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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.07.1927
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270729011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927072901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927072901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-07
- Tag 1927-07-29
-
Monat
1927-07
-
Jahr
1927
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.07.1927
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AttUa,. 2S. 3«« 1S27 Dresdner Nachrichten Nr. ZS2 Sette » Das Papier in -er Reklame. Die Sonverausslellung de» Verbandes Deutscher Reklamesachleule aus der Iahresschau ».Das Papier"» Dresden Unter Reklame auf Papier verstehe» wir das Bedecken des Papiere» mit Zeichen, Formen und Farben, die den Be- schauer in einer gewünschten Richtung, meistens zum Kauf, cntschlusse, anzuregen suchen. Reine Kunst sucht wohl auch den Beschauer innerlich zu bewegen, aber sie will ihn nicht in einer bestimmten Richtung und Absicht beeinflussen, man würde sonst von Tendenzkunst sprechen. Aehnltch war es mit zahlreichen Verwendungsarten des Papieres zu Geschäftsdrucksachen, Packungen und dergleichen, bevor sie in den Dienst bewußter Reklame gestellt wurden. Sie hatten früher nur ihren eigentlichen unmittelbaren Zweck zu erfüllen und dursten häufig sogar darüber hinaus nicht „rcklamemäßig" wirken. Wie die neuere Zeit mit ihrem gesteigerten Wirtschasts- kampse möglichst viele verfügbare Krafteinheiten in jeder Bc- triebömaschine „rationell" zu verwerten sucht, so geht der heutige Unternehmer mehr und mehr dazu über, seine Empfeh- lunge» auf allen nur erreichbaren, angemessenen Wegen htnauözusenden. Nichts eignete sich aber seiner ganzen Natur nach zum leicht beflügelten Träger der Handclsangebote so sehr wie das Papier, das mit wenig Kosten und Mühe überall hineilt, und, wo nicht erwünscht, ohne großen Schmerz wieder verschwindet. So hängt die Ausbreitung der Reklame sehr eng mit der Er findung und Verbreitung des Papieres und namentlich mit seiner Erschließung durch die Buchdruckerkunst zusammen, und es ist daher verständlich, daß der Verband Deutscher Reklame- fachlcute durch seine Sonderausstellung auf diese Volkswirt» schaftliche Berknüpsuug nachdrücklich Hinweis». Er hätte sich zur symbolischen Darstellung des Zusammen hanges zwischen Papier und Reklame vielleicht auch einer ähn lichen Form bedienen können, wie es uns etiva das Standbild in der Kuppelhalle der Ausstellung zeigt. Aber das von dem V. D. R. zur Erlangung einer starken symbolischen Werbe idee veranstaltete Preisausschreiben ergab als Entwurf der Münchner Architekten O. Scnger und F. Buek eine ganz einzigartige Lösung: ein von Säulen getragenes, von innen erleuchtetes breites Papterband, das sich in Form einer Achter bahn, allmählich vom Boden bis zur Decke aufstcigend, durch alle Stände der Rcklamehalle zieht und den vielvcrschlungenen Weg des Papieres tu der Reklame darstellen soll. In äußerst malerischen, keck bunten Gruppen birgt dieser „Papyrodukt" unter seinen Bogen viele Verwendungsarten, die das Papier heute in der Reklame erfährt. Auf dem Papierbande selbst leuchten in rhythmischen Pulsen von unten nach oben eilend, die Namen der reklameverbrauchenden Industrien und andere reklamewitzige Schlagworte auf. Unter den Ausstellungsgruppen sehen wir im Gegensatz zu dem früheren „sachlichen" Papierverbrauch ebensowohl handfeste Packpapiere wie slordünne Seidenpapiere heute in feinabgesttmmter, reklamemäßiger Verwendung. Die fein gefühlte Abstimmung der Reklame — richtige Reklamehand, habung beansprucht, baß man die Tonstärke vom Fortissimo bis zum Pianissimo mit feinem Kunst- und Kulturgefühl regelt — kann man besonders an den ausgestellten Rcklame- packpapieren beobachten, die