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S7. Jahrgang. 11. Eountag, 1Ä. Januar 1N13 ,tnm»It»» 3». ^_»n, durch d>« P-st Dt» d»n Lch«M »»» Dr«»d»u u. U«,«Lun, «m L-V »,rl«r pr- ' Ilten NdendMu»- , erhall«» dt, au». > «eztH»r mtt dr«»d. «ach».") tu st,. - Unaarlmi,»« aaustrtpi« »erd»» utchl aufdeoahrt. Telegramm-Ad resse: Nschrichte« Dre«»««. Fernsprecher: 11 » LOSÜ * 8601. G-gvünSst 185« Druck und Verlag von Liepsch L Reichardt in Dresden. klli^kHn,«limitier . font/ani--c/>oco/a6o l Ldoool»6« j iirlchfel ikü^ ' e/toootsck» I Laono -«> vor» 8.cho ». 0«»»«nh Mp L-i-kon 2. L v.^ l^. ^ A«»et,e»,r«tf. Annahme »oa AnNtn- kioungen dt« » Uhr, L Lonntaa» nur Mari«nstr-He »8 «an l> di» >/,l Uhr. Dt» etnlpaltiz« «drundieU- tra. 8 Silben» 80 Ps„ Aamtltrn Nachrichten ou» Dre»den üb tpl : die »wetlpatltae Zelle ausT»i>»iie7»Pt.,dte rmmkln nary d getertagen die ilpallige (brundeelle Pt., N-mtNen. zweilpaltige Netto me- ulle 1,80 M. — In Nummern nach G»«»- und ^ ' einlp 3« . Nachrichten aü» Dre»< den die Grundeelle 80 Pf. — Nuewttntv LuftrL,e nur vorauidqahlung. — Jede» Beleabtatl lostet >0 Pf. HantztgeschSftSfteller Marienstratze 88/10. /Vusvsi'ksuk äer llestbesttnäe 6« h»g«r» 6er firm» 0. Nitter: LIn»e»Iin«I»«I, Itampl. L1n»ii»vn «k Vikloi'isslr'Lhü« 1V, 1 ktm UlIMlilMllillW KMll klvlllKI' k'ruxsr Slrssse. Hugo Lon Dobermann. luekkaus Isxsr kovdtvjoor ckoutaoksr unck so^Iisolisr Fnrug-, iioson-, Kslvtot- uuci Rlvstsnstolfs in allen moäsrneu Karbon unä ?rim» tzus itiltso V»llKvI»-IL«8ttti»,8t«»üv, »III«r«1tl»vI»v, ttnnt« V»el»v. UInII'«rintlIvI»v kür iiöniblioli ^Letisisotzö Ltaatskorstbeamts in srr>tlcla88>^6n kabrilcatsn. Uerm»nn l'ürtwlwl 8odeSkl8trLL86 19/21 lll'uL.1. Aüv eitrgo ^lesor:. Mutmaßliche Witterung: Auffrischen des Windes, sonst keine Äenderung. Der rnmäntsche Entschluß, i« Bulgarien «iuzumarschiere«. wurde, «ach einer ZeitnngSmelLnng. in Konftantinopel durch diplomatische Depesche« de, v«ti«t. Die Botschafter der Großmächte in Konstan tinopel arbeiteten den Wortlaut der Note aus, die spätestens am DienStag überreicht werden soll. Kurt Hösels Musikdrama „Wieland der Schmied" fand bei seiner gestrigen Uraufführung in Charlottenburg starken Beifall. Der Reichstag überwies gestern die Vorlage über die Abänderung der K o n k u r ren z k l a n s e l einer Kom. Mission. Das preußische Abgeordnetenhaus begann gestern die erste Lesung des Etats. Der preußische Landwirtschaft» minist er wies die Beschwerden gegen die Enteignung der Ritter güter Zlotnik, Tobska und Koldromb zurück. ' Dt« deutschen Viehhändler protestierten in Berlin In einer Versammlung gegen den Borwurf, daß sie an der Fleischteuerung schuld seien. Die Berliner Luftfahrts-BetrtebSgesell- fcha f'k ist in Z a ü l u n g s schwier i g ke I t e n gktaten. Der schweizerische BundeSrat ist bek der deutschen NtichSregierung wegen der auf den neuen Nieüerlassungsvertrag zurückzuflthrenden Schwierigkeiten vorstellig geworden. , Zum Botschafter der Vereinigten Staaten »»Berlin wird voraussichtlich der Großkapitalist Frederic Courtland Pensield ernannt werden. Lar Fiasko der Abrüstung» - und der Schiedsgerichtsbeweguug. Unsere Friedensapostel haben schlechte Zeiten. Europa starrt in Waffen. Auf dem Balkan ist ein Brand cmpor- gelodert, der noch vor kurzem zu einem Weltbrande sich zu entwickeln schien, ein Brand, den zu ersticken die Groß mächte noch jetzt alle Mühe haben. Eine latente Gegner schaft spaltet in vielen Dingen die beiden großen euro päischen Mächtegruppen Selbst die kleinen Mächte, deren Neutralität in völkerrechtlichen Verträgen ausdrücklich ver bürgt Ist. fühlen sich in ihrer Haut nicht sicher und schützen ihr« LandeSgrcnzen durch umfassende