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Dresdner Nachrichten : 26.01.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189001268
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18900126
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18900126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- Unvollständig: S. 21-22 fehlen.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-01
- Tag 1890-01-26
-
Monat
1890-01
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 26.01.1890
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Slir «nlüil mun lrtaaiae »umahme, d« >,e» w,ri> mck» aeaedep. »ut-i rliae «»Iu»di,una»austrLae «eaeut rvtlb«»avlüi,a duni, Brieiman»' ober PoiieiiuMuna. ickaal'e em^Iaudicr Schrtkt- <tk keine «nhlndlickkeit. 1 >»>>»«» ,,ch»ie» iäinmUtchtl le PcrnnlicluiiMillen an. «rrchllllle Nr. u. 35. Jahrgang. Aufl. 48,500 Stück. r» «okortixsr krtconnuna ürlaclior Oolä- unck tzilbor- . müaron ste. 8tllelc 2 M. Clivia ru d-rdou doi o» n» «R: siodl», D^6»«I8H» Sr, »Nass <» krvirlikten gratis null lrimc«. Dresden, 1890. vrosämr, 12. MIIi. KSdM, MVcktr. 6. Killt »om xrvsntss I-sxor ckor doston lliikom-, UrrS«-. NisM-1. killarkl-MIi« io nur eckten krrrdsa anxolsssontliekst empsoklsa. I Vetfarb.r, t„ tzk«b»» Nir non.t- »nL v»o«r»Noil«i»»I»r»i. AquareUfarvo» trvoh^n, H.NiisllvUt uack ln iludsn. L»rl V>«el«a»»nii, » k»°k°», t tlk.I.Nti Uarl.n.tr»««. IO, tm-N-n-ir»»»« 18. Neuetailt Uel»elrli»tr»»»e, «8»<It oHilUr". zx»it88tv Msksn-«.' L Val«i !ö8«» n8»,v L, K LRN«,A> veTvvIIlI part. uncl eiste hhnFa. in vor^ü^I. -Vuurrnbl skr Herren iinü Deinen, Fuk- trkM »nelr ansivkrts rvvrkon proi»i>t visectuirt. '1'iäoplroir 389. Ai ksrä. SorlLvd Mvdk. mit. krobigrst^sn. ch«»kiUirI1«Iiv I>i vti8tt8t«n vvi Iiet. Liv« ülir e«tr rvtii« ^atuirvolnt-. 4 M«r>t»srra«8v 4 11'vr»8pivi;Ii8t6H« 321). Mt' <>nisa»s' Ablehnung deS SozialistengefttzeS, Relchstagsschluß. Svinachrichtcn, Landtagsnachrichten, Armeevcräirdcrnngen. Gericht-! »bS» Ft'ttgt». Verhandlungen. Tagcsgcschlchte. Ncssouree-Eoncert, Tonlünstlervercin. Conccrt Grnber. Sonntag, 28. Januar. LcraniwvrilNder NetaNenr kür PvOOsthtO v». »mit rn,rev u> »rr»de». Die letzte NcichSIagSsitzung! Und in sie fiel die Entscheidung über die wichtigste Borlage, die dem Reichstage unterbreitet worden war! Sie beendete die Ungewißheit, unter welcher der Reichstag und die Allgemeinheit bis zulebt gestanden. Fürst Bismarck erschien auch in der lebten ReichStagSsidung nicht. Das Stück Hamlet ging also ohne den Däncnprinzen vor sich. Hütte er im Reichs tage das Wort ergriffen, so Hütte er sich irr der Hauptsache an die Nationalliberalen wenden müssen, um sie zu bewegen, entgegen ihrer bisherigen Abstimmung die AusweisiingSbesugniß wieder in daS Sozialistengcseb aufzunehmcn. DaS tonnte er dieser Parte' nicht zumuthcn. Sonach wurde auch in der 3. Lesung die AnS- weisiingSbcftlgnIß gestrichen. Hätte die Negierung erklärt, daß sie daS Sozialistengcseb auch ohne die Ausweisungsvollmacht annehmen winde, so Hütten auch die Konservativen nicht aus dieicr Vollmacht zur Bekämpfung der Sozialdemokratie bestanden. Eine solche Er klärung unterblieb aber. Infolgedessen kam eS zu einer überraschen den Abstimmung: daS Sozialistengesetz wurde mit 