ihre Empfehlung in Gestalt einer wasserzeichenartigen Bearbeitung tragen nnd ebensowohl als Schmuck wie als Geschäftsreklame angesehen werden können. Kilometerweise bedruckte Wellpappe, die hauptsächlich zur Schaufensterdekoration dient, zeigt schon kräftigere Farbwir kungen. Die altbekannte Neklameverwendung des Papier» zu Plakat, Prospekt, Katalog, Kalender, Etikett wird in viel seitiger Abwandlung gezeigt. So z. B. Etiketten in den ver schiedenen Arten des Buchdruckes, Stein- und Prägedrucks; das Plakat in Form von feinster Glashinterlegung lAbzteh- oder Transparentplakat), in plastischer Prägung, wie als Säulenanschlag. Einen selten ausgiebigen Gebrauch von Pla katen als Werbemittel führt uns die Reichszentrale für deutsche Verkehrswerbung vor. Die weitere Verteilung ooer Vermittlung von Plakaten sehen wir in den Händen von Ncklameinstituten und Verkehrsreklame-Monopolen. Geschäftsdrucksachen, wie Briefschaften, Umschläge, Karten usw., werden immer mehr aus ihrer Zurückhaltung in den ge meinsamen Stil mit den übrigen Neklamemitteln hinein bezogen,- einheitlich gut durchgegliederte Werbewerke, wie das des Oessentlichc» Arbeitsnachweises zu Dresden, zeigen dies in vorbildlicher Weise. Ein Kind der allerneuesten Zeit ist der wasserfeste Trink becher aus Papierstoff mit Reklameausdruck. Die Verwendung von Notizbüchern, Schreibunterlagen, Billett- und Brief taschen zu Reklamcgeschcnken, von Spielkarten, Bierunter- sctzern, Aschebechern usw. muß der Vollständigkeit halber ge zeigt werden. Neueren Datums ist wieder die handgefertigte Säulenbemalung, welche meist schon im Atelier auf einem Untergrund von Papier geschieht und die in Dresden zu hoher künstlerischer Entwicklung gelangte. In besonders großem Umsange bient Papierstoff als Schachtel zur Förderung des Verkaufs. Die schlichte Ge brauchsschachtel, die von den Großindustrien unaufhörlich in Millionen und aber Millionen benutzt wird, ist zum groß zügigen Warenumsatz so notwendig, wie die Kleidung für den Kulturmenschen. Seine festliche Form findet dieses Waren kleid in der prächtigen Luxuskartonnage, die den modernen Genußmitteln erst ihre feinsinnige Kunststimmuiig mitzugeben vermag. ^ Nicht vergehen werden darf aber der wichtigste Faktor im gesamten papiernen Angebotsdienste: bas Zeitungs inserat. Was vor einem Jahrhundert noch wie ein sehr entbehrliches Anhängsel der Gazetten und Journale aussah, ist heute ein Wirtschaftshelfer von WeltanSmaßcn geworden! Alles dies soll auf den großen volkswirtschaftlichen Dienst des Papieres in der Reklame Hinweisen! Wenn in künftigen Jahren die wissenschaftlichen For schungsstellen des ÄerbewesensdieVerflechtungenbermodernen Reklame mit Volkswirtschaft und Gesamtkultur statistisch genauer untersucht haben werden, wird wahrscheinlich auch der enge Zusammenhang von Papierverbrauch und Reklame in all seinen Beziehungen deutlich. Heute ist es noch nicht möglich, derartige Uebersichten zu bieten, wie sie die Jahresschau in anderen Hallen in vorbildlicher Weise zeigt, denn die kulturelle Erfassung und Organisierung des gesamten Neklamewesens in Deutschland mit all seinen irgendwie zusammenhängenden In- dustrien und Gewerben ist wohl im besten Gange, jedoch noch nicht abgeschlossen. Darum konnte der Verband Deutscher Reklamefachleute heute nur in symbolischer Weise auf diese gewaltige Erschei nung des modernen Lebens hindeuten. Insofern aber die Neklamchalle mit dem flammend laufenden Papicrband jedem Besuchev^unvergeßlich bleiben muß, dürfte dieses Kultursignal des B. D. N. als gelungen zu betrachten sein. L. I'. o. Soeöerdlom über die Lausanner Kirchen-Konferenz. Sine Unterredung mit dem schwedtfcheu Erzbischof. Bon Pastor Dr. Kurt Böhme. — Winchester, Ende Juli 1927. Sine Begegnung mit dem schwedischen Erzbischof, dem geistigen Urheber und Symbol jener