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AreNag. 48. September 1SZ0 »L/sTVVNkr ^LlNylVyieLl Nr. 441 Seile » ' Oeulscke l'r-sss-t'bolu-LsolrsIe Reichspräsident von Hindenburg trifft in Bad ^isstngen ein ?. öi L. ptioto 5Xeichswehrsoldaten während der Ruhepause mit Einwohnerinnen von Königshofen in ihrer alt^ fränkischen Tracht Panzerautos ans der Fahrt zur Front Lrmiecke 0cu>»clir?re»»e-?I>oto-r«nN»Ie Eine Gruppe von ausländischen Offizieren, die den ^Manövern beiwohnen AbWch der Slutenburs Ran-btt „Die Rahmenübuny erreichte ihrenZweck" Lonilordvrlelrt 6or „vrosänor dlaelrrlvdton" Prcssestandquartier Bad Kissingen, 18. Scpt. Der Donnerstag brachte tn den Mittagsstunden pro grammgemäß den Ab sch ln st der dreitägigen Rahmenübung, die sich schliestlich immer mehr zu einem zähen und verbissene» Ringen um die Nordhöhen von Königshofen entwickelte. Blau hatte bcfehlsgemüst seit Mittwochnach- nütlag versucht, die Heransnahmc seiner zweiten Infanterie' divisian durch hinhaltende GesechtStätigkcit zu verschleiern Ihm kam das Gelände zu Hilfe, da R o t beinahe deckungS- loo gegen die überhöhte blaue Verteidigung Vorgehen mnstte. Not trug dieser Schwierigkeit Rechnung, indem cö sich zu einer engeren Angrifssbasis konzentrierte und teil weise unter dem Schuhe künstlicher Berncbelung verging. Diese Zusammenztchung erforderte von den roten Iiisamcriste» erhebliche Marschleistungen. Aber sie wurden geschasst: denn es ging vorwärts, und das Ende nahte. Wäh rend ans dem westlichen Flügel Volltruppc gegen Volltruppe stand und das rote Vorgehen tn seiner vielfache» Gliederung und Zerteilung ei» spannendes, krtegsgcrcchtes Bild bot, stand auf dem östlichen Flügel Not gegen eine blaue N a h m c n t r u p p c, die sich nur durch buntfarbige Ilaggcn in Ihren einzelnen Formationen kennzcichnete. Wo keine Maschinengewehre knattern, wo das Anfblthcn des Mniidiingöfeilers fehlt, wo kaum Bewegung bemerkbar ist, drängt der Angreifer vor, weil er die angcdcutcte Flaggen- gesahr in ihrer Wirksamkeit erst zu spät erkennen kann. Als um 5L12 Uhr von der Höhe des Krcuzberges bet E r o st - E i b st a d t drei Stabstrompcter auf Befehl der Uebungsleitung: „Das Ganze halt!" hinausschmettcrten, war auch an diesem lchtcn Tag keine end gültige Entscheidung gefallen. Blau und Rot hätten im Ernstfälle noch weiter um den Endersolg ringen müssen. Aber schon kam das weitere Signal zum Einrücken in die Quartiere. Frennd und Feind erhoben sich, tauchten hinter Hecken und Gesträuch aus und belebten im Sammeln das Ge lände. Man war nicht böse, dast der Krieg für dieses Mal ein Ende hatte und Feldküchenruhe und Biwak winkten. Droben aber aus dem Sreuzberg flatterte die Standarte des Reichspräsidenten, -er schwarze Adler auf rotgoldenem Grunde im Winde. Schon seit geraumer Zelt stand dort -er oberste Heerführer mit seinem Stabe. Fest und kernig tn der Marschallsunifvrm, oft für lauge Minuten fast unbeweglich, wie zu Stein geworden, da« Fernglas vor dem Auge, daun wieder eifrig sich »nter- haltend mit dem Ehcf der Heeresleitung oder dem alten bäu rischen General Hemmcl. Achtungsvoll schweigend säumten Mcnschenmassen im wetten Umkreis diesen wahrhaften Fcld- hcrrnhügel tn der Herbstsonne, die diese letzten Manövertage vergoldete. Ein Bild aus längst vergangenen großen Zeiten . . . Als aber die Schlacht geschlagen war, kam der Angriff der Photographen, kniend, die Beine verrenkend, visierend und knipsend. Auch ihnen hielt der alte Herr mit unerschütterlicher Ruhe stand. Dann kommen Freunde und Bekannte, die der Feldmarschall begrüßt, u. a. seine bayrischen Sommergastgeber in Dietrams zell »nd Prinz Georg von Sachsen-Meiningen. Dem Leiter der thüringischen Landespolizei, Oberstleutnant Rühle von Lilienstern, dankt der Reichspräsident be sonders für seine verantwortungsvolle Arbeit. In einiger Entfernung stehen in einer Gruppe die fremden Attachces und Offiziere. Auch sie, der kleine Japaner, der Engländer und der Sowjet- mann, blicken immer wieder zu unserem Hindenburg. Was mögen sie denken? Schliestlich drückt der Reichspräsident dem Chef der Heeresleitung zum Abschied die Hand. Es ist ein besonders freundlicher und herzlicher Händedruck, der wohl tn erster Linie dem scheidenden Generalobersten gilt. Dann