahnhof, sprang in ein Auto und ließ sich nach Krefeld fahren. In Krefeld entwich sie dem Chausscur, be stellte ein neues Auto, das sie nach Kleve führte In Geldern wurde sic von dem Chauffeur der Polizei gemeldet und verhaftet. Wolkenbruch im Rhetnlande. Ein furchtbarer Wolkenbruch ging am Sonntag über das Kylltal nieder. In wenigen Minuten wuchs die Kyll zu einem gewaltigen Strome an, so daß das ganze Tal einen einzigen See bildete, in dem entwurzelte Bäume, Garten zäune, landwirtschaftliche Geräte schwammen. Eine Anzahl Häuser mußte geräumt werden. Aecker und Wiesen haben schweren Schaden erlitten. Auch die Nebenbäche der Kyll sind infolge des Wolkenbruches stark über die User getreten. Schwere Anwellerfchäden. Aus Schmäbisch-Hall wird gemeldet: Durch ein Unwetter wurden in dem Orte Kröffelbach fünf oder sechs Wohn- Häuser und Scheunen schwer beschädigt. Ein SchMtall wurde von den Fluten unterspült, stürzte ein und begrub etwa 100 Schafe unter sich, von denen 70 Stück erdrückt wurden oder ertrunken sind. Auch zwei weitere benachbarte Ort schaften haben schweren Schaben an Feldern und Fluren er litten. Riefenbrand in einem spanischen Äarzlager In der Nacht zum Montag sind die Gebäude einer großen der spanischen Harzverwertungsgeseltschaft gehörenden Fabrik in der Gemeinde Lasnavas durch eine» Brand vollständig zerstört worden. Da das Feuer drohte, die großen Terpentin- lager zu ergreifen, wurden die größten Anstrengungen gemacht, um einer derartigen Katastrophe vorzubeugen, lieber zwei tausend Personen beteiligten sich an der Löschung des Brandes. Der Flammenschctn war auf mehrere Kilometer im Umkreise sichtbar. Mehrere hundert Arbeiter sind arbeitslos geworden und haben keine Unterkunft. Der angerichtcte Schaden ist außerordentlich groß. Todesopfer sind bisher keine zu ver zeichnen. Feuerkamps mit einem Verbrecher Auf dem Warschauer Hauptbahnhos wurde ein Polizeiagent tn dem Augenblick, als er in Begleitung zweier Polizeisunktionäre einen berufsmäßigen Eisenbahndieb ver haften wollte, von letzterem niedergeschossen. Der Verbrecher richtete dann den Revolver gegen sich selbst und gab zwei Schüsse aus sich ab. Der Zustand der beiden Schwer verletzten ist hoffnungslos. Meuterei im Gefängnis von Grodzisk. Im Gefängnis von Grodzisk brach am Montag ge, legentlich der Einliefcrung eines mehrfach vorbestraften Ver brechers eine Meuterei aus. Einzelne Gefängnisinsassen lärmten und demolierten die Zelleneinrichtungen. Gleichzeitig rotteten sich vor dem Gefängnis verdächtige Elemente zu sammen. Die Polizei stellte die Ruhe im Gefängnis wieder her. Acht Personen wurden verhaftet. ** Der Prozeß gegen den falschen Hohenzoller«. Der Termin für den Prozeß gegen den falschen Hohenzollern- prinzen Harry Dom ela ist jetzt endgültig auf den 11. Juli festgesetzt worden. Die Anklage wird in vollem Umfange aufrcchterhalten. ** Verhaftung eines Bildcrdiebes. Der Geschäftsführer des Baden-Badener Kunstvereins, Jmmelmann, der kürzlich einen große» Bilderdiebstahl verübt hatte, wurde in seiner Wohnung verhaftet. Die gestohlenen Bilder konnten wieder herbcigeschasst werden. ** Der Gründer der tschecho-slowakischen Kirche gestorben. Am Sonntag ist der Gründer und erste Patriarch der tschecho slowakischen Kirche, Dr. Farsky, Bischof der Prager Diözese, gestorben. ** Eisberggesahr im Atlantik? Der Whtte-Star-Dampfer „Arawic" berichtete bei seiner Ankunft in Halifax, baß er auf seiner südlichen Reiseroute Eismassen festgestellt habe, wie sie seit zwanzig Jahren nicht mehr beobachtet worden seien. Das Schiff sichtete vierzig Eisberge und passierte an ^ ^ — > . 6w6s isirkmg- Üsins svsuiis. VI51 scksNen 8ie llire Kiesige s»utr- arbeil in der kalben Teil, und lkr Oe- sckirr wird im diu blank und rein. VIU ist säurefrei; es sctimiert nickt, neckt nickt und ist das sppetitlickste und ksnd- lickste putrmittel für Kock- und Lüxesckirr. >Ver VIU kennt, will's nimmer missen. »Tunllokl- bOvnnkvlm kammimantel wr vom«. «« besonder» praktiscbem lispergumml, tn «»Ilden btaudtarden ^ KMNMlMIMlel letcbter engt. ^ . vatlsl-OualllS«, In modernen. leuch- lenden u. predcllschen Staub soeben ^ L 00 «>» prima Ltrlch- — . loden, ln praktischen LporÜorben. weiter Koglanschnltt ^ Loaeamkalel au. l-d-rletcktew lsomelkaarloden. mltkasse u. kalten. /Li H ln allen Velten L/rHO impräSuIerlSeiaeiunanlel au, prima -lnlarblger od. gemusterter . ^ Seide, »eite Cgrtelkvrm. ln braun. ^ / marine, »cbvarr und taupe . . . ^ LL..00 imorSLalerlcr Naalel au. la k-abardlne. kleidsame Kaglantorm mit kalten und 6artet ^ L^/.OO «eüUe §e»«nnäalei - len modernen. leucbtenden karden. ^O^»0 von M.»- Zeige hierdurch ergebenst an, dafi ich mit große« frische» Transporten bester Osksrtesischer Wagenpferde sowie Dänischer «. 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