Volltext Seite (XML)
70. Jahrgang. AL 107 Menü-Ausgabe Gegründet iss« «rahIanschrMr »«chttchte» Dre«»»,. Vemiprecher-Sammelnummer: SV Sai. Nu» für Nachtgelpritchei 20 011. Bezugs- vom l.dl» >5. MLr, >925 »et IS-ttg . ^ WLVUyr Poftdrzugvpret» hir Monal Marz Z Mar» ohne Hot>»uII«Ü«»g»g»dÜdr. Uuna frei Lau, 1.50 Mar» Anzeigen-Prelse: auhardald 200« 8>»,iel«»«»er Ui Ps»,»I,. nach «voldmar» derechnet, dt« Ivr au»w«r«s 35 Mg. Yami»«nan»«igen aukerhald 20 Mg., dt« »0 mm bre»e > Ptg. Ossertengebildr IO Psg. " " intpattia» Sl> mm dr»tt« und Siellenaeluck» ohn» Ä»»lam»z«il« >50 Psg. Au»w. Auslrag« g»g»n voraurbezaol. Donnersrag- 4. MArz 1S2S Schrtftlrilung und LaupIgelchiMsstev» MarirnIIrah» SS-12. Druck u. Derlaq oon LIepIch » 2>«>chardl in Dresden. Poftlcheck.Konto 10SS Dr«,»«. Nachdruck nur mti d»ulllch»r SueUenangade ^Dresdner Nachr."> zuIÜMg. Unverlaugi» SckrilMttck« werden ntchi ausbewadrt. London gegen die Ratsemeiterung. Das Kabinett wünscht -ie Vergebung von Nalssihen, anher an Deutschland, verschoben zu sehen. Die Bekämpfung -es Alkoholismus vor -em Kaushalkausschuk. — Der Reichslag beräk -ie Aollage -es Winzerskan-es. Einslimmigkeil im -rilischen Kabinett. Lonbv«, 4. März. „Daily Telegraph" zufolge soll nach der gestrige« Kabinettssitzung jetzt ein vollkommenes Ein vernehmen zwischen Chamberlai« «nd seinen Kollegen herrsche«. Die Regierung als Ganzes unterstütze die be dingungslose Ansnahme Deutschlands in den Völker» bnnd. Die Erweiterung des BölkerbnndsrateS dnrch Gewäh rung von Sitzen an Pole« «nd andere Mächte sei eine Krage, di« oo« Völkerbund z« einem spätere« Zeitpunkt bc, handelt werden müsse. Chamberlain habe, wie verlautet, eine „freie Hand" gefordert, damit er nicht so vollkommen an eine bestimmt« Politik gebunden sei, daß ihm nichts mehr zum Handcl« übrigbleiben würde. London, 4. März. Nach der „M o r n t n g p o st" werbe erwartet, daß Chamberlatns Erklärungen derart seien, baß sogar die Kritiker des Kabinetts beschließen wer den, baß es im Interesse der Nation besser sei, von einer Er örterung abzusehen. „Daily News" berichtet, bas Kabinett habe der For derung aller Parteien in der Frage der Erweiterung des BölkerbnndsrateS nachgegeben. Es habe gestern be schlossen, daß Großbritannien der sosorttgen Aufnahme Deutschlands tn den Völkerbund zusttmmen und daß die Forderungen anderer Nationen nach Deutschlands Eintritt erörtert werden sollen. Die Politik des Kabinetts sei, daß nichts im gegen wärtigen Angenblick getan «erden solle, was Deutsch lands Eintritt in den Völkerbund beeinträchtige« oder gefährden könnte. Vorbehaltlich dieser Bedingung sei Chamberlain in der Frage, ob es ratsam sei oder nicht, daß der Rat tn Zukunft erweitert werde, freie Hand gelassen worden. Die Luther- Rede tn Hamburg wird als ein Anzeichen für die Bereit schaft Deutschlands angesehen, die gesamte Frage der Zu sammensetzung des Rats später unvoreingenommen zu er wägen, wenn Deutschland erst einmal in den Rat ausge nommen worben ist. Der frühere Minister und konservatives Parlaments mitglied Sir Robert Horne, dessen Ansichten in der konser vativen Partei und im Parlament große Bedeutung haben, erklärte tn einer Rede, es sei Deutschland gegenüber nicht ehrlich gehandelt, wenn sein Eintxitt in den Bölkerbundsrat mit dem Eintritt anderer Nationen tn den Bölkerbundsrat tn einen Zusammenhang gebracht werde. Auf der bevorstehen den Zusammenkunft müsse die Aufnahme Deutschlands allein erwogen weerden. lW. T. B.) Schwe-ens prinzipielle Stellungnahme. London. 