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Dienstag. 2Z. August 1927 Der Geist -es neuen Lehrplans. vo« Edmund Le »polt, Dresden. Wenn grob« Geschehnisse, die dt» an die Wurzeln des Sein» greisen, ein Volk erschüttert haben, so sucht e» seine geistigen Kräfte durch eine Neugestaltung seines ErztehungS. Wesens lebendig zu machen. So baute Frankreich nach 1871 sein Schulwesen völlig neu auf. So wurde auch die deutsche Schule in den einzelnen Ländern umgestaltet. Sachsens Re. aieruug und Stände verabschiedeten 1878 ein durchaus sort» schrtttlicheS Volksschulgesetz, und 1876 bez. 18^8 erschien der ausgezeichnete Kockelsche Lehrplan, der den Rahmen des neuen Schulgesetzes mit lebendigem Inhalt füllte. In einer ganz ähnlichen Lage ist Sachsen heute. Die Staatöumwülzung brachte auch auf dem Gebiete der Volks, schulbtldung neue Ideen über Nacht zur Herrschaft. Das alte Bolksschulgesetz von 1873 wurde durch das sogenannte Ueber. gangsschulgesetz abgelöst, und nun erst, nach acht Jahren und Im vierten Jahre der Koalitionsregierung, legt die sächsische Regierung einen Lehrplanentwurf vor. der die Grundlage für die künftige Bolksschularbeit bilden, die sechs sächsischen Schul gesetze der Nachkriegszeit, die Schulbestiiniiiungcn der Neichö- verfassung, Reichs- und zahlreiche Landesverordnungen zu sammenfassen, die pädagogische Entwicklung berücksichtigen must und eine Vorschrift sein will, gleich verpflichtend für Lehrer und Schüler und Äehörde. Es ist a»S dem Gesagten verständlich, welch schwieriges Werk ein solcher Lehrplan ist. Er soll die verschiedensten Richtungen in der Erziehungswissenschaft berücksichtigen, er soll die Erfahrungen der letzten Jahre sorgfältig nutzen. Und er soll endlich den Lehrern bei aller Formulierung von Vor schriften jene Freiheit lassen, die dem echten Lehrer in seiner Arbeit unentbehrlich ist. Es soll nicht meine Aufgabe sein, den Lehrplan In seinen allgemeinen und besonderen Vorschriften hier kritisch zu be handeln. Ich möchte blost zeigen, welches die geistigen Ideen sind, die sich in ihm widerspiegeln; aus welchem Geiste er ge boren ist. Dieser Geist zeigt sich in der Stellung des Lehrplans zum Kinde überhaupt, tu seiner Stellung zum Ziele der Er ziehung und des Unterrichts, in seiner Stellung zu Volk, Heimat und Deutschtum, i» seiner Stellung endlich zu Sittlichkeit und Religion. Dabei begreift die Frage nach seiner Stellung znm Kinde überhaupt zugleich die Einstellung zur Lehrerpersönlichkeit und zur Form des Unter richts in sich. Die Stellung des Lehrplans zum Kinde Ist entscheidend für die Beurteilung des ganzen Werkes, beantwortet die Frage, ob hier ein ganz Neues, Großes vor uns liegt, das eine Wendung in der Erziehung bedeutet, oder ob das Werk im ganzen die Bahnen eines besonnenen Fortschrittes geht. Die Kritik von der Linken her beklagt, daß der Lehrplan sich nicht grundsätzlich zur Ncuschule bekennt. Der Abg. Weckcl findet in ihm nur eine schlechte Kopie des Kvckelschcn Lehrplanes von 1876 und 1878. Ich bi» der Meinung, daß dieser Plan in unserer Zeit, da die Pädagogik der Neuerer noch immer nicht solche Ergebnisse vvrweiscn kann, die ein Bekenntnis zu ihrer Lehre rechtfertigt, nur ein Bau auf altem Fundament möglich war. Das eherne Gesetz der Pädagogik: in kürzester Zeit mit den ihrem Zwecke entsprechenden