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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 03.11.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19261103019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926110301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926110301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-11
- Tag 1926-11-03
-
Monat
1926-11
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 03.11.1926
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Der Antrag des Staatsanwalts im Semeprozeß. ro-esjtrase für Älapprvth und Schatz beantragl. La«h»ber«, 2. Nov. Oberstaatsanwalt Rohrlack bean. tragt« Im Fememordprvzeß gegen Schiburr und Genosse», de» Angeklagte« Artch «lapprvth »ege» ge»ei«schas«liche» Vivrtz«» »«« Lade»« »erurtelle». de» «»geklagte» Gch »l» »ege» Anftistung znm gemeinlchastliche« Mord aleichsall« »»« Lade ,» »er»rteile«. Glaser »ege« Beihilfe ,»« Mard -mr geri«gft«»gli«he« «irafe »«« zwei Jahre» Zuchthaus, Raphael ebeasallS «ege« Beihilfezu sechs Jahre» Zncht. Hans. «witer «ear« Meineid zu sechs Monaten Gesängni» oder «ier Monate» Zuchthaus, «egen Mißhandln«-, Nötig««, «ud Anstiftung dazu »« zwei Jahren GesilnaniS oder IS Monate« Zuchthaus, insgesamt zu sieben Jahren Zuchthaus nnter voller Anrechnung der UntersuchuugShas« »» verurteile«. Gegen Willi Klapproth und Vogel beantragte der Oberstaatsanwalt weaen Betbtlie »nm vollendeten Mord die geringstmögliche Strafe von zwei Jahren, weiter wegen Meineid sechs Monate Gefängnis oder vier Monate Zucht- Haus, insgesamt je eine Strafe von drei Jahren drei Monaten Zuchthaus. Auch diesen beiden Angeklagten soll die Unter- suchungShast in voller Höhe angcrechnct werden. Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte beantragte der Oberstaatsanwalt nicht. Die Angeklagten nahmen den Antrag ruhig auf. Staatsanwalt Schwemann beantragte »ege» Körperverletzung folgende Strafen: Gegen Schiburrwegen fortgesetzter Nötigung und schwerer Körperverletzung eine Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 0 Monaten, gegen den nicht vorbestraften Graetz 4 Monate Gefängnis »nd gegen Iricke wegen fortgesetzter Körperverletzung und Nötigung «Monate Gefängnis, gegen Rehm läßt er die Anklage fallen. Gegen Raphael beantragte er wegen Mißhandlung mittels ge- fährlichen Werkzeuges, wegen fortgesetzter Nötigung und An stiftung in drei Fällen 2 Jahre GefäpgniS, gegen Becker v Monate Gefängnis. Die Plädoyers. In der Nachmlttagösitzung führte Oberstaatsanwalt Rohr lack in seinem Plädoner auS: Bei der rastlosen Tätigkeit des Schulz sei es kein Wunder, dass er draußen bei Führern und Mannschaften als der Letter des ganzen Unternehmen» galt. Um so verwunderlicher sei es. daß er setzt die Verantwortung ablehne. Klapproth, ein Mann, nicht nur von robustem Körper, sondern auch von robustem Wesen, sei «wetfello« der Vertraut« de» Schul, gewesen. Dasselbe gilt vonBüschtng. ES liegt aus der Hand, daß Grvschke, um seinen Peinigern zu entgehen, zugegeben hat, er sei Kommunist. Der OberstaatS- anwalt legt großen Wert auf die Schilderung Becker» und SchrenkS und schildert eingehend die Einzelheiten der Tat. Der Oberstaatsanwalt gibt zu bedenken, daß nach zwei Jahren nicht mehr alle» genau geschildert werden könne. Becker habe in der ganzen Verhandlung einen sehr guten Eindruck gemacht. Wenn seine Angaben znm Teil von Schrenk bestätigt worden seien, so beweise das. daß er auch in den übrigen Punkten die Wahrheit gesagt habe. Zur Ausführung der Tat sei eine Reihe von Personen verwendet worden, die nur von einer Stelle auS