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87. Jahrgang. 200 Ssaakag» 22. Juli 1S2L Ge-rün-el 18SS De^ianschNft: »«cheich»«, A»rns»r«ch»r-S«mm,lnwm»»r 2S 241. «ur für N,chl,»t,^ck«-. 20011. de, I»,ftch« Ju«ra,un, >» Dreide» »der durch dleP.ft m»m,U>ch ». lg 000.-. E>^,l«llara»«r IM. 1099,—, Siouotag.a^gabe 27k. 1AO9,—. .. , 4>t« I l-altta» ZV mm dreil, Zelle «. »00,—, auherkall, Sachs«,« M. ZM0.—. Anzergen-Preise. «»'L" ?.^7r°7.«nl Schriftlellimg und LauviI»l<^i1st»IEeS« M»rie«slr»^« 3S/4O. Druck u. Verla» „n M»»Ick » Krlchirdl in Dreid«. Pofilcheck-Nonio ic>SS Dar«»«». Nachdruck nur mii deuUich« 0«,ll«»an,a»» «.Dresdner Nachr.-> zuldlli«. — Unverlangt« Schriftstücke werden nicht ausdewadrl. August ^öfsles ^Iü§e>. Pianos R-vdsiZ (Sa.) Vecksufrloksl: Ofsscien-^., Waisvnlisussli'aKe S. VenIfsI-IksLlss-prsskgs Übergabe öer englischen Antwort an die Alliierten. London -rängt auf rasche Rückantwort. — Organisierte Plünderungen in Breslau. — Kunderte von Verhaftungen. — Mas) nahmen der Reichsbank zur Ausrechterhaltung -es Devifenverkehrs. — Ehrhardt nach Angarn entflohen? DelrSchMche Abänderungen in letzter Stunde. London, LI. Juli. Wie die Blätter melden, sind der Entwurf der Antwort au Deutschland und die Mauteluotc an die Alliierten gestern abend in endgültiger Fori» der fran zösischen, belgischen, italienischen «nd japa nische« Botschaft sowie der amerikanischen Bot schaft zur Information zugcjtcllt worden. Die Dokumente wnrdcn nach Brüssel dnrch einen Sonderkurier wciterbcför- dert. Die „Times" glaubt zu wissen, daß der Entwurf der Antwort bei den Besprechungen zwischen dem Premierminister und Eurzon am Donnerstag beträchtlich abgcändcrt nud verbessert worden sei. In der endgültigen Form habe er gestern die einmütige Zustimmung der Sabinettsoirtgircder erhalten. In dem Mantclmcmorandum werde angedcutet, das, eine baldige Antwort erwünscht sei. sW.T.B.s Bedingter Abbau des passiven Widerstands durch Deutschland? lDssahtmelbung unsrer Berliner S ch r I s t I « > I u n g.i Verli«. 31. Juli. Zu der Meldung über das Eintreffen etudS offiziellen Telegramms betr. den passiven Wider stand erfahren mir. das, der deutsche Botschafter in London am Donnerstag dahin instruiert worden ist, das, die deutsche Regierung, der Bevölkerung des Nuhrgebietes den Abbau des passiven Wtderl»anbeS solange nicht zumuten k>''r"?->, als nicht eine Garantie für alsbaldige Räumung des Gebietes gegeben ist. An hiesiger amtlicher Stelle ist noch keine Nachricht über den Entwurf der britischen Antwortnote eingcganacn. Pariser Kombinationen über einen Besuch des deutschen Geschäftsträgers am Quai d'Orsay. Paris, 21. Juli. Der deutsche Geschäftsträger v. -Harsch sprach am Freitag im Ministerium des Aeusseren vor, wo er eine Unterhaltung mit dem Direktor der politischen Abteilung hatte. Die Pariser Blätter berichten, der Besuch habe im Ministerium Ueberrajchung erregt, weil die deutsche Botschaft bei Beginn der Ruhraktion, Eile zu haben schien, jeden Kontakt mit der französischen Regierung zu vermeiden, Jede Auskunft über den Zweck des Besuches wurde abgelehnt. — Nach dem „Echo National" war in Kreisen des O.imr d'Orsay das Gerücht verbreitet, der deutsche Geschäftsträger habe nntgeteilt, unter welchen Bedingungen Deutschland bereit sei, den Widerstand e t n z u st e l l e n. l!) Andere Blätter, wie der „Petit Parisien", heben durchweg hervor, das, die gestrige Unterhaltung nichts mit der Ruhrattivn zu tun gehabt habe Der Besuch des deutschen Geschäftsträgers im Pariser Außenministerium wird fälschlich als erstmaliger seit dem Nuhrcinbruch bezeichnet und zum Anlas, von Kombinationen benutzt. Demgegenüber ist festzustelten, dass Botschaftsrat v. Hoesch wiederholt und in jedem Falle der Ucberrctchung von deutschen Protestnoten gegen französische Repressalien den Quai d'Orsay auch in der Zwischenzeit ausgesucht hat. Optimismus in französischen und englischen Kreisen. tEigner Draht bericht der „Dresdner Nachrichtc n".