einfachsten Mitteln den denkbar besten Erfolg zu erzielen, war Leitgedanke des Planes, und einen besseren kann es nicht geben, auch wenn dabei die modernsten Theorien zu kurz kommen. Dabei ist die neue Einstellung des Erziehers zum Kinde, die sich seit Jahrzehnten bereits angcbahnt hat, durchweg angenommen. Wenn der Lehrplan wieder gewisse Arbeiten vorschreibt, die in gewissen Zeiträumen zu erledigen sind, so erblicken wir darin nicht eine beschämende Einengung der Lehrerpersönlich keit, sondern die Ziehung von Grenzen, die für die Erziehung Und Schulung notwendig sind. Wie formuliert nun der Verfasser die Aufgabe der Volks schule? Ihr Ziel ist. „die Entwicklung der Kinder durch plan mäßige Hebung der körperlichen und geistigen Kräfte im Sinne sittlicher Lebcnscnifaltung zu fordern und sie zu hingehen der Pflichterfüllung im Dienste der Gemeinschaft zu erziehen." Es ist der Geist der Neichsvcrsassiing und des llcbcrgangs- fchulgesches. der daraus spricht. Die „sittliche Lebensentfal tung" bezeichnet nur die „allgemeine sittliche Grundlage", auf der auch die weltliche Schule ihr Werk tun soll. Und im 8 148 der N. V. wird für alle Schulen „sittliche Bildung" ge fordert. Der andere Begriff, den die Zeit geboren hat. ist der Volksgemeinschaft oder der „Gemeinschaft", der im Lehrplan mehrfach austaucht, ein Begriff, den frühere Lehrpläne nicht enthielten! Ei» Zeichen einer Zeit, die so innerlich zerrissen ist wie keine vor ihr, und die hier einer Sehnsucht Ausdruck gibt. So klingt auch in diesen Lehrplan hinein die innere Not unserer Tage. Und mm: Volks-, Heimat- und Kindt »ml Seit Jahrzehnten geht durch die pädagogische Welt die Forderung, von der Heimat ans die Seele des Kindes zu fassen, heimai- tiimlich im beste» Sinne des Wortes zu unterrichten, alle Natur- und Kulturgüter „in praktischer Verbindung und all täglicher Verwendung im Kreise der Kinder, im Kreise der iximat und des tätigen Volkes" — so saßt cs Tr. Wcinhold im Lehrplan zusammen — zu behandeln. Diesem Geiste -eutscher Heimatlieve öffnet der Lehrplan die Schul«. «Das Gepräge, welches dir Heimat durch den schassenden Menschen erhalten hat. ihre Siedlungen. Flureinteilnug. Ber- kehrswege und -mittel, Sitten. Gebräuche, Male und Zeichen, Ueberlieferuugen, Sagen" führen in eine geschichtliche Be- trachtungsweise ein, sie lassen die Heimatliebe mächtig er wachsen, die das beste Erbgut des Menschen ist. Uir- die Schule muß es pflegen, indem sie auf allen Klassenstusen. in allen Lehr» und Uebungsgebieten immer wieder die Heimat kunde liebevoll behandelt. Das ist ein guter Geist, der hier aus dem Lehrplane spricht, ein Geist, der die Kinder zugleich zu bestem Deutschtum erzieht. Es bedarf keines besonderen Hinweises, daß diese Er ziehung zum Deutschtum vornehmlich in Geschichte und Erd kunde erfolgen muß. Unsere Kinder können gar nicht genug GeschichtWunden haben. Denn unserm Volke fehlt im ganzen jener geschichtliche Sinn, der andern Völkern mit in die Wiege gegeben worden ist. Daß die reine Geschichte durch Staats bürgerkunde ergänzt wird, daß darum die Geschichte in dem letzten Schuljahre mit drei Wvchenstunden bedacht worden ist, ist nur erfreulich. Denn sie soll ja die deutschen Kinder „mit den Hauptstusen der Entwicklung des deutschen Volkes bekannt machen und damit Verständnis für die wichtigsten