Bewegung, die mit dem Stockholmer Kongreß vor zwei Jahren einen verheißungö- vollen Anfang nahm und die in der soeben beendeten Inter nationalen Kirchenkvnseren, in Winchester ihre innere Kraft erneut bewiesen hat, wird immer von stärkstem Eindruck sein, der nur durch ein« so historische Stätte, wie der alt- ehrwürdigen Deanery im Schatten der wuchtigen, an Aus dehnung allein von der St. Peters-Kirche in Nom Uber- trosfenen Winchester Kathedrale verstärkt werden kann. Die bevorstehende Lausanner Kirchen-Konferenz, die bekanntlich am Anfang des nächsten Monats bvü offizielle Ktrchenvertreter auS der westlichen und östlichen Welt in jene Schweizerstadt führen wird, lenkte das Gespräch bald auf die Fülle der mit diesem neuen Versuch der christlichen Einigungsbewegung zu sammenhängenden Fragen und Probleme. Der Ursprung der Bewegung, so führte der Erzbischof einleitend dazu aus, liegt in einem Appell der durchgeistigten Persönlichkeit von Bischof Brent, des be kannten Führers der Amerikanisch-Protestantischen Episkopal- kirche, der im Jahre lülv auf einer Generalkonventivn zu einem Internationalen Kirchcnkongreß aufrtef. Der Zweck dieser Zusammenkunft der Kirchenführer der verschiedenen kontinentalen und überseeischen Länder sollte die ernste Aus sprache und Konversation der Kirchen in allen Fragen der Lehre und der Verfassung („fällst anck oi-cksr" ist der offizielle Name der Bewegung) sein, um, wenn möglich, eine Annäherung zu bewirken. Als später, im November 1914, die Vorbereitungen für eine Weltkirchenkonferenz „on liko anck vor-k" sLeben und Wirken, in Deutschland allgemein als Stockholmer Konferenz bekannt) weitere Fortschritte machte, tauchte der Versuch auf, beide Bewegungen zu vereinigen. Einen dahingehenden Vorschlag, so fuhr der Erzbischof fort, unterbreitete der inzwischen verstorbene, um die christliche Etnigungsbewegung hochverdiente edle Amerikaner Robert Gardiner dem 1922 in Helsingborg tagenden Vorbereitnngs- kvmitee für Leben und Wirken. Diesem Vorschlag wurde damals nicht stattgegeben,- man antwortete, jede jener Be- strebungen muß ihren eigenen Weg gehen, und soweit der Gang der Dinge schon jetzt ein Urteil zuläßt, hat die Ge schichte dieser Stellungnahme rcchtgcgeben. Beide Bewegungen, so betonte v. Soeberblom, sollten klar voneinander getrennt werden. Die Stockholmer Konferenz beschäftigte sich lediglich mit Fragen der Nachfolge Christi, mit den Lehren über die praktische Betätigung, soweit sie sich insbesondere auf die Behandlung sozialer, wirtschaft licher und industrieller Probleme unserer Zeit im Lichte der christlichen Ethik beziehen. Das Ergebnis von Stockholm und insbesondere das im Ausbau begriffene sozialwissenschaftliche Institut habe gezeigt, daß eine Zusammenarbeit der Kirchen in praktischen Fragen auf diesem Gebiete sehr wohl möglich sei, auch ohne daß man in allen Fragen der Lehre und der Kirchenverfassung einig sei: „Das hat", so wiederholte der Erzbischof noch einmal nachdrücklich, „Stockholm bewiesen, wo die Mitglieder eine tiefe Einheit des Gottvertrauens und Ehristenliebe empfanden." Die Möglichkeit einer Verständigung der Kirchen auch in den Fragen der Lehre hat der berufene Kenner der Einigungs bewegung — entgegen der vielfachen pessimistischen und skeptischen Stimmen, die über den Lausanner Konferenzplan letzthin lautgeworden sind — rückhaltlos bejaht. Es handele sich hier um eine Angelegenheit der Christenheit von ungemein großer Wichtigkeit — um ein „großes, heiliges, fernes Ziel", zu dessen Mitarbeit die kommenden Generationen berufen sind. Freilich, eine geschichtliche Entwicklung von Jahrhunderten, wie sie in der Zersplitterung der Kirchen ihren Niederschlag gesunden habe (das trifft freilich mehr auf amerikanische als auf kontinentale Verhältnisse z»), könne nicht auf einem Kongreß von