Bcrtcidigungsmatz- nahmen Es ist auffallend, daß in einer Zeit, die angeb lich von Friedensideen Lurchtränkt tst. Staaten, wie Holland und Belgien. Norwegen und Dänemark, die an sich in normalen Zeiten nichts von mächtigen Nachbarn zu sürchten hätten, eine Reorganisation ihrer Landesverteidigung in einem Maße vornehmen, das durch die Bedürfnisse ihres SandeS allein schlechterdings nicht gerechtfertigt tst und nur durch außergewöhnliche Gründe erklärt werden kann. Die Weltgeschichte geht eben ihren eigenen Gang. Die Gegen sätzlichkeiten der Völker und die nationalen Verschieden heiten erweis?« sich stärker als alle Humanitären Ideen und völkerrechtlichen Bindemittel. - Als Kaiser Nikolaus II. von Rußland im Jahre 1807 stinen ersten Abrüstungsvorschlag den Mächten unterbreitete und zu diesem Zwecke einen internationale» Äreopag im Haag einbertcf, fand er mit seinem Vorschläge eigentlich nur bei den kleinen und kleinsten Staaten freundliche Gegenliebe. Die groben Mächte bekämpften den Vorschlag fgst durchweg oder machten seine Aus führung von so vielen Bedingungen abhängig, daß das Resultat gleich Null war und die russische Regierung sich gezwungen sah. ihren Vorschlag zurückzuziehen. Keine Macht wollte sich in berechtigtem nationalen Egoismus dazu verstehen, die Abrüstung praktisch zu verwirklichen. So blieb e» bei der platonischen Erörterung dieses unfrucht baren ProbfemS. Der Burenkrteg und der russisch-japa nische Krieg waren das Siegel auf das negative Ergebnis dieser „welterschütterndcn" Aktion. Ein zweiter Ab- rtistnngsvorschlag. der von England auSging, erlebte ein noch größeres Fiasko auf der zweiten Haager Konferenz, die im Jahve lUUS tagte. Damals ivar cs vornehm lich Deutschlands Widerstand, der die Aktion znm Scheitern brachte, und cs bleibt das Verdienst des verstorbenen Freiherr» v. Marschall. unseres damaligen Botschafters in Äonstanttnopel. mtt allem Nachdruck auf die Unmöglichkeit der Ausführung der Abrüstungsidee hin- gewiesen zu haben. Deutschland ist in lenen Tagen von einem Teil der übrigen Großmächte und auch von unserer welt fremden freisinnigen und sozialdemokratischen Presse als der Friedensstörer hingcstellt morden. In Wirklichkeit hat Deutschland damals nur seine eigenen Interessen gewahrt. Unsere Staatsmänner haben wohl erkannt, daß es Eng land damals wie auch später nicht um die Förderung einer uneigennützigen Idee, sondern nur darum zu tun war, Deutschland aus dem Kontinent zu fesseln und seine welt- und machtpolitischc Expansion zu hindern. Der Reichskanz ler v. Bethmann-Hollweg hat in einer groß angelegten Neichstagsrede seineHzert. im Jahre IHN, das ganze Problem sä sdsurävw geführt. Seitdem ist die öffentliche Diskussion dieses Themas einigermaßen zum Stillstand gekommen, und selbst die hitzigsten Friedensapostel wagen in unserer kriegerischen Zeit nicht mehr, das heikle Gebiet zu berühren, aus Furcht, sich vor ihren Zeitgenossen heil los zu blamieren. Das wird die Friedensschwärmer natür lich nicht hindern, alsbald nach Beendigung des Balkan- krieges ihre Litanei wieder anzustimmen, unbclehrt und unbelehrbar durch alle realen Tatsachen und die zwingende Gewalt des SatzcS: „ES kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt". Neuerdings hat nun eine andere Bewegung eingesetzt, die »licht ganz so utigesuüd ist wie die AbrüstnngSbewegnng. aber in vielen -Punkte» doch weit über das Ziel hinans- schießt, die S ch i e d S g e r t ch t S b e w e g « n g. Der Ge danke. völkerrechtliche Streitigkeiten durch ein IMN'imtio»' nalcs Schiedsgericht entscheiden zu lassen, ist an sich nicht neu und ist praktisch schon mehr als einmal verwirklicht worden. Es ist üblich geworden, in-die -Handels- und Lchissahrtsvcrträge der größeren Staaten eine Klausel anf- zunehmen, wonach alle sich aus dem Handelsverhältnis der beteiligten Nationen ergebenden Streitigkeiten der Ab urteilung und Entscheidung des ständigen Schiedsgerichts- Hofes im -Haag oder doch einer gemischten neutralen Kom mission zu unterbreiten sind. Diese Bestimmungen haben sich als durchaus segensreich erwiesen und manchen Kon- fliktSstoff auf dem Wege friedlicher Vereinbarung ans dem Wege geräumt. Je mehr die wirtschaftlichen Be ziehungen zwischen den einzelnen Staaten in unserer Zeit in den Vordergrund treten, desto mehr werden diese Be stimmungen ausgcbaut werden müssen: die eigentlich politischen Berührungspunkte haben dieser Entwick lung gegenüber ihre folgenschwere Bedeutung sicherlich nicht verloren, immerhin sind Konflikte, die sich aus ihnen ergeben könnten, iin Verhältnis zu früheren Zeiten minder zahlreich geworden. In solchen politischen An gelegenheiten, in denen die Unabhängigkeit, Sicherheit. Existenz oder die Ehre eines der be teiligten Staaten auf dem Spiele stehen, kann kein Staat, der etwas auf sich selbst hält und Achtung von anderen Mächten verlangt, sich der Z u f a l l s e n t s ch e i d u n g Zeines internationalen Ehrengerichts unterwerfen und ^inc Majorisierung stillschweigend hinnehmen. Wollten wirklich zwei Mächte eine solche völkerrechtliche Bindung eingehen, in dem Augenblick, wo cs hart auf hart geht, tst dieser Vertrag zerrissen, und keine Macht der Welt kann seine Innehaltung erzwingen. Ter eherne Schritt der Weltereignisse ist über diese und ähnliche Verein barungen noch immer htnweggegangen, und so wird ei auch in Zukunft bleiben. Es ist eine eigenartige Ironie des Schicksals, daß diejenigen Mächte, die am lautesten für den wetteren Ausbau der Schiedsgerichte cintreten, in de» Praxis am meisten dagegen handeln und die Grundsätze und Prinzipien, die sie auf dem Papier vertreten, über Bord werfen, sobald sie selbst Nachteile von ihrer An Wendung befürchten. Den zwingendsten Beweis dafür bietet bas Verhalten der Bereinigten Staaten von Aincrtka in dem englisch-amerikanischen Streit um die Panamakanalgebühre«. Mtt welcher Energie hatte sich nicht Präsident Tgft vor zwei Jahren für das Zustandekommen eine- amerikanisch-englische« und eines amerikanisch - französischen SchicdsgerichtSvertrageS ein- gesetzt, jenen ganz unmöglichen Typ eines neuen Schtedsgcrtchtsvertrages. in dem die beteilig tcn Mächte sich verpflichten wollten, alle zwischen ihnen ent stehenden Streitigkeiten, also auch, soweit sie die Existenz und Ehre des eigenen Landes betreffen, dem internatio nalen Gerichtshof im Haa<r »nr Entscheidung zu über tragen! Und wie kleinlaut war man drüben tn Amerika geworden. alS in Frankreich sowohl Me in England und schließlich auch tm amerikanischen Senat jene gesunde Opposition einsetzte, die tu den neuen Verträgen eine un- l erträgliche und eine für den nationalen Stolz verletzende Bindung erkannte! Im Weißen Hause tn Washington ist cs sehr still geworden, seitdem cs offenkundig war, daß man sich eine diplomatische Niederlage geholt hatte. Die Regie rung der Vereinigten Staaten ivar gezwungen, ihre Auf fassung von der Wirkungskraft des Völkerrechts ein klein wenig zu revidiere», uno der Stimmmigsumschwuiig macht sich jetzt deutlich geltend in der Frage der Panamakanal- Gebühren. Tic Washingtoner Regierung will bekanntlich den Schissen der amerikanischen Küslenschissahrtsgescll- schaften für die Durchfahrt durch den Panamalanal Gc- bührenfrciheit gewähren, mährend die Schisse aller übrigen Nationen, vor allem auch die kanadischen und englischen Schiffe nicht unbeträchtliche Kanalgebührcn zu zahlen