Erscheinun gen des Volkslebens in der Gegenwart wecken, sie soll vor allein den einzelnen Menschen und die für ihn bedeutungs vollen Lebensgemeinschaften eng verbunden mit dem deutschen Staat und Volke zeigen". Wenn der Lehrplan des weiteren fordert, daß die Schüler auch den Geist und die Notwendig keit schassender Zusammenarbeit und die zerstörende Gcge»- arbeit der Völker kennen lernen, so wird man dagegen nichts einivenden können. Vorsichtig wird die Schule dagegen den Gedanken der Völkerversöhnnng behandeln müssen und ernst, solange die Feindvölkcr so wenig guten Willens sind, dem deutschen Volke zu geben, was ihm gebührt. Eine ausgezeichnete Ergänzung erfährt die Erziehung zum Deutschtum durch eine richtig verstandene Erdkunde. Auch hier muß man den Lehrplan loben. Es erscheint mir be sonders wertvoll, daß die Erdkunde mit den deutschen Kulturgebietcii außerhalb der Reichsgrenzen oder Gebieten, die zum deutschen Lande in enger wirtschaft licher Bczicbung stehen, bekannt machen, daß sie daö Aus land d c n t s ch t u m in seiner wirtschaftlichen und kultu rellen Nedeutnug für die Volksgemeinschaft entsprechend würdigen soll. Hier lag zweifellos eine Versäumnis der Vor kriegsschule vor. Erst die furchtbaren Erfahrungen des Welt krieges haben uns gezeigt, welch kostbares Gut an echt deutschem Bewußtsein und deutscher Kraft wir in den Aus landdeutschen besessen, welch große Kulturmission sie für uns getragen haben. Endlich sei auch des religiösen Gei st es gedacht, der an mehreren Stellen des Lehrplanes deutlich spürbar ist. Man kann sagen, daß der Religion mit besonderer Wärme gedacht ist, obgleich es sich um einen allgemeinen Lehr plan handelt. Als Ziel des ievangelischen) Religionsunter richts bestimmt der Landeslclirplan: „den Schülern die Wahr heit der christlichen Religion in ihrer historischen Begründung, tn der reformatorischc» Auffassung, in ihrer geschichtlichen Entwicklung und Bedeutung auch für die Gegenwart zu geben". Daß dieser Unterricht lebendig und zeitgemäß sein soll, erhellt ans dem Satze: „Aus allen Klassenstusen hat er die Beziehungen evangelisch-christlicher Wahrheiten zum Lebenskreise des Kindes, zu Brauch, Sitte und Recht, zu Literatur, bildender Kunst und Musik aufzudecken und der besonderen Bedeutung deS Beispiels aus Geschichte und Gegenwart in der sittlich-religiösen Erziehung gerecht zu werden." Diesen religiösen Geist zeigt auch die Formulierung der Aufgabe der Lebens!unde für die Schüler, die am Religionsunterricht nicht teilnehmen. Das ist keine bloße Unterrichtung über Religionen als geschichtliche Erscheinun gen: das ist eine religiöse LcbenSkunde. Denn sie soll Bei spiele aus dem „lebendigen Christentum" mit benützen: (!) sie soll die Bedeutung der religiösen Persönlichkeiten für die Förderung der Sittlichkeit besonders beleuchten. Das ist nicht das, was der Sächsische Lehrcrvcrein unter „neutraler" Lebcnskilndc versteht. Der Abgeordnete Weckcl lehnt sie dem zufolge auch ab. Aber für den Freund der christlichen Schule ist dieser Geist des Lehrplanes ein erfreuliches Faktum: cs zeigt, daß auch für die „weltliche" Schule ein Hauch religiöser Anschauung gewünscht wird. So ist es, im ganzen gesehen, ein gesunder Geist, der in dem Lehrplan lebt. Findet er als Träger eine Lehrerschaft, die mit Freuden diesen Gedanken folgt, so