in Bewegung gesetzt werden konnte», und e» sei mit Bestimmtheit anzunehmen, daß Schul» diese Stelle war. Bor allem in der Aeußerung. er werde sehen, wie er Gift bekomme, liegt nach An sicht de» Oberstaatsanwalts die Beihilfe zum Mord. Schulz habe nicht nur den Tötungswillen gehabt, sondern hat auch Befehl zur Tötung an Büschtng, Klapproth. oder beide zu sammen gegeben. Dieser Befehl ist auch ausgesührt worben. Raphael hat außerdem bewußt unter seinem Eid falsch geschworen. Daraus plädiert StaatSanwalt Schwemann wegen der K ö r p e r v e l e v u n a e n. Nach einer Panse ergreift zunächst der Verteidiger des Angeklagten Schiburr, Rechtsanwalt Dannhoss, das Wort: Die Angeklagten »nd ihre Kameraden glaubten, sich vor- beretten zu müssen ans den Krieg gegen Polen. Sie sind keine kalten Folterknechte, sondern Idealisten, die das, was sie taten, für notwendig Im Interesse deö Vaterlandes hielten. Eine Schuld kann höchstens auf den übergeordneten Kom mandostellen lasten, die zur Führung des Arbeitskvmmandos vielleicht nicht die richtigen Führer auSgewählt haben. Die Angeklagten standen unter dem Drucke der Gewalt und der Drohung. Deshalb sollte Schiburr freigcsprochen werden. Auch Rechtsanwalt Köhler verlangt sür Graetz in erster Linie Freisprechung, weil er aus Befehl gehandelt habe. Er plädiert aus eine geringere Strafe, als der Staatsanwalt be antragt hat. In gleicher Linie bewegten sich die Ausführungen der Verteidiger der Angeklagten Nchm, Fricke und Becker. Hierauf wurde die Verhandlung auf Mittwoch vormittags S Uhr vertagt. Der vorläufige Finanzausgleich. Die Konferenz -er Finanzminiiter -er Län-er. Berlin, 2. November. DaS RetchSftnanzministerium gibt über die heutige Sitzung der Fiuanzminister der Länder solgende Mitteilung heraus: „Aus Einladung des Reichs- sinanzministerS traten heute die Ländersinanzmtnister im Reichsfinanzministerium zu einer Erörterung der schweben den Fragen des Finanzausgleiches zusammen. ES bestand allgemeine Uebereinstimmung darüber, daß lediglich eine vorläufige Lösung der FinanzauSgletchfragen in Betracht komme. ES wird eine Lösung gesucht werden, die unter Festhalten an den bestehenden Grundlinien deS Finanz ausgleiches den Besonderheiten der finanziellen Lage während der Uebergangszeit durch geeignete Maßnahmen Rechnung trägt. » Zu den Beratungen der Ftnanzminister schreibt, offen- fichtlich vom Reichsfinanzmintster Dr. Reinholb selbst in- spirtert, der „Demokratische Zettungsdienst" folgendes: Die Konferenz der Finanzminister über de« Finanzausgleich hat mit der grnndsatzlichen Anerkennung der Politik deS ReichS- sinanzmintsterinmS geendet, aber auch mit der Anerkenn««,, baß ein« finanzielle Hilfe deS Reiches für die Länder im nächste« Jahre erforderlich sein wird. Die Bedeutung dieses vorläufigen Abschlusses der finanziellen Verhandlungen zwischen Reich und Ländern liegt darin, daß nicht, wie ein zelne Länder ursprünglich beabsichtigten, die Politik des Reichsfinanzmintster» gestört werden wirb, soweit sie das Ziel hat. eine Sinschränk««, deS finanziellen Bedarfs der LS«d«r hervelzuführen. Wenn durch „Absplitterung prozentualer Anteile an einzelnen Reichssteuern die Länder instand gesetzt würden, ihre finanziellen Rechte gegenüber dem Reich zu er- weitern, so hätte eine Garantie für sparsame sinanzielle Wirtschaft nicht gegeben werden können. Nun wird mit den einzelnen Ländern verhandelt und dort von Reichs wegen auSgcholfen werden, wo eS nach den statistischen Ausweisen unbedingt erforderlich ist. Die grunb- sätzliche Verpflichtung des Reiches aber, den Ländern mit geringem