4. März. Schweben soll in Berlin mitgeteilt haben, daß der schwedische Standpunkt in der Völkcrbnnbssrage ganz unabhängig von irgendeinem Standpunkt der dent- scheu Regierung sei. Schwedens Stellung sei eine rein prinzipielle. Sollte also Deutschland seine bisherige Stellungnahme anfgcben «nd sich etwaigen Wünschen und Vor schlägen der Gegenseite anschlicßen oder sie unterstützen, so würde Schwede« trotzdem sich dadurch nicht beeinflussen lassen, sondern jede vorgeschlagene Aenbernng gegebenenfalls ent gegen Deutschlands Wünschen bekämpfen. Ungarn und die Frage der Ralsstye. Wie«, 4. März. Der ungarische Ministerpräsident Graf Bethlen erklärte hier auf der Durchreise nach Genf, er gehe erhobenen Hauptes nach Genf. Er habe nichts zu be fürchten, denn die ungarische Regierung habe mit der Frankenfälscheraffäre nichts gemein. Auf die Frage, welche Stellung er zur Frage der Ratssitzc Deutschlands und Polens einnehmen werde, sagte er. daß dies eine Angelegenheit der im Völkerbund vertretenen Großmächte sei. Die -rutsche Delegattvn für Gens. Berlin, 4. März. Der Zeitpunkt der Abreise der deutschen Delegation nach Genf wirb offiziell nicht bekannt- gegeben. Es kann aber als sicher betrachtet werden, daß die Abreise morgen abend mit dem fahrplanmäßigen Schnellzug nach Basel und die Ankunft in Genf am Sonnabendabend erfolgt. Die Delegation setzt sich wie folgt zusammen: Reichs kanzler Dr. Luther, Reichsaußenminister Dr. Strese- mann, Staatssekretär von Schubert. Ministerialdirektor Kiep, Ministerialdirektor Dr. Gauß, Geheimrat von Bülow und Gesandtschaftsrat Nedlhammer, dem Gene ralsekretär der Delegation. Staatssekretär Kempner wird wahrscheinlich an der Völkcrbundssitzung nicht tcilnehmen. Brasilien gegen den Schutz -euischerWinderheiien? Berlin, 4. Mürz. Die „Chicago Tribüne" läßt sich aus Nom melden: Der brasilianische Gesandte habe bet Mussolini vorgespcochen und ihm der Unterstützung Brasiliens bei Bekämpfung etwaiger deutscher Ansprüche anf Schutz der Minderheiten versichert. Italien werde dafür seinerseits Bra siliens Forderung «ach einem ständigen Ratssitz beim Völker bund unterstützen. Der Sturm auf das Privateigentum. Keine Stimme -em Volksbegehren! Berlin, 4. März. Von heute ab bis zum 17. März läuft die Frist für die Eintragung zum Volksbegehren. Das Propagandamatertal, das für diese Etappe des Sturmes ans das Privateigentum aufgcboten wird, ist riesig. Die Zahl der Eintragungsltsten allein beträgt eine Viertel Million. WO 000 Bekanntmachungen dienen der verfassungsmäßig not wendigen Aufforderung zur Einzetchnung. Darüber hinaus werden von den Parteien, die das Volksbegehren organi sieren, etwa über SH Millionen Flugblätter verbreitet. Am ganzen beläuft sich das vorbereitende Propagandamaterial anf über 10 Millionen Exemplare. » Die ganze Kostspieligkeit dieses Apparates, der aufgebotcn wirb um die niederen Triebe von Neid und Mißgunst zu völliger Urteilslosigkeit aufzupvitschen, beweist, daß die Par teien, die sich hier für entschädigungsloien Raub cinsetzen, selbst über sehr beträchtliche Summen verfügen, daß hinter dieser Bewegung Kreise stehen, die mit Notleidenden nichts z» tun haben. Während der Barmat-Prozcß, wie heute gemeldet wird, bis anf weiteres vertagt wird, sucht man die Aufmerk samkeit der Massen unter Benützung der wirtschaftlichen Not lage von diesen Leuten, die bas deutsche Volk um viele Mil lionen betrogen haben, abzulenken. Es kan« nicht nachdrücklich genug darauf hingewiesen werden, daß es sich bei diesem Bolks- begchr nur um die Frage Recht oder Unrecht handelt, baß eine entschädigungslose Enteignung, also ein glatter Raub, einen Präzedenzfall von so weit- tragender Bedeutung darstellcn würde., daß die AnSwirknnaen auch die tressen wird, die sich jetzt sür dieses Bolksbeaebr glaube« einsetz«« z« müsse». Angesichts der VolkSbegehraufrufc ist sestzuftellen. daß das Volksbegehren eine rein parteipolitische Unternehmung ist. daß jeder, der sich in die Liften einträgt, sich mitschuldig macht an einem oksenknnbige« Unrecht, das man nur alS Rand bezeichnen kan«. wer daher daS Recht schütze« will, der trage sich nicht ein. Parole r Zuhause bleiben l Berlin, 4. März. Ucber daS Volksbegehren zur Fürsten- abstnduna veröffentlicht die bentschnationale ReichStagS- fraktion