wird der neue Lehrplan eine glückliche Aera im sächsischen Vvlksschulwesen einlciten. "Das bitt Du und die Iahresfchau". Innerhalb der Jahress ch anfest Woche vom 1. bis 7. September wird täglich eine besondere Revue „Das bist Du und die Jahresschau", Szenen aus der Revue „Das bist Du", Text und Musik von Friedrich Hollän der, Berlin, aufgcfnhrt. Diese neue Revue hatte bereits in Berlin bei Presse und Publikum größten Erfolg. Die Szenen für die Jahresschau bearbeitete Aenne Schönstedt, die auch die Regie übernommen hat. Die Szenen, die Jahres- schau betreffend, sind von Ernst Gchicketanz komponiert, der ebenfalls als Darsteller mitwirkt. Die musikalische Lei- tung hat Herbert Stock übernommen. Das Dresdner Publi kum wird die Freude haben, Maria Neuktrchen, Berlin, zum erstenmal wieder in Dresden als Gast zu sehen. Auch der bekannte Farblichtmnsiker Alexander Laslo wird inner halb der Revue mit einem musikalischen Scherz Mitwirken. Ebenso haben ihre Mitwirkung zugesagt die Berliner Künst ler Käthe Imme und Franz Kullmann. Die Kostüme stammen von Frau Ilse von Carlomitz, das Bühnenbild von Milo Har dich. Tie Revue wird erstmalig am Don nerstag, dem 1. September, während des Wiener Balles im großen Saal des Ausstellungöpalastes aufgcstthrt. » Blumenkorfo in -er Iahresschau. Bekanntlich veranstaltet die Jahresschau auch in diesem Jahre, und zwar vom 1. bis 7. September, ihre jährlich beim Publikum mit größter Begeisterung ausgenommene JahreS- schaumoche. Innerhalb dieser Woche findet am 3. September, nachmittags 6 Uhr, ein Blumenkorso auf der Herkules-Allee statt innerhalb des Aiissteilungsgeländes. Schon der vorjährige Korso hatte mit seinen 38 Wagen einen ausgezeichneten Erfolg. Für den diesjährigen Korso sind wiederum zehn wertvolle Preise für die prämiierten Wagen gestiftet worden. Nenngelder werden nicht erhoben. Es handelt sich um einen Korso von herrschaftlichen Equipagen und Personenkraftwagen, möglichst von Damen oder Herren der Gesellschaft gefahren und stilgerecht mit frischen Blumen geschmückt. Die Teilnehmer werden gebeten, nähere Be zeichnung des Wagens anzugeben lbei Autos: Fabrik und L.8., bei Equipagen: Einspänner, Zweispänner, Tandem, Vier spänner), Art des Wagens und wer denselben fährt. Als Mcldungsschluß ist Sonnabend, der 27. August, festgelegt. Die Jahresschau ist bereit, für Schmückung des Wagens ans- gezeichnete Blumenfachleute vorznschlngen. Der vorjährige Blnmenkvrso hat bereits bewiesen, daß auch mit bescheidenen Mitteln hervoragend schöner Schmuck zu erzielen ist. Sonderftihrungen in -er Jahresschau. Mittwoch, 5 Uhr, Führung von Dr. Karl Abmann in der Son derschau der Sächsischen Landesbibltothek: „Tos Buch". Teilnahme unentgeltlich. Bestrafte Buttersälschungen. Der frühere Arbeiter, fetzige VutterausschlSger und Butterhändler Max Friedrich Zimmermann, geboren 1894 z» Hausdorf bei Coldib, in Dresden-Trachau wohnhaft, bezieht Butter in Tonnen, formt dann Stückchen, und bringt letztere vor der Dresdner Hauptmarkthalle aus der so genannten Insel zum Verkauf oder beliefert auch Klein- bändler damit. Wegen eines Verstoßes gegen die geltenden Vorschriften tm Jahre 1028 bereits einmal zur Verant wortung gezogen, war Zimmermann Ende Februar d. I. dabet betroffen worden, wie er Butter zum Verkauf gebracht hatte, die zuviel Wasser