169 gegen 98 Stimmen abgclehnt. Die Extreme berührten sich auch hier. Ge meinsam stimmte die äußerste Rechte und die äußerste Linke gegen das G-setz, natürlich aus den entgegengesetzten Gründen: Die Sozialdemokraten und die Freisinnigen, weil sie überhaupt gar kein Sozialistengesetz wollen, sowie daS Eentrum. weil ihm Dasjenige, was beschlossen worden war. zu weit ging — hinwiederum die Konservativen, well ihnen daS Gesetz nicht scharf genug war. Die Blätter der Strengkonscrvativen hatten die Ablehnung deS .ver stümmelten" Gesetzes empsohlen. Ein Sozialistengesetz ohne die Vollmacht der Ausweisung werde nicht viel nutzen. In der Min dcrhcit blieben gegen die vereinigten Gegner von links und rechts d e gemäßigten Mittelparielen, also die Nationalliberalen und die NoichSparlel. Sie glaubten, daß das Geietz auch mit den Ab- schwüchungen, die die Regierung selbst beantragt und denen der Reichstag noch den Wegfall der Ausweisung hinzugesügt hatte, noch genug wirksame Handhaben zur Bekämpfung der gcmcingesähr< lichcn Brstrebungen von Sozialdemokraten und Anarchisten bietet Aber sie drangen mit dieser Ansicht nicht durch, und die Folge war die Verwerfung des Gesetzes. WaS nun? Tie Vorlage des BundcsrathS, welche daS jetzige Sozialistengesetz Mildem wollte, ist gefallen: daher bleibt das alte zunächst noch in Kraft. ES läuft am 30. September d. I. ab. Bis dahin kann der VnudeSrcith ein neues Sozialistengesetz auS- arbcilen. Sein Inhalt wird von dem AnSialle der Reichstags- wählen beeinflußt sein. Die Thronrede, mit welcher Kaiser Wil helm um 6 Ubr den Reichstag schloß, enthielt sich jeder Andeutung über die nächste Entwickelung und die Absichten der Regierung. Die vorletzte NelchStagSsitzung hatte mit den noch unerledigten Arbeiten aufgeräumt. Der Haushalt des Reichstags wurde in dritter Lesung genehmigt. Hierfür stimmte das ganze HauS, ein, schließlich der Teutschircisinnigen. jedoch ausschließlich der Sozial demokraten. Letzteres bedeutet die Steuerverweigernng. Das würde u. A. dazu führen, daß kein Beamter deS Reichs, und wäre rS der bedürftigste Postillon, im nächsten Jahre einen Pfennig Gehalt bekäme. Sodann sprach sich der Reichstag nochmals für den Arbeiterschntz anS. Mit voller Einstimmig- und WaS »och mehr sogen will, Einmüthrgkrit forderte die Volksvertretung, der BundeSrath solle dem nächsten Reichstag eine Abänderung der Gewerbeordnung vorlegen, welche die bestehende Arbeiter- schutzgesedaebung weiter und wirksamer in Ansehung der Sonn tags-, der Franc»- und der Kinderarbeit ausvildrt. Tie Sozial demokraten cnthleltcn sich dabei, außerdem noch die Einführung eines Normal-Arbeitstages zu fordern. Angesichts der außerhalb deS Reichstags von ihnen in'S Werk gesetzten Agitation für den 8-Stnnden.Aibeitstag ist jener Verzicht auch nur ans den Versuch, die Volksvertretung dafür zu gewinnen, auffällig. Doch hiervon abgesehen: wird nun die Negierung diesem einhelligen Rufe der Volksvertretung nach Weiteransbildnng des Nrbeitcrschntzcs endlich Folge geben? Nichts erscheint geeigneter, die Macht der Sozial demokratie über die Arbcitermasscn zu brechen, als wenn der Staat durch eine wirksame Schutz-Gesetzgebung die Schonung der Arbeits kraft des Arbeiters sichert, damit seinen ganzen