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SS. Jahrgang. AL 422 Mittwoch» 13. September 1922 «radlanschrlsti »»chrlchl»» »w^». S«rnl»r«ck»r-vLmmilnummn SS 241 v« Ivr v»thl»el»r«ch»! 20011 /rr-l,,rs,» b«> w,»ch«r Jutragung in Dresden »der durch di« Post monatlich W. 1«.—. ^-bgUgs vNe0UI)r tiinzeinummer st». 5,—, Sonniagsauotade M. 6,—. . .. Die livaliiae N mm breiie Zeile W.M^—,»utzeri>a!d Sachse»» M. 25,—. Familien. AnrpIlll'N-^fpIIl» an,einen, Ameise» unter Steilen, u Wohnunasmarkt, t sxallige An- u. Derküuse U^Uachla^-vorzugsviiihelauilari,. Luewiiri.AuilritgegegenD°rau.di,°HIung. Schriftleilung und Aauplnelchdfisslev« warienstrahe 2S/»0. Druck u. Verlag von A«»1ch » Aeichardl in 4r««d«l. Pastscheck.konlo 10SS Dr«»»«». Nachdruck nur mil deuMcher Quellenanaad» (.Dresdner «achr.'s ,ul»M» — Un»«Iangi, Schriftstücke werden nichl -uldew-chri. «U KönigMele s-i« Vornehmes Restaurant Ik/Isx6löss s dloritrLtravs 18. ! veIeucktrmxskvrper,L1vIctr!scde?1Ltten, Locklvpks, 8ctiütte - L-rurr - LocdpLattea. Käst Du Augenglas er nötig, gehe zu Gebrüder Rvellig, Belgien fordert Zahlung und Goldgarantie. Eine Mitteilung an den deutschen Gesandien. Brüssel. IS. Sept. Wie die Agence Beige mitteilt, Hot der belgische Ministerpräsident Theuuis, der seine in Brüssel anwesenbe» Kollegen über die Lage auf dem lau fende« gehalten hatte, beschlossen, von Deutschland die Be zahlung der am 18. August und 18. September fälligen Zahlungen mit Schatzschcinen zu verlangen, die durch ein Golbdepot sichergestellt werden sollen, das in einer der belgische» Negierung genehmen Bank hinterlegt werden soll. Heute vormittag notifizierte der Minister des Aentzeren Aasvar dem deutschen Geschäftsträger Dr. Lands berg den Beschlub der belgische» Negierung. lW. T. B.) Neue Erklärungen der deutschen Regierung. tTtgner Drahtbericht der „Dresdn. Nachrichten".) Paris, IS. Sept. Wie der „Temps" meldet, sollen die deutschen Delegierte« bischer und Bergmann der Repa- rationskommissiou sür die Sitzung am 18. September neue Erklärungen der deutschen Negierung, die von ihr gesordert sind, abgeben. An der am 18. September stattsindeuben Sitzung soll die Lage geprüft «erden, die ans dem Ergebnis der deutsch-belgische» Verhandlungen ent- Welt!r"ÄkrÜ' berichtet, baß auch die belgischen Dele gierten Delacroix und Bemclmann nach Paris reisen wer ben. Ob sich jedoch die deutsche Hoffnung, dass die deutsch belgischen Verhandlungen gewissermaßen in Paris fort gesetzt werden können, rechtfertigen wird, erscheint nach dem belgischen Schritt recht zweifelhaft. Wichtige Erklärungen -es Kanzlers zu -ea Garanlieverhandlungen. Baris, IS. Sept. Reichskanzler Dr. Wirth erklärte in einem Interview mit dem Vertreter des „Matiu", das, er jetzt seine ganze Hoffnung auf die Reparationskommission setze. Die deutsche Reglern«» hätte in gutem Glauben ver sucht, den Vorschlägen der Rcparatiouskommissio« eine kou- krete Form zu Leben. Die autonome Neichsbank hätte sich in loyaler Weise zur Verfügung gestellt und ihre Be reitwilligkeit zur Zeichnung der Schatz- »echsel erklärt unter der Bedingung, daß die sechs monatige Zahlungssrist verlängert werde. »Gdiese Bedingung sei unerläßlich, weil das ge kannte Kreditinstitut gemäß den Gebräuchen des Handels nicht in der Lage wäre, innerhalb sechs Monaten die Summe von 270 Millionen Goldmark ausznbringen. Die belgischen Delegierten betonen selbst, das, sie das größte Interesse hätten, den Marksturz auszuhaltcn. Wir legen auch Wert auf diese Versicherung, aber man muß un verzüglich handeln, sofern dieser Mißerfolg nicht unheilbar werden soll. Die Berliner Negierung wird diejenigen Ab machungen annchmen, die sie vor dem deutsche» Volke ver antworten kann: sie muß es jedoch ablehnen. Verpflichtungen einzugchen, von denen sic die Uebcrzcngung hat, das, sie