enthielt. Am 24. Juni verhandelte das Amtsgericht gegen ihn, es wurden 200 Reichsmark Geld strafe ausgeworsen. Zimmcrmann unterwarf sich sofort dem Urteil. Die Staatsanwaltschaft legte dagegen Berufung ein, mit der sich letzt die sechste Fcrienstrafkammer befaßte. Der Angeklagte bestritt, sich bewußt der Vutterfälschung. deS Hinzufügenö von Wasser, schuldig gemacht zu haben. Wenn zuviel Wasser in die Butter geraten iei, dann habe es an der Maschine gelegen, deren -Handhab»»« er anfänglich nicht richtig gekannt hätte. Oberkommissar Hohmann von der Ncvisionsabtcilung des Wohlsahrtspolizciamtes ber Stadt Dresden, und Professor Dr. phil. Neythten. der Direktor des chemischen UntersuchungSamtes, machten eine Reihe An- aaben über die vorgenommenen Kontrollen und das Ergebnis der Untersuchung auf Wassergehalt, die sehr ungünstig für den Angeklagten waren. Es steht danach fest, daß Zimmcrmann stark verwässerte Butter (bis zu 23 Prozent! Wassergehalt) j» den Verkehr gebracht hat. Staatsanwalt Dr. Schien er kennzeichnetc kn scharfen Worten daS Gebühren deS Anqeklagten und betonte, daß qegen die Butter- und Milchverfälschungcn mit aller Strenge cingeschritten werden müsse, wenn im Interesse der All gemeinheit eine abschreckende Wirkung erzielt werden solle. Er forderte die Aufhebung des milden erstinstanzlichen Urteils und beantragte eine zweimonatige Gefängnisstrafe als Sühne. Die Ferienstrafkammer unter Vorsitz des Landgerichtsrats Dr. Geißler hob das Urteil des Vorderrichters auf und erkannte wegen der begangenen Bnttcrsälschnng auf vier Wochen Gefängnis. Weiter wurde noch Sie Publikation des Urteils in den Dresdner Zeitungen verfügt. 0!s psrrsnels vrills e»»i«t» Kugsnuntsreuekung Knsikse »Ilse S>»t»m« i^eiersnt »Iler xrÜSeren Ksssen kitten 8ie Ikre Kssre ev. um TuweiLun^ »n ß Di plom-Optiksr » s k ri ^Wilrckrukksr StrsSs 4L, ^e^enüber cien liammer-l.icchtsp.^ Unterirdische Schlachlenientrer -er Zukunft. Bei den letzten englischen Manövern, bei denen die Auf gäbe gestellt war, die Verteidigung des Jnselreiches gegen Luftangriffe in einem AukunftSkrieg zu organisieren, wurden auch merkwürdige unterirdische Räume verwendet, von denen aus die Generalstäbc die angenommene Zukunftsschlacht leiteten. Harr» Harpcr, der Gelegenheit hatte, die unter irdische» Schlachtcnlenker bei der Arbeit zu sehen, entwirft auf Grund dieser Beobachtungen tn einem Londoner Blatt ein phantastisches Bild von den Formen, in denen sich die Leitung des Zukunftskricges vollziehen dürfte. „Die Verteidigung Britanniens wird dann von einem geheimen und geheimnisvolle» Raum unter der Erdoberfläche erfolgen", schreibt er. „Hier in einer Kammer, die bombensicher, gassicher und spionensicher sein wird, werden die Schlachten lenker mit Hilfe einer wunderbaren Organisation die Flug- zeuge, Scheinwerfer und Kanonen der Strcltkräfte lenken. Ich bin in einer solchen Kammer gewesen, in der die hohen Offiziere vor einer großen Karte saßen, auf -er die Be wegungen der Flugzeuge durch bunte Kreise angezeichnet waren. Rund um uns herrschte die Dunkelheit der Nacht und tiefe Stille, während man a»s der Erdoberfläche über dem Raum wie dunkle, gefährliche Schatten die Flugzeuggeschwader kreisen sehen konnte, bereit, sich auf die Angreifer zu stürzen, wenn sie London überfliegen wollten. Ein wichtiges Mittel dieses