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71. Jahrgang. ^ SS Abend-Ausgabe Montag, 7. Februar 1927 Gegründet 1856 DrablanIchrM »«chrtcht«» Dr«»««. S»rn,pk,ch»r-Samm«I>>ummer« SS 241 Nur tk Nachiq-tprSch»« SO Oll. vom i.in» Id. E-dniar I«7 <«> >ü«itch «w»>m»iiq»r Ouiieliun^ ,r»> Kau» i.SO WI.. p,yd»ug»pr»>s «ür Mono ffodruor Z Mar.« odn» PoNjUitellunasgevüdr. «>».,» n»«««» I» Vir»»>,. die »tnipallta» lv miu vreil« und Slellenuejuche okne Ne»>ame,etlr ISO Pi«., a«->. Aor-iuodezadiuno Di» Anzetain w»rd»n nach Soldmar.' »errchnel. die em« Anzeigen-Preise: .^.n un »ukerdald 200P>». OHerl-mardUd- W Ma. Ausw luftröqe < SchnitleNuna und chaupigelchSNetlelle: Marien,tr«d« 3S 42 Druck u. Verlag oon -««pich » AelchardI ln Dresden, Pol»chech-Aon>o 1088 Dr»»d»n- Aachdruch nu> m> d»u»>cher OurUenanaad» Dr»»dn»r Nachr " zulijllin Unverlanole Echri liitich« axrien nichi auldewodrl. «« Irinkt Qu3litäl5-^3r!<en, tterge- stellt 3us eälen deinen Ile Mlltörrevolte in Portugal. Schwere Verluste -er AufslSn-ischen. — Die Bewegung in Tavira nie-ergeworfen. Vor -er Beschießung von Oporto. Paris. 7. Fcbr. W»e aus Lissabon gemeldet wird, haben die Aufständischen von Oporto bet den Kämpfen mit den Negtcrungstruppe» schwere Verluste erlitten. Zahlreiche Ans- ßändtsche sollen gefallen und Hunderte von ihnen verwundet worden sein. Tie Negierunastruppen sollen fünf Tote und zehn Verwundete zn verzeichnen habe». Im Lager der Auf ständischen soll Panik herrschen. Sie sollen sich zur unbedingten Unierwersiing beretterllärt haben. D»'r Kricgsminister habe die Uutcrwcrsnuq jedoch nicht angenommen, sondern die Be völkerung von Oporto ausgcsordert. die Stadt zu verlassen, da eine aUgcmeiue Beschickung bcvorstehe. Die bisherigen Teilbombardierungcn haben bereits bedeutenden Sachschaden angcrichtet. Auch Zivilpersonen kamen dabei zu Schaden. — Bon anderer Leite wird mitgeteilt, dak die Auf ständischen die Aufforderung zur bedingungslosen Ucbcrgabe abgclehnt hätten. Sie seien nach scharfem Artillcrickampsc vor Sen Negierungstruppen in das Innere der Stadt zurückgezogen worden. Eine Bermittlungsaktion des Konsuls von Uru guay um einen W a s s e n st i l l st a n d zustande zn bringen, scheiterte. Ter Aufstand in Tavira. der zugleich mit dem in Oporto auöbrach, ist niedergeschlagen worden- Tic Aufständischen ergaben sich, als die Stadt von einem Kanonenboot beschossen wurde. — Am Norduscr des Duero sind die Aufständischen Herr der Lage. Die Verbindung »wischen Nord- und Südvoriiigal ist unterbrochen ko dak sich noch kein genaues Bild über die Ausdehnung des Aufstandes gewinne» lässt. Das Ziel der Bewegung ist die Beseitigung der Tiklatnr des Generals Carmona. Neue Verluste der Spanier ln Marvlrsto. Paris, 7. Fcbr. Aus Melllla wird gemeldet, datz eine spanische Truppenabteilung in einen von den Tieballabs gestellten Hinterhalt gefallen ist und fast voll ständig vernichtet wurde. Die Spanier bereiten eine Slrcifexpcdttton vor. Deutsche Vermittlung in China? »Durch F u n k i v r » ck.I London, 7. Fcbr. In der „Daily News" schreibt Wilson Harris in einem Artikel über .Der Völkerbund und China": Der Völkerbund ist geschaffen morden, um die Welt vor Krieg zu bewahren. Er wurde geschaffen sür die Regelung von Sireitigkeilen zwilchen Nalione» aus der Grundlage der Ver minst und Gerechtigkeit. Seine Satzung enthält mindestens zwei Artikel, die erlauben, die chinesische Frage in Gens aus- zuwersen. Es würde einen schwereuSchlagsÜrdas Prestige des Völkerbundes bedeute«, weun beide Länder, die Mitglieder des Völkerbundes und