diese nicht halten kann, und daß sie uns nicht dem Haupt- zn - . Rcparationsproblems und damit auch der seit langem in Europa und in der ganzen Welt erwarteten Befriedigung. Wenn alles gemäß den im Handel herrschenden Gebräuchen weiter gegangen wäre, so hätte am letzten Sonnabend ein Vertrag abgeschlossen werden können nnd wir hätten dann eine merkliche Aufhellung der wirt schaftlichen und politischen Atmosphäre erlebt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wäre die Mark gestiegen und hätte für Monate ans ihrem Stande bleiben können. Deutschland hätte sür die schwere Winterszeit seine Maßnahmen getroffen und in voller Seelenruhe Vorbe reitungen sür die nächste Konferenz, von der der Friede in Europa abhängt, treffen können. Ich kann nicht glauben, daß die NeparativnSkviiimissivn sich einer Abmachung wie derjenigen wiüersebt hätte, die die belgischen Delegierten für befriedigend gefunden hätten. Die Ncparationskommission besitzt noch alle Möglichkeiten, um bas belgische Bedenken zu zerstreuen, indem sie einer Verlängerung der Zahlungs frist zustimmt. Ties wäre die einfachste Lösung. Aber man darf keine Zeit verlieren, denn jeder Augenblick des Zögerus bringt eine Verschlimmerung der deutschen Finanzlage und eine Verminderung unserer Revarations- sähigkciten. Ach hofse, daß das Scheitern der Verhandlungen keine neue Mark-Krise im Gesolqe haben wird und daß die Lage sich bald a «fh e 5le « wird. Orlenk gegen Aeparallonen! Lloyd George reist nach Genf? iiLigner Drahtbericht der „Dresbn. Nachrichten") Paris, 12. Sept. Wie der Korrespondent der „Eca" aus guter Quelle erfährt, ist in diplomatischen Kreisen ein alli ierter Meinungsaustausch im Gange, bei dem nicht nur über eine Zusawmentnnst zwischen Llond George und Poincarö, sondern über die Tagung des Obersten Rates beraten werbe, die entweder in Gens oder in Venedig stattfinden soll. Aller dings wünscht man in gewissen alliierten Kreisen, daß vor her eine Einigung zwischen England und Frankreich erfolge. Frankreich glaubt, die Lage im Orient zugunsten seiner Auffassung in der NeparationSsragc ansnützen zu können, und wäre bereit, de» englischen Forderungen in der Frage der Meerenge» nachzugcbcn, wenn England sich dem fran zösischen Ständvnnkte der Garantien «»schließen würde. Paris, 12. Sept. Wie „Petit Aonrnal" aus London meldet, wird Lloyd George wahrscheinlich am Sonnabend oder Sonntag in Gens eiutrrssen. An gutuntcrrichtcten Kreisen neigt man dazu, zu glaube«, daß er ans der Hin oder Rückreise in Paris Halt machen und die Oricntsragc Gegenstand einer Unterhaltung mit Poincarü sein werde. — Nach einer anderen Meldung steht es jedoch noch nicht end gültig fest, ob und wann Lloyd George reisen werde. Auch Schanzer reist nach Genf. Paris, 12. Sept. Wie der „TeMps" aus Genf erfährt, rechnet man dort damit, daß der italienische Minister des Aeuheren Schanzer für einige Tage nach Gens kommen werde, nm an den Beratungen der Völkerbnndsvcrsamm- lung tcilznnehmen und mit Lloyd George zusammen- zutrefscn. jW. T. B.) Die Zuspitzung des Streits um Konstantinopel. Ohne ein türkisches Konjlantinopel kein Friede. London. 12. Sept. Der Pariser Vertreter der Negie rung von Angora Kerid-Be» erklärte in einer Unter redung mit dem Berichterstatter des „Daily Expreß": Die einzige Hossunug sür den Frieden im Orient sei, daß die britische Regieruna der bedingungslosen Rückerstattung von Adrianopel an die Türken und der Räumung von Konftautiuopel durch die Alliierten zustimme. Wenn die britische Regierung das dulde, dann könne eine Türke« könnten di« und andere Frage« igländer in Rasra und andere« Städten Mesopotamiens, wo England Anteresscn habe. Die Türken erhöben keine« Anspruch aus Mesopotamien. Wenn die englische Regierung eS ab lehne, den Anspruch der Türkei ans Adrianopel und die türkische Souveränität über Sonftantinopel znzugestehen, bann würde» dl« Türken Mesopotamien über renne« und alles tu«, was in ihrer Macht stehe, um den britische« Ante reffe» entgegenzuarbeiten und di« britische Herrschaft tm Osten ,n verhindern. Die einzige Hoffnung Großbritanniens bernhe nur darauf, baß es sich die Türkei jM« freunde macke. London. 