Lebensunterhalt auf eine höhere Stuke bringt und ihm einen reichlicheren Antheil an den LebenSgütcrn gewährleistet. Hunderttauiendcn von gutgesinnten, d. h. von gesetzlichem Sinne erfüllten Arbeitern würde eS dann nicht einfallen, Sozialdemokraten zu sein. Wenn in irgend einem Staate der Welt, so hat im Deutschen Reiche da» Könlglhnm die Macht, in diesem Stücke die Führung in die Hand zu nehmen. Sein sozialer Berns weist das deutsche Königthum darauf bin, zeit gemäße Reformen wirkungSkrästig herbeizuführen. Und Kaiser Wilhelm, der sich mit Stolz »einen Sohn seiner Zeit" nannte, bat sich zu diesem sozialen Berufe des Königthumö durch Wort und Thal bekannt: Seinem edlen Willen, seiner klugen Einsicht, wie seinem starken Anne darf da» Volk freudig vertrauen! Nachdem die rheinisch-westfälischen Grubenbesitzer die neuer lichen Forderungen eines TheilS ihrer Bergleute abgelehnt haben, ist jetzt die Reihe an letzteren, sich zu entscheiden. Die Gruben besitzer erkennen selbst an. daß bei andauernden und steigenden Erträgen de» Kohlenbergbaues sich auch die Löhne allmählich weiter erhöhen müssen, wrnn sie schon, und zwar in Uebcrein- stimmung nilt der öffentlichen Meinung, eine sofortige Erhöhung um SO Proz. für unausführbar erklären. ES kommt nun Alles daranf an, daß die Werkbesitzer ihre Bergleute durch Thatsachen auch von lbrem outen Willen, die Löhne zu erhöhen, überzeugen. Sie erklären ja selbst, daß in dem Streben, das Wohl der Bergleute zu sördcl», kein Stillstand eintreten darf. Auch in Westfalen zeigt sich hier wieder, daß es an einer geordneten Bertrclung der Berg arbeiter fehlt. Mil frcigewähttcn Ausschüssen der Belegschaften ließen sich alle solche Streitigkeiten in Flieden schlichten. Werden nun die Bergleute die Ablehnung ihrer jetzigen Forderungen sofort mit einem Streik beantworten? Wir glauben, sie woben sich hüten I Im Interesse der Sozialdemokralen liegt es, große Streiks bis zur Beendigung der Rcichstagswahlen zu vcrmodc», und da sie ihre Hand offenbar in der westfälischen Bergarbeilerbcwcgimg haben, so wird auch dort vor der -Hand ein Streik untcrbicibcn. Ausgedehnte Streiks würden die Siimmnng der bürgerlichen Klassen bei den Wahlen sehr stark beeinflusse». Sind erst die Wahlen vorüber, dann werden schon bei Zelten die ja längst für dieses Frühjahr angekündlglen großen Arbeitseinstellungen in'S Werk gc- sctzt werden. Feruschreib- nnd Fernsprech-Bcrichle vom 25 Januar. Berlin. Reichstag. Das Hans ehrt daS Andenken des verstorbenen BorvwSki (Ctr.) durch Erbeben von Ke» Plätze». Dann wird in die 3. Berathnng des Sozialistengesetzes ciiigctreten. Abg. Bebel: Seine Freunde hätten vvrausgcscbcn, datz das Gesetz schließlich zu einem dauernden gemacht werken würde. Darüber, daß die Sozialdemokratie im steten Wachsen bcgiisscn sei, könne man sich nicht täuschen, v. Helldorss habe die soriatdeuwkratische Agitation mit einem Bazillus verglichen, der sich unaufhaltsam vermehre, wo er seinen Nährboden vorfinde. Aber wenn mau dieicn Nährboden bcscitigen wolle, so müsse man die ganze Staats- nnd Gesellschaftsordnung nmgestaltc». Tic Sozialdemotratie gleiche der Lcrnäiicticn Schlange. schlage man ihr eine» Kops ab, io entstünden neue Köpfe; werfe man einen Agitator in'ü Gcsänqnitz. sv