fährt er umjubelt heim. Im Hintergrund aber taucht die Kritik auf. Sie ist eine interne Angelegenheit des Führers mit seinen Unterführern. Sie wird gewiß nicht negativ sein, sondern aufbauend. Zu lernen gab auch die Rahmenübung 1S30 wieder eine Menge. Ihre endgültige Auswertung wird erst die Generalstabsarbeit des Winters bringen. Das eine darf aber heute schon gesagt werden: Die Rahmenübung erreichte ihren Zweck. Sie stellte an die Befehlsentscheidung der Leitenden durch di« mehrfache Aenderung der strategischen Gcsamtlage hohe An- sorderungen, und sie verlangte von Unterführung und Truppen im unbekannten Gelände Tag und Nacht Anpassung und körperliche Leistung. Sie zeigte auch unsere vom Ver sailler Diktat hcrrührende Schwäche im Fehlen derFlieger, der Tanks und der schweren Artillerie. Sic wies aber trotz allem Wege nach vorwärts in den vielversprechen den Anfängen einer auf Motorkraft aufgebauten erhöhten Beweglichkeit und eines Ausbaues unseres Nach richtenwesens. Man soll der Reichswehr nach Möglich keit Bewegungsfreiheit geben. Und man soll sie als eins der ersten dienenden Glieder unseres Volkes und der Staats- gemeinschast achten. Der RMswclirmlmsltt über teil Mklugetanlen LaMMrteiWmig ist libervarteilw! Rad Kissingen, 18. Sept. Nach Beendigung -er Neichs- wehrrahmenübung hielt Rcichswehrmintster Grüner bei einer Abendtafcl eine Ansprache, in der er u. a. ausführte: „Die Möglichkeiten, die wir haben, um Rechenschaft von der Arbeit der Wehrmacht abzulegen, sind gering. Auch in diesem Jahre hat cs nur z« einer „Rahmenübung" gereicht. Schon diese Beschränktheit unserer Verhältnisse hat ein nur zu klares Bild davon gegeben, bis zu welchem Grade die Abrüstung Deutschlands tatsächlich durchgesührt ist. Während unsere westlichen Nachbarn in den letzten Wochen zwei grobe Manöver durchgeführt haben, an denen je etwa 50 000 Mann, also soviel wie die ganze Reichswehr, tcilnahmen, haben Sie bet uns eine einzige Infanterie- und eine Ka- vallericdtvision, haben Sie Tankattrappen und Holzgeschütze, haben Sic kein schweres Geschütz und keinen Flieger gesehen. Diese Gegenüberstellung straft schon alle diejenigen Lügen, die in der deutschen Armee eine Bedrohung für irgendeinen ihrer Nachbarn sehen wollen. Um so unsinniger ist die im Ausland verbreitete Behauptung, Deutschland könne durch die Heranziehung von Reserven binnen kurzem ein großes Heer aufstcllcn. Ebenso lächerlich ist die Annahme, wir könnten mit Hilfe ausländischer Stellen unsere Rüstungen erweitern. Aus das schärfste weise ich alle die Gerüchte zurück, die Reichswehr betreibe «ine besondere Außenpolitik. Diese wird einzig und allein vom Reichskanzler und ReichS- austcnmtntster bestimmt. Die Reichswehr hat sich stet- rück haltlos tn die deutsche Außenpolitik eingefügt. Die deutsch« Wehrmacht ist es nicht, die den Frieden Europas bedroht. größten nister in Genf Nach- Wir sind abgerüstet und fordern mit dem druck» wie es auch der englische Außcnmini getan hat» daß auch die anderen Staaten der von ihnen feierlich übernommenen Verpflichtung zur Abrüstung endlich Nachkommen. Was ist in den letzten Monaten nicht alles über die Reichswehr zusammcngclogen worden, über diktaturlüsterne Generale, politische Unzuverlässigkeit usw. Aber sind nicht diese Angriffe auf die zahlenmäßig kleine Reichswehr eine Be- stätigung und Anerkenntnis der wachsenden Bedeutung der Wehrmacht im Staate? Diese Bedeutung hat die Reichswehr erlangt durch ihre klare politische Linie, die darin besteht, daß sie abseits aller Parteipolittk nur der Idee des Staates dient. Diesen Weg wird die Reichswehr auch tn Zu kunft wcitergehen. Die Arbeit der Wehrmacht in Krieg und Frieden kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie vom ein mütigen Willen und verständnisvoller Mitarbeit des Volkes getragen wirb. Helfen Sie, die Kenntnis unserer Wehrmacht im Volke zu vertiefen! Wirken Sie für die Berufsauf fassung der Reichswehr, abseits aller Parteipolittk nur dem Vaterlande zu dienen bann vertreten Sic den Geist auf opfernder und stiller Arbeit. Wehrhaftigkeit «nd Landesverteidigung dürfen nicht Parteisache sein. Die Wehrmacht ist und will nichts anderes sein als ein zu verlässiges Werkzeug der Rcichsgewalt tn -er Hand des Reichspräsidenten."