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» Jahrgang. ^ 1S0 «iNwoch, 7. Mai 1»2« «whtanIchrP- «ochrtchl»» L»—»«-- 8»nlpi»cher»Samm»Inumm«r SS S^I «m süriKlachto«1v»i>ch«! SO Oll Anzelgen-Preise: Lt» Li>z»>d»n w«r»»n nach <Sotdm°rt> o»r»chn»I; dl» nntpatlia» » mm »r»>t« LNt» L» Mr auiwLr » »PN>. 8amilienan»»ivffn und SIkll»ng« ä»h««I»a>d I , sUr auiwdr » »Pst,. yomil,onan»»tg»n und SIeUena»Iuch» ahn« a.. auherdold 2V Mg., dl, W mm dnm» 2t»tlam»r»>l» IX Psa„ ivts. osi»r »n»»bul>r >a Ptg. Auaw. AullrLg» »«den D»rau»d,,adl. »dchdruch nur mV dauMch« Vlwdmangad« <.g>r»»dn»r «achr.-> »ulülst». — Unv«rlangt» SchriftlUich, w»rd«n nicht »usdrwad»«. «chrtftiaitung und Aau»kg»lch!>N»g»ü«l »ari»»flr«d» 3Si»O. u. Vertag von vlaplch a Vetchardt in Dre»d«». DoMtdech - Konto 10SS De«,den. -WM ^euriek ^lüssl kkSNg»» ^VI.>US KKUAien pisnoksnciluns 6. m. b. tt. V«sllsu1»lolls>: Ltr»ü« S lk>»g»ng ^u»ikk»u« Sook) kf»1«n kangss ^euriek pisnos Frankreichs Antwort aus die Reichstagswahl. Der offiziöse ,Lemps" kündigt eine noch schärfere Politik gegen Deutschland an. Aufsehenerregen-e Ergebnisse -er Haussuchung bei -er russischen Zandelsvertretung in Berlin. Die Deutschnationalen als stärkste Fraktion -es neuen Reichstages. Drei sranzSsische Fragen an -ie Deutsch- nationalen. Paris. 8. Mat. Au dem Ergebnis der NetchStagSwahlcn schreibt der „TempS": Mit etwa 180 Abgeordneten in einem Reichstage von einigen 17l) Litzen stellten die beiden reaktiv, nären Parteien zweifellos eine gefährliche Minder heit dar. Man könnte ohne weiteres gegen solche Minder heiten regieren, wenn sämtliche übrigen Parteien fähig wären, sich aus gemeinsame Grundsätze zu einigen. Leider stelle sich heraus, das, dieses allgemeine Einverständnis un möglich sei. und zwar deshalb, weil die Kommunisten drei Fünftel der Stimmen erhalten hätten, die 1020 den lln- abhängigen zugefallcn waren. Hiervon ausgehend vertritt der „Tcmps" die Auffassung, das, Frankreich nichts anderes übrig bleibe, alseinc nochschärserc Politik als bisher gegen Deutsch land zu treiben. Der Versailler Vertrag habe Frankreich dt« Nachteile ter interalliierten Finanzsoltbarttät aufgcbürdet. Frank« reich sei seit Jahren gezwungen, die beschwerliche Rolle beö unbezahlten Gläubiger» zu spielen, der die übrigen Gläubiger ermahn«, den säumigen Schuld ner zu exekutieren. Durch dieses undankbare Verfahren ganz und gar in Anspruch genommen, sei die französische Diplomatie behindert worden bei ihrer Ausgabe andere Teile des sranzösischen Nationalgutes zu verteidigen. Wäre eö nun geschickt, hinsichtlich der französischen Sicherheit die iiblickmu Ersahrungen noch einmal zu machen, die man in der Frage der sranzösischen Reparationen hinter sich habe? Würde man vielleicht Frankreichs Grenzen garantieren, wenn man sich den Anschein gebe, als setze man einem deutschen Nationalismus einen französischen Nationalis mus gegenüber? Die Frage sei: Ist die D c u t s ch n a t i o n a l e Partei setzt bereit, sich einer ähnlichen Entwicklung zu unterziehen, wie sic die Deutsche Bolkspartei seit El» dnrchgcmacht hat? Wird sie nun Anteil an der Verantwortung des Regieren» übernehmend Wird sie sich verpflichte», die Empsehlnngeu der Sachverständigen auszusühreu? Nur die Deutschen können diese Fragen beantworten! Warten wir ihre Antwort ab. denn wir legen Wert daraus, kein Vorurteil zu liegen! «Journal des Debats" schreibt: Tie ausicnpolitische Lage beherrsche die ganze Situation. Die Rechte habe die Wahl kampagne mit einem WiderstanbSprogramm geführt. Es sragc sich, ob sie cs wagen wird, dieses auch vor dem Reichs tag zu vertreten. Tic dortigen Politiker müßten jetzt er klären, ob sie den Sachverständigrnplan annchmcn, ob sie sich verpflichten, ihn in allen Teilen durchzuführcn und ob sie die entsprechenden Gesetze zur Annahme bringen wollen. WaS Frankreich anlangt, so bleibe cs bei seiner im ver gangenen Jahre angenommenen Position, ans der eS sich nicht werde vertreiben lassen. >W. T. B.> Die angelsächsische Presse un- -ie -eulschen , Wahlen. DaS Blatt Lloyd Georges ist erstaunt, bah die Wahle« uicht «roch viel reaktionärer auSgesalle» sind. ^ProhtsUelb-u»» »usrer Berliner Schrtstlettuug.» ^erll», s. Mat. Nach Nachrichten au» Amerika richtet sich da» Hauptinteresse sowohl tn Washington als auch' in den Neu- yoxker Bürsenkretsen auf den Wahlausfall in Deutschland und di« daran geknüpften Kombinationen. Das Hauptgewicht wird dabei hauptsächlich auf die Frage nach dem Schicksal des Lawes-Gutachtens gelegt. Vielfach sagt män jetzt, dix Rechte habe «och nicht genug gewonnen, um das Schwergewicht in den Bereich der nationalen Parteien ver legen zu könne». Man stehe vor der Entscheidung, ob BUrger- block oder Große Koalition. — Auch die englische Presse be schäftigt sich in langen Leitartikeln mit dem Ergebnis der deutschen Wahlen. Das Regierungsblatt, der „Daily H e r a l d", meint, die Sache sei noch nicht so schlimm ab- gclaiifcn und erwartet einen Regicrungsblock der Rechts parteien. Das Blatt hofft, daß die Nationalisten ihre Ten denzen zurückstellten, damit sie tn die Regierung etntretcn und den Bericht der Sachverständigen annehmen könnten. Der Ein tritt der Deutschnationalen in die Negierung wäre auch eine Garantie gegen jede Putschgcfahr, da die Linke zu solchen Putsche» zu schwach wäre. — „T a i l n S h r o n i c l e" spricht sein Erstaunen darüber aus, daß nach Poincar's Nuhrpolitik dir Wahlen uicht viel reaktionärer ausgefallen seien. Die Wahlen hätten doch aber ihr Gutes gehabt, indem sie zeigten, wie sehr die sranzösischen Maßnahmen Deutschland nach rechts gedrückt hätten. Mussolini un- -as neue Italien. „Ineipit vita vovs" ist in klarer Anliquaschrist aus einem der zahllosen Bilder Benito Mussolinis zu lesen — stolze, mutige Worte —, Mussolini scheint der Mann zu sein, dieser Verkündigung Wirklichkeit und Bestand zu geben. Seit viele« Jahrhunderten hat Italien in seiner Gesamtheit kein ähn liches Schauspiel erlebt. Von Trient bis Catania beherrscht ein Begriff das Volk seiner überwiegenden Mehrheit: Patria, das heilige Vatnland. Es ist. als ob aus den Trüm mern vieler Epochen uralte Empfindungen und Ideen auf erstünden. Der eine Mann hat es vermocht, sic zu erwecken, ihnen neuen Sinn und freudiges Leben zu verleihen traft des idealen Schwunges seiner Natur, seines Willens und deS Glaubens an die unzerstörbaren Kräfte seines Volkes. Bevor Benito Mussolini führender Staatsmann Italiens wurde» hatte er in dunklen, schweren Zeilen die Härte und IHierbitt- lichkeit deS LcbeuSkampseS durchkosten müssen. Er ist keine geniale Abenteurernatur, sondern eine aus konsequente Ent wicklung. durch Fleiß und Stnnverordnung geförderte Persön lichkeit großen Stils, der durch die schwierigen Etappen seiucs Lebens mit konzentrierter Willenskraft vorwärtsgtng. Daß ihm das letzte nationale Ziel immer gegenwärtig gewesen wäre, ist wohl kaum anzunchmen: die Zcitumstände haben ihm dieses Ziel enthüllt, und er war der Mann danach, den hohen Wert dieses Ziels zu begreifen. lieber seinen ursprünglichen Berus — er mar Bolksschul- lchrcr — wuchs er früh hinaus. Er betrieb mit der Gründ lichkeit seines Lebens Privatstudicn, die die großen Geschicke Italiens und vor allen Dingen Nationalökonomie umfaßten. Der Krieg schmiedete seinen Willen und seine Entschlußkraft — er wird von den Kameraden im Felde als Mann von großem persönlichen Mut und der damit verbundenen Verachtung der Gefahr, und Aufopferungsfähigkeit für andere geschildert. Seine politischen Anfänge hingen eng mit dem Sozialismus zusammen. Von den Ideen dieser Zeit beherrscht ihn heute noch die eine: alles, was geschieht, muh zum Nutzen des Volkes, der Nation geschehen — der Weg zur Verwirklichung dieser Idee entspricht allerdings nicht mehr dem sozialistischen Ideal. Immer kehrt in seinen Reden und markanten Aus sprüchen die Anschaung wieder: wo viele di« Verantwortung in einem Waatswescn teilen, hat sie keiner. Dementsprechend hat er diese Verantwortung gänzlich übernommen — in Wahr heit ist Mussolini der Herr und Gestalter des neuen italicni- schen Staates —, bei allem Respekt für die Monarchie und die Person des von ihm hochgehaltenen und geschützte» Königs. Seine Gegner fürchten die Tyrannei dieses Mannes, be schuldigen ihn des allzu engen Bündnisses mit dem Kapitalis mus: die großen Erfolge seines Systems wagen auch sie nicht zu leugnen, obwohl sic schon jetzt prophetisch die Flammen- schrif» des Menetekel verkünden. Welche Wege hat nun Mussolini in den zwei Jahren seiner öffentlichen Wirksamkeit cingcichlagcn, um seine Verkündi gung deS neuen Lebens wahrzumachcn? In dem deutschen Beobachter werden zwei Erinnerungsbilder lebendig — an den preußischen Beamten als Inbegriff des streng eingevrdneten LtaatsdicnerS und an — Schiller. Mussolini, der selbst eine ungemein große Arbeitskraft besitzt, soll mit dem seit Gene rationen überkommenen Schlendrian iy überraschend kurzer Zeit, nicht zur Freude der von seinem höchsten Zorn Betroffe nen, fertig geworden sein. Seine kurzen ironischen Verab schiedungen unzureichender Beamter haben etwas von der Un erbittlichkeit alten Röi»crt»ms. Tatsache ist. daß der Geist der Lrdnnng. der Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und wvhltnender bestimmter Höflichkeit in den durch Staatsbeamte vertretenen öffentlichen Betrieben durchweg zu finden ist. Beamte, die durch Zuwendungen irgend welcher Art zu beeinflussen wären, dürften rasch Flügel bekommen. Ans gesundem und gereinig tem Boden sollen sich all die Arbcilsmöglichkcitcn entwickeln, denen Mussolini unablässig seine Aufmerksamkeit und Förde rung zuwcndet. Er kann natürlich auch uicht 500« mit zwei Broten saltmachcn, noch jedem Wunsch gerecht werden! Die Unzufriedenheit wird auch er nicht ganz aus seinem Volk hcrausschassen können, aber er hat cS in hochkrttlschen Momenten vermocht, nicht durch staatlich sanktioniertes Raub- snstcm zu zerstören, sondern durch unermüdliche Erweiterung des Arbeitsgebietes anfzubaucn. Diese stille Arbeit der Re organisation nach dem Kriege und drohenden bolschewistischen Einflüssen würde die ungeheure Beliebtheit Mussolinis in gan ; Italien allein nicht rechtfertigen. Das für alle Acnßerlichkettc» so empfängliche Volk braucht den ganze» Menschen, dem es seine glutvollen Tcmperamcntaiisbrüche, seine Wünsche und Begeisterung widmen kann, — Diesem Bedürfnis kommt Poincarss Mißtrauen zum Wahlergebnis. Poincars wir- -ie Politik -er „Wachsamkeit" sortsehen. Eine Rede des sranzösischen Ministerpräsidenten vor der sranzösischen Handelskammer. Paris, 0. Mai. Ministerpräsident Poincare hat heute auf einem Bankett der französischen Handelskammer eine Rode «halten, in der er sich zu Beginn über die Regelung der r a n z ö s t s ch e ii Handelsbeziehungen zum Aus lände äußerte. Nach dem Kriege, so erklärte er, habe Frankreich Anlaß gesunden, seine Handelsstatuten aus neuer Grundlage zu reorganisiere». Bis 1011 seien seine Beziehun gen zum Auslände durch