Generalstabsraums der Zukunft wird eine große Karte mit einer besonderen elektrischen Anlage sein. Ucberall auf dieser Karte können durch den Druck auf einen Knopf winzige Lampen aufleuchten, die die wechselnden Stellungen der Flug zeuge anzeigen: ebenso kann man die Stellung der Schein werfer und Kanonen verfolgen. Ueber eine solche elektrisch beleuchtete Karte gebeugt werden die Lenker «»serer Strcit- kräfte tn winzigem stHaßstab von Augenblick zu Augenblick die ganze Entwicklung eines Lufiangrifss und seine verschiedenen Stadien verfolge» können. So sind sie in der Lage, ihre Be fehle zu geben, die durch Telephone auf drahtlosem Wege so fort wcltergclcitet werden. Dieses wahre „Gehirn" oder Nervcnzcittrnni der »cnestcii Krlegsführnng bietet ein gerade zu phantastisches Bild. Die Lage dieses unterirdischen Raumes wirb vollkommen geheim gehalten. Niemand wird wissen, wo er sich befindet, außer den wenigen Eingeweihten. An der Oberfläche der Erde wird nicht das geringste Zeichen darauf Hinweisen, daß sich darunter der eigentliche Mittelpunkt der Schlacht befindet, die hoch oben i» bei, Wolke» tobt. Der Raum wird mit Vorräte» ausgerüstet sein, die die Bewohner für lange Zeit mit allem Notwendigen versorgen: hier Hause» die eigentlichen Leiter des Krieges der Zukunft, während töd liche Gase über ihnen eine Saat des Todes ausstreuen und ein Regen von Explosivstoffen die Gebäude in Trümmer legt. Tief unten in den Eingeweiden der Erde melden die Tele phonisten in ruhiger, sachlicher Form die neuesten Wendungen dieser Kämpfe, die hoch oben in den Lüsten vor sich gehen, und andere Männer drücken mit sicherem Finger auf die Knöpfe, auf die die schicksalsvollen Lichter auf der großen Karte auf- flammen oder erlöschen. Offiziere gehen auf und ab, in Er füllung ibrcr genau vorgeschricbencu Pflichten, während an einem erhöhte» Tisch, alles überschauend, was tn dem selt samen Raum geschieht, der Oberbefehlshaber selbst sitzt und seine Entscheidungen trifft, Wenn diese unterirdischen Schlachtcnlenker in Tätigkeit treten, dann wird ein Krieg der Maschinen und Technik rasen, in dem dasjenige Land siegt, das die größte Fülle der modernen Kampfmittel besitzt." Auf Seganlinis Spuren. Von Otto Schabbel. Wer nicht den Mut znm Abenteuer hat, wird ein schlechter Entdecker sein. Es ist ans Reisen nicht anders, als tm Leben überhaupt. Seitensprünge sind auch hier zumeist die solideste Bürgschaft für ei» genußreicheres Vergnügen und einen wahr haftigeren Gewinn. Knechte ihrer Grundsätze kommen ebenso wenig weit in der Kunst des Lebens, wie Reisende, die an ihrer Route, ihrem Fahrplan, ihrem Baedeker kleben, in die absonderlichen Schönheiten von Natur und Menschen einzu- dringcn vermögen. Die an Trägheit des Herzens leiden, die das Gleichmaß ihrer kleinen Gefühle sorgsam und ebenso ängstlich überprüfen, wie die Seiten ihrer Kontobücher aüdie- re», sollten daheim bleiben in ihren engen vier Wänden mit den aussichtslosen Balkons. Sie gehören nicht ln die milde, weite, freip, schöne Welt, wo Gottes Odem reiner bläst. Diesmal lockte mich eine Einsamkeit, die den Hastigen und den Nüchternen der Baedeker-Reisenden, die das Rundreise heft wie eine Fessel am Bein haben, und die ihr Ferien programm von Hotels und RcisebureauS zu beziehen pflegen, gemeinhin verschlossen bleibt. Die setzt