drei Wochen rückgängig ge macht werden. Um so notwendiger sei jedoch, daß eine erste Aussprache im großen Stil ermöglicht würde. „Hauptsache", so fuhr der Erzbischof wörtlich fort, „ist wie immer die Wahr heit. Keine wohlgemeinte Einigung auf Kosten der Wahr heit. Unsere Ausdrücke über Gott, das Geheimnis des Heils wird immer nur annähernd sein. Wahrscheinlich werben immer Unterschiede bleiben. Aber man muß hoffe», daß die Christen sich einmal im wesentlichen einigen können." Der Erzbischof warnte in diesem Zusammenhang davor, von dieser ersten Konferenz schon positive Ergebnisse zu erwarten. ES sei schon viel gewonnen, wenn die Fülle „törichter Denkgewvhnheiten" von 2090 Jahren einigermaßen beseitigt würde. Dazu gehören insbesondere die falschen Vorurteile, die die Kirchengemeinschasten vielfach voneinander haben. Wenn hier in scharfer Auseinandersetzung die wesent lichsten Eigenarten einer jeden Kirchcngruppe klar herans- gearbettet würden, so würbe eine solche Klarstellung für die Gesamtcntwtcklung der Etnigungsbewegung von eminenter Oasensahrt in Tripolis. Bon Otto Schabbel. Die Hähne von Tripolis krähen früh. Noch sind die lang- gezogenen Ruse des Tages nicht erwacht. Noch ruht in ihrem Winkel die kleine Flöte, deren quäkige Monotonie, aufreizend und einschläfernd zugleich, musikalisches Sinnbild dieser Gegend ist. Und das Meer atmet kühl und herb in die weiße Stadt hinein. Wie nüchtern die ist, wenn sie noch nicht in das grelle, intensive Licht des Morgens getaucht ist! Gleich nach dem dritten Hahnenschrei weckt Achmed, der schwarze Zimmerdiener. Auch ohne sein energisches Trommeln würde ich ihn merken. Sein raubticrhaftes Natur parfüm verrät seine Nähe unheimlich weit nnd deutlicher, als mir lieb ist. Vor der Hoteltür wartet schon mit jener Pünktlichkeit, die nicht die erstaunlichste von Mussolinis er zieherischen Wundertaten ist. der Fiat. Die Hotclküche schläft noch. Unten im Cafe an der kleinen Piazza gibt es gottlob schon einen Espresso- Und noch einen! In dieser Morgen frühe tut man gut, als FrühstückSersav einen Kognak in das schwarze Getränk hincinzustülpen. Durch weiße Häuserzeilen zur Stadt hinaus. Durch die wehrhafte und kriegerische Mauer hindurch, mit der man sich vor Uebcrraschungcn schützt, vor denen man hierzulande sich nie sicher fühlt. Araberguartiere »nd Palmengärten wirst die jagende Fahrt hinter uns. Alles liegt noch im tiefen Morgen- Ichlas. Karaivancn kommen uns stadtwärts entgegen, mit Holz oder Gerste beladen. Kamelreiter hocken bedächtig und ver- sonnen auf ihrem Getier. Beduinen klebe» auf ihrem Maul tier, Frauen und Kinder lrvtteu zu Fuß hinterdrein, tragen ein kümmerliches Huhn oder zwei auf den Markt von Tripolis, meilenweit durch Staub nnd Sonne. Wenige grüßen uns mit morgcnläudischcm Gruß. Meist streckt sich ein dürrer, brauner Arm aus den Falte» des weißen B'urnuS mit feier licher Geste rechts zur Höhe: -veil dem Faschismus! Der bat sich auch die Wüste erobert. Auch mit dieser Straße, die ein Werk der Faschisten ist Die schnurgerade am Küstensanm gen Osten führt. Die Bläue des Meeres, das uns begleitet, und das Ockergelb des Wüsten sandes. auf die sich setzt das unerhörte Licht beS afrikanischen Himmels wirft, vermählen sich zu einem höchst eigenartigen Farbenakkord. Wanderdünen mit ihren gefährlichen Sanbwellen be drohen unsere Straße, eine ideale Autostraße. Mit immer neuen Listen und Versuche» werden sie von den Italienern ans ihrem Marsch aufgehalten. Tiefe Gräben. Wälle an» Bedeutung sein. Vorausgesetzt, daß eine solche Aussprache mit dem nötigen Ernst und auch mit der nötigen Offenheit be trieben würde — und das Präsidium, das in den Händen des amerikanischen Bischofs Brent liegt, garantiere eine solche Voraussetzung —, würde sich zeigen, daß die Kirchcngruppen vielfach eine falsche Vorstellung