Verträge geregelt gewesen, die die gegenseitige M c t st b c g ü n st i g n n g und Kündigungs fristen von durchichuitilich einem Jahre vorgesehen hätten. Seil dem Waffenstillstand habe Frankreich icdoch erkannt, daß die nationalen Wirtschaftsverhältnisse ihm für eine ge wisse Zeit nicht mehr gestatteten, sich durch allzu lange Kon ventionen zu binden. Es habe also seine Handelsbeziehun gen gekündigt und stillschweigende Verlängerungen von drei zu drei Monaten eingesührt. Doch in nächster Znkunst würde Frankreich nun zum Beispiel mit Portugal. Belgien. Japan, Australien und sogar mit Deutschland Verhandlungen beginnen. Niemals habe der sranzösischen Regierung die Unterstützung der französischen Handelskammer wertvoller sein können, als bet dieser laugen Reihe von internationalen Abmachungen, die für die Erholung F-rank'-eichs vön so großer Wichtigkeit seien. Im »vetteren Verlaus scinei Rede kam Poiucare ans die vvl! tischcn Verhältnisse zu sprechen. Leine Aussübruiiaen waren natürlich ans die deutschen Dahlen und aus die Wahlkampagne i» Frankreich eingestellt. Poincare polemisierte gegen einen Artikel des Abg. Blum. „Wenn der Verfasser und seine Freunde das Leiden und die Ungerechtigkeit unter den Menschen verbinde«» könnten, bis aus einen Rest gegen de» niemand etwas vermöge," so sagte er. „dann sei such er Sozialist." Indessen würde er sich nicht mehr sicher fühlen, wenn der Einfluß einer luter» nationalen Partei bei der Regelung der Rcparationssrage sich nachdrücklichst geltend machte. Die französische Negierung Hube wiederholt erklärt, daß Frankreich sich gern und durch aus sponta« die Entschließung der Sachverständigen, wie sie die NcparationSkommission sich zu eigen gen acht habe, an- nchmc, nnd daß sie die deutsche Wirtick-'itseinheit wicdcr- herstclien würde, sobald Deutschland das van der Nepa- rativnSkommission ausgestellte Programm zur Aus führung gebracht habe. Aber man misse vorläufig weder, wann noch wie oder ob Deutschland überhaupt dieses Programm auSsührcn werde. Weder die in den letzten Wochen von Dciuschland ge machten Varsnche, ihn. Poiucarö, über Deutschlands wahre Absichten zn täuschen nnd die Verantwor tung für den »vciteren Erfolg der Sachverständlgcngnt- : achten ans Frankreich abzuwälzcn, noch d as Ergeb nis der Reichstag »wählen seien dazu an getan. Frankreich größeres Vertrauen einznslößcn. Die französische Regierung sei also gezwungen, bei der Politik der Wachsamkeit nnd der Festigkeit zn verharren und nach wie vor entschlossen zn sein, ihre Truppen aus dem Ruhrgcblct u n r »ach Maß gabe der Zahlungen znrttckzu ziehen. Die. die der französischen Regierung ihr Verhalten in der Vergangenheit, bet dem sic die einmütige Zustimmung des Senats und die ungeheure Mehrheit der Kammer gehabt habe, Vorhalten, seien nicht berufen, tn der Zukunft den Republi kanern tn der Außcnpvlitik ihr Verhalte» zu diktieren. Ebensoivcnig wie die französische Negierung im Innern sich einem Diktat unterwerfen wolle, ebensowenig wie sic geneigt sei. von Irgend jemandem die republikanische Einheit stören z» lasse», ebensowenig wolle sic. daß das Schicksal Frankreichs aus außenpolitischem Gebiete aus den internationalen Kon- screnzen einer politischen Partei entschieden werde. Die Deut schen. die ans diesen Konscrcnzen hänsig anzntrcfsen seien, be nutzten die tyelcgciihcil zu oft, die Sierantwortung ihres Landes für den Ausbruch ihres Krieges aHz «mälze», um die rllevision der Friedcnsvcrträge zu erlangen und Frank reichs Lieg zu verkleinern. Die Franzosen verlange» nichts als ihr gutes Recht im Frieden, aber dieses Rechts würden sie sich uicht beraube« lasse«. lW. T. BI