des Rates sind, etwas unternehmen würden, was auch nur von ungefähr einem Krieg ähneln würde, ohne vorher die Organisation des Völkerbundes in Anspruch zu nehmen. Gegen einen Appell an den Völkerbund spreche, dak die Vereinigten Staaten wvbl kaum mit nach Gens gehen wür de». Am besten sei die Vermittlung einer neutralen Macht. Deutschland, das nnter dem Versailler Vertrag alle exterritorialen und anderen Vorrechte aufgegebeil habe, stehe besonders gut mit allen Teilen der Cbinese». Stresemann babe in der Vergangenheit Beweise sür seine» Blut in der Diplomatie abgcleat. Was hier nötig sei, sei Takt und Urteilsfähigkeit. sW. T. B.) Das Sowiek-Syslem und der russische Arbeiter. Lehrreiches vom allrussischen Gewerkschaftökongrest. Von Dr. Ernst Seraphim. Die soziale Lage der Arbeiter in Tomjetrußlanid ist natürlich eine Frage von symptomatischer Wichtig keit. Ist die Sowjetunion die Erfüllung der Erwartungen, die von der marxistisch eingestclllen Arbeiterschaft, von der ko«m- munistiichen Diktatur und dem Prolclaricrstaat erhofft wur den, ist sic also wirklich das rote Paradies, das auch auf die andere Well auszudchnen im Interesse des nichtrussischen Pro letariats liegt —. oder haben die bisherigen Ersahrungen er wiesen. daß man von diesem Paradiese noch weit genug ent fernt ist? Nun ist zweifellos eine wachsende Unzufrie den heit in den Reihen des russischen Prole tariats zu beobachten, wie zum anderen nicht in Abrede ge stellt werden kann, dak der Westen, auch in seinem proleta rischen Teil, anfängi, sich skeptisch zu verl-alten. Die rote Flut ebbt im Westen allmählich ab. und die Mißerfolge Dowieiruß- lands sangen an. dem Arbeiter im Westen in die Augen W fallen. Das entscheidende Symptom ist dabei das Miß lingen des englischen K o h l e n st r e i k s. der als Dolchstoß der Sowjets gegen das Herz Englands gedacht war. Welche große Summen hat doch die Dritte Internationale in Moskau zur Unterstützung der englischen Genossen dem kargen Lohn der russischen Arbeiter abgeknöpftl Und nun ist alles umsonst! Die Mißsti m m u ng wächst naturgemäß, da die c i ge n c Wirtschaftslage immer >'ch w i c r t g e r wird. Tie Ernüchterung tritt ein. Denn die Massen erkennen, daß die Versprechungen der Ge- werkschastcn nur Illusionen waren. Die Debatten auf dem A I l u n i o n s k o n g r e ß der Gewerkschaften in Mos kau zeigten die wachsende Erbitterung der betrogenen Arbeiter in seltener Schärfe. Genaue Berichte, in die wir haben Einsicht nehmen können, lassen erkennen, wie scharf und laut sich die Kritik äußerte, so über die zuständigen Fabriken und deren Verivaltung, über das Verhalten von Betriebs räten und Werksleitungcil, über Mißstände im sozialen Ver sicherungswesen. im Arbciterschutz und in der Handhabung der Arbeitszeit, Fragen, über die sich die Gcwcrkichastspressc schon vorher sehr ungeniert geäußert hatte. Es ist das psychologisch leicht verständlich, den» seit dem neuen WirtschastSkurse, dem Ncp, den schon Lenin eingcleitet hatte, ist das Arbeits» gcietz, diese gleichsam symbolische Errungenschaft der Re volution, durchlöchert worden. Bis dahin gab cs Zeit löhne ohne obligatorische Leistungsnormen, lediglich cingeteilt nach der Vorbildung dcS Arbeiters und nach den Arbeits bedingungen. Man wirtschaftete noch aus dem Bollen, da man von Sem zarischcn Negimcnt Reserven in ungeahnter Menge übernommen hatte. Aber steter Tropfen höhlt den Stein. Auch diese Reserven mußten einmal ein Ende nehmen, und man mußte an den Wiederaufbau denken. Das führte mit logischer Folge zu einem Bruch mit