12. Sept. Wie „Daily Erpreß" aus Kanstanttnopel meldet, haben die Türken in der Gegend der Meerengen Kar afft und BalikeSrt besetzt. Die türkische Presse fordert den Krieg, falls die Dardanellen nickt sreigegeben würden, und erklärt, die Türkei werbe den Alliierten mit den Spitzen der Bajonette den Frieden dik tieren. lW.T.B.s Semal-Vascha in Smyrna. Adana, 12. Sept. Mustafa Kemal-Pascha ist <u Smyrna angckommew Gemeinsame Verteidigung -er Alliierten? London, 12. Sept. General Sir F r e d e r ic Maurice drahtet der „Daily News" aus Kvnstanttnvpel, daß zur Her vorhebung der Solidarität der Alliierten sich franzö sische nnd italienische Truppen ans Befehl der alliier ten Generale den britischen Truppen auf der Jsmib- Halbiusel und der asiatischen Küste der Dardanellen an- schließen. Britische Kriegsschiffe sind in Tschanak an der engsten Stelle der Dardanellen eingetroffen: Kemal-Pascha steht demnach einer gemeinsamen Demonstration gegenüber. Dieser Aktion der Generäle -er Verbündeten werde eine baldige Erklärung der alliierten Regierungen folgen. Englands entscheidende» Interesse an der Meereugenfrage. London, 12. Sept. „Daily Chronicle", das Blatt Lloyd Georges, sagt: Jeder Engländer, der in Galltpoli oder Mesopotamien gefallen sei, wäre vergebens gefallen, wenn die Türkei wieder im nahen Osten als erobernde Militär macht auftrcten wollte. Diese ernste Gefahr drohe. Man scheine zu vergessen, daß England sich noch im Kriege mit der Türkei befinde. Der Fricdensoertrag sei niemals ratifiziert worben. Die gesamte Politik der Regierung von Angora sei eine Fortsetzung des letzten Krieges. Könnte» loyale Alliierte beabsichtigen, eine solch« Aktion als eine zwischen Griechenland und der Türkei allein schwebende Frage zu betrachten? ES könne kein Zweifel darüber ob walten, daß Griechenland tatsächlich, ob klug oder unklug, tin Anteresse der Alliierten handelte. Griechenland verdiene Rücksicht von seiten der Alliierten in seinem gegenwärtigen Unglück. Dollar (Hmlliek): 149S Wie wir- es werden? Es gab eine Zeit für Deutschland, die so glücklich war. daß in ihr das Wort geprägt werden konnte, es jci eine Lust zu leben. Und heute? „Wie anders wirkt dies Zeichen aus mich ein!" Es herrscht bei allen, die nicht eine leicht über die Tinge hinslatterndc Schmetterlingsnntur besitzen, all gemeine Unlust zum Leben, die Freudigkeit zum Scharfen fehlt, die nur gedeihen kann bei einigermaßen sicherer Kal- kulativnsmüglichkeit sür die Zukunft. Tie ist aber heute ausgeschlossen, in Politik und Wirtschaft, im öffentlichen wie im privaten Verkehr. Tie nominell hohen Löhne und Ge hälter erwecken keine Befriedigung, weil ihre Kaufkraft im Verhältnis so jämmerlich gering ist und weil niemand weiß, wie lange die Betriebe derartige Belastungen noch ertragen können. Ueberall wird der Stoßseufzer vernehmbar: „Könnten wir doch mit dem früheren geringen Gehalt zu den Fleischtöpfen Aegyptens znrückkchren! Wie froh wären wir dann!" An jeden Strohhalm klammert sich die Hoff nung, daß es doch endlich einmal besser werden müsse, um immer wieder die entmutigende Erfahrung zu machen: „Was sind Hoffnungen, waS sind Entwürfe, die der Mensch. Ver flüchtige Sohn der Stunde, aufbaut auf dem bctrüglichen Grunde!" Und wenn der betrügliche Charakter aller Kon ferenzen und sonstigen vermeintlichen Hilfsmaßnahmen der Entente zur Linderung unserer Not sich bei einer neuen Ge legenheit herausgestellt hat, dann ertönt