folgende E?rs»v„,,g>- Diesmal heißt die Parole: Zuhause bleiben! Lasse sich niemand durch Mahnungen sozialdemokratischer Be hörden und Parteiagitatoren beirren. Die Eintragung in die von heute ab ansliegendcn Listen für bas Volksbegehren ist nicht wie die Teilnahme an den Wahlen staatsbürgerliche und nationale Pflicht. Wer sich in diese Listen einträgt, schließt sich dem a«S blinden Fürstcnhatz und bolschewistischer Feindschaft gegen das Eigentum geborenen Antrag der Kom- mnnistcn nnd Sozialdemokraten an. ES ist selbstverständlich, daß jeder anständige und rechtliche Dentsche, der an Treue und Dankbarkeit sesthält und der das Eigentum gegen NecktSbruch und Sozialisierung schützen will, diesen Listen fernbleibt. —>r erwarten von unseren Partei freunden, daß sie selbst hiernach handeln und daß sie für weiteste Aufklärung sorgen. Keine Unterschrift dem bolsche wistischen Volksbegehren! Warnung vor tschechischer Quertreiberei. Die Zentralleitung des BolksbundeS der Deutschen aus dem ehemaligen Oesterreich- Ungarn, Sitz Dresden, schreibt uns: Zu Zeiten, da die große rcichs-deutsche Oeffentlichkeit mehr und mehr beginnt, an dem Geschicke der unter Fremdherrschaft schmachtenden deutschen Volkssplitter Anteil zu nehmen, ist cS dringend notwendig, vor einer tschechischen Organisation zu warnen. AnLeipzig sitzt der „Bund derDcutsche« ans der tschecho, slowakische« Republik", sein Name kann zu schweren Jrrtümern Anlaß geben. Der Bnnd vertritt die tschechischen Inter esse n. steht unter dem Protektorate der tschechischen Konsulate und genießt deren weitgehendste Förderung. Er vertritt, um die Aufklärungstätigkeit der swbetendeutschcn Organisationen im Reiche unwirksam zu machen, die Auf fassung, daß die tteftraurige Lage der Millionen Sudeten- deutschcn in der Tschechei nichts anderes sei, als die logische Folge der Unterdrückung, wie sie die Deutschen im alten Oesterreich den Tschechen zuteil werden ließen, slj Es ist wichtig zu wissen, daß dieser Bund von der gesamten Heimat nachdrücklichst abgclehnt wirb. Er wollte vor kurzem eine Spenbensammlung tn der Heimat einleiten, an Stelle des Aufrufes erschienen in der sndetendeutschen Presse jedoch ledig lich Warnungen. Da anzunehmen ist. baß dieser „Bund der Deutschen slj aus der tschecho-slowaklsä,«» Republik" auch künftighin versuchen wird, im Reiche die Geschäfte der Tschechen -u besorgen, sei auch an dieser Stell« nachdrücklichst gewarnt. Die deutsche Stadl unter italienischer Maske. Bozen, 24. Februar. Feldgraue Karabinieri mit der Hahnenfeder auf dem Hut, blaubemäntelte Gendarmen der Publicca Sicurezza mit rote» Hosenstreifen und faustgroßer grünweißroter Kokarde an dem riesigen schwarzen Napoleonshute, schwarzhemdige und feld graue Faschisten, Soldaten mit den vhantastischsten Hutbeklet- düngen. — Uscita — Uomini — kisiorsnt« III Liasse — ba-- gogko — HI Sottopassaggiio — brennero — dterono — Valle». — — Aber wie auf allen italienischen Bahnhöfen, ist vom Stationsnamen keine Spur zu sehen. Aber doch: stolrsno. Also richtig, raus! Alle Schilder natürlich italienisch, rein italienisch. Aber sieht man ein bißchen näher zu, so bemerkt man. daß viele Aufschriften nicht in der Mitte des Schilde- stehen, sondern rechts in der Ecke oder ganz oben. Manchmal sind auch noch die Neste übertünchter Buchstaben zu sehen. Ja, wirklich, das Walter-von-der-Vogelweide-Denkmal steht noch auf dem Walterplatz — wollte sagen, auf der Piazza Bittorio Emanuele. wie der Platz jetzt nach dem Befreier de- „Oberetsch-GebieteS". dem siegreichen König, heißt!!! „Pt«za Bittorio Emanuele", „Via Principe bi Piemonte", die erstell rein italienischen Gassenschilder. Aber bald werben alle Straße» nur italienische Namen haben, die zweisprachigen Schilder stnd schon dem Untergange geweiht. Ihnen werben die private» doppelsprachigen Anschläge folgen müssen. Viele Ladentnhaber, die nicht freiwillig