> Paris, 21. Juli, Der Londoner Bericyterstaiter des „Petit Parisien" glaubt über den Inhalt des englischen Briefes anFrankrcrch solgcndes Mitteilen zu können: 1. Großbritannien nimmt im Prinzip das Angebot Deutsch tgnds an, eine Sachverständigenkommission zn er nennen, um die Finanzlage Deutschlands kennen zu lernen, alurr ohne Angabe, auf welche Art und Weise diese Kommission ernannt werden soll: 2. werden gewisse Anregungen gegeben zum Zwecke der Ausgabe des passiven Widerstandes im Ruh,gebiet. In dem Briefe fordert die englische Negierung Frankreich aus. sich in de« besetzten Gebieten weniger streu« zu zeigen. Der 8. Punkt bezieht sich auf folgendes: Die englische Ne gicrnng fordert das Kabinett Pviricars auf, mit allen andere» alliierten Mächten zusammen in Verhandlungen über die interalliierten Schulden cinzutrcten. Sie ist der Meinung, daß das Ruhrproblem nicht gelöst werden kann, ohne das, die Frage der interalliierten Schulden geregelt wird. Ter Berichterstatter erklärt, dast die Note in ausscrordcrrt- lich freundschaftlichem Tone gegenüber Frankreich gehalten ist, und inan sei der Ansicht, das; der Optimismus, der augenblick lich in den französischen und englische» Kreisen herrsche, durch aus berechtigt sei. Weiterhin erklärt der Berichterstatter, das, der Reise des französischen Botschafters St. Anlaire große Be deutung beizninesscn sei. Schwere Lebensmittelunruhen in Breslau. Die Stadt unter verschärftem Ausnahme zustand. Breslau, SO. Juli. Der Oberpräsidcnt der Provinz Niedcrschlcsicn hat über den Stadt- und Landkreis Brcölau de« verschärften Ausnahmezustand verhängt, wonach alle Versammlungen ufw. unter freiem Himmel bis «ms weiteres untersagt sind, während Versammlungen in ge schlossenen Räumen LI Stunden znvor angemcldet werde« müssen. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis und mit Geldstrafe bis 1» Millionen Mark belegt. Kerner hat der Polizeipräsident von RrcSla» eine Bekanntmachung erlassen, nach der die Polizei angewiesen wird, mit allen Mitteln gegen Ansschrcitnngcn vorzugehen. Hunderte von Ver haftungen sind bereits vorgenommen worden. Mehrere Plünderer sind ums Leben gekommen. Die Bevölkerung wird ermahnt, sich nicht nnnötigcrwcisc ans der Strasse auszuhaltcn. Ansammlungen sind verboten. Der Ausschank von Brannt wein usw. in Schankwirtschastcn ist bis aus weiteres untersagt. Der Allgemeine Gcwerkschastsbnnd trat sich erboten, die Schnpo bei der Anfrcchterhaltung der Ruhe und Ordnung zu unter stützen. kW. T B.) Breslau, 20. Juli. Die T e u e r u n g s n n r u h c rr setzten gegen Abend von neuem ein. In einigen Gaststätten. Kaffees und Konditoreien wurden die Fensterscheiben zer trümmert und die Läden vollständig auSgcplüiidcrt. Um OtL Uhr abends waren die Unruhen noch nicht vorüber. lWTB.) 60 Breslauer Geschäfte geplündert. Breslau, 21. Juli. In der Nacht zum Sonnabend kam es weiter zu Plünderungen »nd Umzügen. Der Polizei gelang :S heute, zahlreiche Verhaftungen vorzunchmcn. Mehrere hundert Personen wnrdcn in das Polizeigcsängnis oder auf die Wachen abgcsiihrt. Auch von der Schnsswassc musste noch häufig Gebrauch gemacht werden, wobei zahlreiche Personen verletzt «nd mehrere getötet wnrdcn. Der Schaden in der Stadt ist nngehener. Im ganzen sind 1V bis «ü grosse Geschäfte den Plünderungen zn m Opfer gefalle«. Zurzeit ltzibcn die Geschäfte in der Stadt grösstenteils geschlossen oder arbeiten hinter herabgclassencn Fensterschutz. lieber Umfang und Verlauf der Unruhen am Freitag wird ans BrcSlau gemeldet: Seit 8 Uhr nachmittags war in Bres lau die staatliche Ordnung aufgelöst. Trupps von PlUiiderern durchzogen die Strasse», zerschlugen die Fensterscheiben