dem bisherigen System der > Unentgeltlichkeit. So wurde das LeistungS- »nd Prämiewsystem eingefllhrk, das den Zeitlohn abschasstc und bewirkte, daß seht In den Haupt- industricn Rußlands 7» Prozent der Arbeiter ans Akkordlohn arbeiten. Das Verschc » tc » von sozialen Lcistun - gen durch den Staat als Arbeitgeber hörte damit auf. Man machte ein Ende mit der unentgeltlichen Wohnung, Sei» znng, Beleuchtung. Straßcnbahnsahrt. Lieferung von Arbeits» klcidung, freier Schule, Zahlung der Beitrüge für die sozialen Versicherungen durch den Arbeitgeber nnd schränkte dir Ein» richtnna von staatlich subventionierten Spciscküchen, Sinder» krippen, Sanatorien, Klubs und Konsnmgenossenschasten ans ei« Minimum ein. Es mar das ein sehr unsanstcs Erwachen. Aber es gab keinen Ausweg. Denn einen derartigen Luxus kann sich nickt einmal ein Staat mit hochentwickelter und des halb ertragreicher Wirtschaft leisten, geschweige denn eine ft» kapitallosc »nd so extensive Wirtschaft wie die russische, in der cs den Unternehmern an Kapital und den Verbrauchern ai» Kaufkraft fehlt. Man suchte natürlich »ach einem Aeg »Ivalent und glaubte dieses in einer Lohnerhöhung von 30 bis 4 0 Prozent zn finden. Aber die Lvhnempsänger l-atten nicht viel davon, da die Kanskrast des Geldes infolge der Ver mehrung dcS Notenumlaufes schnell sank. Ebensowenig hatten sie von -er Bestimmung, daß IVProzeiit der Gewinne jeden Unternehmens zur Verbesserung der Lag« der Arbeiter verwendet werden müsste». Denn bei de» bureoukratischen Methoden der Sowjets arbeiteten die Unternehmer meist mit großen Verlusten. Zui» anderen drängt der Staat dort, wa» Landwirtschaftliche Attaches im Auslande. die restliche Beratung des Etats des Ncichswirtschasts- ministcriums. Die Sitzung -es Kaushallausschusses. Berlin. 7. Febr. Im H a u s h a l t a » s s ch n ß des Reichs tages teilte i» der fortgesetzten Beratung des Etats dcS Aus wärtigen Amtes der Vorsitzende eine Etiiladuiig des Leipziger Messeamtes an die Mitglieder des Ausschusses z»m Besuche der Leipziger Frühjahrsmesse am 8. März mit. — Abg. Gicsbertö <Z.» teilte mit, -aß auch der Verkchrsausschuß eine gleiche Ein ladung erhallen habe und sich bezüglich ihrer Annahme »ach dem Haushaltauöschiiß riclstcn werde. Beschlossen wiirde, dem Messeamt milzulcilen. daß der Ausschuß erst Ansang März ent scheiden könne, ob seine Arbeiten die Annahme der Einladung gestatten. Neben anderen Etattitcln wurden sodann 600 000 Rcichs- nark sür das wirtschaftliche Nachrichtenwesen bewilligt. Weiter wurde eine Entschließung angenommen, wonach die Rcichs- rejsterung erwägen soll, das Personal der Reichssteüc sür Nach lasse nnd Nachforschungen im AnSlande zu vermindern und außerdem gleichzeitig eine Tparkommtssion mit dieser An gelegenheit zu befassen. Eine Aussprache entspann sich noch beim Titel Sachverständige im AnSlande zur Förderung der -eniichen Land- und Forstwirtschaft, des beutlchen Handels und der deutschen Industrie, sowie der Svzial- und Kulturpolitik lTozialattachsSi. Dazu liegt ein Antrag der Abgg. Thvmsen vnd Fürst Bismarck iD.-N.i vor. die Rcichöregicrung zu er suchen. die im Haushalt des Auswärtigen Amtes vorgesehenen besonderen Stellen für laiidwirtichaftlichc Sachverständige im AnSlande baldigst zu besetze» ferner eine Erhöhung der Zahl dieser Attaches entsprechend de» infolge der Kriegs- und Nach kriegszeit veränderte» Bcdürsntsien vorzunchinen. Ministerialdirektor Dr. Schneider teilte »itt, daß zurzeit kandwlrttchastllche Attaches in Warschau. Riga und in Helsin gSiors vorhanden sind. Verhandlungen um weitere Enttendung solcher Attaches schwebten mit Rußland vud Italien. Der Name „Sozialattachö" sei nicht glücklich ge wählt. DaS Auswärtige Amt sei aber bereit, diese Frage sach lich zu prüfen. Angenommen murde hierauf der Teil des Antrags Tlwmsen -Bismarck, der die ReicbSregieriing ersucht, aus möglichst baldige Besetzung der sechs landwirtschaftliche» Attaches lstnzumirke». Aus Antrag des Berichterstatters, Abg. Hoesch, wurde ein ncii-r Posten von 195 000 NM. zum Erwerb eines Grund stücks für das Clcneralkonsulat in Algier elnschließlich der Kosten der baulichen Hcrrichtiing und der Nebenkosten in den Eint eingestellt. Ministerialdirektor Dr. Schneider erhielt, da die OptionSlrist in diesem Monat ablänft die Genehmigung, den Ankauf so'ort z» tätigen Nach Erlediaung einiger rttitiouen wurd- der Etat ins Auswärtigen Amtes in erster Lesung verabschiedet. — Es folgte Zn dem Pusten vo» 500 000 Mk. zur Förderung wirt schaftlicher ForschmigS-, Ansbildungs- und Studien reisen wurde von RegicruiigSseitc bemerkt, daß mit der zu nehmenden Festigkeit der wirtsclrastlichen Verhältnisse sich ein dringendes Bednrsnis ergeben habe, daß das Reich wichtige allgemeine wirtschaftliche Ausgaben fördere und zu diesem Zwecke, soweit cs notwendig ist, auch Beihilfen gewährt. Es solle» damit besondere Forschungen, die sich ans dem Vergleich der Qualität deutscher und. ansländischer Waren als not wendig erweisen, unterstützt und die Ausbildung »nd Weiter bildung in der praktischen Wirtschaft, sowie Studienreise» zur Auswertung wirtschaftlicher Besonderheiten tm Auslände in mnsasse»derem und schnellerem Maße, als dies bisher möglich mar, gcsördert werden. Eine Förderung von Zwecken, die nicht aNgrmctn-wtrtschastlicbcr Natur sind, kommt nicht in Frage. Der Titel wurde genehmigt. — Bei den Aus gaben deü Statistischen Re ich Samts wurden vom Ausschuß verschiedene Abstriche gemacht. Auch der Teilbetrag für die Statistik der Finanzen der Länder, Gemeinde» n»o Gcmeindcvcrbändc wurde um 700 000 Mk. herabgesetzt. Beim R e t ch s w t r t sch a f t s g e r i ch t wurden dagegen die Be träge sür Hilscleitungcn durch Beamte »nd durch »icht- bcamtctc Kräfte durch den Haushaltansschliß erhöht. Bei der Restbcratung des Etats des Rcichsministcriums für Ernährung nnd Land wirtschaft wurde ein Antrag des Unterausschusses aus Wiederherstellung der Erhöhung der Summe vo» 1,05 auf 2,5 Millionen Reichs mark zur Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung und Unterstützung wissenschaftlicher, technischer und ähnlicher All» gemeinbcstrebunge» ans dem Gebiete der Landwirtsci-gft an genommen. Von seiten der Regierung wurde hierzu erklärt, daß die Mittel, bcsonders zur Förderung des landwirtschaft liche» Forschiingswesciis deS Obst- und Gemüsebaues ein schließlich der Blcnzucht, des Kartoffel-, Zucker-, Rübe»- »nd Tabakbaues, sowie der Förderung der Moarkultur dienen sollen. Auch soll damit entsprechend einem Antrag der Abg. Frau Schott sD.-N.l der hansivirtschastlichc Unterricht ge fördert werden. Außerdem wurde ein »euer Etatposte» in Höhe von einer Million Reichsmark bewilligt zur Ge winnung geeigneter Mustertnpc» für landwirtschaftliche Kraft» gerät«, Arbeitsmaschlncn nnd sonstige landwirtschaftliche Ein richtung. Der Etattitcl itbcr l.O Million Reichsmark sür Bei hilfe» zur Förderung der bäuerliche» Wirt sch asts- beratung »nd zur Eiiirichiiing von BersiichSringc» wurde »m tOOOOO Mark ans 2 Millionen erhöht. Zur Erbauung eines Versuchssischdampsers mit Kühlanlage wurden 000OM Mart neu i» den Etat eingesetzt.