immer wieder von allen Lippen die Frage: .Mie wird es werden?" Jeder Politiker wird mit dieser Schicksalsfrage bestürmt, ohne eine tröstliche Antwort geben zu können, weil es über mensch liches Vermögen geht, bas Ende aller dieser Wirren, Nöte und Sorgen vorherzusagcn. An ihrem dunklen Drange, die Zukunft zu enträtseln und den Abschluß der Teuerungs periode, den Beginn einer besseren Zeit zn erfahren, wenden sich Scharen von Wißbegierigen sogar an Hellseherinnen und Kartenschlägerinnen und greisen vertrauenden Gemütes die „Prophezeiungen" ans, die im Volksmunde umlaufen. Da durch blühen die Geschäfte des Mystizismus und des Aber glaubens. und das ist auch ein Zeichen der Zeit, das vom kulturellen Standpunkt aus ernstlich zu denken gibt. Dieses fortwährende Hangen und Bangen in schwebender Pein ist ein seelischer Zustand, der bei längerer Dauer die allgemeine Lebenskraft zur Ermattung bringen und einen stumpfen Fatalismus erzeugen muß. dessen einziger Trost in der Ge wißhcit besteht, daß schlimmstenfalls Tcmschland nicht allein tm Abgrund versinken, sondern seine Peiniger mit sich reißen wird. Wie gefährlich eine derartige nationale Geistesver fassung sür die gesamten Energien des Volkes ist. wie lähmend sie auf das Verständnis und die Würdigung grund legender Fragen des össcntlichcn Wohles cinwirkt, zeigt sich drastisch an der im gestrigen Leitartikel der „Dresdner Nach richten" geschilderten Oberflächlichkeit nnd Gleichgültigkeit, mit der leider nur zu weite Kreise dem katastrophalen Zeitungssterben gegenttbcrstehen. Neuerdings blitzte wieder einmal ein Hoffnungs schimmer auf in Gestalt der belgischen Schatzivechsel. Doch auch diese Angelegenheit hat den sattsam bekannten Verlaus genommen. Zuerst scheinbares Entgegenkommen der Entente, dann gerade im Hauptpunkte, bet dem cs sich mn eine wirkliche, praktisch fühlbare Rücksichtnahme auf die deutsche Notlage handelt, plötzlich Stocken der Beratungen nnd schließlich ergebnisloses Anseinandergehen, mit der üb lichen offiziösen Versicherung, daß immer noch eine Vcr- handlungsmöglichkcit offen bleiben und daß noch nicht alle Brücken abgebrochen seien. Tie rauhe Wirklichleit, wie sie sich nach dem Scheitern der deutsch-belgischen Bcrgtungen darstcllt, kommt in den Worten des Reichskanzlers znur Ausdruck: „Was Helsen Deutschland Schatzivechsel auf sechs Monate, die im Februar nächsten Jahres, also wahrscheinlich in der schmierigsten Zeit, die Deutschland zu durchlaufe» hat. fällig werden?" Tie Börse, die nnsangs den belgischen Vermittlungsvorschlag mit einem Steigen des Martknrses begrüßt hatte, hat auch schon wieder die Zuversicht verloren und läßt dem Dollar aufs neue seinen nur auf wenige Tage unterbrochenen Lauf zur Höhe. Die Preise ziehen weiter an und der Bevölkerung bemächtigt sich mehr und mehr das Gefühl, baß das gesamte wirtschaftliche Leben sich auf einer Rutschbahn befindet, auf der cs in ziinchmciidem Eiltempo hinab in die Tiefe geht. Die Maßnahmen, die von seiten deS Reiches und der Einzelrcgierungen zur Bckümpsnna der Teuerung ergriffen worden sind, verdienen gewiß Anerkennung als Beweis des guten Willens, den Karren nicht hemmungslos lause» zn lassen, sondern das Menschenmögliche zu tun, um ihn aus zuhaltcn. Irgendwelche tiefergretsende Wirkung aber darf man sich von solchen Schritten nicht versprechen. Angesichts der ungeheuren Gewalt der Triebkräfte, die das gegen wärtige wirtschaftliche Elend verschulden und die in dem Versailler Vertrage ihren eigentlichen Ursprung habe», be sitzen Einzelmaßnahmen, die das Ucbcl nicht an der Wurzel anpacken, nicht mehr Gewicht, als wenn man bet Bremsen. bruch eines Gefährtes ans steil abfallender Strecke versuchen wollte. Spazierstöcke zwischen die Speichen der Räder zu klemmen, nm die Geschwindigkeit des HtnabsanscnS zn per»