haben. Das bedeutet natürlich eine Ungerechtigkeit gegen alle nichtamerikanischen ichisfahrttreibenbcn Nationen. Onkel Sam sicht das wenig an, aber England hat Protest angcmcldct und will die Frage der Gültigkeit der amerikanischen Sonderaktc durch den -Haager Schicds- gcrichtshof prüfen und entscheiden lassen. Man sollte nun meinen, daß Herr Taft, der eifrige Vorkämpfer der Schieds- gerichtsbewcgung, diesen Vorschlag rnit Freuden begrüßte. Aber weit gefehlt! -Herr Taft hat sich sofort beeilt, offiziös erklären zu lassen, daß für ihn nicht das -Haager Schieds gericht in Betracht kommen könne, sondern daß er cs vor ziehe. den Streitfall durch eine englisch-amerika nische S o n d e r k o in m t s s i o n entscheiden zu lassen, -die gleichmäßig aus Engländern und Ainerikancrn zu sammengesetzt sei. Dieses Mißtrauen gegen das Tribunal im -Haag spricht Bände. Mr. Taft hat offenkundig aus gesprochen, im -Haag säßen die Vertreter zu vieler Natio nen, die von dem amerikanischen Standpunkt nichts wisse» wollten. Der Umstand, daß ginz Europa an der Zollfrage interessiert sei, werde auf den Schiedsgcrichtshos einen ge waltigen moralischen Druck ansübcn. Viel gewonnen hätte die amerikanische Negierung mit dieser Modifikation freilich nicht, denn die einzelnen Kommissionsmitgliedcr sind m erster Linie Patrioten und werden vor allem den Standpunkt ihres Staates vertreten. ^b also eine Einigung auf diesem Wege zu erreichen sein wird, ist sehr fraglich. Der -Haager Gerichtshof zählt auch Vertreter solcher Nationen zu seinen Mitgliedern, die kein direktes Interesse an der Streitfrage haben. Wenn -Herr Taft trotzdem Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des -Haager Tribunals in einer solchen rein wirt schaftspolitischen Frage hegt, so konnte die Schiedsgerichtsbeweguug wirklich ein glänzenderes Fiasko nicht erleben. Ser Iruck auf die Türkei. Der Druck, der aus die Türkei seitens der Großmächte ausgcübt werden soll, um die Pforte den Wünschen des Balkanbnndes gefügiger z» machen, sollte scheinbar von Rußland noch verschärft werden. Pariser Blättern wird nämlich mitgctcilt, daß Rußland beabsichtige, die übrigen Großmächte um die Ermächtigung zu einer von russi- schen Kriegsschiffen auszusührcnden Demonstration vorKonstantinovcl an der Schwarzen Mccr- k ü st e a n z u g e h c n. Gleichzeitig sollen die Balkan- verbündeten die Tichataldscha-Linie be drohen. Würden diese beiden Demonstrationen prompt ins Werk acsctzt, so brauchte kein Kanonenschuß zu fallen, »m die Pforte znm svsortigcn Einlenken zu bewegen. Dieses angeblich russische Projekt bat jedoch, wie aus zu verlässiger Quelle versichert wird, keine Aussicht, von der Londoner Botschafter-Reunion gutgcbeißen zu werden. Der „Verl. Lok.-Anz." schreibt dazu: „So weit wir unter richtet sind, ist es nicht nur unwahrscheinlich, daß sich die Londoner Botschafte»v"rsammluna zu diesem angeblichen Vorschlag Rußlands in positivem Sinne geäußert hat, sondern wir möchten auch die Meldung als solche, daß das Petersburger Kabinett sich ernstlich um ein Mandat zu einer Demonstration seiner Schwarzmeer-Flvttc beworben hat, in Zweifel ziehen."- Es ist auch kaum anzuneh- men, daß die übrigen Großmächte, hauptsächlich Deutsch land. sich mit einem solchen Schritt Rußlands einvcr- ?n, x!n erklärt haben würden. Es wird Deutschland ohne hin schon tn einigen deutschen Blättern verdacht, daß cs sich an dem gemeinsamen Vorgehen gegenüber der Türkei beteiligt. Ueber den Inhalt der Rote der GrohmSchte wollen die Londoner „Times" übrigens Einzelheiten er fahren haben, denen zufolge über Bulgarien einige schärfere Worte fallen. Wir geben aus einer diesbezüg lichen Londoner Meldung folacndes wieder: