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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.07.1927
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270729011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927072901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927072901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-07
- Tag 1927-07-29
-
Monat
1927-07
-
Jahr
1927
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.07.1927
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Freilas. 29. Jul, 1927 — »Dresdner Nachrichten" — Nr. Z82 Seite Z Franz Seldte. von S. Graff, Magdeburg. Die gesamte Preffe de» In. und «»»lande» beschäftigte sich in den Lagen nacd dem groben Stahlhelmausmarsch 1» Berlin mit dem Bunde, der nach kleinen Ansängen in den Stürmen der Revolution zu einer machtvollen nationalen Organisation herangewachsen ist. Seit dieser Zeit lenkt sich auch der vltck der Oefsentlichkett mehr und mehr auf die Per- sönlichkeit de» Gründer» und Führer» de« Stahlhelm». Franz Del die», der etn Mann von ungewöhnlichen Fülligkeiten, seinem ganzen Wesen nach aber bisher hinter seinem Werk stark zurürkgetreten ist. Franz Seldte, am 2V. Juli 1882 zu Magdeburg geboren, »erbringt seine Jugend teil» in Magdeburg, teil» in der Alt mark. Nach Absolvierung de» Realgymnasiums und drei, jühriger kaufmännischer Lehrzeit widmete er sich lalS Korps» ftubent des Wetnhetmer S. C.) dem Studium der Chemie, um nach dessen Abschlub mit dem VerbandScheinikereramen in die vüterltche Fabrik einzutreten, die er in verhältnismäßig frühen Jahren al» Inhaber übernimmt. Bet überzeugter nationaler Einstellung zeigt er bis zum Kriege für Politik wenig Interesse. Die Beschäftigung mit Geschichte, Philo, sophtc und Literatur füllt seine Mußestunden auS, vor allem aber der Sport. Der Krieg macht diesen Liebhabereien etn Ende. Als Reserveoffizier und Führer der Maschinen, qcwelirkompagnie de» Infanterieregiments Nr. SS rückt er bet Mobilmachung gleichzeitig mit seinen beiden Brüdern Georg und Eugen ins Feld. Eine leichte Verwundung im Herbst Mt entfernt ihn nicht von der Truppe. Immer tm Westen, macht er zwischen Gefechten und Grabenkämpfen drei wich, tige technische Erfindungen: die zerlegbaren M.-G.-Schutzschi lbe, die T a n k b i n d e r n t S p s ä h l e und die zur Fliegerabwehr später unentbehrliche Leucht, spur m u n t t i o n. In der ersten Sommeschlacht. Juli ISIS, wird er schwer verwundet und verliert den linken Arm. Sofort nach seiner Entlassung meldet er sich sreiwilltg zum Frontdienst. Er wird allerdings abgcwiescn und mit nicht geringem Nutzen für seine politische Schulung in der milttä- rischen Abteilung de» Auswärtigen Amtes ver- wendet, daS ihn mit interessanten Aufträgen in die Schweiz, nach dem Balkan, nach Schweden und Holland schtckt. Zäh und erfinderisch, wie er ist, gelingt eS ihm bereits wenige Monate später, wieder an die Front zu kommen. Als Führer einer Frontfilm, und Nachrichtenabteilung macht er. in vor» derster Ltnte der Feuerwalze und der Sturmtruppe folgend, den Durchbruch bet Tolmetn sOktober 1917) und den an. schließenden Vormarsch in Obcritalten mit, um dann wieder im Westen Frontdienst zu tun, bis er während der großen deutschen Frühjahröosfensive, Ende Mär, 1918, an Malaria erkrankt, und nach seiner Genesung erneut vom Auswärtigen Amt „beschlagnahmt" wirb. Zufällig in Urlaub weilend, erlebt er in Magdeburg den Zusammenbruch des 9. November. Sein erster Ge- danke ist: Gegenstoß. Der Versuch, durch Sammlung von Gleichgesinnten die Meuteret der Heimattruppen in Mägde- bürg und Berlin niederzuschlagen, mißlingt. Seine Idee aber — die Revolution durch die Frontsoldaten auf- zusangen — setzt sich durch und führt noch tm Dezember 1918 spontan zur Gründung des Stahlhelms, Bundes der Frontsoldaten. Franz Seldte, seine Brüder und rund ein Dutzend Frontsoldaten aller Stände und Berufe gründen ihn aus der Idee des Fronterlebnisses, der Kameradschaft und de» Selbstschutzgedankens, im Zeichen Gchwarz-Weiß-Rot. ES war — wie mir einer der Mitstreiter jener ersten kampfdurchtobten Zeit erklärte — »einfach selb st ver- stündlich", daß der Führer der Männer, die sich damals in der Stunde der Not zusammenschloffen, Franz Seldte hieß. In der einfachen, klaren Selbstverständlichkeit seines Wesens, die keiner Pose und »Aufmachung", keiner Effekthascherei be. darf, licht in der Tat das Geheimnis Seldtcs als Führer und Mensch. Wie jede starke Persönlichkeit wirkt er mehr durch das, was er ist, als durch das, was er tut oder sagt. Zwar kann er, besonders wenn er zu guter Stunde auS dem Steg, reis spricht, hinreißend reden und für seine Sache begeistern, obwohl die aphoristische Art des Vortrag», seine Gewohnheit, die Intuition an die Stelle der logischen Entwicklung und Be gründung zu setzen, der rhetorischen Wirkung nicht immer günstig ist. DaS Entscheidende aber ist sein in Nord und Süd gleich gut verstandener klarer Wtlle und Charakter, der zu freiwilliger Gefolgschaft verpflichtet. Uneigennützig wie er zu gunsten beS vaterlande» auf seine Rente al» Kriegsbeschädigter verzichtete, leitet er auch den Bund völlig ehrenamtlich. Er hat ihm einen erheblichen Teil seines Privatvermögens geopsert, und er opfert ihm täglich und stündlich seine unverwüstliche ArbeitSkrast. Leitet er doch neben der Führung de» Bundes seine Fabrik, hält — heute in Oberstdorf, morgen in Stettin — seine Reden, ent- wirst Zeitungsartikel, beschäftigt sich mit chemischen Problemen und findet neben der Lektüre von Büchern und Manuskripten sogar noch Zeit zu eigenen literarischen Arbeiten. .. Franz Seldte steht in der Vollkraft seiner Jahre. Die schwierigste Aufgabe — die Eingliederung de» Stahlhelms in daS politische Leben deS neuen Staates — liegt zum größten Teil noch ungelöst vor ihm. Möchte er sie lösen tm Geiste de» nationalen Deutschland, da» auf ihn und sein« Frontsoldaten eine starke Hoffnung setzt. Die Kritik an der Außenpolitik khamberlains. Die Stellung gegen Auhlan- mißtrauen- erregend. «tue neue UnterhauSrebe ChomberlainS. London, 28. Juli. Im Unterhaus sand heute die große Abrüstungsdebatte statt, in deren Verlaus der Ar- betterparteiler Trevelyan die ÄbrüstungSfrage eingehend er- örterte und dabei auf einige der akuten Sonderprobleme, wie Rußland und China, etnging. Der Redner erklärte u. a., die Arbeiterpartei sei der Ansicht, daß die Regierung bei Behand lung des Abrüstungsprogramm» einen falschen Weg beschrette. Die Grundlage aller englischen Verhandlungen mit den Ver- einigten Staaten sei die Voraussetzung der Möglichkeit eines Krieges zwischen den beiden Ländern. AuS diesem Grunde wolle keines der beiden Länder zulaffen, daß das andere mit seinen Rüstungen vorauSeile. Der Außenminister glaubt zwar, daß ein Krieg zwischen England und den Bereinigten Staaten unmöglich sei; dem stehe jedoch die Haltung der eng- lischen Vertreter in Genf entgegen. Jede KriegSmöglichkeit sollte in ihrer letzte« Entscheidung einer Volksabstimmung «nterliegen. Was die Welt wünsche, sei eine Konferenz zwischen Brtand, Hougthon und Lord Robert Cecil, die ohne Frage mehr Vertrauen besäßen, als die Admirale. Er hoffe, daß die Negierung die Zügel fester in die Sand nehmen werde, anstatt abzuwarten und zu hoffen. Der Redner verlangte so- dann von der Negierung ein umfassendes AbrüsiungSangebot. Die englische Regierung solle erklären, daß sie unter allen Umständen Abrüstung wünsche und bereit wäre, die Groß- kampffchiffe abzuschasfen, wenn die anderen Nationen diesem Beispiel folgen wollten. Trevelyan kam bann auf die englisch-russischen Beziehungen zu sprechen und erklärte, seit der Auswei- sung der russischen Handelsdelegation aus Großbritannien sei auf dem Kontinent der Argwohn und die Besorgnis über die Zukunft in einem Maße gestiegen, über besten Tragweite man sich in England gar nicht tm klaren sei. Unglücklicherweise sei der Glaube weit verbreitet, daß dieser englische Schritt nur das Vorspiel für weitergehende Aktionen gegen Rußland sei. Trevelyan forderte den Außenminister auf, den Behaupt»«, gen entgegenzutreten, daß die britische Regierung Europa gegen Rußland organisiere. Der Redner kam dann aus die Entsendung der britischen Truppen nach China zu sprechen und erklärte, daß die Arbeiterpartei ihre Tin- wände in dieser Angelegenheit voll aufrechterhalte. Ueber die eigentlichen Vorgänge in China gebe die Tatsache Aufschluß, baß der englische Handel mit China im letzten Jahre um 20 H> zurückgeaange« sei, während sich der amerikanische Handel um 8A erhöhen konnte. Die britische Nation lebe mit Rußland und China in einem schlechteren Verhältnis als irgendein anderes Land der Welt, obgleich England aus den Handel mit Rußland und China mehr angewiesen sei. als jede andere Nation. Shamberlaln ergriff da» Wort zu der Anfrage über daS Verhältnis zur Gowjetnnio« und erklärt« hierzu: Ich habe keine Sympathie mit den Zielen der Sowjetregierung und verachte ihre innen, und außenpolitischen Methoden, aber ich weiß, daß eS kein besseres Mittel gibt, diese Regierung zu stärken, als irgend etwa» zu tun, was den Anschein erwecken würde, als ob die nationale Einheit beS russischen Volkes bedroht würde. Im übrige« Ist die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehun gen zu Rußland durchaus nicht ausgeschloffen. Wenn aber ein Schritt in dieser Richtung erfolgt, so müßten Be bin. gungen gestellt werben, die Gewähr bieten, daß eine neue Sowjetvertretung sich den üblichen diplomatischen und inter nationalen Bräuchen anpaßt. An den Beschuldigungen Eng- lands in der russischen Frage ist kein Fünkchen Wahrheit. Was China angeht, so glaube ich, daß dt« Voraussagen Trevelyans Lügen gestraft worden seien. Ich bin der Auf fassung. daß das rechtzeitige Eintreffen der englischen Truppen in Schaüghai die internationale Kolonie vor einer Wieder holung der Nankinger Ereignisse bewahrt hat. Die Regierung hat nicht die Absicht, Truppen in China länger als notwendig zu laste«. Nach wie vor ist London bereit über neue Verträge zu verhandeln, sobald in China eine Negierung vorhanden ist, die im Namen des ganzen Volkes verhandeln kann. Ueber die Marinekonsereuz in Genf erklärte Chamber- lain, eS sei nicht daran zu denken, daß ein Mißerfolg in Genf zu irgend etwas führen sollte, was man als einen Streit zwischen England und Amerika bezeichnen könnte. Während der Genfer Besprechungen sei von seiten der englischen Dele gierten kein unfreundliches Wort gefallen. Was das von dem Abg. Trevelyan erwähnte freiwillige britische Ab rüstungsangebot anginge, so sei eher mit der Ablehnung, al» mit der Annahme eines solchen Angebotes zu rechnen. Man könne in der Abrüstungsfrage nur Schritt für Schritt Vorgehen. Er glaube, daß bereits gewisse Fortschritte erzielt worben seien. Man dürfe aber nicht einen grundlegenden Wechsel auf Grund einer einzigen Konferenz erwarten. Loker Lampson sagte, er höre, baß die Botschafterkonferen, ben Bericht der militärischen Sachverständigen über die Schleifung der Befestigungen an Deutschlands Ost- grenze, der völlig befriedigend sei, genehmigt habe. Er er. innere aber daran, daß das Abkommen mit der deutschen Re gierung, welches zur Zurückziehung der Alliierten Militär, kontrollkommisston am 81. Januar führte, nicht nur die Schlei fung dieser Befestigungen, sondern auch gewisse andere Punkte in der Abrüstung Deutschlands umfaßte, bezüglich Lerer die Forderungen noch nicht völlig befriedigt worden feieu. Bevor dies nicht geschehen sei, könne nicht gesagt werde«, daß die vom Friedensvertrag ins Auge gefaßte Abrüstung vollständig sei. Die Räumung de» Rheinlandes sei abhängig gemacht von Deutschlands Erfüllung seiner BertragSverpflichtungen im allgemeinen und nicht nur derer, die sich auf die Abrüstung be ziehen. Kritische Lage in Gens. Die neuen englischen Vorschläge sasl un verändert. Geus, 28. Juli. Nach Schluß der, wie angekündigt, heute nachmittag in Genf stattgefundenen Besprechung aller maß- gebenden Persönlichkeiten der Delegationen für die Sce- abrüstungSkonserenz wurde ein kurzes offizielles Kom- muniquö veröffentlicht, in dem lediglich mitgeteilt wird, Laß die Delegierten die Verhandlungen wieder ausgenommen haben. Lord Brtdgeman habe die englischen Vor- schlüge vorgelegt, die sich, abgesehen von einigen Abände. rungen, im großen und ganzen aus der Ltnte der vor der Abreise der englischen DelegationSmttglieder überreichten Vorschläge bewegten. Am Montag wird eine Vollsitzung der Konferenz stattstnben. Bon gut unterrichteter Seite wird mitgetetlt, daß eine Einigung zwischen dem englischen und amerikanischen Standpunkt heute nachmittag nicht erzielt werden konnte. Die amerikanische Delegation hat sich Zeit für eine ein- gehende Prüfung der neuen englischen Vorschläge ausgebeten. Allgemein wirb di« Möglichkeit ihrer Annahme durch die Amerikaner stark bezwetselt. Die Lage mutz daher heute als äußerst kritisch bezeichnet «erde». Man weist insbesondere aus den Inhalt de» kurzen KommuniquS» hin, au» dem her- vorgeht, daß die englische Delegation ihr« bisherigen Vor- schlüge mit nur geringen Abänderungen aufrechterhält. Auch die Einberufung der öffentlichen Vollsitzung wird als ein wenig günstiges Zeichen für den weiteren Verlauf der Ver handlungen betrachtet. Sollte bis Montag eine Berständi. gung zwischen den englischen und amerikanischen Delegierten nicht zustandekommen, so muß mit dem baldigentAb» bruch der Konferenz gerechnet werden. Der neue englische Flottenchef. London, 28. Juli. Der Admiral der Flotte Earl Beatty scheibet morgen von seinem Posten. Er hat da» Amt des Ersten Seelords fast acht Jahre verwaltet. Set« Nachfolger ist Admiral Charles Mabden. sWTB.) Wasserkalaslrophe in Indien. AuS Bombay wird gemeldet: Im Gebiete von Gujarat gingen Regengüsse von außerordentlicher Stärke nieder und verursachten riesig« Schäden, »o» deue« auch die Baumwoll ernte betrosfe« worden ist. Etn aus dem Punjab kommender Eisenbahnzug, der in Bombay etntrefsen sollte, wurde 86 Stunden lang festgehalten. Bei Baroda ist ei» riesiger Wasserbehälter geplatzt und hat die «mliegenden Dörser überschwemmt. ES solle« bereits 1909 Todesfälle gemeldet sei». Nach den letzten Meldungen aus Bombay sind durch den Dammbruch außer der Hauptbahnlinte von Ahmadabad nach Baroda noch wettere Eisenbahnlinien, die von der Küste nach dem Inneren führen, unter Master gesetzt worden. Der Regen fällt wolkenbruchartig ohne jede Pause. Wette Landstrecken stehen meterhoch unter Wasser. Bayreuther Festspiele. »Götterdämmerung." Von unserem nach Bayreuth entsandten Berliner Musikrcferenten wird uns geschrieben: Mit tiefsten und nachhaltigsten Eindrücken entließ die „Götterdämmerung" die Hörer des ersten Zyklus. Es war von vornherein anzunehmen, baß die Aufführung dieses Werkes zu einer Gipfelleistung Bayreuther Kunst werden würde, denn sie ist es noch stets gewesen. Einen solchen 2. Akt „Götterdämmerung" wird man wohl n i r g e n d S in der Welt erlebe» wie in Bayreuth! Die geistige und vor allem auch die szenische Leistung steht hier auf der denkbarsten Höhe. Sieht man von einigen wenigen allzu „gestellten" und daher doch etwas steif wirkenden Bildern ab tz. Ä. unmittelbar nach der Erschlagung Siegfrieds), so darf man Siegfried Wagners Spielleitung, die sich übrigens auch im „Rhein- gold" durch Anschaulichkeit und Natürlichkeit auSzeichnete. die größte Plastik und Lebendigkeit nachrühmen. Der Mannen chor des zweiten Aktes mit seinem Jnetnanderschieben -er Gruppen und dem Hin- und Herwogen der Maste war dra- malisch ungemein packend und erreichte den höchsten Grad der Natnrivahrheit. Und wie hat dieser Chor, von Meister Hugo Niidcl «Berlin) einstudiert, wieder gesuugenl Wo in aller Welt hört man ein so germanisches Forte; eine solche Kraft der Stimmen, solche Sicherheit der Einsätze, auch einen so grimmen Humor! Ganz groß war wieder die Brünhilde von N a n n y La r s 6 n - T o d s e n (Stockholm), der würdigen Nachfolgerin ihrer unvergeßlichen Landsmännin Ellen Gulbranson. Die durchdringende Kraft ihrer blendenden, schmelzrcichcn. technisch tadellos gebildeten Höhe machte den Hörer staunen. In der großen Szene des letzten Aktes wurde der Ausdruck des Feierlichen und Erhabenen ein wenig durch das Mittelmaß Ihrer Figur beeinträchtigt, auch hätte einiges deklamatorisch noch reifer und tiefer sein können, aber die Gesamtleistung war so herrlich, das, man Nannn LarsSn- Todscn unbedenklich als die größte Brünhilde der Jetztzeit bezeichnen darf. Damit, daß eS sic entdeckte und heranSstellte, hat sich Bayreuth ein hohes Verdienst erworben. Lauritz Melchior «Kopenhagen) wirkte in Helm und Panzer äußerlich bester alö in der Rolle des Jung-Siegfried. Im Forte der Höhe ließ er das reiche Metall seines echten Heldentcnors glänzen. Ueber die Mängel seines gesgnglichen Könnens und seiner nbsvndcrlichcn Stiminbildiing konnte er jedoch nicht htiiivcgtäuschcn. Auch dgrstellerisch hielt er sich in dem enge» Rohmen, der seiner Beggbnng vorgeschriebe» scheint. Die Rolle des Hagen liegt Carl Braun (Berlin) im Hinblick aus die Entwicklung, die sein Organ in der letzten Zeit genommen hat, bereits zu hoch, auch verfügte der Sänger diesmal nicht über die schwarze, glänzende Tonfarbe, Li« der Nolle zukommt. So einsichtig und drastisch auch sein Spiel war. so wenig konnte er sich stimmlich durchsetzen. ES wäre immerhin möglich, daß er indisponiert war. Wie man die Höhe kunstvoll -eckt und die Kopfstimme geschickt anwendet, könnte er von Joseph Correck (Chemnitz) lernen, besten Günther überaus vornehm in Ton und edel in der Haltung war. Hilde Sinnvk (Wiesbaden) als aut auSsehende, tm Spiel aber sehr konventionelle Gutrune und Maria Ranzow (Berlin), welche die Waltraute mit schöner Tiefe und gutem Ausdruck sang, fügten sich dem Ensemble geschickt ein. Als Alberich bewährte sich natürlich wieder Eduard Ha bisch (Berlin) und ausgezeichnet besetzt war daS Terzett der Nornen mit Eva Ltebenberg, Marta Ranzow und Henriette Gottlteb (sämtlich auS Berlin). Franz von Hoeßltn sorgte für den feinsten klanglichen Ausgleich, ge staltete dte Rhctnsahrt Dietrichs ungemein frisch und lebendig, nahm aber die Traucrmusik u«d die Schlußszene des letzten Aktes in dem Bestreben, feierlich zu wirken, doch wohl etwa» allzu breit. (Ganz unzureichend war der Beckenschläger, der schlapp und nicht einmal rhythmisch genau schlug.) Mit seiner Leitung deS „Rings" hat sich Hoeßltn jedenfalls als ein be- rufener Wagner-Dirigent hinreichend legitimiert. ES würde heißen den Geist Wagners verleugnen und die Bedeutung Bayreuths als einer Stätte höchster deutscher Kunstpflcge herabziimindern, wollte man an seine Darbietun gen nicht Len strengsten Maßstab anlegen. Wer vorbild lich wirken