Steuerertrag 80 Prozent des durchschnittlichen Einkommensteuerertrages im Reiche zu garantieren, wird fortsallen. ES muß gleichgültig erscheinen, auS welchen Fonds oder Steucrerträgen bas Reich die Mittel nimmt, um den Ländern, soweit erforderlich, Zuschüsse zu zahlen. Diese Mittel werden vielleicht aus der Umsatz- oder Einkommen steuer entnommen werden könne». Ihre Höhe wird in den Verhandlungen zwischen Berlin und den Hauptstädten der Länder festgclcgt werden. Besuch -es bayrischen Minislerpräsi-enlen in Berlin. Berlin, 2. Nov. Wie die T.-U. erfährt, trifft morgen früh der bayrische Ministerpräsident Held in Berlin ein. Einer der Zwecke diese» Besuches ist eine Rücksprache mit dem RetchSftnanzministerium in der Frage der nach Bayern ver- setzten preußischen Finanzbeämten. DaS Reich steht in dieser Frage auf dem Standpunkte, daß schon auS grund sätzlichen Gründen eine derartige Versetzung nicht rückgängig gemacht werden kann, da sonst auch eine Beschäftigung nord deutscher Beamten in anderen süddeutschen Staaten unmög lich wäre. Auf der anderen Seite legen viele Länder größten Wert auf einen im richtigen Rahmen gehaltenen Austausch der Beamten, um den Beamten Gelegenheit zu geben, auch in anderen Bundesländern Erfahrungen zu sammeln. Ueborsall auf Slahlhelm-Leuke. vochnm. 2. Nov. Hier wnrben »ier Stahlhelm- len t e von mit Stöcken bcwassneten Männern überfallen «nd schwer mißhandelt. Einer der Ucbcrfallcnen erhielt einen Stich in de« HalS, ei« anderer einen Stich in den Oberarm. Die Ler1eii»«K der veiserder Belohnung. Hannover, 1. Nov. Von zuständiger Stelle wird uns mit- getetlt: Die RcichSbahndtrektion Hannover und der Regie rungspräsident von Lüneburg haben die für die Ergreifung der Täter de» Eisenbahnvcrbrcchens bet Leiferde ansgcsetzte Belohnung von 28 MV und 2000 Reichsmark je zur Hälfte den beiden Anzeigern Schröder und Windmann ans Schött- mar zugewiefen. Den an der Ergreifung des Täters Be teiligten sind besondere Belohnungen erteilt worden. sntd.i Ge-Schtnisseler zu Ehre« -er -eulscheu Gefallenen iu Frankreich. Pari», 2. Nov. Ans dem Pariser Friedhof« in Jvry fand heute nachmittag unter starker Beteiligung der deutschen Kolonie eine Gedächtnisfeier für die gefallenen dentschen Sol. date« statt. Botschafter v. Hoesch. der ein« Kranzspende an den Gräbern niederlegte. hielt eine tiefempfundene Gedenk rede, in der er das Bekenntnis ablegte, daß die Liebe zu unseren gefallenen Helden und das Dankgeitthl ihnen gegen- Uber alS unvergängliche Güter in unseren Herzen wohnen und niemals daraus vertrieben werden können. Der Bot- schaster berichtete dann über die bisherigen Fortschritte in der Ausschmückung der 800 000 deutschen Grabstätten ans fran zösischer Erbe uns erwähnte auch die entgegenkom- m ende Haltung der französischen amtlichen Stellen. Di« 'ranzösikche Negierung habe erneut das en-ige Ruherecht der deutschen Toten bestätigt, die Bepslanzuna der deutschen Friedhöfe zugesagt und mit dieser Arbeit bereits begonnen. Den Angehörigen sei es nunmehr gestattet, ihre Gräber nach bestimmten Richtlinie», die die Einheitlichkeit deS Friedhofe» sicherstellen, zu schmücken. lW.T Ri Sin Schlasteler-Shrenmal. Berlin, 2. November. Wie aus Lörrach gemeldet wird, i'ond auf dem Lötzbergsellen bet Schönau lSlidbadeni im Bei sein von Großadmiral v. Tirpitz und General v. Gallwitz die Einweihung deö Ehrenmals des Fcldartillerle-Regiments 7V für Albert Leo Schlagetcr statt. Namens der Ossizier- vcrbände sprach General v. Gallwitz, der die Mahnung an das deutsche Volk richtete, in diesen ernsten schweren Zeiten seine historische Pflicht nicht zu vergessen. Nach der Enthiillungs- seier fand noch eine Ehrung am Grabe Schlagetcrs selbst statt. K lne -euttcken Fettungen mehr in Sü-iiroN Franksnrt. 