nnd räumten die Läden. J„> Innern der Stadt sind sämtliche grossen Kaffees, soweit sie zn ebener Erde liege», gestürmt und demoliert worden. I» den verschiedenen Stadtteilen gingen andere Trupps gegen die Geschäfte vor und stürmten insbesondere die grossen Konfektions- und Schuhhäuscr. Wahl los wnrdcn dann auch in einzelnen Außenbezirken Geschäfte ansgeraubt und bestohlen. Aus dem Tancntzicnplatz. im Herzen der Stadt, wurden die dort gelegenen grossen Gast stätten und das Savonliotel von den Massen ausgesucht nnd verwüstet. Die Zerstörungen sind sehr umfangreich nnd erstrecken sich über ganze Häuserfronten entlang. Obwohl seitens der Behörden für die nächste Zelt mit Krawallen ge rechnet wurde, kam dieser plötzliche Ansbruch doch über raschend. Die Plünderungen begannen zu gleicher Zeit in verschiedenen besonders zentral gelegenen Plätzen nnd ließen deutlich eine Führung durch kleine Stoßtrupps erkennen. Diese Stoßtrupps sind mnimaßlich aus radikalen und u ntcr kommunistischem Einfluss stehenden Plünderern -er streikenden Arbeiterschaft hervorgegaiige». Die Bclümpfung der Unruhen durch die Polsszei gestaltete sich sehr schwierig, da sie offenbar nur über recht schwache Kräfte verfügte. In kleineren Patrouillen auszutreten durste sie nicht wagen und die einzelnen Streifen auf Lastautos erreichten immer nur eine zeitweise Säuberung der Strassen. 6 Tale. 12 bis 15 verwundete. Breslau, 21. Juli. Ein Teil der Geschäfte hat auch heute noch geschlossen. Auch heute wurden eine Reihe von Personen verhaftet. Rack, polizeilichen Feststellungen beträgt die Zahl der Toten K, die der Verwundeten lL bis IS. Ein Teil der Verhafteten ist wieder srcigelassen worden. zoovo Mark für ein markenfreies Brot. Berlin, LI. Juli. Infolge der anhaltenden Steigerung der Mehlpreise wird in Berlin von Montag an der Preis für ein markenfreies Brot ans 8» 80» M k. «nd für eine Schrippe aus 18IN» Mk. erhöht werden. Alle übrigen Gebäck arten erfahre« entsprechende Preiserhöhungen. Der Grotzhandelsindex. Berlin. 20. Juli. Die auf den Stichtag des 17. Juli er rechnet« Grosshandelsindexziffer des statistischen RcichSarntcs weist mit 5717» klvl-'t ist gleich 1> eine Erhöhung von 18 Prozent gegenüber der Vorwoche aus. während gleichzeitig der Dollarkurs um 17 Prozent stieg »nd die Dollarparttät in Nerrnork unverändert blieb- Im einzelnen stiegen Lebensmittel um 15 Prozent. Jndnstriestvfsc »m 28 Prozent. Inlandswaren um 18 Prozent. Einfnlirwaren ui» 18 Prozent. Die für den 10. Juli noch fcstznsetzende Erüöhnna der Eiscnpreisc bat hierbei »eine Verücksichtlanna erfahren. Deutschlands manqeln-e Initiative. Es ist geraume Zeit her, da machten eine Reihe Blätter ' im Reiche darauf aufmerksam, dass von Frankreich mit takti- ! schein Geschick und in versteckter Form eine systematische Ver ^ Wässerung des passiven deutschen Widerstandes an der Ruhr ^ in die Wege geleitet worden war. Tie diesbezüglichen sran zösischen Manöver, für die eine Fülle nachweisbarer Beispiele zur Verfügung stehen, hatten etwa folgendes Aussehen: Mar lies; sich in Paris von einer angeblich in guten Beziehungen zu führenden deutschen Kreisen stehenden Persönlichkeit melden, das; i» Deutschland wachsende Neigung bestünde, den passiven Widerstand unter gewissen Voraussetzungen zu mildern und somit dem glühendsten französischen Wunsche nach Beseitigung dieses letzten deutschen Abwehrmittels ei» beträchtliches Stück eiitgcgcnzukvmrnen. Solche Tartaren- gerächte Pariser Blätter wurden nicht selten völlig kommen tarlos von deutschen Zeitungen übernommen nnd sorgten dafür, die öffentliche Meinung in Deutschland, vor allem die politisch weniger gut unterrichteten und weniger interessierte» Kreise zu verwirren. Damit hatten die Pariser Nachrichten macher ihr Ziel vollkommen erreicht,' denn sic wollten und ! sollten