voneinander hätten. Zusammenfassend erklärte v. Soeberblom, daß der Lausanner Versuch nichts anderes sei, als was auf jeder Universität getrieben wird: Symbolik. Lausanne sei ein noch nie dagcwcscnes Kolleg für Konfessionskunde. Das letzte Ziel der Bewegung „fällst anck orcksr" sei gewiß nicht „Uniformität". Es handelt sich nicht um ein ein heitliches Bekenntnis. Wenn auch der Glaube selbst ein „einiger" sei, so können sich doch die Glaubensformen nur so weit einander nähern, als diese Formen überhaupt ein völlig befriedigender Ausdruck letzter Wahrheiten sein können. Was aber jedenfalls erreicht werden könne, sei ein besseres Kennen- und Verstehenlernen und gegenseitige Anerkennung. Im übrigen habe auch Stockholm gezeigt, daß ein gemeinsamer Glaubensgrund vorhanden sei. Diesen zu finden — oder besser: seine Formel zu finden — sei die Aufgabe von Lausanne. — Die Vereinigung der Dorfkirchcnfreunde im Freistaat Sachsen, die jenseits aller Richtungsgegensätze die besonderen kirchlichen Fragen der Landgemeinden zum Gegenstände ihrer Verhandlungen macht, hat sich auf ihrer jüngst in Zabeltitz bei Lehm. Einpflanzungen suchen ihnen Stopp zu gebieten. Aber sie sind voll Leben und drängen immer wieder nach Bewegung. Unser Auto steuert durch den öden Steppengürtel. der sich zwischen Meer nnd Wüste legt. Kein Baum, kein Strauch! Dürftiges Gras, ans dem ein paar Schafherden weiden. Ein Steppenhase jagt verzweifelt davon, direkt in den Flinten- lanf eines Beduinen hinein. Der schreckt jäh diese grandiose Stille auf, in der nur märchenbnntc Vögel ein Dorado ge funden haben. Ersilio, diese braungebrannte Ncapolitanerkatze. hockt wie lässia am Steuer, die ewige Zigarette im Mund Ein windiger Bursche, dem ich nicht über den Weg traue» würde. Aber er ist, wie alle italienischen Chauffeure, von . tollem Mut nnd kühner Sicherheit, schont den Motor nicht, sagt mit siebzig, achtzig Stundenkilometer Meile um Meile dahin. Bergiger wird nun unsere Straße: -er Atlas — blaue Streiken in der Ferne — schickt seine Ausläufer bis hierher vor. Ersilio kennt keine Gnade, schleudert den Wagen bergab und flitzt mit ihm wieder die schlanken Serpentinen empor — so sicher, so kalt blütig, so verwegen, wie nur es ein Neapolitaner sein kann. Die Sonne beherrscht längst mit unerbittlicher Kraft daS Mefild. Nuferem armen europäischen Auge muß im Vergleich zu dieser Lichtfülle ein deutscher Julisonnentag wie mit Schleier» verhangen erscheinen. Das Thermometer, sorglich von uns im tiefsten Sckmttenwinkel erborgen, schreit nüchtern: 40 Grad Celsius! Nnd wieder rasen wir mit dem donnernden Gang unserer Motorc durch die sonnenzittcrndc Einöde von Steppe und Wüste. Vorbei an primitiven landwirtschaftlichen Siedlungen italienischer Kolonisationsbauern, die hier dem kargen Frucht boden, der die ganzen Sommermonate keinen Tropfen Rogen bekommt, ein wenig Gerste abzuzwingen versuchen. Vorbei an »rweltltchcn Palmhütten, in denen ein Araberstamm haust mit Kamele» und Schafen. Oft ist'S nur ein kümmer liches Gestänge, über daS rin paar armselige Fetzen gebreitet sind z»m Schutz gegen die Sonne. Nnd vorbei an den Mara- butS, tonncnartigen, lcichtbeknppcltcn Gewölben von grellem Weiß, in denen die Heiligen ruhen, Stätten der Anbetung und Verehrung. Auf einem Hügel ein Fort. Mit Stachelbrähten. Panzer luken und einem ASkaripostcn. der uns neugierig beäugt, macht es hier in dieser tropischen Einöde einen doppelt kriegerischen Eindruck. Und wir kreuzen eine kleine Siedlung von grellweißen Hänscrn am Meer. sich an einen kleinen Hasen anlehnen. Militärqnartiero. ein paar Magazine, ein, zwei Araberstraßen, die kleine Moschee: das ist H o m S. Ein heimliche« Sternlein, nur dem Deutschen sichtbar, ist bei diesem Ort verzeichnet: hier kamen, als die ganze Welt «egen uns Großenhain abgehaltenen 