2. Nov. Die „Franks. Zig." meldet auS Bozen: Die Regierung hat die letzten deutschen Zeitungen: „Der LandSmann", „Der Volksbote". „Die Dolomiten", ohne Be gründung verboten. Das Ergebnis -er englischen Gemein-ewahlen London, 2. Nov. Die Gewinne der Arbeiterpartei bet den englischen GemeinderatSwahlen sind nach den letzten Zahlen noch weiter gestiegen. Das Ergebnis ist wie folgt: Arbeiter partei 168 Gewinne, 11 Verluste, Liberale 8 Gewinne, 57 Ver luste, Konservative 10 Gewinne, 80 Verluste, Unabhängige 14 Gewinne, 85 Verluste. Die konservative Abendpresse geht über die Ergebnisse einstweilen mit Stillschweigen hinweg und nur der arbettcrsreundltche liberale „Star" befaßt sich kurz mit dem Wahlergebnis. DaS Blatt sagt u. a.: Wir hoffen, daß die Gewinne der Arbeiterpartei in den Industriestädten Balbwin endlich von seinem Optimismus in der Frage des Bergarbeitcrstreikcs anfwachen lassen werden. Baldwin hat heute die Antwort auf seine Politik er halten. Die Wahlen in Amerika. Nenyork, 2. Nov. Die Wahlbeteiligung ist in allen Stabt- teilen außerordentlich stark. Eine lebhafte Wahlagitation wurde durch das gute Wetter begünstigt. Die Redaktionen, die großen Hotels und viele andere Gaststätten haben Vor- kehrungcn getroffen, »m die Wahlresnltatc durch Lautsprecher «nd Lichtreklame zu verbreiten. Ueber den Ausfall der Wahlen kann wohl gesagt werden, daß die Republikaner die Mehrheit im Senat nicht verlieren werden, jedoch sind Neber- raschiiltgen nicht ausgeschlossen. Die Aochzeilsseierlichkeiren in Stockholm. Stockholm, 2. November. Heute traf das belgische KönigSpaar vormittags im Ertrazug von Göteborg auf dem hiesigen Zentralbahnhof ein, wo eS von König Gustav, dem Brautpaar, Prinzessin Jngeborg, mehreren Ministern und vielen Würdenträgern empfangen wurde. Die Fahrt zmn Schloß wurde in offenen vierspännigen Wagen nnter militäri scher Begleitung zurttckgelegt, in deren erstem die beiden Könige saßen, während im zweiten die Königin von Belgien, Prinzessin Jngeborg. Kronprinz Leopold und Prinzessin Astrid Platz genommen hatten. Aus dem Schloßhofe empfing die Fürstlichkeiten eine Ehrenkompagnie der Grenadier« mit Musik. Urteil im Deleidiguugsprvzetz -es Reichs-««-- präsi-enlen. Hamburg, 2. Nov. Vor dem erweiterten Schöffengericht hatten sich heute der Wirtschaftspolittker Lang aus Magde burg und der Hamburger Student Hanck wegen Beleidigung des RcichSbankprästdenten Dr. Schacht zu verantworten. Die Beleidigung wurde in einem Flugblatt erblickt, in dem dem Retchsbankpräsidenten Interesse an einer ge- ringen Aufwertung vorgeworfen wurde. Das Gericht verurteilte Lang als den Verfasser deS Flugblattes zu zwei Wochen Gefängnis und Hanck als verantwortlichen Redakteur zu 100 M. Geldstrafe eventuell vter Tagen Gefängnis. Robert Franr über Johannes Vrahms. AuS einem unbekannten Briefe. Mitgeteilt von Dr. Erich H. Müller. Im Dezember 1858 weilte BrahmS anläßlich des Kon zerteS von Verlioz mit Liszt, Cornelius »nd Richard Pohl in Leidig. Dort schloß er eine innige, bis zum Tode währende Freundschaft mit dem jungen I. O. Grimm, der dem von Schumann in der „Neuen Zeitschrift für Musik" eingeführtrn jungen Meister in Verehrung zugetan war. Noch regten sich zweifelnd« Stimmen, ob VrahmS wirklich die glühenden Lobcswortc Schumanns verdient habe, aber nachdem Brahms in einem Konzert des GewandhanSauartcttS sein« C-Dur. Sonate und bas Es-Moll-Schcrzo