italienisch reklamieren wollten, haben e- vorgezogen, überhaupt keine Aufschriften mehr auszusetzen: Herrmann Weiß, Heinrich Pramstrahler, sonst nichts. Aber am 10. Januar ist schon ein Dekret erlassen worden, daS die zwangsweise Verwelschung der Familiennamen vorsteht. Und in Brixen draußen sind sogar die deutschen Tausname« ver boten worden! Ueberall, bei allen Zeitungsverkäufern steht man massen haft reichsdeutsche und österreichische Zeitungen. Jedermann liest eine ausländische Zeitung, da die kümmerlichen Ueberrefte der deutschen Presse nichts von Belang bringen dürfen» alS harmlose lokale Berichte. Diese Ueberrefte bestehen auS ein paar Blättchen, die ein- bis zweimal in der Woche erscheinen und es so unter sich eingerichtet haben, daß jeden Tag ein anderes Blatt erscheint. Der „Landsmann" darf noch immer nicht erscheinen, obgleich sein Redakteur Fuchs am 10. Januar von der Anklage wegen angeblicher Beleidigung eines faschistischen Vereins freigesprochen wurde, der Grund für das Verbot deS „Landsmann". Bis Ende des Monats erscheint noch die „Me- raner Zeitung": allerdings erscheint sie nicht in Meran, sondern in Mcrano, denn die deutschen Südttroler Ortsnamen sind auch in einem deutschen Text streng verböten! An allen Straßenecken leuchtet in großen Lettern der Name C e s a r e B a tt i st t. Es ist eine Aufforderung an die braven, ihr italienisches Vaterland liebenden Bürger der Stabt, für das Denkmal deS nationalen Helden zu spenden. Und man muß zugcben, daß die Italiener keinen besser geeigneten Platz für ein solches Denkmal hätten finden können. Denn der Sockel, der bas Abbild Cesare Batiistis tragen soll, war für ein Denkmal für die Gefallenen des KaiserjägerregimentS be stimmt, eben jenes Regiments, dessen Angehörige seinerzeit den jetzt als Nationalheld gefeierten Mann vor dem Gelynchtwer den durch die über seinen Verrat empörten Trienter Volks- Massen gerettet haben! Und die Gemeinde Bozen muß es still schweigend über sich ergehen lassen, daß der Präfekturkommissar der Stadt ans G c m e i n d c m i t t c l n 100 MO Lire für ein Denkmal gestiftet hat, daS jedem Tiroler nur als beispiel losester Hohn erscheinen kann. Ich suche einen Bekannten auf, einen Advokaten. In seinem Bureau ist es ganz leer. Er selber hat augenblicklich auch nichts zu tun. Nachdem die Richter italienisch geworden find und ihre Unabhängigkeit beseitigt ist, erscheint der Deutsche nicht mehr freiwillig vor Gericht. Er hat schon längst das Aussichtslose dabei erkannt, einen bet den Faschisten auch nur halbwegs wohl angeschriebenei, Menschen vorzuladen. — Mein Freund erzählt mir von einer Haus- Untersuchung, die gestern bet ihm stattgefunden hat. Am Vormittag haben Unteroffiziere der Karabinieri und fünf Man» sich bei ihm cingcsundcn und begehrt, das Haus zu unter suchen. „Haben Sie einen richterlichen Befehl?" fragte mein Freund. Der Unteroffizier hatte anscheinend nie von einem solchen gehört. Er brauche keinen, erklärte er. »Kennen Sie dieses?" fuhr mein Freund fort und reichte ihm die italienische Strafprozessordnung. „Freilich!" antwortete der Unter- offtzier und fuhr fort, in den Papieren des RechtSanwaltS hcrumzustöbern. „Vor Beginn einer Hausuntersuchung ist dem Inhaber der Wohnung der Untersuchungsbesehl eines Straf richters vorzulesen!" zitierte der Rechtsanwalt. Der Unter offizier geriet sichtlich in Verlegenheit. „Ja. aber... aber es gibt auch noch andere Gesetze." „An solche Gesetze denken Sie?" „An die Waffenverordnung." „Aber weshalb blättern Sie bann meine Papiere durch, wenn Sie nach Waffen suchen?" fuhr der Jurist unermüdlich fort. ,Hch ... Vielleicht..." stammelte der Karabintere, „...es könnte jä auch der Plan eines Munitionslagers darunter sein!" Solche Hausuntersuchungen kommen tn Südttrol täglich vor. Bon den fünf ersten Leuten, mit denen ich tn Bozen sprach, hatten die drei tm Laufe der letzten Woche Unter-