4. sächsischen Tagung eingehend mit der Frage der ländlichen christlichen Volkshochschule befaßt und die praktische Weiterarbeit auf diesem Gebiete einem be sonderen Ausschuß übergeben. Wer für die Frage Interesse hat oder Mitglied der Vereinigung der Dorfkirchenfreunde werden möchte, wende sich an den Vorsitzenden der Ver einigung: Pfarrer Jä h n-Weibbach (Post Wilischthal, Sa.) oder den Kassierer: Pfarrer S t e u d e - Großdrebnitz (Post Bischofswerda). — Der Deutsche Dorfkirchenver band, dem die sächsische Vereinigung angeschlossen ist, hält seine Hauptversammlung vom 16. bis 18. August in Königs berg ab. Dabei wird u. a. der Vorsitzende v. von Lüpke über: „Bedeutung der Volkskunde für die Erziehung in Kirche und Schule" sprechen. —* Solli-Diebstahl. Von einem Rollwagen weg wurde am 36. Juli vormittags in der lnncren Stadt ein Ballen bunter Satin — 4 Stücke von je 40 Meter LSng« — gestohlen. Bor Ankauf der Ware wird gewarnt. Sachdienliche Mitteilungen erbittet die Kriminalpolizei. HussnslAsei' W SteaS« 23 war, deutsche Unterseeboote heimlich an die Oberfläche, schnappten Luft und vielleicht auch Nahrung. Endlich fahren wir in den Palmenschatten jener Oase, die unser Ziel ist. Sie ist zugleich eine der vorgeschobenen Militärstationen der Italiener, die hier in drei oder vier Jahren mit großem Energieaufwand ein ansehnliches Stück Kvlonisativnsarbcit vollbracht haben. Stolz zeigt mir der Stationschcf sein Werk: die kleine Oasenschule mit modernen hygienischen Anlagen für die braunen und schwarzen Jungs und Mädels, die mit lautem Eifer ihre Lcsekünste probieren: die Bewässerungsanlage und die Kanalisationsanlage: den sauberen Marktplatz, wo die Araber Hammel und Hühner, Gerste. Datteln und Ocl verhandeln. Eine eigene Oelprcsse hat diese Oase, und es sind deutsche Maschinen, die hier tätig sind. Das winzige Gefängnis ist ein überflüssiger Luxus. ES ist fast immer leer. Wie groß ist Sliten?, frage ich. MOW Dattelpalmen, ist die Antwort. Nicht nach Menschen, sondern nach Bäumen zählt man hier. An mannshohen Kaktcenheckcn vorbei fahren wir unter den feierlich-erhabenen Palmendächcrn, über denen sich der blaueste Himmel wölbt, zu der Moschee, der eine Art Koran schule benachbart ist. Ein ehrwürdiger Scheich mit schönem, klugem Antlitz begrüßt uns mit dem ausdrucksvollen, ge messene» Gruß dieser Menschen. Er führt uns zu den alten Grabmälern. zeigt »nS das Mal eines Heiligen und schöne alte Teppiche, die den Boden der Moschee bedecken. Und er führt uns in ein kühles Gewölbe, an dessen Eingang uns die Vorsteher mit stiller Freundlichkeit begrüßen. Hier ist der Reichtum der Oase aufgestapelt: in mächtigen Ballen Datteln nnd in tiefen Krügen das Oel. Der Scheich winkt einem Arbeiter und gurgelt ihm einige Worte zu. Der bringt ein derb geflochtenes Körbchen nnd eine tönerne Schale. Mit be zaubernd edler Geste bietet der Alte uns, erst den Damen, dann mir von beiden: eine Dattel, die er mit seinen über raschend schönen Händen hcrausznpst. in das Ocl taucht, sei, bedeutet er uns, eine Wohltat für den Menschen Nnd gut für den Mage». Es ist wie eine prtesterli.he Handlung von tiefem Sin». Selbst die Damen, die erst vor der ungewohnten Speise zögerten, die sanft und gut schmeckt, sind ergriffen davon. Wer ich sei? ein Jtaliano? ein Francese?. will er von dem Obristen der Oase wissen. Un iaäo.<,vo! Da neigt er die Hand an die Stirn, gibt sie mir mit nachdenklichem Blick der guten Augen zum Gruß und läßt mir durch den jungen Lehrer ans Kairo, der ihn begleitet, sagen: Nie zuvor sei ein Deutscher hier gewesen. Und er erflehe Segen für mick und mein Land. Und wie die beiden Araber immer wieder das Wort „Ale. man" einander zusprechen, fühle ich. daß eS wie ein Gesäß ist voll Vertrauen und Zuneigung .,.
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