will, fordert diesen Maßstab heraus und ein Hcrabschrauben -er Ansprüche würbe unweigerlich eine Ge fährdung des künstlerischen Niveaus im Gefolge haben. Aber Bayreuth verträgt diesen Maßstab. Wir haben nichts be- schönigt und in keinem Falle fünf gerade sein lasten, sondern offen die Unebenheiten und Schönheitsfehler angemerkt. die nicht nur uns ausgefallen sind. Besonders der Tenor frage muß Bayreuth -le größte Aufmerksamkeit widmen. Von den Einzelaiisstelluiigen unberührt bleibt die Bayreuther Ge samtleistung. Sic ist so groß und echt auf so ungeheuren Fleiß, so viel Intelligenz und Könne» aufgebant. daß sic auch heute noch alö lcuchtcndcsBcisptel zu gelten hat.Nicinand scheidet von den Bayreuther Aufführungen, ohne sich im Tiefsten be reichert zu fühlen und ein geistiges Besitztum mit nach Hanse zu nehmen, daö Ihm in seiner Erinnerung teuer und un verlierbar bleibt. Noch immer ist Banrenth ein ragender Tempel und ein herrliches Symbol deutscher Kunst, eine Pilgcrstätte der Musikfreunde in aller Welt und ein nationaler Besitz, um den uns ander« Nationen mit Recht beneiden. Mit Vertrauen darf cs der Zukunft entgegensetzen. MR Ver trauen auch auf Len gejunden Ginn und Li« empfängliche Seele des deutschen Volkes. — Im Hinblick auf den sehr guten Be- such -er diesjährigen Festspiele hat sich die Festspielleitung entschlossen, Wagner-Festspiele bereit- tm nächsten Sommer wieder abzuhalten. Paul Zschorlich. Kunst un- Wissenschaft. f Dresdner Theatersplelplan für heute: Opernhaus: Geschloffen. Schauspielhaus: Geschlossen. Albert- Theater: Geschloffen. Residenz-Theater: „DaS Absteigequartier" (X8). Dte Komödie: „Liebe" (^8). Central. Theater: „Familie Raffke" (8). f* Sentral-Theater. „Familie Raffke" kann nur noch bi« elnschlteblich Sonntag, den 81. Juli, gegeben werden, da dos Ensemble des Berliner Theater de» Westens anderweitige Gastsptel- verpsllchtnngen hat. Ab 1. August bringt die Direktion beS Cenlral- ThcaterS ein Bartels-Programm. Anfang auch im August allabendlich 8 Uhr. Der Barverkauf hat begonnen. s Abschluß der Tübinger UnivcrsttStSfeier. Der letzte Tag de» Untversitätsjubtläums war vormittags der Besichtigung von Universitäts-Instituten, einer reiterltchen Sportver- anstaltung, einer musikalischen Morgenfeier und einem stim mungsvollen Frühschoppen auf Schloß Hohentübingen in Gegenwart des Staatspräsidenten Dr. Bazille und der übrigen württcmbcrglschen Minister und deS Reichsministerö a. D. Dr. Bell gewidmet. Nach dem Frühschoppen gab Staats präsident Dr. Bazille tm Museum den F-estgästen, dem Lehr körper und den Vertretern der Studentenschaft ein Frühstück, wobei er Worte warmen Dankes vor allem an den Unlversi- tätsrcktor Dr. Trcndelenburg, dessen feiner Geist unsichtbar über dem ganzen Feste schwebe, richtete und auf die Landes- Universität trank. Der Nnlversttätsrektor erwiderte mit einem Hoch auf das Land Württemberg. Nachmittags 4 Uhr fand bann die Einweihung des neuen Sport- Platzes der Universität statt, für den die Stadt den Platz zur Verfügung gestellt hat. Außerdem hat sie eine Stiftung zur Förderung des Sportwesens ge macht. Hierfür bankten in Ansprachen der Staatspräsident, der Universitätsrektor und der Asta-Borsitzende Hipp. Es folgten dann Sportttbiingen der Studentenschaft. Die Sieger erhielten von dem Dekan der medizinischen Fakultät Professor Dr. Schminke eine dem verstorbenen Professor Dr. Georg Perthes gewidmete Plakette sowie ionstiac Preise. f Erinnerung au Kürschner. Am 29. Juli vor 25 Jahren -starb Joseph Kürschner, der unermüdliche Vorkämpfer oeutschen Schrifttums. Ursprünglich für den Uhriiiachcrbcriif Kesttmmt, wanhte er sich nach kurzer Lehrzeit dein Schrifttum
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