crwüchicn zehn neue. Was an dem Sozialistengesetz auch geändert werde, seiner Statur nach bleibe es dasselbe. Die Handhadnng des Ge setzes sei in verschiedenen Perioden eine verschiedene cicwcscn: das bcwclle, daß eS jede Willkür znlasse, und so sei im Volke ein Ge stillt der Rcchtsunsicherdelt entstanden. Die Proletarlsirung nehme nichr und mehr zu; dein großkapitalistischen Betrieb gegenüber seien alle Jnnungsdkstccbuiigen ei» Schlag in'S Wasser, die Ge- trodczölle nützten dem Panernstande nicht-, sondern schädigten den selben. Die Arbeiter hätten angesichts der heutigen biirgersictiku Gesellschaft das Siecht, sich international zu verbinden. Würden nicht anslSiidilche Arbeiter herangezogen? Sei das Kapital nicht international? Mode der Handel nicht iulcrnational betrieben? Bebel kritlsirt dann die noch verblciboia-n Bestimmungen des Ge setzes unter Hinweis ans die bi-berige Haudliabuua derselben. Gegen daS Verbot von Beliaininliliigen bestehe ein Beschwerde recht. aber eine Beleuchtung der Begründung des Verbotes lei aus geschlossen, weil dasselbe nicht begründet zu werden brauche. Die Einschränkung des Vereins-echtes habe d-c Gchciiiibüudelci bcr- vorgcrufen. Seit 1882 hätten wir infolge dessen zahlreiche Gc- liciinlmiidsvrozessc, die 1888 ans 168 stiegen. Der Elbencldci Monstreprozeß sei ans die nichtigsten GruuS.agcn hin angestrengt worden: das Spitzelwcscn habe dabei eine große Nolle gespielt. Es scheine stir die nächste Wahl die Wahlparole sein zu sollen, daß Sozialdemokratie und Anarchismus eins seien. Beide gingen weil auseinander und wenn der Anarchismus in Deutschland keine Aus breitung gewonnen, so sei das der Sozialdemokratie zu danken. Daß der Anarchismus in Tcntschlaud übcchanvt Fuß gefaßt, sei das Verdienst der König!, prcuß. Polizei, welche die Anaichisten züchtete und in ihre Dienste nahm. Ter AuswciiunaSvaragraph habe am meisten zur Ausbreitung der Sozialdemokratie vcigctragen. Die Ausgewielenen seien als die begeistertsten Lehrer der Sozialdemo kratie ausgetreten und überall alsMiNlvrcr begrüßt worden. Die „auf regenden Debatten, die man dadurch vermeiden wolle, daß man das Gesetz zu einem dauernden mache, würden wiederkehrcir. denn seine Partei werde in jeder Session die Aushebung des Gesetzes bcaniragc». Prenß. Minister des Innern Hcnsurtd: Tic Behauptung, daß das Sozialistengesetz erst die Gehciiiibüudelci und die preußische Polizei den Anarchismus geschaffen habe, iri ebeirsnvlcl Werth, als wenn man saarn wolle, der Drcvslah! sei die Folge des Eigcn- tbiinrS. folglich dürre man letzteres nicht schütze». Ten sozialdemo kratischen Bestrebungen werde nichts in den Weg gelegt, insoweit sie nicht den öffentlichen Frieden stören. Dem Elberfelder Prozeß habe Bebel als Angeklagter zu nahe gestanden, nm darüber ob jektiv zu nrtbcilcn. Ein ganz anderes Vlld ergebe der zwi'sclrcn Anklage und Angeklagten liegende Standpunkt des Richters. TaS Urtherl erinnere an den Spruch des wovlwillcirdc» Richters, der bei der Freisprechung eines wegen Diebstahl- Aiigclligtcn diesem sagte: Wir nehmen an. daß Du nicht gestohlen hast, oder — thue cs nicht wieder. Wen» Bebel gejagt, der Sozialdemokratie wüchlcn wie der Lernaischen Schlange statt des abgelianenrn neue Köpfe, so