gespielt hatte, erkannte man, daß er auf den von ihm cingeschlagenen „Neuen Bahnen" sicher fortschrciten werde. In den Kreisen der Neudeutschen um Liszt bemühte man sich, BrahmS zu sich hinüberzuziehen. Nach seinem Leipziger Erfolge begab sich BrahmS, der nach Hamburg zurückreisen wollte, gemeinsam mit Grimm, der nach Hannover fuhr, nach Halle, um, wohl auf Schumanns Veranlassung, mit Robert Franz Bekanntschaft zu machen. Franz war durch sein schon zehn Jahre währendes Gehör leiden, das schließlich zu fast völliger Taubheit führte, ver bittert. seine feinfühlige, überstark reagierende Natur neigte schon damals zu Härte und Schroffheit. Hinzu kam, datz er der neubeutschen Richtung innerlich völlig fernstaud. daß er sich vielmehr bestrebte, die klassische Tradition zu hüten. Da trat ihm plötzlich der junge Brausekopf BrahmS gegenüber. Ein Augenblick, in dem sich zwei letzten Endes irgendwie ver wandte Geister lzättcn linden können. Aber sie stießen ein ander ab. Brahms bat sich in seinen Briefen nie über den Eindruck, den er von Franz empfing, geäußert. Robert Franz aber schrieb am 20. Dezember unter dem frischen Eindruck deS Besuches an seinen Leipziger Freund folgende vernichtende Kritik über BrahmS: „Gestern ivar der von Robert Schumann proklamierte Messias, Johannes BrahmS, mit seinem Apostel Grimm bei mir und setzte mich durch den Bortrag einiger seiner Kom positionen über leine Bedeutung einigermaßen an katt. Wir werden alt. denn wir verstehen das junge Bolk nicht mehr. Nachgerade fange ich an. meine Urteilsfähigkeit zu bezweifeln, denn sie läßt mich de» neuesten Erscheinungen gegenüber völlig tm Stich. Sehe ich nun. daß andere Leute, die doch auch ihre Ohren haben müssen, über Dinge in Entzücken geraten, bet denen ich nicht das mindeste fühlen kann, so taucht immer die Frage von neuem in mir auf: Wer ist denn eigentlich ver dummt oder verrückt: ich ober die ander»! Ehrlich gesagt: ich find« tm wesentlichen keinen großen Unterschied zwischen Johannes Brahms und Joachim Raff! Meine Ohren ver nehmen bei beiden nur ein Chaos, in das Ordnung zu bringen ich nicht Gott genug bin! BrahmS spielte mir seine Sonate, die alS Op. 1 bet Härtel erscheinen wirb, vor. Schlagen Die mich mausetot, wenn ich daS Ding kapiert habe! Alles kurze, abgerissene Anläufe oder bandwurmartig ausgedehnte kontrapunktiiche Arbeit! Er hitzungen, von außen durch herbetgeschleppteS Strohfeuer mühsam erzielt und unterhalten, kein Glühen, das aus innen hervorbremtt. An sich bedeutungslose Motive werben durch das wildeste, halSbrechendst«, harmonische und melodische Passagen werk zu förmlichen Ungeheuern phantastisch angeschwellt — Riesen, die, bei Licht besehen, eigentlich Zwerge sind! BrahmS huldigt offenbar dem Prinzip der Urverwandtschaft der Ton arten, di« hauptsächlich durch Meuchelmord an dem guten alten Leitton zuwege gebracht wird: Selbstbeschränkung in modula- tortfchcr Hinsicht ist auch bei ihm ein antiquierter Begriff! In diesen harmonisch-melodischen Deformitäten springen wun derliche Figuren in gar nicht zu berechnender Weise wie Flöhe in einem Äeiberrocke umher. Zuweilen macht ein gesunder Gedanke den schwachen Versuch aufzutauchen — man beginnt wieder Atem zu schöpfen und die Brustbeklemmungen zu ver lieren —, lang« bauert aber das Vergnügen nicht: man wird im nächsten Augenblicke um so wtndettveicher gedroschen. Bon einer klaren und übersichtlichen Architektonik kann nach Obigem kaum die Rede sein — finde sich in diesem Wirrwarr zurecht, wer mag, ich für meinen Teil bekenne mich hiermit laut und vernehmlich dazu für