im Dienste der wegen des passiven Widerstandes schwer verlegenen Pariser Regierung ja nichts anderes, als im deutschen Volke die verhängnisvolle Frage züchten, ob denn dieser Widerstand wirklich ans die Dauer mit der in Er scheinung getretenen Starrheit sortgcfiihrt werden könne oder müßte, oder ob cs nicht vielmehr praktischer sei, ihn be weglich z» gestalten, d. h. seine Anwendbarkeit je nach der Zivccnnässig'cit von Fgll zn Fall zu prüfen. Ganz in diesen Sinne begannen gewisse Organe der deutscher! Linkspresse, voran die „Frankfurter Zeitung", ihre Lcscrschast zu beein flusse». Als vH cs sich i» der durch unzählige Gewalttaten zwangsläufig nur immer stärker und fester werdenden Ab wehrbereitschaft der Rrihrbepölkcruiig ui» eine bildsame Materie handelte, so thcoretrsicrte dieses Blatt in akademischem Stile über die angeblichen Möglichkeiten der Wandelbarkeit des aus der Seele eines geknechteten und erbitterten Volkes geborenen Verteidignngsrnittels. Mehr halte die raniniert operierende französische Prcss'epropaganda fürs erste nicht er reichen können. Indessen ließ sie sich damit nicht genug sein. Fm geeigneten > Augenblick begann sie von einer arideren Seite her mit der» gleichen Ziele der Zerrnürbnirg der denlschen Abwelrrkrari ib'" versiecktcir Vorstöße gegen die moralischen Griirrdlagcn des passiven Widerstandes. Die englische Presse musste dazu Her- Halten. F» England hat man ausrallend lauge und hänii', rnr berührt von der brüsten offiziellen Pariser Forderung nach Einstellung des deutsche» Widerstandes vor Nufiiahmc irgend welcher Verhandlungen, den Staudpnntr vertreten und an ihm festgehaltc», das; eine Preisgabe der legten deutschen Warfe unmöglich sei. Zn beträchtlichem Teile ist cS die französische Ueberschivemriruiig der Londoner Blätter mit Nachrichten der Art, dass sich tu Deutschland ein den französischen Tendenzen entgegenkommender Stiiiriiiniigsumschivirng vollziehe, gewesen, die darin Mandel geschossen hat. Die englische Presse erörtert in den letzten Tagen mit verwunderlichem Ernst ans fran zösischer O-nellc stammende Gerüchte, die wissen wollen, dass inan in Deutschland bereit sei» würde, bei allmählichem Rück zug der Franzosen die bisher geübte Resistenz anszugeben. Von zwei Seiten also, von Frankreich direkt und von Eng land auf französische Veranlassung, wird Deutschland mit einem Netz von wahrheitömidrigeri Nriterstcllnngen überzogen, dessen Gefährlichkeit für uns bei dem mangelhaft ausgebildetcri kritischen Sinn weiter Kreise in politischen Dingen nicht von der Hand gewiesen werden kann. Das hätte man bei nnS an den entsprechenden Stellen rechtzeitig erkennen und die Gefahr durch eine ununterbrochene Gegenoffensive der Richtigstellun gen und der Betonung des deutschen Standviriiktes von An fang an bekämpfen sollen. Aber wie seinerzeit in der Kri-.'gs- schnldfragc das eisige Schweigen der deutschen Regierungen die zahlreichen private» Anfklürnngsbcmühnngcn im Ausland zu keinem volle» Erfolg kommen ließ und dieser bedenkliche Mangel an offizieller Initiative dem Interesse der deutschen Gesamtpvlittk zurviüerlief, so will cs auch diesmal scheinen, als ob wir nicht mehr weit davon entfernt wären, die reine Form des passiven Widerstandes in unserer eigenen Passivität ver sanden zu sehen, lieber alle die Absichten und Plärre, die das offizielle Deutschland angeblich über die künftige Gestaltung seines Widerstandes haben soll nnd die irns keinen Fall un widersprochen bleiben dürften, weil sic der ursprünglichen all gemein-deutschen Auffassung über seinen Abrvchrkampf grund sätzlich ziiividerlausen, ist eine amtliche Verlautbarung nicht erfolgt. Da jeder ehrliche Anhänger der Regierung Enno sich ver antwortungsbewusst von dem verdächtigenden Gedanken frei halten wird, die Regierung bnbc insgeheim ihren Standpunkt