habe das nur io lange gedauert, bis der Hercules gekommen, der auch mit Vieler Schlange festig geworden lei (Sehr gut!) Die sozialdemokratischen Mitglieder des Hauses mögen sich ja aus den geistigen Kamps beschränken wollen, aber daü Parteivlatt „Der Sozialdemokrat", dessen Verbreitung als sozialdemokratischer Sport betrieben werde, culyalte in jeder Nummer Bestrebungen, wie sie 8 1 des Sozialistengesetzes kennzeichnet. Ganz unrichtig sei eS, daß sich die sozialdemokratischen Abgeordneten als Vertreter speziell des Arbeiters annpielcn; alle Mitglieder des Hauses seien auch vvn Arbolcrn gewählt und die übrigen Parteien vereinigten inuh mehr Arbcitcrstimmen aus sich, als die Sozial demokraten. Mit welchen! Rechte wolle die Sozialdemokratie den geistigen Arbeitern de» Ehrentitel „Arbeiter" versagen? Da mit beleidige Bebel die deutsche A'beilerschaft. Die Sozial demokraten seien nicht die Vertreter der Arbeiter, sondern sic vertreten nur die verhetzten und verhetzenden Arbeiter und die unzufriedenen Elemente anS anderen Ständen, höchstens den Theil. der nicht arbeite» will. (Bestall.) Prinz Carolath (RcichsP.) erklärt sich Namens einer Tkrils der Rcichspartei gegen die AuSwetsnngen. Er sei mlt seinen Freunden bereit, die Sozial demokratie zu lrekämplcn, aber er verlange das Recht, über die Wahl der Mittel auch einmal anderer Meinung sein zu dürfen als die Regierung. Die Ausweisungen hätten nur schädlich gewirkt. Gewissen Herren vom BundeSrawe würde er mich diele Befugnis, clnränmcn können, aber könne i»an denn wisse», wer sic schließlich auSzuübcn haben werde? Die Befugnisse, ivclchc der Negierung durch dieses Gesetz gewährt würden, seien größere, als sie irgend eine Negierung besitze, das wolle man berücksichtigen. Man tolle Niemand vaterlandSloS machen. Auch solle man bedenken, daß viele Sozialdemokraten verführte Idealisten seien. Demgegenüber sei e» nicht zu leugnen, daß unsere Zeit mehr und mehr eine Zeit deS Materialismus und StrebcrthumS geworden sei. Redner wünscht eine Aufklärung über das Vorgehen deS Hamburger Senats gegen ein Gedicht, welches eine heldenhaile That eines sozialdemokratischen Arbeiters schildert und wendet sich dann gegen d>e (dem Herzog Ernst zngeschricvcne) Brochiire „Fremde Hände in Deutschland", welche unbegründete Verdächtigungen gegen die Kö nigin von England enthalte. Bestätigt cs sich, daß sich die An guss auch ans eure zwar in England geborene, aber deutsche Fürstin richte, so sei cm Eingrciscn der StaatSanwalischait umsomehr geboten. Senator Tr. Klngman»: Die in Hamburg beschlagnahmte sozia listische Broschüre, von der Prinz Karolath gesprochen havc, sei be schlagnahmt geblieben. Die Ncichskominsision habe die dagegen eingelegte Beschwerde znrückgewicscn. Liebknecht (Svzdem.) dankt dem Minister Hcrrtnrth für die Erklärung, das; die Sozialdemokraten nur Arbeiter vertreten, die nicht arbeiten wollten, also Bummler und bergt. Dies werde die nächste Wahlparole sein. Die Arbeiter, welche als Stimmvieh >nr die Eonservatwen stimmten, seien noch nicht zum SelVitbewnßtson aelvmiiie». Es sei unrichtig, daß die Sozialdemokratie die Unzufriedenheit schüre; sie habe im Gegcn- theil dahin gewirkt, daß die rbclmichen Bergarbeiter vom Streik Abstand nahmen. Herrsnrlh