ganz unfähig. Daß übrigens in BrahmS Talent steckt, unterliegt keinem Zweifel — seine Fähigkeiten werben aber den jammervollen Entwicklungen erliegen, denen die Kunst rettungslos entgegeneilt. Nach meiner Neberzeu- gung ist hier keine Hilfe mehr — je größer die Anlagen, um so eklatanter der Verfall." Kunst un- Wissenschaft. s Dresdner Theatersplclpka« fttr heute. Opernhaus: „Aida" l7>. Schauspielhaus: „Platingrubcn in Tulpin" sfL8>. Albcrt-Theater: „Mord" sX8j. Residenz- Theater: „Ich Hab' dich lieb" s>L81. Die Komödie: „Der Garte» Eden" s^8). Central-Theater: „Jugend im Mai" (28). -f Ulbert-Theater. Donnerstag, te» 4. November, „D i e H « u s e r te» Herrn Sartorius« von Bcrnard Shaw mit Lotte Klein, Hann« Fischer, »anl Rainer, Franz Schoenrmon» an» «lbert «tili in den Hauptrollen. Regle: Hann» Fischer. Beginn der Borstellung NS Uhr. s Beranftaltnngen heut« Ns Uhr: Kl. KaufmannschastSfaal, Siteraritcher Verein: NS Uhr: Palmcngarten, Biolinabend Stanck; Künstlerhau«, flvette Gullber«: 8 Uhr: BerelnShauS, Grteg-Abervd: kl. KausinannIchaftSsaal, Rezitation Llmon. s- Sin neuer Dresdner Kranenckor. Kapellmeister Stegmnud Witt lg, der Dirigent de» „Dresdner Orpheus", hat «inen „Neuen Dresdner Frauenchor" begründet, der am 8. Fe bruar 19S7 erstmalig an die Oefsentltchkeit treten wird. DaS Pro gramm umfaßt u. a. Werke von Karl Meler-Frenner, Hans GLl, Erwin Lendvai und Bernhard Sekle». s Sportliche Bildwerke iu der Sammlung antiker Klein» kunst im Albertinum. Ueber dieses Thema sprach in der Archäologischen Abteilung der Gesellschaft für Altertumswissen schaft der Direktor der Skulpturensammlunq Prof. Dr. Schröder. Im Laufe der Zeit hat man bas Altertum von allen Seiten her durchmustert und nach allen Setten hin als Vorbild ausgestellt. Man hat auch immer gewußt, welche große Bedeutung der Gymnastik und Agonistik im antiken Kultur leben zukam. und das modern« Turnwesen hat sich gern auf das Vorbild der Alten berufen. Doch hinkte der Vergleich. Nun ist der modern« Sport aufgcblüht, mit seiner Leicht athletik ein vollkommenes Ebenbild der antiken, bis hin zu den Verfallserscheinungen, bet denen auch der neuzeitliche Sport schon angelangt ist. Man hat also nicht mehr nötig, unfern Sportsleutcn die Griechen als Muster hinziistcllen,- um so besser aber können wir nun die geschichtliche Parallele ziehen und bas antike Material von Schriststellen und Bild werken aus eigener Erfahrung prüfen nnd würdigen. Die Menge dieser künstlerischen Zeugnisse ist unübersehbar. Sie- gerstatnen und Wcihreliefe, Vasenbilder und Vronzestatncttcn — jede Art antiker Kunstiibung hat auch Quellcnmaterlal für die Geschichte des antiken Sports geliefert. Der Vortragende legte seinen Ausführungen zugrunde, was daS Albertinum unter seinen Skulpturen und in seiner Sammlung antiker Kleinkunst davon aufznwetscn hat. und zog nur znr Erläute rung auswcirttge Kunstwerke heran. So ließ sich das wört liche Wesen durchvcrfolgen durch die Uebnngen des Pent athlon, die Kampfarten de VoxenS nnd PankratioiiS, das Wett- fahren und Reiten, und auch auf Jagd und Waffenlibungen w"rde ein Blick geworfen. Wie das Einölen und Maschen d«S Körpers der Kunst Motive geboten hat. wurde an beson ders schönen Beispielen gezeigt. Das agonlstische Wesen wurde erläutert durch die SiegeSpreisc und Stegerstatuen, deren die Skulpturensammlung mehrere in Nachbildungen besitzt. Antike Abbildungen von Palacstra-Hallen mit ihrem Schmuck von Statuen. Hermen und Vasen bildeten den Schluß Ser mit Beifall ausgenommen«« Ausführungen.
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