die Alpine Car der eidgenössischen Motorposten, die wie hellgelbe Raupen leicht und elegant und sicher die kühnsten Kehren dieser herrlichen Alpenstraßen hinauf, und hinabglciten, zumeist ans ber winbttberrauschten, alpenrosen- ttbcrglühten Paßhöhe des Maloja ans. Das letzte Grand- Hotel, die letzte Möglichkeit zum Afternoontea! Was jetzt »och drin bleibt oder hincinstcigt in die schlanken Saurer- wagc», ist ein besonderer Schlag Menschen. Mit derben Ge nagelten an den Füßen, Etspickel in der Faust, Gipfelsehnsucht im Blick und dazu die Bergbauern des südlichen Tales, mit urwaldartigen, anachronistischen, schwarzen Vollbärten, aus denen ein schwarzer Stumpen qualmt, und mit den klaren, Hellen Blicken selbstsicherer, unbeirrter Menschen. Wir rollen die schneidigen Kehren der Paßstraße hinunter. Ein paar Dörfer mit gesungenen Namen. Cassacia, Stampa. Schwarzbärte steigen ein und ans, Frauen mit farbigen Kopf tüchern, Eispickel klirren zum Marsch hinauf auf die weißen Zacken, die unseren Weg über die Kulissen von Tannenfeier lichkeit und tosenden Fällen hinweg begleiten. Ruinen da und dort von Festen und Kirchen. Wir sind auf einer Brücke Europas. Nord und Süd kämpften hier umeinander, trotzige Bauern- und Adclsgeschlcchter wahrten ihre angestammte Hei materde, um Dinge des Glaubens wurde mit der Seuse t» der Faust gerungen. Wie eine letzte, trotzige Wacht stellt sich der kolossale, vierkantige Turm von Castelmur vor die Tal- enge, reckenhafter Zeuge kühnen Willens. Nun senkt sich das Tal ins Land der Zitronen, der Weine, der farbigeren Schönheit. Ein paar Kilometer weiter stehe» Alpini mit befederten, kecken Hüten, fordern die Pässe unt fragen nach Nauchsachen, die man etwa hinüberschmuggeln wolle. Aber ich biege bei dem romantischen Gemäuer bei Castelmur ab. Heerstraße und Menschen und Antos bleibe« unter mir, mein Weg führt aufwärts, durch den schönste« Wald von Edelkastanien, den die Schweiz wohl besitzt, hinaus in die Einsamkeit. Ans einer grünen Wicscnterrassc, vom Tat aus nicht sichtbar, liegt das Ziel: ein mittelalterliches Berg« nest, cngvermickelte Siedlung geduckter, aus klobigen Fels» blöcken wuchtig geschichteter .Häuschen, die ernst und trotzig und stiernackig hingcstcNt sind, sich gegen Jahrhunderte z« wehren, ihre wuchtige, schwcrmassigc Granheit überragt vo« einem schlanken, weißen Kirchturm, flankiert von zwei Pappeln, die diesem Bilde so etwas wie Böcklin-Stimmung geben, wenn sie feierlich gegen den blauen Himmel stehen. Ein Ort voller Absonderlichkeiten, der nur ein einziges -Hotel hat, dafür aber drei alte Palazzi, die einen plötzlich inmitten des ungefügen Steinhaufens von Dorf überraschen, mittelalterliche Palazzi dem Wcidcnbaum im Wappen, dem Geschlechterzeichen der SaliS, die hier einst hausten. Nnt in einem dieser Palazzi hat sich ein ans gutbünönerische Art schlicht und still geführtes -Hotel einqnarttert. Man ißt zu ebener Erde tn einem mit Urväterhai,srat köstlich bestellten Raum, ber einem Refektorium ähnlich sieht, man wandelt über Vorplätze mit Rüstungen und Hellebarden, mit ver. witterten Gemälden und Porträts derer von Salis, kluger, markanter Köpfe, die als Feldherren, mehr aber noch als Diplomaten in vieler Herren Länder Dienste geleistet haben und es auch heute noch tun (der jetzige Besitzer des Schlosses WA! W '' H v.