werde nicht im Stande sein, das Gesetz besser zu haiidhabcn als sein Vorgänger. Die Parole: „Gegen die Sozialdemokratie und ihre Begünstiger" verschleiere nur den geistigen Bankerott der Mehrheit. Die Sozialdemokratie gebe offen vor, dagegen verschleiere die Mehrheit ihr Ziel: Brot» dcrthcnciimg, poliiisihe Knechtung. Die anarchistische Theorie sei als Theorie ebenso ungefährlich lote jede andere Theorie. Im Mai ^ Hörle man noch etwas von sozialem Königthnm, in der letzten Thronrede stehe die Negierung wieder ans dem manchester- lichen Standpunkt. Nun mögen Sie thnn, was Sie wollen; bringen L» Sie es dahin, daß der Säbel haut und die Flinte schießt, wir fürchten § »ns nicht vor Ihnen — aber Sie fürchten sich vor uns. Am 20. ^ Februar sprechen wir uns an der Wahlurne, dann später wieder hier I — Avg. Knlemmin (nallib.) begründet die Notbweiidigkeit einer Bekämpfung der Sozialdemokratie. Legte die Sozialdemokratie A ihre letzten Ziele offen dar, so würde sie allen Boden in der Be- L ! nölkerung verlieren, deshalb beschränkt sie sich darauf, auf die Z Leidcnlchafl der großen Massen zu ipcknliren. Darauf beucht vas p? Gcheimniß ihres EcwlgcS. — v. Helldorf (cons.) erklärt, daß seine Partei im gegenwärtigen Stadium der Berathimgcn ihre früheren Anträge mit Rücksicht aus ihre Aussichtslosigkeit nicht wieder ein- bringcn werde. Die einzelnen Paragraphen der Vorlage werden Cd unverändert nach den Beschlüssen der 2. Lesung angenommen. Die Answeisungsbeiugniß bleibt somit gestrichen. Schließlich wird das ^ ganze G cjetz mit M) gegen 98 Stimmen abgelchnt; dagegen stimmen die Drutsch-Conscrvatlven (mit Rücksicht ans die Streichung Z der AuSweisungSbcfugniß), das Centruin, die Freisinnigen, die So- s. ziaidemvkraleii nnd die Polen. Von den NationalUberalen stimmt Sedlmaner gegen das Geietz. Staatssekretär v. Bötticher verliest ^ hieraus die Allerhöchste Botschaft, wonach der Reichstag zu heule Z Abend 6 Uhr nach dein Weißen Saale des Königl. Schlosses ae- Z laden wird, um daiclbft geschlossen zu werden. Präsident v. Lc- — vctzow gicbt sodann die übliche Gcschäftsübcrncht. Graf Moltkc A spricht dein Präsidenten den Dank des Hauses für die unparteiische 2 nnd fördernde Leitung der Geschäfte ans. Ter Präsident bezieht A. in diesem Tanke die Vizepräsidenten und Schriftführer ein und schließt mit dreimaligem Hoch ans den Kaiser dle Sitzung. Berlin. Ter Reichstag ist beute Abend 6 Uhr im Weißen Saale des Königl. Schlosses durch den Kaiser mit folgender Thron rede geschlossen worden : Geehrte Herren ! Sie stehen am Schlüsse der siebente Legislaturperiode des Reichstages. Die vcrflosicnor 3 Jahre bilden in der Entwickelung des Reiches einen Abschnitt von io hervorragender Bedeutung, daß eS mir Herzensbedürfnis; ist, von dieser Stelle anS in Erinnerung zu briirgen. zu welchen Er gebnissen für das Vaterland Ihre und der Verbündeten Regierungen gemeinsame Thätigkelt geführt hat. Durch den Hinttilt meines hochseligen Großv«tcrs nnd VatcrS. der beiden ersten Deutschen Kaiser gesegneten Andenkens, ist da? Reich schwer getroffen worden, aber c,hebend haben fick bei diesem Anlaß die Treue und der starke mvinrrchische Smn des Volkes kundgegcvcn. Vor Ihnen, als den berufenen Vertretern des Volles, sei dafür noch einmal mein kaiser licher Dank ausgesprochen. Wenn die Veränderungen, welche in schneller Folge sich an den Heimgang der Kaiser Wilhelm und Friedrich knüpfte», in Frieden vollzogen haben, io gebührt die An- okcnmmg daiür auch dcm Reichstag, dessen einsichtige Vaterlands liebe bereitwillig mitgcwtrkt hat, um untere Wehrkraft zu stärken und dauernd sicher zu stellen. Ste haben, geehrte Herren, durch Ihre Beschlüsse dazu beigetragen, dem Reiche die Weltstellmig zu gewährleisten, vermöge deren eS zur Erfüllung der Ausgabe befähigt wird, mit dcm ihm ini Naihe der Völker gebührenden Gewichte für die Güter deS Friedens und der Gesittung erfolgreich einzu- trclcn. Auch aus wirtlsschasuichcm Gebiete ist die Gesetzgebung durch Ihre Mitwirkung wesentlich gefördert worden. Insbesondere gecrtcht es mir zur Geiirrglhiuing. daß durch die Erweiterung der den Innungen zirjlehcirdcu Betiigirissc dcm Handwerkorslande d.ie Möglichkeit erleichtert worden ist, seine Widerstandskraft und sciir imrimckasilichc« Gedeihen durch den Znsommcntchlnß zu aemcin- tämer Thätigkeit kräftiger als bisher rrr fördem. Mit blonderer ' »rrg habe ich die fottschroterrdc Lurchssihuuig der in der Befriedigung t. Vottchaft meines seligen Großvaters vom Jahre 1881 airsgelpro- - ... - -^r!w i rctz fti'g chenen Gedanken durch den weiteren Ausbau der Iftssallveriiche- rnirgsgesctzgcbnng und namentlich durch die Veroiivarnng des Jn- validiiüts- nnd AkterSversichormgsgesctzcs begrüßt. Den der Für- solac^vorznarwcilc bgd,listigen Glieder» deS Volles ist dadurch für die Sicherung ihrer Zukunft eine Gewähr geboten, welche für den linieren Frieren des Vaterlandes von guten Folgen begleitet lein wird. Bleibt auch aul diesem Gebiete noch Vieles zn thnn übrig, so bin ich doch überzeugt, daß der Vtritbeii, welchen der Rcichslag an dem bereits Erreichten hat. im Volle nicht vergessen werden wird. Ans dcn gewonnene« Giiindlügen wird sich weiter bauen lassen, um den arbeitenden Ktasscn die Gewißheit zu verschaffe», daß die gesetz gebenden Gewalten snr ihre berechtig»'!! Interessen u-ird Wünsche em warmes Herz haben und daß eine befriedigende Gestaltung ihrer Lage mir ans dem Wege friedlicher und ßrtetzmäßigcr Ordnung zu er reichen ist. Es ist mein druraendec Wunsch und morre .Hoffnung, daß es dem folgenden Reichstag gelingen möge, im Verein mit den verbündeten Regierungen für die ans drocin Felde nolliwendigeii Verbesse rungen wirksame gesetzliche Formen zu schassen. Ich betrachte cs al» meine ernste und erhabene Aufgabe, auf die Erfüllung dieser Hissinrng biiljliwirkcn. Durch die Vlcieitigung der Wittwcn- und Waiscn-Gcldbrilräge ist unter Ihrer Mitwirkung dcn Beamten eine nicht zn unterschätzende Wohlkbat erwiesen worden. Reicht dieselbe auch nicht hin, nm allen berechtigten Wünschen der minder günstig gestellten Beamicnklasscn zu genüge», so haben Sie doch durch Ihr Voirim dcn berbnirdetcn Negierungen die mit Dank zn begrüßende Gewißheit verschafft, daß deren auf eine hinreichende Verbesserung der linieren und mittteren Stellen gerichteten Bestrebungen auf die Zustimmung des Reichstags und damit auf baldige Verwlrk- NN W ff» e W < jt U , W .ZU UW M M kß - ! 'L ß M sWj W
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